Jura für eher Introvertierte?

[ChiaraGis]

Hallo ihr!
Ich überlege mir derzeit, welches Studium ich machen möchte und informiere mich gerade etwas über das Jura-Studium. Neugierig macht es mich, da es nach einer guten Mischung aus Kontakt mit Mitmenschen und doch selbstständigem Arbeiten scheint Ich mag Herausforderungen und richtige Kopfnussaufgaben und wenn mir die Arbeit gefällt, würde es mir nicht wirklich viel ausmachen, wenn sie gegenüber der Freizeit überhand nehmen würde.

Nun ist es bei mir so, dass ich die Aufgaben, welche vor z.B Verhandlungen durchgeführt werden, super spannend finden würds, aber ich weiß nicht, ob das Verhandeln selber etwas für mich ist...

Ich denke gerne Analytisch, mir gefällt die Arbeit Informationen zu sammeln und Lösungen für Probleme zu finden. Ich denke es würde mir Spaß machen die Hintergrundaufgaben zu erledigen und alles vorzubereiten für einen Fall, aber ich bin mir wegen dem Auftreten/Vortragen, nicht so sicher, ob es dann das richtige ist. Oder ist das sowieso eher zweitrangig? Wie steht ihr dazu? Für andere Vorschläge bin ich auch immer offen und dankbar

Lg und viel Glück weiterhin
Chiara

Edit:
Vielen Dank für die Ratschläge und Meinungen:)
Ich werde die nächste Zeit darüber nachdenken und mich hoffentlich bald entscheiden.

Lg Chiara

[gola20]

Auftreten und Vortragen ist im Beruf sehr wichtig. Wem das nicht liegt, sollte sich die Studienwahl noch einmal gut überlegen.

[Shlomo]

Ich würde mich davon nicht abhalten lassen. Man kann da ohne weiteres hineinwachsen. Selbstsicherheit im Vortrag kommt mit der eigenen Kompetenz. Die entscheidende Frage ist aus meiner Sicht, ob du dich in diesem Bereich verbessern möchtest.

[Sektnase]

M.E. überschätzen Juristen ihre eigene Kommunikationsstärke gern. Du brauchst kein riesen Fan von Vortragen etc. sein, aber gehen sollte es schon.

Karriere machen im Zweifel immer die, die sich gut präsentieren. Im Stillen gute Arbeit machen bringt einen eher nicht weiter. Es gibt aber auch genug Jobs, bei denen man als Jurist nicht super auftreten können muss.

[Liz]

Nur im stillen Kämmerlein schlaue Dinge denken und schreiben, funktioniert - wie in den meisten anderen Berufen - in aller Regel nicht. Man muss schon auch mit den Menschen kommunizieren können (das scheint ja etwas zu sein, woran Du grds Interesse hast) und ggf auch mal vor einer größeren Gruppe selbstbewusst auftreten können.
Man wächst allerdings auch mit seinen Herausforderungen und macht dann auf einmal Dinge ganz selbstverständlich, die einem ein paar Jahre früher mehrere schlaflose Nächte bereitet hätten. Nur weil Du möglicherweise eher zurückhaltend / introvertiert bist, spricht das nicht gegen ein Jurastudium. Du solltest nur das Studium nutzen, um Dich weiterzuentwickeln.

[Subbuteo]

Tendenziell würde ich als sehr introvertierter Mensch zu einem anderen Studiengang raten, sofern man einen solchen ohnehin schon in der Auswahl hat (dann würde ich sowieso eher von Jura abraten). Trotzdessen sollte dich diese Einschätzung nicht davon abhalten, sofern du das Studium wirklich anpacken willst, denn es gibt unzählige Juristen und natürlich auch sehr gute Juristen, die die man wohl kaum als sonderlich extrovertiert bezeichnen würde. Ich denke nur, dass es im MINT-Bereich etwas leichter ist, da dort der entsprechende Menschenschlag (gefühlt, mir sind keine Studien bekannt) stärker vertreten ist. Mein Freundeskreis besteht trotz Jurastudium fast ausschließlich aus MINT-Studenten. Irgendwie war es in meinem Studiengang schwerer Anschluss zu finden. Das kann aber natürlich auch ein Einzelfall sein.

Es sei aber gesagt, dass man als (Voll)jurist nicht zwangsweise Haudrauf-Rechtsanwalt werden muss. Es gibt diverse jur. Tätigkeiten, die deutlich ruhiger sind. Die vielfältigen Möglichkeiten solltest du dir unbedingt anschauen und dann überlegen, ob das etwas für dich ist. Der lange Weg zum Volljuristen sollte aber auch nicht übersehen werden.

Wenn Du dich für Jura entscheidest, sorg direkt am Anfang für möglichst viele Kontakte. Anders als etwa bei anderen Studiengängen ist Jura ein recht anonymes Studium, das bei Introvertierten zum "Einigeln" einlädt. Seminare, Kleingruppen o.ä. sind sehr selten.

[Liz]

Im MINT-Bereich hat man dann aber sehr schnell auch Personalverantwortung. Das muss einem auch liegen.

[Toefting]

In Studium, Referendariat und auch fachlich im Berufsleben hatte ich als deutlich introvertiert orientierte Person eigentlich nie größere Probleme. Man findet sicherlich schwerer Anschluss und muss etwas zusehen nicht zu vereinsamen, bzw bei Hausarbeiten und Seminaren oä nicht alleine dazustehen, aber ansonsten ist man ja oft froh über jeden sozoalkontakt den man nicht hat. Die Stellen wo man präsentieren und auftreten muss sind nicht soo oft und man kann vieles durch Training und orientieren an Mustern (aktenvortrag, Plädoyer, Vorträge u.ä.) "kaschieren". Oft tun sich da vermeintlich extrovertierte Personen ähnlich schwer. Alles ne Typfrage sicherlich, aber wenn man halbwegs über den Dingen steht und sich nicht zu sehr von der eigenen nervösität verunsichern lässt geht das alles. Dennoch habe ich nach kurzer Anwaltstätigkeit und einer Zeit im höheren justizdienst den Weg in eine Behörde gesucht (und gefunden). Da nervt nur das socialisen und Netzwerken, was durchaus erwartet wird. Im Haus, aber insbesondere auf Veranstaltungen mit fremden/neuen Personen. Das liegt mir leider so gar nicht, hat mich aber bisher auch nicht von meinem beruflichen Fortkommen abgehalten. Bisher keine Personalverantwortung, würde sich normalerweise nicht vermeiden lassen, mal sehen ob ich den "normalen" weg gehe/gehen will.

[Strich]

TE ist so introvertiert, dass hier wohl nichts mehr kommt ^^

[gola20]

Das ist doch trotzdem eine interessante Diskussion

[CreepyCat]

Ich denke auch, dass man an seinen Herausforderungen wächst, es sich aber als introvertierte Person mit der Studienwahl deutlich einfacher machen kann. Wenn dein späterer Berufswunsch eine Schreibtischtätigkeit im bloßen Hintergrund sein soll, gibt es dafür sicherlich einfachere und zielführendere Wege. Spätestens im Referendariat wirst du nicht mehr darum herum kommen, regelmäßig aufzutreten bzw. vorzutragen. Das kann man sicherlich auch "lernen" bzw. trainieren. Sich ausdrücken können ist und bleibt jedoch ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung und auch das Berufs. Wenn du dich dem stellen magst, dann wirst du das bestimmt hinbekommen, es gänzlich zu vermeiden wird eher schwierig.