Überfordert durch Karteikarten

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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asdfwasd
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Re: Überfordert durch Karteikarten

Beitrag von asdfwasd »

Also ich verstehe natürlich all eure Argumente und die Gründe sind auch alle logisch, aber in der Praxis muss man doch mehr "schnell aufs Blatt bringen" als einfach nur verstanden haben. Ich weiß nicht, ob ihr so effektiv lernen könnt, aber wenn ich bisschen im Lehrbuch lese, weiß ich die Woche drauf davon eher weniger. Ich wüsste nicht, wie ich die Themen besser lernen sollte, als mit Karteikarten.

Ich nenn euch mal paar Beispiele von den Dingen, die wir gerade besprechen. Verschiedene Grundrechte mit Schutzbereich , verschiedenen Eingriffen und Rechtfertigungen, Voraussetzungen der Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe und im Zivilrecht gerade Stellvertretung.

Meiner Ansicht nach sind das doch alles Dinge, bei denen man in der Klausur nicht überlegen darf, sondern einfach die gelernten Dinge hinklatscht. Wie soll ich beispielsweise ohne Karteikarten zu lernen in der Klausur wissen, was ein Glaube/Religion oder eine Enteignung ist? Das könnte man sich natürlich auch zusammenreimen, aber dann ist wohl klar, dass da nichts Gutes bei rauskommen kann.
asdfwasd
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Re: Überfordert durch Karteikarten

Beitrag von asdfwasd »

Mir ist natürlich durchaus bewusst, dass ich nur durchs Karteikarten-Lernen noch nichts wirklich bezweckt habe, wenn ich das gelernte Thema nicht einordnen kann. Deswegen überleg ich mir auch bevor ich anfange die durchzugehen, welchen Gliederungspunkt das im Schema betrifft und wo das in der Klausur relevant sein könnte. Außerdem habt ihr natürlich auch Recht, dass ich nebenbei auch immer wieder Fälle lösen muss, damit ich das Wissen anwenden kann. Das ist für mich der bisher effektivste (zeitlich gesehen definitiv nicht!) Weg.
Ich dachte mir, lieber übermotiviert in den ersten Semestern, sodass die Grundlagen sitzen.
Theopa
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Re: Überfordert durch Karteikarten

Beitrag von Theopa »

asdfwasd hat geschrieben: Montag 17. Januar 2022, 22:26 Meiner Ansicht nach sind das doch alles Dinge, bei denen man in der Klausur nicht überlegen darf, sondern einfach die gelernten Dinge hinklatscht. Wie soll ich beispielsweise ohne Karteikarten zu lernen in der Klausur wissen, was ein Glaube/Religion oder eine Enteignung ist? Das könnte man sich natürlich auch zusammenreimen, aber dann ist wohl klar, dass da nichts Gutes bei rauskommen kann.
Damit unterstellst du aber, dass es möglich wäre alles auswendig parat zu haben. Das wird man (vielleicht hast du ein eidetisches Gedächtnis und bist die Ausnahme) aber nicht schaffen. Wenn man dann eben doch einmal vor der Klausur mit einer völlig seltsamen Fragestellung sitzt und dazu keine Karteikarte hatte bzw. deren Inhalt vergessen hat werden plötzlich die "Laberstellen" aus den Lehrbüchern, in welchen etwas vom Zweck der Normen, deren Entstehungsgeschichte oder der Systematik des Gesetzes um das es geht geschrieben wurde relevant.

Natürlich weiß man diese Theorie dann auch nicht mehr auswendig, wer die grundlegende Idee verstanden hat wird aber nicht völlig blank sein und kann dann die ganz banalen Techniken (Gesetz nutzen, auslegen, subsummieren...) nutzen, um sich jeder Fragestellung wenigstens sinnvoll und ohne grobe Verständnisfehler anzunähern. Man wird damit vielleicht nicht die Punkte holen, die derjenige bekommt der zufällig zwei Wochen zuvor eine Probeklausur zu exakt dieser Frage geschrieben und gründlich nachbearbeitet hat, kann aber dennoch ordentliche bis gute Leistungen abliefern.

Kurzum: Du wirst nicht alles lernen können. Ganz einfach. Daher ist es sehr wichtig, diesen Punkt bereits früh als gegeben zu akzeptieren und damit umzugehen. Dafür ist zunächst ein allgemeines Verständnis nötig. Die Zeit für das Pauken von Definitionen etc. beginnt ca. 12-18 Monate vor dem ersten Examen
Liz
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Re: Überfordert durch Karteikarten

Beitrag von Liz »

asdfwasd hat geschrieben:Also ich verstehe natürlich all eure Argumente und die Gründe sind auch alle logisch, aber in der Praxis muss man doch mehr "schnell aufs Blatt bringen" als einfach nur verstanden haben. Ich weiß nicht, ob ihr so effektiv lernen könnt, aber wenn ich bisschen im Lehrbuch lese, weiß ich die Woche drauf davon eher weniger. Ich wüsste nicht, wie ich die Themen besser lernen sollte, als mit Karteikarten.

Ich nenn euch mal paar Beispiele von den Dingen, die wir gerade besprechen. Verschiedene Grundrechte mit Schutzbereich , verschiedenen Eingriffen und Rechtfertigungen, Voraussetzungen der Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe und im Zivilrecht gerade Stellvertretung.

Meiner Ansicht nach sind das doch alles Dinge, bei denen man in der Klausur nicht überlegen darf, sondern einfach die gelernten Dinge hinklatscht. Wie soll ich beispielsweise ohne Karteikarten zu lernen in der Klausur wissen, was ein Glaube/Religion oder eine Enteignung ist? Das könnte man sich natürlich auch zusammenreimen, aber dann ist wohl klar, dass da nichts Gutes bei rauskommen kann.
Natürlich gibt es auch Definitionen, die man schlichtweg auswendig können muss, aber wenn man Klausuren korrigiert, merkt man sofort, wer nur die Definitionen gelernt hat und wer wirklich schon etwas „verstanden“ hat, Probleme (also Stellen, wo die Lösung nicht einfach so das Schema runterläuft) sieht und zu einer selbstständigen Argumentation in der Lage ist. Dementsprechend kann man nicht oft genug darauf hinweisen, dass es essenziell ist, den Gutachtenstil wirklich sicher zu beherrschen und genügend Übung bei der Lösung neuer Fälle zu haben.
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Re: Überfordert durch Karteikarten

Beitrag von Strich »

Liz hat geschrieben: Dienstag 18. Januar 2022, 08:46 ...
aber wenn man Klausuren korrigiert, merkt man sofort, wer nur die Definitionen gelernt hat und wer wirklich schon etwas „verstanden“ hat, ...
Just for the records (weil wir es schon ein paar mal hatten): Ich halte das für ein Gerücht. In einer ziemlichen ETBI-Standardklausur erkennst du mitnichten den Versteher unter den Auswendiglernern.

Den Versteher erkennst du am leichtesten in Klausuren, in denen unbekannte Normen abgefragt werden, bei denen sich die Leute zu den Tatbestandsmerkmalen Gedanken machen müssen, bspw. im Ö-Recht wenn da irgendeine Satzung mitabgedruckt wird etc. In allen anderen Fällen schaffst du mit auswendig gelerntem 9 Punkte, wo der Versteher möglicherweise zu lange zum verstehen der Klausur braucht und dann mit 6 abschneidet.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
- Daria -

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Überfordert durch Karteikarten

Beitrag von Liz »

@Strich: Die ETBI-Klausur scheint mir aber auch der einzige größere Ausnahmefall zu sein. Im Übrigen zeichnen sich viele Klausuren doch dadurch aus, dass sie irgendwann auf einen Problempunkt zusteuern, den die Bearbeiter - ohne dass sie vorher die gesamte Argumentation auswendig gelernt haben - als solchen erkennen müssen und argumentativ eine Lösung zuführen müssen. Und bei Anfängern genügt da schon die Frage, ob und wenn ja, welcher Anfechtungsgrund gegeben ist, um Unterschiede im Bearbeitungsniveau festzustellen.
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