Da ich neu hier bin, erst einmal ein herzliches „Moin“ in die Runde. Ich bin seit etwa einem Jahr als RA unterwegs. Aktuell bin ich noch im Bereich Immobilienwirtschaft tätig, wechsle zum Jahresende aber die Kanzlei und ins Gesellschaftsrecht (aktuelle und neue Kanzlei jeweils GK).
Was mich nach etwa einem Jahr Anwaltstätigkeit noch immer beschäftigt ist die Frage, was genau abzurechnen ist. Ich bin hier am Anfang übervorsichtig gewesen und habe bspw. immer die Uhr gestoppt, wenn ich mal zum Drucker oder aufs WC bin. Darüber hinaus habe ich die Uhr auch gerne mal „zurückgedreht“, wenn ich das Gefühl hatte, dass ich mich gedanklich gerade im Kreis gedreht oder eine Minute aus dem Fenster gestarrt habe. Schließlich habe ich mich bemüht, nur „wertschöpfende“ Arbeiten abzurechnen (als z.B. nicht bloß Organisatorisches). Im Ergebnis lag ich mit den abgerechneten Stunden wohl weit unter dem Durchschnitt, weswegen mich die Partner (freundlich) ins Gebet genommen haben.
Jetzt rechne ich großzügiger ab, habe bei manchen Sachen aber immer noch Bauchschmerzen. Beispiele:
- Mails ohne konkreten Bezug zur eigenen Tätigkeit: Ihr kennt es sicher, dass einem an manchen Tagen dutzende Mails um die Ohren fliegen, die mit der eigenen Aufgabe wenig bis gar nichts zu tun haben. Trotzdem liest man sie (obwohl ich zunehmend selektiver vorgehe), weil einem ja eine Info durch die Lappen gehen könnte und man im nächsten Call wie ein Depp dasteht. Für das Lesen dieser Mails (samt Anlagen) gehen gerne mal 1-2 Stunden am Tag drauf. Rechnet ihr sowas ab? Ich habe mich dabei erwischt, dass ich die Uhr laufen lasse, wenn ich ohnehin gerade an dem Projekt arbeite, aber es mir zu peinlich ist, Zeit allein für das Lesen von Mails abzurechnen.
- Arbeit von Referendaren/Wissenschaftlichen Mitarbeitern: Ich habe bei dem einen oder anderen Kollegen das Gefühl, dass sich auch gerne mal Arbeitszeit notiert wird, die eigentlich ein Trainee abgeleistet hat (wenn auch nicht im vollen Umfang). Das finde ich grenzwertig und habe es noch nie gemacht. Ist das normal?
- Teambesprechungen: Es gibt interne Besprechungen, die den Mandanten weiterbringen, weil Ideen geboren werden. Es gib aber auch Besprechungen, in denen nur das wiederholt wird, was jeder weiß oder die primär der internen Projektorganisation dienen. Letzteres würde ich tendenziell nicht abrechnen. Mein Partner meint, dass ich es notieren soll, weil er es im Zweifel rausrechnet. Andererseits habe ich vom gleichen Partner schon einmal den Hinweis bekommen, dass man statt „discussion with team“ besser „working on xyz with …“ notieren soll. Ich könnte wetten, dass nach 2-3 Monaten nicht mehr nachvollziehbar ist, wann hier bloß Organisatorisches diskutiert worden ist.
Die Partner wollen scheinbar, dass ich sehr großzügig bin. Daran halte ich mich jetzt erst einmal. Auch weil bei mir demnächst ein Kanzleiwechsel ansteht, würde mich aber wirklich interessieren wie ihr das handhabt. Eher großzügig oder penibel? Fremde Arbeit (z.B. Referendare) abrechnen?
Viele Grüße