Ich war bislang - ohne gross darüber nachzudenken - davon ausgegangen, dass die Pandemie und die daraus resultierenden Einschränkungen auch die Examensvorbereitung beeinträchtigen. Zu meiner Überraschung gingen unlängst mehrere Examenskandidaten mir gegeüber davon aus, dass im Gegenteil die Pandemie ihrer Vorbereitung sogar zuträglich war, weil die Präsenzveranstaltungen mit der Anwesenheitspflicht wegfielen und sie mit ihrem eigenen Tempo und ihrer eigenen Struktur lernen konnten.
Waren diese Meinungen "Ausreisser" oder seht Ihr das auch so?
Corona und Examensvorbereitung
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Re: Corona und Examensvorbereitung
Eher "Ausreisser" m.E. Die AGs mögen teilweise nicht zielführend oder effizient sein, der Austausch mit den Kollegen hebt aber die Stimmung. Wichtigster Punkt ist m.E., dass die Bibliotheken geschlossen sind. Ein echtes Arbeitszimmer dürfte kaum ein Referendar haben, den ganzen Tag im Schlafzimmer zu verbringen könnte zwar schön sein, ist es aber nicht, wenn man ein Examen vor der Tür hat
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
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Re: Corona und Examensvorbereitung
@Sektnase: Das scheint mir vor allem eine subjektive Frage zu sein, ob man zu Hause (klar, als Referendar im Zweifelsfall in beengten Verhältnissen, aber auch das geht) oder „nur“ in der Bibliothek lernen kann. Ich hätte es während meiner Examensvorbereitung auf das 2. Examen wahrscheinlich noch nicht mal gemerkt, wenn die Bibliotheken geschlossen gewesen wären.
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Re: Corona und Examensvorbereitung
Das dürfte sehr vom individuellen Lerntyp bzw. der Persönlichkeitsstruktur abhängen. Wer bei Präsenzveranstaltungen wenig mitnimmt (weil sie qualitativ nicht gut sind oder weil ihm "Unterricht" für das Lernen wenig bringt), wer kein Interesse an Stationsarbeit hat, wem der soziale Austausch u.a. mit Mitreferendaren nicht so wichtig ist (weil er bspw. eher introvertiert ist), wer zuhause einen geeigneten Arbeitsplatz hat und am liebsten ohnehin dort lernt, statt nach draußen oder "unter Leute" zu kommen, , wer sich intrinsisch motivieren und "dranbleiben" kann, für den ist der Wegfall der meisten Veranstaltungen und der sozialen "Ablenkungen" eine tolle Sache.Herr Schraeg hat geschrieben: ↑Montag 10. Mai 2021, 09:17Ich war bislang - ohne gross darüber nachzudenken - davon ausgegangen, dass die Pandemie und die daraus resultierenden Einschränkungen auch die Examensvorbereitung beeinträchtigen. Zu meiner Überraschung gingen unlängst mehrere Examenskandidaten mir gegeüber davon aus, dass im Gegenteil die Pandemie ihrer Vorbereitung sogar zuträglich war, weil die Präsenzveranstaltungen mit der Anwesenheitspflicht wegfielen und sie mit ihrem eigenen Tempo und ihrer eigenen Struktur lernen konnten.
Waren diese Meinungen "Ausreisser" oder seht Ihr das auch so?
Für die anderen - vermutlich eine Mehrheit -, die das eine oder andere vermissen, eher nicht.
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Re: Corona und Examensvorbereitung
Das stimmt natürlich. Wie der TE schon sagte, gibt es ja durchaus Referendare, die mit der Situation zufrieden sind. Zumindest bei uns am Gericht ist das aber nicht die Mehrheit. Die meisten nehmen an den AGs auch online Teil, was auch verpflichtend ist. Die Anwesenheit kontrollieren zwar eher wenige AG-Leiter, noch weniger verlangen dann auch eine aktive Teilnahme, aber einfach fernbleiben erfordert dann doch eine gewisse "kriminelle" Energie. Im Zweifel nimmt man also Teil, lernt aber weniger als im Präsenzunterricht. Vorteil könnte sein, dass man in einigen Stationen/Kanzleien weniger Präsenzpflicht hat. Corona kommt m.E. daher v.a. denen zugute, die sonst längere Anfahrtswege hätten.Liz hat geschrieben: ↑Montag 10. Mai 2021, 11:22 @Sektnase: Das scheint mir vor allem eine subjektive Frage zu sein, ob man zu Hause (klar, als Referendar im Zweifelsfall in beengten Verhältnissen, aber auch das geht) oder „nur“ in der Bibliothek lernen kann. Ich hätte es während meiner Examensvorbereitung auf das 2. Examen wahrscheinlich noch nicht mal gemerkt, wenn die Bibliotheken geschlossen gewesen wären.
Insgesamt ist die Stimmung aber wesentlich schlechter als vor Corona. Auslandsstationen kaum durchführ-/planbar, spaßige Veranstaltungen sind allesamt weggefallen, weniger Einblicke in die Praxis, weil man sich möglichst wenig bei der Behörde/Kanzlei aufhalten soll, ggf. Probleme mit der Kinderbetreuung, Examensklausuren unter Corona-Bedingungen, keine Bücherausleihen, keine Kantine/Mensa, keine Gruppenveranstaltungen und last but not least sind Referendare eben auch Menschen, und Menschen sind aufgrund Corona und Lockdown wohl sowieso schlechter gelaunt als sonst. Mich stört v.a. der eingeschränkte Austausch mit Kollegen. Auch das erste Examen ließ sich vor allem gut bewältigen, weil man durch den Austausch mit den Kommilitonen, die die gleichen Probleme plagten, geerdet wurde. Jetz hat man regelmäßig Kontakt zu ein paar wenigen, immer gleichen Leuten.
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Re: Corona und Examensvorbereitung
Ich glaube, was die Nützlichkeit von AGs angeht, neigt der gemeine Referendar schlichtweg zur Unzufriedenheit: gibt es Präsenz-AGs ist es pure Zeitverschwendung und eine Entmündigung erwachsener Menschen; gibt es keine Präsenzveranstaltungen (dh allenfalls den Zwang vor der Webcam zu sitzen) fehlt die Unterstützung und Anleitung beim Lernen...
Dass der „Spaßfaktor“ und das soziale Miteinander fehlt, glaube ich sofort. Geht mir aber ehrlich gesagt auch nicht anders, wenn ich bedenke, dass es jetzt über ein halbes Jahr her ist, dass ich mit mehreren Kolleg*innen mittags essen war und einfach mal so gequatscht habe.
Dass der „Spaßfaktor“ und das soziale Miteinander fehlt, glaube ich sofort. Geht mir aber ehrlich gesagt auch nicht anders, wenn ich bedenke, dass es jetzt über ein halbes Jahr her ist, dass ich mit mehreren Kolleg*innen mittags essen war und einfach mal so gequatscht habe.
- Ara
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Re: Corona und Examensvorbereitung
Die Anwalts-AG im Referendariat zählt zu den größten Zeiträubern meines Lebens... Die Zeit gibt mir keiner wieder. Es war das erste mal, dass ich nen Evaluationsbogen negativ ausgefüllt habe. Das schlimmste war der Strafrechtler... "Was machen Sie als erstes, wenn Mandanten mit einem Strafrechtsmandat zu Ihnen in die Kanzlei kommen?" dann lässt er da ungelogen !5! Minuten die Leute rumraten (Es gab sicher 9 oder 10 Antworten), bis er auflöst "Erst einmal begrüßen Sie die Mandanten"... Und so ging es nen ganzen Tag... Das hat mich wirklich traumatisiert...
Auch wenn die anderen AGs nicht ganz so schlimm waren, hielt ich die doch eher für überflüssig und wir in Hamburg hatten ja eh kaum AGs. Die einzige AG die möglicherweise sinnvoll war, war die Zwangsvollstreckungs-AG. Das hatte mir wirklich was für das Examen gebracht. Aber vor allem die ZPO-AG kam viel zu früh am Anfang, da hatte ich ja noch gar keine Ahnung von. Erst am Ende meiner Zivilstation hab ich überhaupt im Ansatz verstanden wie die ZPO funktioniert, in der AG hab ich nix gepeilt.
Von daher wäre ich froh gewesen, wenn Corona die AGs beseitigt hätte... Gerne ganz auch ohne Onlinezeitverschwendung.
Auch wenn die anderen AGs nicht ganz so schlimm waren, hielt ich die doch eher für überflüssig und wir in Hamburg hatten ja eh kaum AGs. Die einzige AG die möglicherweise sinnvoll war, war die Zwangsvollstreckungs-AG. Das hatte mir wirklich was für das Examen gebracht. Aber vor allem die ZPO-AG kam viel zu früh am Anfang, da hatte ich ja noch gar keine Ahnung von. Erst am Ende meiner Zivilstation hab ich überhaupt im Ansatz verstanden wie die ZPO funktioniert, in der AG hab ich nix gepeilt.
Von daher wäre ich froh gewesen, wenn Corona die AGs beseitigt hätte... Gerne ganz auch ohne Onlinezeitverschwendung.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11