Zukunft der Arbeitswelt

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Strich
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Strich »

Ist halt nach § 23 ArbZG strafbar, juckt nur keinen. In Halle gabs auch keine Kanzlei, bei der man das hätte verfolgen können, sonst hätte ichs gemacht.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Blaumann
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Blaumann »

Strich hat geschrieben: Donnerstag 6. Mai 2021, 14:00 Ist halt nach § 23 ArbZG strafbar, juckt nur keinen. In Halle gabs auch keine Kanzlei, bei der man das hätte verfolgen können, sonst hätte ichs gemacht.
Viel schlimmer: Es ist nach § 22 Abs. 1 ArbZG auch ordnungswidrig, weshalb §§ 30, 29a OWiG Anwendung findet. Wird teuer.
Zuletzt geändert von Blaumann am Donnerstag 6. Mai 2021, 21:23, insgesamt 1-mal geändert.
Liz
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Liz »

Fyrion hat geschrieben: Donnerstag 6. Mai 2021, 09:44
Liz hat geschrieben: Mittwoch 5. Mai 2021, 11:25 @Fyrion: Ein echter Gewinn an Freiheit ist das allerdings erst, wenn man in seiner selbst definierten Freizeit nicht für den Arbeitgeber oder Dritte verfügbar sein muss.
Naja das muss ich doch so oder so, auch wenn ich im Büro arbeiten müsste. Ich bin halt Anwalt, wenns beim Mandanten am Sonntag um 21:57 brennt, dann bin ich um 21:58 verfügbar, das ist aber der Job und hängt nicht davon ab ob ich im HO arbeite oder im Büro.
Klar, aber "Sie können frei entscheiden, wo Sie sonntags um 22 Uhr arbeiten" ist doch was anderes als "Sie können frei entscheiden, ob Sie den Freitag im Freibad verbringen und stattdessen am Sonntagabend arbeiten". Und "volle Flexibilität" heißt aus Arbeitgebersicht dann häufig doch "es ist mir völlig egal, wann und wo Sie arbeiten, aber wenn Sie gebraucht werden, sind Sie gefälligst umgehend verfügbar".
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Fyrion
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Fyrion »

Liz hat geschrieben: Donnerstag 6. Mai 2021, 15:05
Fyrion hat geschrieben: Donnerstag 6. Mai 2021, 09:44
Liz hat geschrieben: Mittwoch 5. Mai 2021, 11:25 @Fyrion: Ein echter Gewinn an Freiheit ist das allerdings erst, wenn man in seiner selbst definierten Freizeit nicht für den Arbeitgeber oder Dritte verfügbar sein muss.
Naja das muss ich doch so oder so, auch wenn ich im Büro arbeiten müsste. Ich bin halt Anwalt, wenns beim Mandanten am Sonntag um 21:57 brennt, dann bin ich um 21:58 verfügbar, das ist aber der Job und hängt nicht davon ab ob ich im HO arbeite oder im Büro.
Klar, aber "Sie können frei entscheiden, wo Sie sonntags um 22 Uhr arbeiten" ist doch was anderes als "Sie können frei entscheiden, ob Sie den Freitag im Freibad verbringen und stattdessen am Sonntagabend arbeiten". Und "volle Flexibilität" heißt aus Arbeitgebersicht dann häufig doch "es ist mir völlig egal, wann und wo Sie arbeiten, aber wenn Sie gebraucht werden, sind Sie gefälligst umgehend verfügbar".
Genau, letzteres ist es dann auch in der Realität. Aber das war für mich immer klar und ich glaube, man kann als Anwalt kaum etwas anderes erwarten. Wie sollte die Alternative auch aussehen? "Oh bei Ihnen steht das Kartellamt mit der Polizei vor der Tür? Na das ist ja blöd, wir haben leider schon Feierabend/heute unseren freien Freitag, versuchen sie es doch nach der Durchsuchung nochmal, ok, Danke ciao.?" :D Kommt natürlich auch aufs Rechtsgebiet an, aber im Kartellrecht bspw. kann ich mir das nur schwer vorstellen.
Es duerfte aber deutlich angenehmer sein, die Anfrage um 21:57 an einem Sonntag im heimischen HO erledigen zu können, statt dafür extra ins Büro fahren zu müssen.
Genau dies! Oder halt in meiner Ferienwohnung in Spanien, wo ich (pre und hoffentlich post Corona) zumindest morgens ins Meer hüpfen kann. Wie gesagt, mit Büropflicht wäre die Arbeitsbelastung nicht anders, aber durch die geringere Flexibilität eben belastender. Und - das darf man auch nicht vergessen - der außerplanmäßigen Beanspruchung stehen eben auch Tage und Phasen mit wenig oder keiner Auslastung gegenüber. Auch da kann ich mich zuhause eben entspannt auf den Balkon legen oder irgendwas schönes machen mit einem Auge aufs Handy, statt sinnlos im Büro zu hocken.
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Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Liz »

Klar, es gibt Berufe, in denen es schwierig ist zu sagen: „Sorry, melden Sie sich morgen / am Montag wieder.“ Aber wenn jederzeit ein Einsatz „droht“, lebt es sich doch unentspannter, als wenn man um 12 Uhr relativ sicher (Katastrophenfälle, die einmal in 1-10 Jahren passieren, außen vor) sagen kann, dass man gegen 17-18 Uhr den Stift fallen lassen kann und dann „Feierabend“ hat.
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Blaumann
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Blaumann »

Fyrion hat geschrieben: Donnerstag 6. Mai 2021, 15:44 Genau, letzteres ist es dann auch in der Realität. Aber das war für mich immer klar und ich glaube, man kann als Anwalt kaum etwas anderes erwarten. Wie sollte die Alternative auch aussehen? "Oh bei Ihnen steht das Kartellamt mit der Polizei vor der Tür? Na das ist ja blöd, wir haben leider schon Feierabend/heute unseren freien Freitag, versuchen sie es doch nach der Durchsuchung nochmal, ok, Danke ciao.?" :D Kommt natürlich auch aufs Rechtsgebiet an, aber im Kartellrecht bspw. kann ich mir das nur schwer vorstellen.
Die entscheidende Frage ist doch nicht, ob es dem Anwalt im Einzelfall zuzumuten ist, am Sonntag Abend zu arbeiten. Das müssen Ärzte, Richter, Polizisten, Feuerwehrleute und IT-Spezialisten auch. Die wesentliche Frage ist doch vielmehr, warum es nicht möglich sein sollte, das im gesetzlich vorgesehenen Rahmen auszugleichen?

Das gängige Totschlagsargument lautet, dass das alles mit der fürstlichen Vergütung des GK-Anwalts abgegolten sei. Das ist allerdings ein moralisches Argument, kein rechtliches. Und das Argument verliert auch in moralischer Hinsicht an Durchschlagskraft, umso weiter man sich in der Anwaltschaft nach unten begibt.

Der gut qualifizierte Jurist in der Großbude oder Boutique sucht sich seine Arbeitsverhältnisse bewusst aus und nimmt sie für die attraktive Vergütung hin. Oder er verzichtet auf einen Teil der Vergütung und erkauft sich damit bessere Bedingungen. Am anderen Ende der Skala gibt es aber mit Sicherheit genug arme Schweine, die massig unbezahlte Überstunden schrubben, weil sie keine andere Wahl haben.
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Tibor
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Tibor »

Blaumann hat geschrieben: Donnerstag 6. Mai 2021, 16:24 Am anderen Ende der Skala gibt es aber mit Sicherheit genug arme Schweine, die massig unbezahlte Überstunden schrubben, weil sie keine andere Wahl haben.
Aber doch nicht mit der Begründung, weil auch in der GK viel geschafft wird. Die Äpfel schauen hier sehr nach Birnen aus.
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Blaumann
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Blaumann »

Tibor hat geschrieben: Donnerstag 6. Mai 2021, 16:36
Blaumann hat geschrieben: Donnerstag 6. Mai 2021, 16:24 Am anderen Ende der Skala gibt es aber mit Sicherheit genug arme Schweine, die massig unbezahlte Überstunden schrubben, weil sie keine andere Wahl haben.
Aber doch nicht mit der Begründung, weil auch in der GK viel geschafft wird. Die Äpfel schauen hier sehr nach Birnen aus.
Mir ging es darum, dass sich die von Fyrion angeführten Rechtfertigungsfiguren ohne Weiteres auf den angestellten Knecht in der KK übertragen lassen, der für 36k brutto im Jahr buckelt. Und ich gehe jede Wette ein, dass diese Argumente auch dort regelmäßig kommen werden.
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Sektnase »

Wenn die Gegenwart so aussieht, dass man fest den ganzen Tag im Büro sein muss und "wirklich" arbeiten muss UND dann noch Abends/am WE erreichbar sein muss, dann lieber ständige Erreichbarkeit und weniger feste Arbeitszeit^^
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Theopa »

Blaumann hat geschrieben: Donnerstag 6. Mai 2021, 16:24 Die entscheidende Frage ist doch nicht, ob es dem Anwalt im Einzelfall zuzumuten ist, am Sonntag Abend zu arbeiten. Das müssen Ärzte, Richter, Polizisten, Feuerwehrleute und IT-Spezialisten auch. Die wesentliche Frage ist doch vielmehr, warum es nicht möglich sein sollte, das im gesetzlich vorgesehenen Rahmen auszugleichen?

Das gängige Totschlagsargument lautet, dass das alles mit der fürstlichen Vergütung des GK-Anwalts abgegolten sei. Das ist allerdings ein moralisches Argument, kein rechtliches. Und das Argument verliert auch in moralischer Hinsicht an Durchschlagskraft, umso weiter man sich in der Anwaltschaft nach unten begibt.
Genau das. Ich hätte kein Problem damit auf Abruf wesentlich mehr und zu jeder beliebigen Zeit zu arbeiten, wenn die Ansage wäre: "Wir richten uns nach den Mandanten. Wenn diese ein wichtiges Projekt haben sitzen Sie auch mal zwei Wochen lang jeweils 80 Stunden an der Arbeit. Dafür haben Sie dann natürlich nach Projektende erst einmal zwei Wochen zusätzlichen bezahlten Urlaub als Ausgleich, über das Jahr garantieren wir Ihnen als Angestellen einen Schnitt von 4X Stunden."

In der aktuellen Praxis ist es aber einfach nur eine Ausrede. Wer 5 Associates beschäftigt, die im Jahresschnitt 60 Stunden arbeiten hat einfach zu wenig Personal. In einer großen Einheit und in Zeiten der digitalen Arbeit gilt das umso mehr. Dass das einige freiwillig mitmachen ändert nichts daran, dass es eine hierzulande unzulässige bzw. verbotene Praktik ist, die man aus Ländern ohne relevante Arbeitsschutzgesetze übernommen hat.
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Tibor
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Tibor »

Das erste Modell kannst du haben: In den WP Gesellschaften. Es natürlich hast du dort ein geringeres Fixum und wenn man abbummelt, wird es auch nicht mehr.
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Fyrion
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Fyrion »

Ist das bei deren Juristen tatsächlich so? Ich kenne persönlich leider nur Berater bei den Big4, aber keinen bei Legal und die arbeiten auf jeden Fall deutlich mehr als wir und bekommen dafür sehr viel weniger Geld. Hinzu kommt, zumindest vor Corona, ständiges Reisen, was ich auch sehr schrecklich fände. EIn ziemlich schlechter Deal ^^
Zuletzt geändert von Fyrion am Donnerstag 6. Mai 2021, 21:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Tibor
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Tibor »

Ist sehr teamabhängig, aber es gibt ganz sicher Teams, in denen man auch mal abbummeln kann.
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von gola20 »

Die Big 4 Legal Abteilungen haben normale GK Arbeitszeiten, soweit ich das im Bekanntenkreis mitbekommen habe.
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Ara
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Re: Zukunft der Arbeitswelt

Beitrag von Ara »

Liz hat geschrieben: Donnerstag 6. Mai 2021, 16:08 Klar, es gibt Berufe, in denen es schwierig ist zu sagen: „Sorry, melden Sie sich morgen / am Montag wieder.“ Aber wenn jederzeit ein Einsatz „droht“, lebt es sich doch unentspannter, als wenn man um 12 Uhr relativ sicher (Katastrophenfälle, die einmal in 1-10 Jahren passieren, außen vor) sagen kann, dass man gegen 17-18 Uhr den Stift fallen lassen kann und dann „Feierabend“ hat.
Die Frage ist ja, wieviel "eilige" Arbeit gibt es wirklich und wie viel Arbeit wird tatsächlich "eilig" gemacht. Mit der dauerhaften Erreichbarkeit erhöhen sich Anwälte zum Teil auch selbst. Man siehts ja auch bei Firmendurchsuchungen, da schlagen dann regelmäßig die Wirtschaftsanwälte persönlich auf. Eine rechtlich zwingende Notwendigkeit gibt es dafür in der Regel nicht. Generell bin ich zum Teil verwundert, was Wirtschaftskanzleien so mit und für ihre Mandanten machen. Hängt vermutlich damit zusammen, dass die abhängiger von Folgemandate sind. Manchesmal hab ich bei solchen vermittelten Mandanten das Gefühl, dass ich der erste bin, der denen erklärt, dass sie dafür zahlen, dass ich denen sage wir wir das zu machen haben und nicht dafür, dass ich den Quatsch mache den sie sich so vorstellen. Aber wie gesagt, ich bin in der Regel auch nicht von Folgemandate abhängig. Trotzdem sollte man vielleicht mal kritisch prüfen, ob man wirklich immer 24/7 für den Mandanten erreichbar sein muss.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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