Langfristig selbstständig arbeiten?

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Hanoi
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Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Hanoi »

Servus,
ich hoffe ich darf hier als noch nicht mal examinierter Student auch posten :)
Ich nehme (obwohl es schwerfällt) gerade ein paar Tage frei von der Examensvorbereitung und habe mir vorgenommen diese zu nutzen, um mir über meine berufliche Zukunft ein paar Gedanken zu machen. Ich erhoffe mir dadurch ein (grobes) Ziel zu setzen und dadurch für den Rest meiner Ausbildung angespornt zu werden.

Grundsätzlich kann ich mir eine anwaltliche Tätigkeit im zivilrechtlichen Bereich sehr gut vorstellen, möglicherweise Richtung gewerblicher Rechtsschutz;

Entsprechende Noten vorausgesetzt stünden ggfs. die GKen offen. Ich sehe mich schon - ohne albern klingen zu wollen - als vergleichsweise Karriere-ambitioniert und natürlich reizt es mich "oben" mitzuspielen. Andererseits kann ich mir nicht vorstellen langfristig die Arbeitszeit in einer GK auszuhalten. Ich habe aber auch noch kein Praktikum in einer GK gemacht, kann daher nicht aus erster Hand beurteilen wie es läuft.

Ich habe allerdings schon mehrere Praktika bei RAs in kleinen Kanzleien gemacht und mir ist dabei aufgefallen, dass ich den Kontakt und Arbeit mit Mandanten sehr interessant fand. Ich muss dazu sagen, dass ich gerne selbstbestimmt arbeite und mir auch der unternehmerische Aspekt des "Freiberufs" reizvoll erscheint.
Mir ist dabei bewusst, dass insbesondere letzteres auch seine Schattenseite haben kann, wenn man sich durchs Internet liest bekommt man den Eindruck, dass alle selbstständigen RA am Hungertuch nagen. Mir ist auch klar, dass man als selbstständiger Anwalt auch nicht wenig arbeitet...nur scheint mir - überspitzt - die gleiche Menge Arbeit selbstbestimmt subjektiv angenehmer zu sein als wenn ich diese für den Arbeitgeber absitzen muss.

Wie verbreitet ist es zunächst in einer GK zu arbeiten und dann irgendwann in einen kleineren Laden zu wechseln? Wird dies positiv gesehen oder aufgrund der vermutlich doch anderen Arbeitsweisen vielleicht sogar negativ?
Sofern möglich würde ich jetzt auch nicht unbedingt anstreben nach dem Ende der Ausbildung gleich in eine kleine Kanzlei zu gehen, langfristig scheint es mir aber attraktiv selbstständig zu sein und ich möchte auch nicht ewig an eine große Stadt als GK-Standort gebunden sein. Gleichzeitig möchte ich zumindest mal eine Zeit lang auch etwas international und in einem Team arbeiten.

Pauschal kann man natürlich eh nichts sagen, aber vielleicht hat ein Praktiker hier aus eigener Erfahrung etwas zu erzählen? Vielen Dank!
Brainiac
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Brainiac »

Hanoi hat geschrieben: Dienstag 6. April 2021, 18:25 ich hoffe ich darf hier als noch nicht mal examinierter Student auch posten :)
Selbstverständlich. Immer gerne!

Hanoi hat geschrieben: Dienstag 6. April 2021, 18:25 Wie verbreitet ist es zunächst in einer GK zu arbeiten und dann irgendwann in einen kleineren Laden zu wechseln? Wird dies positiv gesehen oder aufgrund der vermutlich doch anderen Arbeitsweisen vielleicht sogar negativ?
Sehr verbreitet; tendenziell sehr positiv.
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Blaumann
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Blaumann »

Hanoi hat geschrieben: Dienstag 6. April 2021, 18:25 Mir ist dabei bewusst, dass insbesondere letzteres auch seine Schattenseite haben kann, wenn man sich durchs Internet liest bekommt man den Eindruck, dass alle selbstständigen RA am Hungertuch nagen. Mir ist auch klar, dass man als selbstständiger Anwalt auch nicht wenig arbeitet...nur scheint mir - überspitzt - die gleiche Menge Arbeit selbstbestimmt subjektiv angenehmer zu sein als wenn ich diese für den Arbeitgeber absitzen muss.
Meines Erachtens eine richtige und wichtige Erwägung, die sehr oft vergessen wird. Allgemein kommt es weniger auf die Quantität als auf die Qualität der Arbeit an. Dass Anwälte in kleinen Einheiten/Einzelanwälte (=/= Selbstständige, auch der Partner in der GK ist rechtlich und wirtschaftlich selbstständig) generell am Hungertuch nagen würden, kann ich nach der Nahbereichsempirie nicht bestätigen. Im Gegenteil kenne ich einige sehr erfolgreiche Anwälte in sehr kleinen Einheiten, denen es wirtschaftlich überhaupt nicht schlecht geht. (Wobei die Nahbereichsempirie hier zugegebenermaßen eingefärbt ist.)

Ich vermute, dieses Bild vom hungrigen Einzelanwalt, der sich irgendwie notdürftig durchschlagen muss, kommt in erster Linie aus den mageren Zeiten der Juristenschwemme. Damals mussten sich eine Menge schlechte Absolventen mangels Alternativen als Einzelanwälte selbstständig machen. Denen fehlten (und fehlen) dann häufig sowohl die juristischen als auch die unternehmerischen Fähigkeiten, um als Anwalt erfolgreich zu sein. Zumal es ihnen auch nie jemand besser beigebracht hat.
Wie verbreitet ist es zunächst in einer GK zu arbeiten und dann irgendwann in einen kleineren Laden zu wechseln? Wird dies positiv gesehen oder aufgrund der vermutlich doch anderen Arbeitsweisen vielleicht sogar negativ?
Der Wechsel von größeren in kleinere Einheiten ist Standard. Das GK-Renomee und die GK-Ausbildung zählen ganz klar als Vorteil.
Sofern möglich würde ich jetzt auch nicht unbedingt anstreben nach dem Ende der Ausbildung gleich in eine kleine Kanzlei zu gehen, langfristig scheint es mir aber attraktiv selbstständig zu sein und ich möchte auch nicht ewig an eine große Stadt als GK-Standort gebunden sein. Gleichzeitig möchte ich zumindest mal eine Zeit lang auch etwas international und in einem Team arbeiten.
Du hast, entsprechende Noten vorausgesetzt, im Ref die unkomplizierte Gelegenheit ein oder zwei Stationen in Großkanzleien zu absolvieren. Die würde ich an deiner Stelle nutzen. Nach erfolgreichem 2. Examen kannst Du dann ganz locker entscheiden, wohin die Reise gehen soll.
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Liz »

Das Bild vom "Nagen am Hungertuch" wird aber wohl auch davon geprägt, dass derjenige, der sich unmittelbar nach dem 2. Examen selbstständig macht, auch bei ausreichendem unternehmerischen Geschick (das nicht jedem gegeben ist) erstmal 1-3 Jahre braucht, bis die Kanzlei so gut läuft, dass er sich am Ende des Monats keine Gedanken mehr darüber machen muss, woher die Miete kommt.
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Strich
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Strich »

Naja und vom FWW Anwalt auf dem Land. Ohne Spezialisierung, die nicht "Familienrecht, Strafrecht, Verkehrsrecht, Sozialrecht" lautet, wird da meist nicht viel.
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Blaumann
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Blaumann »

Liz hat geschrieben: Mittwoch 7. April 2021, 14:17 Das Bild vom "Nagen am Hungertuch" wird aber wohl auch davon geprägt, dass derjenige, der sich unmittelbar nach dem 2. Examen selbstständig macht, auch bei ausreichendem unternehmerischen Geschick (das nicht jedem gegeben ist) erstmal 1-3 Jahre braucht, bis die Kanzlei so gut läuft, dass er sich am Ende des Monats keine Gedanken mehr darüber machen muss, woher die Miete kommt.
Wobei das kein Spezifikum des Einzelanwalts ist, sondern jede Existenzgründung betrifft. Anwälte dürften es da meines Erachtens sogar noch eher leicht haben, weil die Investitionskosten überschaubar sind. Außer der Büromiete und ein wenig Technik brauchst Du ja für den Anfang nicht viel.

Ich denke, dass das Schreckensbild "Einzelanwalt = armer Verlierer" weniger von den magereren Jahren der Anlaufphase herrührt. Damit können die meisten umgehen.
Strich hat geschrieben: Mittwoch 7. April 2021, 14:48 Naja und vom FWW Anwalt auf dem Land. Ohne Spezialisierung, die nicht "Familienrecht, Strafrecht, Verkehrsrecht, Sozialrecht" lautet, wird da meist nicht viel.
Da bin ich skeptisch. Gerade auf dem Land dürfte ja der Vorteil sein, dass dir die wirtschaftlich interessanten Verfahren und Mandanten nicht ständig von den größeren/renommierteren Kanzleien weggeschnappt werden. Die Erben, die sich um das MFH (Wert 2 Mio.) streiten, fahren dafür ja nicht zwingend eine Stunde in die nächste größere Stadt. Zumal wenn sie wissen, dass Du den Erblasser als Vermieter immer gut beraten hast.
Zudem sind auf dem Land die Fixkosten sehr niedrig.

Ich kenne die Zahlen von einem Kollegen, der in der tiefsten ostdeutschen Provinz in einer kleinen Kreisstadt mit Amtsgericht praktiziert.
"Spezialisiert" auf Mietrecht für Vermieter, Verkehrsrecht und Vertragsrecht. Macht nebenbei noch alles, was so anfällt. Praktiziert mit nem Kollegen, der vorwiegend Familien- und Erbrecht und Baurecht abdeckt.

Der fährt für sich einen mittleren Jahresgewinn im oberen fünfstelligen Bereich ein. Das würde ich nicht gerade als Hungertuch bezeichnen, auch wenn es natürlich weit weg von den Verdienstmöglichkeiten in einer Wirtschaftskanzlei ist.
Zuletzt geändert von Blaumann am Donnerstag 8. April 2021, 11:26, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Tibor »

Blaumann hat geschrieben: Donnerstag 8. April 2021, 10:44 Der fährt für sich einen mittleren Jahresgewinn im oberen fünfstelligen Bereich ein. Das würde ich nicht gerade als Hungertuch bezeichnen, auch wenn es natürlich weit weg von den Verdienstmöglichkeiten in einer Wirtschaftskanzlei ist.
Nach herrschender Forenmeinung ist doch alles unter R3 Hungertuch.
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Blaumann
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Blaumann »

Tibor hat geschrieben: Donnerstag 8. April 2021, 10:51
Blaumann hat geschrieben: Donnerstag 8. April 2021, 10:44 Der fährt für sich einen mittleren Jahresgewinn im oberen fünfstelligen Bereich ein. Das würde ich nicht gerade als Hungertuch bezeichnen, auch wenn es natürlich weit weg von den Verdienstmöglichkeiten in einer Wirtschaftskanzlei ist.
Nach herrschender Forenmeinung ist doch alles unter R3 Hungertuch.
Da hast Du die hF meines Erachtens falsch verstanden. Nach dieser schrumpft jeder Verdienst, der sich aus einer Besoldung mit dem Anfangsbuchstaben R ergibt oder daran anlehnt, automatisch unter das Existenzminimum.

Du kannst in einem Palast wohnen und netto mehr verdienen als 90% deiner Mitmenschen, bist aber trotzdem akut vom Hungertod bedroht. In der einschlägigen Fachliteratur wird dies auch als "Richter-Faktor" bezeichnet.

Für die A- und B-Besoldung ist die Anwendbarkeit des R-Faktors streitig. Es spricht aber vieles dafür. Für Einkommen in der freien Wirtschaft ist er dagegen nicht anwendbar.
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Strich »

Blaumann hat geschrieben: Donnerstag 8. April 2021, 10:44 ...

Da bin ich skeptisch. Gerade auf dem Land dürfte ja der Vorteil sein, dass dir die wirtschaftlich interessanten Verfahren und Mandanten nicht ständig von den größeren/renommierteren Kanzleien weggeschnappt werden. Die Erben, die sich um das MFH (Wert 2 Mio.) streiten, fahren dafür ja nicht zwingend eine Stunde in die nächste größere Stadt. Zumal wenn sie wissen, dass Du den Erblasser als Vermieter immer gut beraten hast.
Zudem sind auf dem Land die Fixkosten sehr niedrig.

Ich kenne die Zahlen von einem Kollegen, der in der tiefsten ostdeutschen Provinz in einer kleinen Kreisstadt mit Amtsgericht praktiziert.
"Spezialisiert" auf Mietrecht für Vermieter, Verkehrsrecht und Vertragsrecht. Macht nebenbei noch alles, was so anfällt. Praktiziert mit nem Kollegen, der vorwiegend Familien- und Erbrecht und Baurecht abdeckt.

Der fährt für sich einen mittleren Jahresgewinn im oberen fünfstelligen Bereich ein. Das würde ich nicht gerade als Hungertuch bezeichnen, auch wenn es natürlich weit weg von den Verdienstmöglichkeiten in einer Wirtschaftskanzlei ist.
Ich kenne es nur umgekehrt. Das 2 Mio MFH auf dem Land (in Ostdeutschland eher rar bis gar nicht zu finden) wird im Erbstreitfalle eher von irgendeiner Mittelstandsbude aus einer kreisfreien Stadt betreut, weil man bei den Werten dann doch lieber "auf Nummer sicher" gehen will, obwohl der Kollege, der das jahrelang gemacht hat, das locker auch könnte.

Die Fixkosten können trotzdem kaum so niedrig sein, dass der verdienst nennenswert wächst.

tiefste Ostdeutsche Provinz ist auch Pirna. Da ist man aber weit weg von Städten wie Staßfurt, Zeitz, Stendal, Haldensleben, Wittenberge und wie sie nicht alle heißen. Oder um es anders zu wenden: ostdeutsche Provinz Sachsen: i.d.R. schöne Städte, brauchbare Verdienste möglich. Ostdeutsche Provinz Rest: Schwierig, wenn nicht grad, Halle, Magdeburg, Erfurt, Berlin, Rostock, Schwerin umme Ecke sind
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Sektnase »

Sind da jetzt irgendwelche Städte von nicht in der Provinz?

Für mittleren fünfstelligen Gewinn (als Zielmarke) lohnt es sich doch kaum - außer vielleicht da, wo die Miete sowieso umsonst ist. Das unternehmerische Risiko zahlt sich doch ansonsten null aus, dann gehst lieber zum Landratsamt und machst in der Kaffeeküche morgens Salz in den Zuckerstreuer, dann ist auch spannend.
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Strich »

Sektnase hat geschrieben: Freitag 9. April 2021, 09:11 Sind da jetzt irgendwelche Städte von nicht in der Provinz?
...
Die Frage verstehe ich nicht? Ja die aufgezählten Städte sind "nicht in der Provinz"
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Kasimir »

Strich hat geschrieben: Freitag 9. April 2021, 09:21
Sektnase hat geschrieben: Freitag 9. April 2021, 09:11 Sind da jetzt irgendwelche Städte von nicht in der Provinz?
...
Die Frage verstehe ich nicht? Ja die aufgezählten Städte sind "nicht in der Provinz"
Dann haben wir ein unterschiedliches Verständnis von Provinz.
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Strich »

Jaja gemessen an Berlin ist auch Hamburg Provinz ^^
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von TeWe »

Meines Erachtens ist es schwierig, damit Geld zu verdienen. Die Verfahren ziehen sich sehr lange hin, aber Kammer, Krankenversicherer, Versorgungswerk und Haftpflichtversicherung wollen gleich bedient sein und die kleinen Auslagen des Tagesgeschäftes (denen gar nicht so selten 3 x hinterher geschrieben werden muss) binden auch Kapital, welches normale Menschen für ihren Vermögensaufbau einsetzen können. Sobald das Ganze - mit viel Einsatz, bevorzugt auch abends und am Wochenende - dann endlich ein bisschen zu funktionieren beginnt, geraten Einzelanwaltende fast immer in eine Mühle aus fälliger Umsatzsteuer, Einkommensteuernachzahlung und daran angepasste Einkommensteuervorauszahlung.

Emotionslos betrachtet suchen Normalbürger eben nur alle +/- 10 Jahre einen der +/- 150000 Rechtsanwaltenden auf, das ergibt dann in etwa also für jeden ein Mandat pro Woche. bei dem es mitunter auch mehr ums Prinzip geht als um Mehrfamilienhäuser.
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Tibor
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Re: Langfristig selbstständig arbeiten?

Beitrag von Tibor »

TeWe hat geschrieben: Montag 17. Mai 2021, 17:42 Sobald das Ganze - mit viel Einsatz, bevorzugt auch abends und am Wochenende - dann endlich ein bisschen zu funktionieren beginnt, geraten Einzelanwaltende fast immer in eine Mühle aus fälliger Umsatzsteuer, Einkommensteuernachzahlung und daran angepasste Einkommensteuervorauszahlung.
Das ist nun auch kein Hexenwerk. Eine Steuerverbindlichkeit ist noch nie vom Himmel gefallen!

Bei Freiberuflern wird nur die Umsatzsteuer ggü dem Finanzamt fällig (sie entsteht), wenn sie dem Unternehmer (RA) auch tatsächlich vom Mandanten zugeflossen ist (sog. Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten, § 20 Nr. 3 UStG). D.h. man muss die USt auch nicht vorfinanzieren wie ein Gewerbetreibender. Da man zwischen Zahlungseingang (vom Mandanten) und Abführung an das Finanzamt zwischen 40 und 70 Tagen Zeit hat (die UStVZ ist erst zum 10. des übernächsten Folgemonats fällig; ein Eingang vom Mdt am 02.01. muss also erst am 10.03. beim FA sein). Das ganze ist doch sehr überschaubar und gute Kanzleisoftware kann einem immer den Stand der offenen Verbindlichkeit ausweisen.

Zur EStVZ: Diese orientiert sich idR am Vorjahresgewinn und können auch angepasst werden. Die Zahlungstermine 10. März/Juni/September/Dezember sind auch relativ gut überschaubar und absehbar.

Aus der Hölle kommen Steuerverbindlichkeiten nur, wenn man nicht rechtszeitig seinen Erklärungspflichten nachkommt, das Finanzamt dann die Steuer schätzt und das nicht zu knapp oder wenn die Buchhaltung einfach sehr schlecht ist und eine Betriebsprüfung nach 3 Jahren dann für 3 oder mehr Jahre auf einmal Nachzahlungen festsetzt, weil das Angestelltenverhältnis zur 14-jährigen Tochter nicht anerkannt wird, der Bürohund doch nicht so ein cleveres Steuersparmodell war oder man vielleicht doch nicht den Wochenendeinkauf von Getränken immer als "Bewirtung Mdt" ausgegeben hätte.
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