Wie geht man in Anwaltsklausuren mit Meinungsstreitigkeiten um, die zwischen der Rspr und der h.L. bestehen? Muss ich den Mandanten mitteilen, dass es eine in der Literatur vorherrschende Ansicht gibt und das Gericht dieser Ansicht folgen könnte? Falls ja: Muss ich dem Mandanten dann den alternativen Prüfungsweg aufzeigen, wenn das Gericht der h.L. folgt?
Ich denke hier vor allem an Fälle, in denen der Mandant nach der Rspr unterliegen und nach der h.L. obsiegen würde. Hier würde ich als Mandant erwarten, dass der Anwalt mich auf diesen Umstand aufmerksam macht.
Angenommen die Fragen oben sind zu bejahen: Wo muss man in der Anwaltsklausur diese Hinweise bringen? In den Zweckmäßigkeitserwägungen? Oder bereits bei der Darlegungsstation?
Umgang mit h.L. in Anwaltsklausuren
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Re: Umgang mit h.L. in Anwaltsklausuren
Lieber Herr X Sie haben keinen Anspruch. Sie werden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im Prozess unterliegen. Wenn Sie wollen, kann ich aber alles versuchen.
Das war zumindet meine Beratung. Dem Mandanten sind irgendwelche "praxisfernen" m.M. egal. Der will wissen, ob er sein Geld bekommt oder nicht.
Das war zumindet meine Beratung. Dem Mandanten sind irgendwelche "praxisfernen" m.M. egal. Der will wissen, ob er sein Geld bekommt oder nicht.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Re: Umgang mit h.L. in Anwaltsklausuren
Es kommt auf den Klausurtypus und den Bereich an.
Der einzige Fall in welchem man ohne große Frage die hL vertreten kann und sollte ist das Verteidiger-Plädoyer als Klausur, wenn der Mandant nach der Rechtsprechung eindeutig zu verurteilen wäre und die Lehre eine sehr gut vertretbare andere Ansicht hat. Die Alternative wäre es aufzugeben bzw. keine rechtlichen Argumente zu liefern, beides mE ziemlich falsch. Ein gutes Beispiel dürfte Schwarzfahren sein, da kann und sollte man die Diskussion um das "Erschleichen" laut und deutlich aufmachen.
In Klausuren mit Mandantenschreiben bzw. einem Gutachten mit Handlungsempfehlungen würde ich eine überzeugende hL ebenfalls als sehr unwahrscheinliche Notlösung präsentieren. Man stellt dem Mandanten deutlich dar, dass er eigentlich keinen Anspruch hat, es aber eine theoretische Alternative gäbe, die sehr geringe Erfolgsaussichten hat und höchstwahrscheinlich dazu führen wird, dass der sämtliche Kosten alleine tragen muss. Entscheiden muss er dann selbst.
Dort würde ich im Regelfall nur die Punkte an welchen es zu echten Änderungen kommt rechtlich aufbereiten und keinesfalls eine zu umfassende zweite Prüfung aufbauen. Falls die Rechtsprechung die Prüfung dagegen "abschneidet" und man z.B. bei einem Schadenersatzanspruch nicht mehr zur haftungsausfüllenden Kausalität oder zum Schaden käme, obwohl im Fall dort eindeutig Probleme angelegt sind macht es schon Sinn diese Alternative deutlicher klarzustellen und dem Mandanten zur Risikoabwägung auch eine ausführliche Prüfung hierzu vorzulegen.
Disclaimer: Immer auf lokale Besonderheiten achten! Der gewünschte Inhalt in Klausuren ist nicht logisch oder realitätsnah zu erschließen und kann von Bundesland zu Bundesland variieren. Land A möchte den Inhalt inkl. Rechtsausführungen vllt. explizit im Mandanteschreiben, während Land B ein Hilfsgutachten bevorzugt.
Der einzige Fall in welchem man ohne große Frage die hL vertreten kann und sollte ist das Verteidiger-Plädoyer als Klausur, wenn der Mandant nach der Rechtsprechung eindeutig zu verurteilen wäre und die Lehre eine sehr gut vertretbare andere Ansicht hat. Die Alternative wäre es aufzugeben bzw. keine rechtlichen Argumente zu liefern, beides mE ziemlich falsch. Ein gutes Beispiel dürfte Schwarzfahren sein, da kann und sollte man die Diskussion um das "Erschleichen" laut und deutlich aufmachen.
In Klausuren mit Mandantenschreiben bzw. einem Gutachten mit Handlungsempfehlungen würde ich eine überzeugende hL ebenfalls als sehr unwahrscheinliche Notlösung präsentieren. Man stellt dem Mandanten deutlich dar, dass er eigentlich keinen Anspruch hat, es aber eine theoretische Alternative gäbe, die sehr geringe Erfolgsaussichten hat und höchstwahrscheinlich dazu führen wird, dass der sämtliche Kosten alleine tragen muss. Entscheiden muss er dann selbst.
Dort würde ich im Regelfall nur die Punkte an welchen es zu echten Änderungen kommt rechtlich aufbereiten und keinesfalls eine zu umfassende zweite Prüfung aufbauen. Falls die Rechtsprechung die Prüfung dagegen "abschneidet" und man z.B. bei einem Schadenersatzanspruch nicht mehr zur haftungsausfüllenden Kausalität oder zum Schaden käme, obwohl im Fall dort eindeutig Probleme angelegt sind macht es schon Sinn diese Alternative deutlicher klarzustellen und dem Mandanten zur Risikoabwägung auch eine ausführliche Prüfung hierzu vorzulegen.
Disclaimer: Immer auf lokale Besonderheiten achten! Der gewünschte Inhalt in Klausuren ist nicht logisch oder realitätsnah zu erschließen und kann von Bundesland zu Bundesland variieren. Land A möchte den Inhalt inkl. Rechtsausführungen vllt. explizit im Mandanteschreiben, während Land B ein Hilfsgutachten bevorzugt.