Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

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ibell
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Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

Beitrag von ibell »

Hallo,
ich habe 2010 mein 1. Staatsexamen gemacht (Bayern) und dann Jura erstmal den Rücken zugewendet und komplett "außer-juristisch" gearbeitet und Kinder bekommen. Nun zieht es mich plötzlich zurück und ich möchte gerne ins Ref. gehen. Natürlich höre ich von allen Seiten, dass ich keine Chance mehr hätte, da sicher alles vergessen sei. Stimmt wohl teilweise auch, aber ich glaube, vieles käme auch ganz schnell wieder und ich wäre bereit, ein halbes Jahr vorher nochmal das materielle Recht intensiv zu wiederholen. Von allen, die mittendrin oder drüber hinaus sind, würde ich gerne eine realistische Einschätzung hören, ob das machbar ist, wie viel ich ins Wiederholen vor dem Ref. investieren sollte, wo die größten Probleme für mich liegen könnten etc., welche materiellen Fächer aus dem Studium die wichtigsten sind, die noch präsent sein müssen, etc.
Ich habe immer wieder Angst, dass es doch eine Fehlentscheidung ist/wird... ich bin absolut leistungsbereit und -fähig und hatte auch anspruchsvolle Jobs in den letzten Jahren, an Motivation und geistiger Kapazität solls nicht scheitern. Aber ich will es dann auch schaffen und habe nun eben Kinder und 8 Jahre Pause gehabt und will diese zwei Jahre oder mehr nicht umsonst investieren. (Notenmäßig war ich immer mittel, im Zivilrecht nicht so gut, im Ö- und Strafrecht recht gut, pendelte sich im 1. StEx bei 7 ein.)
Danke!
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Tikka
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Re: Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

Beitrag von Tikka »

Ich weiß nicht genau was Du hören möchtest. :-)

Die Herausforderungen hast Du selbst benannt. Wenn es Dein Wunsch ist und Du Dir zutraust das durchzuziehen... mach es.

Eine Einschätzung ist sehr schwierig. Ich halte es für machbar mit dem entsprechenden Maß an Disziplin.

Ich glaube nicht, dass das größte Problem das Fachliche ist. Das kann man sich wieder raufschaufeln. Das größte Problem dürfte die zwischenzeitliche Änderung der Lebensumstände sein. Gerade in Vorbereitung auf ein Staatsexamen hat man eben nochmal richtige "Crunchphasen" und das ist mit Familie viel schwieriger darstellbar als "früher". Und deshalb ist das wichtigste Flexibilität und Disziplin über 2 Jahre. Und ob Du das dann für 2 Jahre durchhältst liegt maßgeblich an Deiner Motivation es zu wollen. Gerade wenn Du es eigentlich "nicht nötig hast" (anderer Job) und es schwierig ist (Familie).
Keine Experimente! Wählt Adenauer.
Liz
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Re: Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

Beitrag von Liz »

Acht Jahre sind sicherlich eine lange Zeit, in der sich doch ein wenig geändert hat. Ich denke, eine intensive Wiederholungsphase vor dem Ref ist unabdingbar, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass Du infolge Deiner familiären Verpflichtungen nicht mehr so völlig abgeschottet lernen kannst.
Ich würde mir an Deiner Stelle einfach mal versuchsweise ein paar alte Bücher/Lernunterlagen vornehmen und schauen, wie viel eigentlich noch da ist, um abschätzen zu können, wie aufwendig das Ref bzw. dessen Vorbereitung wird.
OJ1988
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Re: Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

Beitrag von OJ1988 »

Rein fachlich gesehen glaube ich, dass das machbar ist. Wenn du das 1. Staatsexamen durchgemacht hast, dürften zumindest die basalen Grundlagen noch irgendwo "da" bzw. jedenfalls reaktivierbar sein. Feinziselierte dogmatische Konstruktionen - ich denke da an Fragestellungen wie "gutgläubiger Erwerb eines gesetzlichen Pfandrechts" o.ä. - spielen im 2. Examen eine weitaus weniger große Rolle als im 1. Examen.

Die größere Herausforderung dürfte tatsächlich darin liegen, die familiäre Situation mit dem Ref zu vereinbaren. Auch verdient man ja im Ref kaum Geld...
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Tibor
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Re: Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

Beitrag von Tibor »

Wir hier alle Kind/Familie als „Problem“ darstellen ist schon putzig. Die großen Auskenner. Ich bin mit Kind ins Ref und ich hatte während des Ref nie mehr soviel Zeit für das Kind wie in der Elternzeit beim 2. Kind. Wenn es einen zweiten Elternteil gibt, der bei unaufschiebbaren Terminen einspringen kann (sollte also nicht gerade in der GK bei FaceTime 9-22 Uhr arbeiten) und wenn das Kind bspw von 9-16 Uhr in eine Kita geht, dann sehe ich keine Gründe, um nicht das Ref ordentlich zu absolvieren.

Also kauf dir einen Satz Skripten zum 1. Examen, arbeite die durch, schreib ggf im Uni-Klausurenkurs einfach zum üben 2-3 Klausuren aus dem 1. Examen mit, um Sitzfleisch und Fingerübung zu haben und los geht’s.
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Re: Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

Beitrag von OJ1988 »

Die meisten "Kenner" hier haben das Ref halt ohne Kind absolviert - finde es nicht abwegig anzunehmen, dass Kinder das Ganze nunmal objektiv schwieriger machen. Weder macht diese Aussage Kinder zu einem "Problem" noch ist damit gesagt, das Projekt Ref sei deswegen unmöglich zu schaffen.
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Tibor
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Re: Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

Beitrag von Tibor »

schwierig/Verpflichtungen/Herausforderung ...
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Praxiskommentar
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Re: Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

Beitrag von Praxiskommentar »

Im Ref ist man im Vergleich zum Berufsleben recht flexibel. Da du ja auch schon gearbeitet hast mit Kind, scheint mir das das geringere Problem zu sein. ;)

Ich bin einige Jahre nach dem 1. Examen ins Ref und manches war mir noch erstaunlich präsent, anderes leider gar nicht mehr. Aber auch das kam dann doch recht schnell wieder; schon alleine, weil man ja doch alles schon einmal durchdacht hat und sich auch in irgendeiner Form aufgeschrieben hat. Ich würde mir aktuelle Unterlagen zur Vorbereitung auf das erste Examen besorgen, die gründlich durcharbeiten und dann sehe ich kein Problem mit dem Ref. Viel Erfolg!
Zuletzt geändert von Praxiskommentar am Freitag 2. November 2018, 09:22, insgesamt 1-mal geändert.
ibell
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Re: Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

Beitrag von ibell »

Vielen lieben Dank für eure Kommentare! Das macht mir wirklich Mut. Die Frage nach dem Ref neben den Kindern stellt sich mir weniger; erstens bin ich das Arbeiten mit Kindern inzwischen gewohnt und klar ist das kein Vergleich zu früher, einem Studium ohne Kindern, aber ich sehe ja auch, wie man sich einfach in der Arbeitsweise anpasst, sich stärker organisiert und diszipliniert etc. und es trotzdem alles gut hinkriegt. zweitens gibt es ja keine kinderfreie alternative, denn wenn nicht ref, dann arbeit, und das ist genauso "anstrengend" mit kindern. und das ref ist ja auch nur eine begrenzte zeit.
bis ende des jahres muss ich noch in meinem jetzigen job arbeiten, hätte also ab januar/februar zeit, mich wieder einzuarbeiten, das wird schon knapp bis april. könnt ihr mir noch einen tip geben, was ich am besten gleich anfangs nochmal intensiv wiederhole? ich nehme an zivilrecht? welche rechtsgebiete sind denn hier diejenigen, die mir am schnellsten das genick brechen, wenn ich sie nicht mehr beherrsche...? danke!!
Tobias__21
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Re: Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

Beitrag von Tobias__21 »

Hey,

das schaffst Du sicher :) Im zweiten Examen isses etwas anders. OJ sagte es ja schon. Ich würde auch den Schwerpunkt auf ZR legen. In den Strafrechtsklausuren kannst Du zur Not gut mit dem Kommentar arbeiten, wenn Du ne Definition nicht weißt. Revision, Anklage, Urteil, lernst Du erst im Ref. Das können die anderen auch nicht. Das materielle Strafrecht ist ja nicht so umfassend und problematisch wie das ZR. Das würde ich erstmal liegen lassen.

ZPO wird das dickste sein, was neu dazu kommt. StPO kriegt man locker in den Griff. VwGO kommt nicht viel neues dazu, was man nicht schon im ersten hatte. Ich würde mit ZR anfangen und dort die Grundlagen wieder hochholen. Keine komplizierten Geschichten und Meinungsstreitigkeiten. Einfach das Problembewusstsein wieder schärfen, dass Du in der Klausur gleich erkennst, auf was sie hinauswollen, oder wo das Problem ist. Übe auch schon mal mit dem Kommentar zu arbeiten. Mit dem Palandt kriegt man einiges in den Griff, wenn man kalt erwischt wird. Eine umfassende Aufbereitung des Problems wie im ersten Examen wird nicht verlangt.

Ich wünsch Dir viel Erfolg! Mir hat das Referendariat sehr viel Spaß gemacht und wenn Du wirklich Bock drauf hast, kommt der Rest von allein :) Jura ist wie Fahrradfahren, das verlernt man nicht. Es hat sich aber gerade im Schuldrecht schon einiges getan. Da musst mal schauen.
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Re: Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

Beitrag von ReFA »

Ich kann nur aus eigener Erfahrung sprechen bei dem Thema Examen mit Kind.
Es ist schaffbar und machbar, wenn man die Familie auf den Stress vorbereitet. Du sagst es ja selber, mit Kind ist man meistens disziplinierter und nutzt die wenige Zeit effektiv!
Ich würde dir raten (auch wenn es andere vielleicht verteufeln) geh zu den Kaiser Crashkursen.. Ich hab das gleich am Anfang vom Ref gemacht (materielles Recht wiederholen) und dann zu Hause effektiv nachgearbeitet. Am Wochenende hat denn eben die Oma aufgepasst. Mein Mann ist Schichtarbeiter und auch wenig da und es ging auch! Und dann noch ein Tipp: Klausuren schreiben gleich von anfang an! Ich hab mich oft gequält, aber das bringt m.E. auch viel. Und ich stimme den anderen zu: ZR ist der größte Brocken...

Und ganz ehrlich: Probier es einfach und du wirst merken wie das Ref läuft ... nicht den Mut verlieren!
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Re: Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

Beitrag von Liz »


Tibor hat geschrieben:Wir hier alle Kind/Familie als „Problem“ darstellen ist schon putzig. Die großen Auskenner. Ich bin mit Kind ins Ref und ich hatte während des Ref nie mehr soviel Zeit für das Kind wie in der Elternzeit beim 2. Kind. Wenn es einen zweiten Elternteil gibt, der bei unaufschiebbaren Terminen einspringen kann (sollte also nicht gerade in der GK bei FaceTime 9-22 Uhr arbeiten) und wenn das Kind bspw von 9-16 Uhr in eine Kita geht, dann sehe ich keine Gründe, um nicht das Ref ordentlich zu absolvieren.
Natürlich geht Ref auch mit Familie - das haben schon genug Leute bewiesen. Aber ich denke, den Zusatzaufwand durch einen Wiedereinstieg nach acht Jahren sollte man nicht unterschätzen und deshalb rechtzeitig vor Beginn des Refs mit der Wiederholung anfangen - gerade wenn die Möglichkeiten, sich zusätzliche Lernzeit (abends, am Wochenende) zu schaffen, doch begrenzt sind, weil die Familie ein gewisses Mindestmaß an Aufmerksamkeit erfordert.
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Re: Pause zwischen 1. und 2. Staatsexamen - Tipps zur Vorbereitung

Beitrag von Nachdenkliche »

Darf man fragen, ob du es angegangen bist und wenn ja, welche Erfahrungen du weitergeben kannst....
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