Referendariat = die beste Zeit?

Alle Themen rund um das Referendariat (Organisation, Ablauf, Wahlstation im Ausland etc.)

Moderator: Verwaltung

Antworten
CreepyCat
Noch selten hier
Noch selten hier
Beiträge: 31
Registriert: Dienstag 14. Juli 2020, 07:32
Ausbildungslevel: Interessierter Laie

Referendariat = die beste Zeit?

Beitrag von CreepyCat »

Hallöchen,

ich wollte mich hier gern einmal allgemein umhören, wie ihr das so seht: Mir war von Beginn an klar, dass das Ref kein Spaziergang wird. Zuvor bzw bei Beginn haben mir viele Menschen, die bereits "fertig" sind, fröhlich berichtet, wie entspannt das Ref bis mindestens zur FAG wäre, die Zeugnisse naturgemäß gut ausfallen - wobei das "gut" schon mehr Regel als Ausnahme wäre - und überhaupt, beste Zeit im Leben ... bla. So.

Nun bin ich mitten in der Verwaltungsstation und kann dies absolut nicht bestätigen. Für mich ist das Ref absolut mühselig, ein unglaublicher Kraftakt aus anspruchsvollen Ausbildern, langatmigen AG-Tagen, Eigenarbeit und vor allem Druck ohne Ende.
Riesig die Angst, wie sich durchwachsene Zeugnisse auf den Eindruck der Kommission in der mündlichen Prüfung auswirken werden. Von locker mal ein "gut" im Zeugnis trotz aller Bemühungen nichts in Sicht. Und das obwohl ich mir das erste Examen sicher nicht einfach gemacht und entsprechend überdurchschnittlich abgeschnitten habe - trotzdem: Verglichen mit dem Ref bisher war der Weg zum ersten Staatsexamen ein langer, wunderschöner Urlaub. Inzwischen ist das Ref nur noch Horror für mich: In der Kürze der Zeit überdurchschnittliche Klausuren schreiben ohne entsprechende Vorbereitung über das knappe hinaus, das in der AG vermittelt wird unter Examensbedingungen? Kann man vergessen, anscheinend muss man das Lehrbuch nebenbei aufgeschlagen liegen haben. Ausbilder, denen man nur bis vor die Stirn gucken kann und trotz aller Bemühungen seine Schwierigkeiten hat, dem Erwartungshorizont gerecht zu werden. Das nebenbei besuchte Repetitorium kann auch kaum mehr nachgearbeitet werden mangels Zeit und Kraft. Und bald steht die FAG an - die Zeit, die noch anstrengender werden soll ... ich frage mich nun, was ich tatsächlich falsch mache. Hätte ich mein erstes StaatsEx nur knapp bestanden, hätte ich mir die Sache mit dem Ref überlegt. Aber ich habe gut bestanden und stehe trotz - und das ist das bittere - aller Mühen und Anstrengungen und dem Willen da und komme immer nur gerade so durch.

Ich würde gerne verstehen, was ich falsch mache bzw. ob das ein Indiz ist, besser abzubrechen.
Mir fliegt im Ref überhaupt nichts zu dabei lerne ich wirklich gerne und wäre gerne genauso gut wie im Studium.
Ist euch das Ref leicht gefallen und alles von Beginn an von der Hand gegangen? Allein, dass Zeugnisse so durchwachsen sind verunsichert mich so heftig und macht mir unglaublich Angst vor der mündlichen. Egal wie sehr ich mich während der Tauchphase noch anstrenge und ggf verbessere steht damit doch der negative Ersteindruck.
Benutzeravatar
De Owwebacher
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 319
Registriert: Montag 2. Januar 2006, 15:10

Re: Referendariat = die beste Zeit?

Beitrag von De Owwebacher »

Vielleicht so viel zur Beruhigung: Im mündlichen zweiten StEx. hatte ich nicht den Eindruck, dass sich die Prüfer intensiv (oder auch nur flüchtig) mit den Stationszeugnissen befasst hätten. Für den ersten Eindruck waren anscheinend die Ergebnisse aus dem Schriftlichen und dann natürlich der Aktenvortrag viel relevanter.
Liz
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 3237
Registriert: Sonntag 22. Oktober 2017, 17:03
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Referendariat = die beste Zeit?

Beitrag von Liz »

@TE: Was fällt Dir denn konkret schwer im Ref? Natürlich kommt im Ref viel neuer Stoff hinzu und man muss mit den neuen Aufgabenstellungen zurechtkommen und die Ausbilder und AG-Leiter stellen ggf auch unterschiedliche Anforderungen, aber es scheint ja doch ein längerfristiges/grundlegenderes Problem bei Dir zu sein. Die Idee, das Ref aus Angst vor der mündlichen Prüfung abzubrechen, halte ich für übertrieben. Im schlimmsten Fall wird das 2. Examen nicht so gut wie das 1. Examen, aber es wird bestimmt nicht daran scheitern, dass die Prüfer in der mündlichen Prüfung denken „boah, kein „gut“ in den Stationszeugnissen, den müssen wir jetzt mal so richtig runterprüfen“.
Benutzeravatar
thh
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 5278
Registriert: Dienstag 18. August 2009, 15:04
Ausbildungslevel: Interessierter Laie

Re: Referendariat = die beste Zeit?

Beitrag von thh »

CreepyCat hat geschrieben: Mittwoch 2. Juni 2021, 19:04Nun bin ich mitten in der Verwaltungsstation und kann dies absolut nicht bestätigen. Für mich ist das Ref absolut mühselig, ein unglaublicher Kraftakt aus anspruchsvollen Ausbildern, langatmigen AG-Tagen, Eigenarbeit und vor allem Druck ohne Ende.
Seltsam. Klar, die Ansprüche - und die Qualität! - der Ausbilder unterscheiden sich massiv, AG-Tage können langatmig sein (insbesondere, wenn die AG-Leiter nicht gut sind - andererseits auch nicht langatmiger als ein Vorlesungstag an der Uni?), aber (externen) Druck gibt's doch im Referendariat kaum. Und Eigenarbeit ... klar, das ist doch der Kern juristischer Tätigkeit?
CreepyCat hat geschrieben: Mittwoch 2. Juni 2021, 19:04Riesig die Angst, wie sich durchwachsene Zeugnisse auf den Eindruck der Kommission in der mündlichen Prüfung auswirken werden.
Ich halte es für höchst unwahrscheinlich, dass die Stationszeugnisse jemanden vertieft interessieren, am wenigsten die Noten darin, es sei denn ggf. bei einer Bewerbung beim Staat oder wenn sie auffallend gut oder auffallend schlecht sind.
CreepyCat hat geschrieben: Mittwoch 2. Juni 2021, 19:04Von locker mal ein "gut" im Zeugnis trotz aller Bemühungen nichts in Sicht.
Auch das unterscheidet sich: manche Ausbilder benoten strikt nach den Vorgaben der Prüfungsordnung, manche milde ... Im hiesigen Bezirk hat eine statistische Erhebung vor > 10 Jahren ergeben, dass die Noten in den Staatsstationen in der Regel im Durchschnitt bei 11-12 Punkten lagen, verbunden mit der Bitte an die Ausbilder, sich entweder an dieser Realität zu orientieren oder einen Vermerk in das Zeugnis aufzunehmen, dass sinngemäß strikt nach den Vorgaben der Prüfungsordnung benotet wurde, um diese unterschiedlichen Maßstäbe offenzulegen.

Bei einer Benotung streng nach der Prüfungsordnung gilt die juristische Notenskale, bei der 8 Punkte richtig gut sind. Anderenfalls ist es ohne ausdrückliche Arbeitsverweigerung oder völlige Inkompetenz eigentlich kaum möglich, unter 9 Punkten zu landen.

Wenn man die eigenen Noten bewerten oder gar vergleichen will, muss man im Zweifel wissen, wie der eigene Ausbilder benotet. Aufgrund der vergleichsweise geringen Bedeutung der Stationsnoten ist es aber vermutlich am besten, sich keinen Kopf zu machen.
CreepyCat hat geschrieben: Mittwoch 2. Juni 2021, 19:04Ich würde gerne verstehen, was ich falsch mache bzw. ob das ein Indiz ist, besser abzubrechen.
Mir fliegt im Ref überhaupt nichts zu dabei lerne ich wirklich gerne und wäre gerne genauso gut wie im Studium.
Warum um Himmels Willen sollte man das Referendariat nach einem überdurchschnittlichen ersten Examen abbrechen?! Schlimmstenfalls (!) wird das zweite Examen "nur" durchschnittlich oder gar unterdurchschnittlich, aber auch das wäre kein Beinbruch - zumal das Examen vergleichsweise wenig mit der Stationsarbeit zu tun hat.

Ansonsten lässt sich das von außen kaum seriös beurteilen, vor allem, wenn man nicht weiß, was genau Dir Schwierigkeiten macht. Eine denkbare Erklärung für ein gefühlt schlechteres Abschneiden im Referendariat im Vergleich zum Studium wäre, dass Du Deine theoretischen Kenntnisse noch nicht geeignet in praktisch verwertbare Ergebnisse verwandeln kannst, aber das ist, wie gesagt, letztlich reine Spekulation.
Sektnase
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 1893
Registriert: Dienstag 4. Juni 2019, 22:22
Ausbildungslevel: Schüler

Re: Referendariat = die beste Zeit?

Beitrag von Sektnase »

Mir gefällt es auch nicht besonders, aber ich glaube, du musst an dem arbeiten, was man heutzutage mindset nennt.

Wen interessierts, was irgendwer (und die Ausbilder sind mehr oder weniger irgendwer) über deine Leistung sagt?
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
CreepyCat
Noch selten hier
Noch selten hier
Beiträge: 31
Registriert: Dienstag 14. Juli 2020, 07:32
Ausbildungslevel: Interessierter Laie

Re: Referendariat = die beste Zeit?

Beitrag von CreepyCat »

Guten Morgen,

danke zunächst für eure Anmerkungen und Gedanken. Sicher war da von meiner Seite aus auch eine gewisse Menge Selbstmitleid im Spiel. Ich spiele nicht (mehr) ernsthaft mit dem Gedanken aufgrund solcher Dinge wie die Stations- und AG-Zeugnisse mein Ref abzubrechen. Und sicherlich ist es auch eine Frage des mindsets (das zu ändern bzw beeinflussen ist allerdings alles andere als einfach, ich arbeite daran ).

Dennoch bleiben einfach Dinge, die für mich inzwischen nur noch schwer nachvollziehbar sind:
Natürlich sind die Bewertungen der unterschiedlichen Ausbilder subjektiv und schwer vergleichbar. Unabhängig davon und davon losgelöst beobachte ich - und das ist natürlich auch total subjektiv - eine Divergenz zwischen dem, wie das Ref wohl von vielen empfunden wird, als "entspannt", die Selbstverständlichkeit einfach an gute Noten zu bekommen etc. und den Erfahrungen, die ich bislang selbst machen konnte. Der Druck den ich verspüre ist natürlich internalisiert, ich mache ihn mir selbst, gleichzeitig entsteht er eben auch aus diversen Erzählungen und dem Eindruck, jeder der mit einer Bewertung unter VB mache etwas falsch. Wie hier schon angemerkt wurde: Bei einem Schnitt von 11 Punkten, ist derjenige mit oder unter 9, jemand der etwas falsch verstanden hat:
thh hat geschrieben: Mittwoch 2. Juni 2021, 22:17 Anderenfalls ist es ohne ausdrückliche Arbeitsverweigerung oder völlige Inkompetenz eigentlich kaum möglich, unter 9 Punkten zu landen.
Für mich war jedes meiner VB im Stationszeugnis tatsächlich harte Arbeit. Allein das so zu empfinden, macht mich nach dem allgemeinen Konsens zu einem schwächeren Kandidaten bzw. lässt mich aus der Reihe fallen und das ist beunruhigend. Persönlich ist für mich eine "entspannte" Refzeit in der ich ganz nebenbei gute Noten erhalte, so weit weg wie der Mond.
Ähnlich auch in der AG: Ich gehöre nicht zu den Kandidaten, die die erste Behördenklausur in ihrem Leben nach wenigen Wochen AG aus dem Stehgreif ohne jede Hilfsmittel examensscharf geschrieben im Bereich >8-9 Punkten rocken. Für mich wird das immer eine Entscheidung zwischen der AG-Klausur als Übung für das spätere Examen mit entsprechender Note unter realen Bedingungen und eine Klausur im AG-Schnitt mit entsprechenden Hilfsmitteln sein. Das kann doch nicht sein?

Und nun zu der mündlichen Prüfung: Es ist doch so, dass die Kommission die Arbeit während des Refs. - insbesondere den Klausurenwochen in der FAG - mit den Ergebnissen der ersten Staatsprüfung abgleicht bzw sich einen Überblick verschafft und die Zeugnisse dahingehend auch dazu beitragen, einen Eindruck vom Kandidaten zu gewinnen. Meine Sorge sind Situationen, in denen man darauf angewiesen ist (alles im ersten erlebt und vllt deshalb so nachdrücklich präsent) sich um wenige Teilpunkte zu verbessern, um sein Notenziel bzw. die nächste Notenstufe zu erreichen und ein Blick in "durchwachsene" Stationszeugnisse den Eindruck vermittelt, man wäre in seinem Notenbereich doch ganz gut aufgehoben, während bei einem "gut"-Kandidaten irgendetwas im schriftlichen schief gelaufen sein muss. Grundsätzlich beunruhigt mich der Gedanke, dass die Noten in den Zeugnissen zu einem vorgefassten Eindruck führen werden, wenn nicht jede Teilleistung im zweistelligen Bereich liegt.

Und noch dazu:
thh hat geschrieben: Mittwoch 2. Juni 2021, 22:17
Seltsam. Klar, die Ansprüche - und die Qualität! - der Ausbilder unterscheiden sich massiv, AG-Tage können langatmig sein (insbesondere, wenn die AG-Leiter nicht gut sind - andererseits auch nicht langatmiger als ein Vorlesungstag an der Uni?), aber (externen) Druck gibt's doch im Referendariat kaum. Und Eigenarbeit ... klar, das ist doch der Kern juristischer Tätigkeit?
Losgelöst von den Bewertungen mag ich das Ref sogar. Inhaltlich macht es Spaß, das gilt auch für Stationen in denen ich meine berufliche Zukunft nicht sehe. Für mich steht die Notenvergabe quasi wie ein Schatten über allem, denn ich gehöre zu den Menschen, die weder die Stationsarbeit noch die Klausuren auf die leichte Schulter nehmen, was das ganze um so deprimierender macht.

Daran schließt sich dann auch die Beantwortung der Frage an:
Liz hat geschrieben: Mittwoch 2. Juni 2021, 21:05 @TE: Was fällt Dir denn konkret schwer im Ref?
Am schwersten fällt mir, dass ich die Zeit nicht - wie ich es gerne täte, zur Examensvorbereitung nutzen kann, indem ich losgelöst von allem Klausuren schreibe, mich auf das Lernen konzentriere etc - sondern, dass man ununterbrochen ständig und von mehreren Seiten teilweise nachvollziehbar, teilweise nicht nachvollziehbar bewertet wird in Situationen, in denen ich das für absolut müßig und sinnbefreit halte. Oder wie sinnig ist es, eine AG-Klausur zu bewerten, die am heimischen Rechner ohne Aufsicht mit Zugang zu beckonline geschrieben wurde? Und wie wirkt sich das wohl auf meine Note aus, wenn ich als einzige handschriftlich ausschließlich mit dem Gesetz arbeite .... ? Exakt das ist mein Problem. Um das AG-Zeugnis zu "retten", beginnt man also so zu schreiben wie alle schreiben um im Vergleich nicht direkt schlechtere Ausgangsbedingungen zu haben. Anstatt sich seinen Tag die Woche für die Nachbereitung des Stoffes zu nehmen, hängt man ewig an der Arbeit für den Ausbilder, weil man auch da nicht aus der Reihe fallen möchte und einem das vb eben gerade nicht zufliegt, obwohl es die Durchschnittsbewertung ist. Das ganze während suggeriert wird, dass das Ref eigentlich "easy" wäre, "man nur mit Arbeitsverweigerung unter 9 Punkten landet" und man den Gedanken an die spätere Prüfungskommission, mit einem Einfluss von 30% auf die Gesamtnote, nicht los wird. Am Ende steht dann die daraus resultierende Erschöpfung, da man nichts wirklich gerecht wird - weder schafft man "einfach so" gute Noten, noch "nebenbei" oder unter "Examensbedingungen". Wie das gehen soll, erschließt sich mir wirklich nicht.

Danke fürs Lesen!
Liz
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 3237
Registriert: Sonntag 22. Oktober 2017, 17:03
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Referendariat = die beste Zeit?

Beitrag von Liz »

Wenn alle um eine herum am Schummeln sind und anschließend trotzdem großspurig angeben, wie sehr ihnen die Noten zugeflogen sind (im Einzelfall gibt der Ausbilder / AG-Leiter auch einfach gerne überdurchschnittlich gute Noten, wo sie nicht gerechtfertigt sind), dann ist es natürlich schwer sich nicht selbst in Frage zu stellen. Allerdings scheint es mir den meisten Referendaren nicht einfach so zuzufliegen, sondern es steckt da schon eine Menge Arbeit dahinter. Ich würde dazu raten, stärker zu schauen, was methodisch von einem verlangt wird (wer für den Ausbilder einen formal guten Urteilsentwurf schreiben kann, kann das auch im Examen) und mir gleichzeitig einen Plan machen, wie die Examensvorbereitung mit der Stationsarbeit und der AG besser zusammenpasst (das ist auch später im Berufsalltag eine wichtige Fähigkeit noch drei Dinge mehr in eine volle Woche zu quetschen bzw entsprechende zeitliche Prioritäten zu setzen).
Benutzeravatar
thh
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 5278
Registriert: Dienstag 18. August 2009, 15:04
Ausbildungslevel: Interessierter Laie

Re: Referendariat = die beste Zeit?

Beitrag von thh »

CreepyCat hat geschrieben: Donnerstag 3. Juni 2021, 07:37Unabhängig davon und davon losgelöst beobachte ich - und das ist natürlich auch total subjektiv - eine Divergenz zwischen dem, wie das Ref wohl von vielen empfunden wird, als "entspannt", die Selbstverständlichkeit einfach an gute Noten zu bekommen etc. und den Erfahrungen, die ich bislang selbst machen konnte.
Das ist natürlich nicht verallgemeinerungsfähig, aber üblicherweise - so war meine eigene Erfahrung im Ref, so war die Nahbereichsempirie aus der AG, und so ist meine heutige Erfahrung als Ausbilder einschließlich der Nahbereichsempirie anderer Ausbilder - werden, wenn nicht gesondert gekennzeichnet, Noten unterhalb von 9 Punkten nicht vergeben, es sei denn, dass die Leistungen bis zum Schluss praktischen Anforderungen nicht genügen. Insofern genügt es für ein VB üblicherweise, Arbeiten abzugeben, die nicht völlig unbrauchbar sind.

Das kann aber freilich bei einem anderen Ausbilder, an einem anderen Standort oder in einem anderen Bundesland ganz anders sein.
CreepyCat hat geschrieben: Donnerstag 3. Juni 2021, 07:37Der Druck den ich verspüre ist natürlich internalisiert, ich mache ihn mir selbst, gleichzeitig entsteht er eben auch aus diversen Erzählungen und dem Eindruck, jeder der mit einer Bewertung unter VB mache etwas falsch. Wie hier schon angemerkt wurde: Bei einem Schnitt von 11 Punkten, ist derjenige mit oder unter 9, jemand der etwas falsch verstanden hat:
Ich würde mich nicht auf die Stationsnoten fixieren, zum einen wegen der geringen Bedeutung, zum anderen wegen der schlechten Vergleichbarkeit. Wichtiger ist doch das Feedback: Sind die Ausbilder zufrieden? Sind die Arbeitsergebnisse im großen und ganzen praktisch verwertbar? Was steht im Zeugnistext (wenn der Ausbilder sich einigermaßen Mühe gibt und nicht sowieso leistungsunabhängig immer denselben Text nimmt)?
CreepyCat hat geschrieben: Donnerstag 3. Juni 2021, 07:37Persönlich ist für mich eine "entspannte" Refzeit in der ich ganz nebenbei gute Noten erhalte, so weit weg wie der Mond.
Der Grad der Entspannung hängt natürlich davon ab, was man sonst noch so tut. Wenn man sich bereits in den ersten Stationen intensiv auf das Examen vorbereitet - was sicherlich klug ist -, wenn man "nebenbei" noch an einer Promotion arbeitet, wenn man 1-3 Tage die Woche Nebenjobs hat oder sich um eine Familie kümmern muss, ist da wenig von Entspannung zu sehen. Die Stationsarbeit sollte aber mit 2-3 Tagen pro Woche (einschließlich der Anwesenheit) normalerweise zu erledigen sein. Das lässt einen AG-Tag, einen Tag zum Selbststudium und das Wochenende übrig.
CreepyCat hat geschrieben: Donnerstag 3. Juni 2021, 07:37Ähnlich auch in der AG: Ich gehöre nicht zu den Kandidaten, die die erste Behördenklausur in ihrem Leben nach wenigen Wochen AG aus dem Stehgreif ohne jede Hilfsmittel examensscharf geschrieben im Bereich >8-9 Punkten rocken.
Warum auch? Interessiert das jemanden ernstlich?

(Man macht übrigens auch Examen, wenn man die meisten Klausuren nicht mitschreibt. Wenn man das mit den Pflichtklausuren genauso macht, ist das wegen der dann notwendigen Stellungnahme für die Referendarspersonalakte vielleicht nur so mittelklug, aber immerhin sehr entspannt.)
CreepyCat hat geschrieben: Donnerstag 3. Juni 2021, 07:37Losgelöst von den Bewertungen mag ich das Ref sogar. Inhaltlich macht es Spaß, das gilt auch für Stationen in denen ich meine berufliche Zukunft nicht sehe. Für mich steht die Notenvergabe quasi wie ein Schatten über allem, denn ich gehöre zu den Menschen, die weder die Stationsarbeit noch die Klausuren auf die leichte Schulter nehmen, was das ganze um so deprimierender macht.
Wenn Dir die inhaltliche Arbeit Spaß macht und dieser Spaß auch verwertbare Ergebnisse produziert, ist das doch völlig ausreichend. Über die Stations- und (wo es das gibt) AG-Noten würde ich mir gerne großen Gedanken machen.
CreepyCat hat geschrieben: Donnerstag 3. Juni 2021, 07:37Am schwersten fällt mir, dass ich die Zeit nicht - wie ich es gerne täte, zur Examensvorbereitung nutzen kann, indem ich losgelöst von allem Klausuren schreibe, mich auf das Lernen konzentriere etc - sondern, dass man ununterbrochen ständig und von mehreren Seiten teilweise nachvollziehbar, teilweise nicht nachvollziehbar bewertet wird in Situationen, in denen ich das für absolut müßig und sinnbefreit halte.
Naja. Zum einen ist das Referendariat eben nicht mehr das Studium, in dem man - wenn man will - sieben Tage die Woche fürs Examen lernen kann, sondern eine berufspraktische Ausbildung, die allenfalls die Hälfte der Zeit fürs Lernen übrig lässt. Zum anderen sind die Klausuren in der AG ja nun keine Leistungsnachweise, die in die Examensnote eingehen, sondern Übungsklausuren; dort auf die Noten zu schauen macht m.E. soviel Sinn wie auf die Noten im Examensklausurenkurs der Uni zu schauen. Entscheidend ist, für das Examen zu üben, nicht tolle Noten in AG-Klausuren zu haben.
CreepyCat hat geschrieben: Donnerstag 3. Juni 2021, 07:37Um das AG-Zeugnis zu "retten", beginnt man also so zu schreiben wie alle schreiben um im Vergleich nicht direkt schlechtere Ausgangsbedingungen zu haben. Anstatt sich seinen Tag die Woche für die Nachbereitung des Stoffes zu nehmen, hängt man ewig an der Arbeit für den Ausbilder, weil man auch da nicht aus der Reihe fallen möchte und einem das vb eben gerade nicht zufliegt, obwohl es die Durchschnittsbewertung ist.
"Ewig" an der Arbeit für den Ausbilder zu sitzen erscheint mir nicht der richtige Weg, weder im Hinblick auf die Zeiteinteilung mit Blick auch auf die Examensvorbereitung noch im Hinblick auf das Ziel der Stationsausbildung, praktische Fähigkeiten zu vermitteln. Kennzeichen der Praxis ist es, nicht "ewig" Zeit zu haben; wenn eine Arbeit daher typischerweise auf 1-2 Arbeitstage kalkuliert ist, dann sollte man auch nicht mehr Zeit investieren. Natürlich wird das Ergebnis dann nicht perfekt, aber immerhin (hoffentlich) gut genug.

Blöde Frage: Hattest Du mal in einer Station das Problem, nicht "genug" Zeit für die Stationsausbildung investiert zu haben und daher schlecht benotet worden zu sein, also 4, 6 oder 8 Punkte?
CreepyCat hat geschrieben: Donnerstag 3. Juni 2021, 07:37Das ganze während suggeriert wird, dass das Ref eigentlich "easy" wäre, "man nur mit Arbeitsverweigerung unter 9 Punkten landet" und man den Gedanken an die spätere Prüfungskommission, mit einem Einfluss von 30% auf die Gesamtnote, nicht los wird.
Auch die Prüfungskommission wird primär an den Noten aus den Klausuren interessiert sein, wenn sie die Stations- und AG-Noten überhaupt zur Kenntnis nimmt. Man sollte sich sicherlich bemühen, nicht lauter Stationszeugnisse mit "RRef*in Sowieso hatte auch am Ende der Station noch Mühe, praxisgereichte Arbeiten zu verfassen" oder "Die Ausarbeitungen von RRef'in Wieauchimmer wurden nur in Ausnahmefällen pünktlich zum vereinbarten Abgabetermin vorgelegt. Zur Übernahme von zusätzlichen Aufgaben war RRef'in Wieauchimmer nicht bereit" zu sammeln, aber ansonsten ...
Praxiskommentar
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 250
Registriert: Dienstag 28. März 2017, 09:12
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Referendariat = die beste Zeit?

Beitrag von Praxiskommentar »

CreepyCat hat geschrieben: Mittwoch 2. Juni 2021, 19:04 Hallöchen,

ich wollte mich hier gern einmal allgemein umhören, wie ihr das so seht: Mir war von Beginn an klar, dass das Ref kein Spaziergang wird. Zuvor bzw bei Beginn haben mir viele Menschen, die bereits "fertig" sind, fröhlich berichtet, wie entspannt das Ref bis mindestens zur FAG wäre, die Zeugnisse naturgemäß gut ausfallen - wobei das "gut" schon mehr Regel als Ausnahme wäre - und überhaupt, beste Zeit im Leben ... bla. So.
Interessant. Das ist ja sehr subjektiv. Bei mir ist das Stimmungsbild im Bekanntenkreis nämlich ganz anders: Viele Leute, mit denen ich gesprochen habe, fanden das Ref ziemlich zum K*tzen. Einige, inklusive mir, fanden es ganz ok. Ein Spaziergang war die Lernerei, grade für das zweite Examen für niemanden, den ich kenne. Und definitiv nicht die beste Zeit des Lebens. Nur ein sehr kleiner Teil meiner Bekannten (genau genommen eine Person) fand das Ref total super und besser als alles was davor war und danach kam.

Mein Eindruck aus der mündlichen Prüfung war, dass niemand zuvor meine Zeugnisse oder gar meinen Lebenslauf angesehen hatte. Die Prüfer interessieren sich in der Regel nur für deine Note in der schriftlichen Prüfung (und hierfür ist total egal, was dein AG-Leiter oder dein Ausbilder in der Verwaltungsstation vorher über dich irgendwo gesagt oder gedacht haben) und mit etwas Glück in der Regel deswegen, um dir darauf zugeschnittene Fragen stellen zu können.

Das Ref ist eine Notwendigkeit, damit du dein zweites Examen schreiben kannst und danach noch mehr Auswahl für Berufe hast als ohnehin schon mit deinem Studienabschluss. Es wäre schön, wenn es Dir gefällt, aber letztlich ist es nur eine vorübergehende Station. Lass dich besser nicht von irgendeinem Hörensagen oder den eigenen falschen Erwartungen, Bestleistungen ohne Anstrengung erbringen zu müssen, verunsichern. Du lernst nun eben eine neue Art von Klausuren kennen, die mindestens teilweise eine andere Herangehensweise fordern. Die muss man neu erlernen und das ist anstrengend. Warum also stellst du an dich selbst den Anspruch, etwas völlig Unbekanntes aus dem Stegreif beherrschen zu müssen?
Benutzeravatar
Tibor
Fossil
Fossil
Beiträge: 16441
Registriert: Mittwoch 9. Januar 2013, 23:09
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Referendariat = die beste Zeit?

Beitrag von Tibor »

Das Ref steht und fällt mit den Stationen, Ausbildern, Arbeitsgemeinschaften und Ref-Kollegen aus den AG. Jeder „Ausfall“ kann in diesen Monaten dann sehr belastend sein. Ich hatte bspw einige AG Leiter mit nur minderer Art und Güte. Dafür hatte ich tolle Kollegen und super Stationen/Ausbilder. Wir haben sogar ne AG-Fahrt gemacht (eine Woche betreutes Trinken in Prag) und uns oft auch privat getroffen. Natürlich muss man auch auf das Ziel fokussiert sein, weil es sich auch nicht verschieben lässt. Das 1. Examen kann man notfalls immer schieben, bis man angemeldet ist. Das 2. Ex steht fest, sobald man im Ref ist. Auch das muss wohl überlegt sein, wenn man kein Prüfungsmensch ist.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
gola20
Super Power User
Super Power User
Beiträge: 865
Registriert: Donnerstag 29. September 2011, 20:11
Ausbildungslevel: Interessierter Laie

Re: Referendariat = die beste Zeit?

Beitrag von gola20 »

Das Ref kannst du erst nach dem Ref bewerten. Wenn du siehst, wie scheiße das Berufsleben ist, dann lernst du das Ref erst schätzen.
Sektnase
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 1893
Registriert: Dienstag 4. Juni 2019, 22:22
Ausbildungslevel: Schüler

Re: Referendariat = die beste Zeit?

Beitrag von Sektnase »

gola20 hat geschrieben: Sonntag 6. Juni 2021, 12:50 Das Ref kannst du erst nach dem Ref bewerten. Wenn du siehst, wie scheiße das Berufsleben ist, dann lernst du das Ref erst schätzen.
Das kannst du noch nicht bewerten. Warte mal ab, wie es in der Vorhölle aussieht..
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
Antworten