Darstellung eines Meinungsstreits im Urteil

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Rudelfuchs
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Darstellung eines Meinungsstreits im Urteil

Beitrag von Rudelfuchs »

Hallo,

mir ist nicht klar, wie ich genau klassische Meinungsstreitigkeiten in einem Urteil darstelle.

Im 1. Examen wurde Meinungsstreitigkeiten grds wie folgt dargestellt:

Obersatz, der das Rechtsproblem bezeichnet

Ansicht 1
Subsumtion
Ergebnis

Ansicht 2
Subsumtion
Ergebnis

Ggf Stellungnahme


Mir ist nicht klar, wie ich diesen Aufbau im Urteilsstil genau "umstelle". Ich habe an folgenden Aufbau gedacht:

Ergebnis (Dieses Ergebnis enthält die Aussage, dass du der Ansicht der Rspr - die du so darstellst, als wärst du selbst drauf gekommen - folgst)
Erläuterung der Ansicht der Rspr
Subsumtion unter die Ansicht der Rspr
(Vermeintliche) Argumente gegen diese Ansicht
Argumente für diese Ansicht

Ergebnis (Dieses Ergebnis enthält die Aussage, dass du der Ansicht der hL - die du so darstellst, als wärst du selbst drauf gekommen - nicht folgst)
Erläuterung der Ansicht der Rspr
Subsumtion unter die Ansicht der Rspr
Argumente gegen diese Ansicht


Ist dieser Aufbau richtig?

Ich frage mich auch, wie ich in einem Urteil genau formuliere, wenn bei einem klassischen Meinungsstreit Rspr und hL zum gleichen Ergebnis kommen. Kann mir das jemand sagen?
Seeker
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Re: Darstellung eines Meinungsstreits im Urteil

Beitrag von Seeker »

Kommt darauf an, ist auch teilweise Geschmackssache. Ich gehe mal davon aus, dass du dich vor allem auf Urteile zu Ausbildungszwecken beziehst.

Gut finde ich es, nach Möglichkeit die Problematik nicht explizit als "Streit", sondern anhand der klassischen Auslegungsmethoden darzustellen. Also etwa so:

- Ergebnis: Der Kläger kann auch.. gem. § ... verlangen. Nach dieser Vorschrift ... (Wortlaut der Norm einfügen). Dem steht nicht entgegen, dass...
- Für diese Auslegung spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift...
- Auch die Systematik...
- Gestützt wird dieses Ergebnis noch durch den Normzweck...

Alternativ:

- Ergebnis: Der Kläger kann auch.. gem. § ... verlangen. Nach dieser Vorschrift ... (Wortlaut der Norm einfügen). Dem steht nicht entgegen, dass...
- abzulehnende Gegenansicht: Allerdings könnte X dafür sprechen, dass... Dafür kann immerhin der Wortlaut der Norm angeführt werden, wonach...
- Eigene Ansicht/Ergebnis: Jedoch ist die Vorschrift in der Gesamtschau dahingegen zu verstehen, dasss... Denn

Der BGH macht das Ganze noch "schulmäßiger" (Ergebnis - "Es ist in der Literatur umstritten, ob..." - Teilweise wird es so gesehen.... - Andere so... - der BGH folgt der zweiten Ansicht), was ich aber für das Examen eher nicht empfehlen würde. Manche Korrektoren könnten es unpassend finden, da es eher an das 1. Examen erinnert.
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Tibor
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Re: Darstellung eines Meinungsstreits im Urteil

Beitrag von Tibor »

Seeker hat geschrieben: Gut finde ich es, nach Möglichkeit die Problematik nicht explizit als "Streit", sondern anhand der klassischen Auslegungsmethoden darzustellen.
So und nur so. Das Wort Streit und Streitentscheidung hat in Entscheidungsgründen nichts zu suchen. Eine Darstellung erfolgt auch nur, wenn die Frage entscheidungserheblich ist.
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sai
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Re: Darstellung eines Meinungsstreits im Urteil

Beitrag von sai »

Seeker hat geschrieben: Donnerstag 28. Oktober 2021, 12:02 Kommt darauf an, ist auch teilweise Geschmackssache. Ich gehe mal davon aus, dass du dich vor allem auf Urteile zu Ausbildungszwecken beziehst.

Gut finde ich es, nach Möglichkeit die Problematik nicht explizit als "Streit", sondern anhand der klassischen Auslegungsmethoden darzustellen. Also etwa so:

- Ergebnis: Der Kläger kann auch.. gem. § ... verlangen. Nach dieser Vorschrift ... (Wortlaut der Norm einfügen). Dem steht nicht entgegen, dass...
- Für diese Auslegung spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift...
- Auch die Systematik...
- Gestützt wird dieses Ergebnis noch durch den Normzweck...
Wenn man noch auf die gegenteilige Auffassung eingehen will, weil sie zB in der Klausur von einer Partei ausdrücklich angeführt wird, kann man noch etwas anfügen wie „Dagegen spricht auch nicht, dass…“
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thh
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Re: Darstellung eines Meinungsstreits im Urteil

Beitrag von thh »

Rudelfuchs hat geschrieben: Mittwoch 27. Oktober 2021, 17:36Ergebnis (Dieses Ergebnis enthält die Aussage, dass du der Ansicht der Rspr - die du so darstellst, als wärst du selbst drauf gekommen - folgst)
In einer praktischen Arbeit - also nicht in einer Prüfungsarbeit - werden sinnvollerweise Standpunkte der Rechtsprechung und der Literatur als solche unter Anführung der Belegstellen benannt.
Rudelfuchs hat geschrieben: Mittwoch 27. Oktober 2021, 17:36Ich frage mich auch, wie ich in einem Urteil genau formuliere, wenn bei einem klassischen Meinungsstreit Rspr und hL zum gleichen Ergebnis kommen. Kann mir das jemand sagen?
Welchen Anlass sollte es dann geben, das im Urteil zu erörtern?
Rudelfuchs
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Re: Darstellung eines Meinungsstreits im Urteil

Beitrag von Rudelfuchs »

Vielen Dank! Ihr habt meine Fragen beantwortet!
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