Teufelskreis: Zivilrecht komplett nacharbeiten

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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eci15
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Teufelskreis: Zivilrecht komplett nacharbeiten

Beitrag von eci15 »

Hallo,
ich bin Studentin im 2. Semester und habe leider Probleme mit meinem Studium und befinde mich in einem Teufelskreis. Ich fasse es kurz zusammen: Mein erstes Semester verlief katastrophal, weil ich mich sehr verloren gefühlt habe und kaum durch das System Jurastudium durchgeblickt habe. Das einzige was ich geschafft habe, war eine bestandene Klausur in Strafrecht und eine Hausarbeit im Grundlagenfach. Besonders BGB AT habe ich im 1. Semester komplett verpasst. Also habe ich versucht, das komplett versäumte BGB AT im 2. Semester nachzuholen, habe dann auch das materielle Wissen nachgeholt, jedoch fehlt mir dort komplett die Fallbearbeitung.
Im 2. Semester kamen dann auch private Schwierigkeiten etc. dazu, ich habe erneut komplett falsch gelernt und die anderen Fächer haben ja auch nicht darauf gewartet, bis ich Schlaue erst mit meiner Nacharbeit fertig werde.. Naja, und dann hat sich alles so entwickelt, dass ich jetzt die anderen Fächer bzw. Rechtsgebiete mehr oder weniger drauf habe, jedoch ist das wichtigste Fach, Zivilrecht, dann nach einigen Wochen Schuldrecht-AT Vorlesung bei mir komplett unter den Tisch gefallen, so dass ich jetzt in BGB AT nur das Wissen habe, mir dort die Fallbearbeitung (das wichtigste) komplett fehlt, und in Schuldrecht ich weder Wissen noch Fallbearbeitung beherrsche. Und Zivilrecht macht mir gerade echt Sorgen, weil auch jeder sagt, dass das am schwierigsten ist.. Ich befinde mich jetzt in diesem Teufelskreis, weil ich bis jetzt immer falsch gelernt habe, nicht wusste, was ich wie machen soll etc. Jedoch will ich dieses Studium schaffen und unbedingt in Zivilrecht auf den aktuellen Stand kommen (komme im Winter ins 3. Semester). Ich mache mir schon jetzt Sorgen um das Examen, weil ich Angst habe, wieder lerntechnisch usw. Fehler zu machen und nicht meine Lücken schließen zu können.
Aus diesem Grund brauche ich eure Hilfe, und ich bitte euch so sehr, mir weiterzuhelfen, weil ich echt keine Ahnung habe, wen ich sonst um Rat fragen könnte (bin sowieso Erstakademikerin und im Corona-Semester total isoliert).
Ich habe geplant, in diesen Semesterferien jetzt eben Zivilrecht komplett nachzuarbeiten, weiß aber nicht, wie ich da genau vorgehen sollte. Ich habe geplant, ein Schuldrecht-Lehrbuch komplett durchzulesen und zusammenzufassen (weil ich die Vorlesungen mir eh nicht mehr anschauen kann und das sich richtig anfühlt) und dann jeweils ein Fallbuch zu BGB AT und Schuldrecht durchzuarbeiten. Ich mache mir Sorgen, dass ich erneut falsch vorgehen könnte (dann nie mehr auf den aktuellen Stand komme, Zivilrecht bei mir komplett flöten geht etc..) und möchte echt gerne eure Meinung dazu hören. Welches Vorgehen wäre jetzt das richtige? (Und bitte detailliert erklären, weil ich echt alles richtig machen möchte :/ ) 3 Wochen werde ich im Urlaub sein und mir ein Schuldrecht Lehrbuch mitnehmen (welches empfehlt ihr?) und das dann durchlesen und mir zusammenfassen. Bräuchte ich alleine für das Verständnis der Inhalte im Lehrbuch meine Karteikarten von BGB AT oder nicht?
Ich will einfach nicht mehr hinterherhinken und mich so verloren fühlen.. Vielen Dank schon einmal für eure Antworten :(
DogmaTiger
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Re: Teufelskreis: Zivilrecht komplett nacharbeiten

Beitrag von DogmaTiger »

Erstmal tief durchatmen.

Mache dir vielleicht mal bewusst, dass viele Leute erst in der Examensvorbereitung richtig lernen. Nach 2 Semestern ist da absolut nichts verloren. Wirklich gar nichts! Natürlich würde niemand empfehlen, erst 8 Semester durchzufeiern, aber es geht.

Ich sage da so, weil es mMn am Ende im Examen (und auch in der Vorbereitung) auch sehr stark um die mentale Verfassung geht. Man muss Belastung aushalten können und innerlich ruhig bleiben. Dass die Perspektive im zweiten Semester eine andere ist, und einem da noch jede Hausarbeit unendlich wichtig vorkommt, ist natürlich normal. Aber lasse dir gesagt sein, dass du später (zu recht) über solche Gedanken lachen wirst.

Das gilt natürlich nur, wenn du bis dahin nicht verrückt geworden bist :D Und dazu musst du ein bisschen zur Ruhe kommen. Gehe das nächste Semester einfach ein bisschen strukturierter an und wenn es deine private Situation erlaubt, lernst du ein paar Wochen vor den Klausuren. Ansonsten würde ich an deiner Stelle eher mal die Zeit nutzen, die hoffentlich weiter erfolgenden Lockerungen der Corona-Maßnahmen zu genießen, Uni und Kommilitonen mal richtig kennenzulernen, ein neues Hobby anzufangen usw. Du bist im 2./3. Semester und die Examensvorbereitung kommt früh genug!
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scndbesthand
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Re: Teufelskreis: Zivilrecht komplett nacharbeiten

Beitrag von scndbesthand »

Ein Fehlstart in Zivilrecht ist kein Beinbruch.

Das Schöne an Jura ist, dass sich auf das Studium im Ganzen gesehen, immer einzelne Semester nachholen und Klausuren auch später schreiben lassen. In Semester 5 bist Du dann wieder oben auf, wenn Du die nötige Zeit investierst.

Wichtig ist nur zu wissen, welche Maßnahmen Dich in die Lage versetzen, die geforderte Prüfungsleistung zufriedenstellend zu erbringen.

Die erforderliche Fähigkeit ist: einen Fall in zwei Stunden im Gutachtenstil einer sauberen vertretbaren gutachterlichen schriftlichen Lösung zuzuführen.

Du eignest Dir dazu einen theoretischen Fundus an Wissen mit einem Lehrtext an, der möglichst ausgewogen die Hintergründe bestimmter Regelungen erklärt, aber Dich nicht mit Details überfrachtet, die Du Dir ohnehin nicht merkst. Zurückhaltung bei Karteikarten - dort gehört nur das drauf, was man in Klausuren auswendig abrufen muss (Definitionen, die sich nicht aus dem Gesetz ergeben etc.). Nicht einzelne Bücher verskripten und nicht mit eigenen Skripten oder Mitschriften lernen (erfahrungsgemäß steht doch zu viel Schrott drauf und die Dinge, auf die es ankommt, fehlen - dass das stimmt, merkt man, wenn man sich vor dem Examen noch mal seine Unterlagen aus dem 1. Semester anschaut).

Das Erstellen von Falllösungen ist tatsächlich eine praktische Fertigkeit, die man praktisch einüben muss. Hierzu sollte mal die Fachschaft um Rat fragen, normalerweise gibt es dort Altklausuren mit Lösungen anderer Studis, die gute Noten bekommen haben. Diese sollte man mal selbst in der vorgegeben Zeit lösen, und dann sieht man, wo es „hakt“. Die Schwierigkeiten muss man dann mithilfe von Büchern, Kommentaren etc. versuchen zu überwinden. Nach den Altklausuren kann man dann mit Fallbüchern weitermachen oder mit Klausuren aus der JuS etc. Im Idealfall überwindet man dann irgendwann seine Defizite individuell und schreibt gute Klausuren.
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Re: Teufelskreis: Zivilrecht komplett nacharbeiten

Beitrag von Sektnase »

Ganz ehrlich? Schau, dass die Organisation checkst und Wichtiges halbwegs vom Unwichtigen trennen kannst.

Die Vorlesungen im Studium brauch wirklich kein Mensch und ob man jetzt 20 Stunden die seit 15 Jahren nicht mehr überarbeitete Overheadprojektorfolien-Vorlesung von Professor XY gehört hat oder nicht, interessiert keinen und beeinflusst auch dein Examen nicht.

Wirklich wichtig ist, dass du bis zur Examensvorbereitung kommst, bis dahin den Gutachtenstil wirklich beherrschst, etwas Problembewusstsein entwickelt hast und sie meisten Fächer zumindest mal irgendwie gehört hast.

Mein Tipp zum Lernen: Zusammenfassungen schreiben wird massiv überschätzt. Es braucht ewig und dieses "von der Hand ins Hirn" ist m.E. meist einfach nur das Gefühl "was getan zu haben". Ich empfehle eher einen guten Podcast (z.B. Lorenz von der LMU). Damit holst du Schuldrecht AT im Nullkommanichts nach. Dazu ein einfaches Fallbuch, zB "Die Fälle" von Hemmer zu SchuldR AT. Man muss das Rechtsgebiet nicht aufs Erste mal komplett verstehen*, aber die Systematik und was ein Rücktritt und was ein Widerruf und was ein Schadensersatz ist und was man wann prüfen muss sollte man dann wissen.

*Schuldrecht AT wirst du auch in der Examensvorbereitung nicht bis ins Detail kapieren und auch danach nie. Geht allen so.
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
juraabcd1
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Re: Teufelskreis: Zivilrecht komplett nacharbeiten

Beitrag von juraabcd1 »

Also erstmal halte ich es für normal, dass man sich im system jura anfangs ziemlich verloren fühlen kann. Es ist einfach eine neue welt sowohl von den inhalten als auch an der uni an sich.
Aber da es den meisten so geht, ist das im system eingepreist.
Es wird keine Höchstleistung in den ersten semestern erwartet.

Wichtig ist, nur erstmal die grundlagen zu lernen und sich nicht n details verlieren.
In dem stadium kann man nicht alles verstehen?

Ich habe für die basics die Hemmer Basics Reihe genutzt. Das sind dünne Heftchen wo das absolut wesentliche drinsteht! Gerade für BGB AT und Schuldrecht AT meiner Meinung gut geeignet!
Schau dir die mal an. Man muss erstmal die Grundlagen beherrschen, da hat man dann vielen schon was voraus!

Und dazu vielleicht vor allem auf due Fälle aus den Arbeitsgemeinschaften konzentrieren und versuche vor allem strukturen zu lernen( aufbau, definitionen usw).
Und nicht entmutigen lassen, einfach versuchen am ball zu bleiben und einigermaßen regelmäßig daran arbeiten.
Dann wird das schon;)
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