juristischer Übersetzer werden

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antigone
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juristischer Übersetzer werden

Beitrag von antigone »

Hallo,
ich würde gerne Übersetzer für juristische Texte werden oder irgendetwas in dieser Richtung, wo man auf jeden Fall viel mit Fremdsprachen arbeitet. Gibt es hier jemanden, der das ist oder weiß, was man dafür machen muss?

Eine offizielle Ausbildung gibt es nicht, soweit ich gesehen habe.
Bis jetzt habe ich aber nur gelesen, dass viele dafür einen Abschluss aus noch einem anderen Rechtssystem haben.
Das würde ich zwar sehr gern machen. Aber leider kann ich mir einen LLM nicht leisten, wenn ich mich nicht noch weiter verschulden will, da ich niemanden habe, der mir irgendeine finanzielle Unterstützung geben kann. Für Stipendien bin ich leider zu schlecht.
Ich beherrsche momentan nur Englisch und Französisch sehr gut und kann die Dalf-Prüfung und den Toefl-Test machen, für den Sprachnachweis allgemein. Ich würde aber gerne auch noch weitere Sprachen lernen. Für englisches Recht habe ich schon ein paar Nachweise aus Erasmussemestern und das Fachsprachenzertifikat von der Uni, denke aber, dass das nicht ausreicht.

Eigentlich wollte ich auch lieber Sprachen studieren, aber mir wurde damals gesagt, dass das, wenn man nicht Lehrer werden will, sehr unsichere Berufsaussichten hat…also bin ich bei Jura gelandet.
Das Studium war ganz gut, da habe ich mir leider wenige Gedanken über meine beruflichen Perspektiven gemacht und eben vor den Klausuren kurz gelernt, ansonsten gechillt, weshalb mir da auch noch nicht aufgefallen ist, dass es eigentlich nicht wirklich was für mich ist.
Das erste Examen ist ok gelaufen, obwohl ich dann wegen Unzufriedenheit mit meiner Gesamtsituation und daraus folgender Motivationslosigkeit sicherlich nicht genug gelernt habe (7,35 Punkte im Staatsteil).
Einziges Highlight war der Erasmusaufenthalt, dort hätte ich am liebsten weiterstudiert.
Jetzt bin ich im Referendariat, wo wir aber bis jetzt keine Informationen zu der Art von Job, den ich machen will, bekommen haben. Ich denke auch nicht, dass das besonders gefragt ist. Wenn irgendetwas Auslandsbezug hat oder Sprachkenntnisse gefordert sind, dann sind es immer Ausschreibungen von Großkanzleien für die Anwalts-/oder Wahlstation und das ist für mich wahrscheinlich nichts, da es zu „juristisch“ ist und außerdem würde ich sowieso niemals genommen werden.
Theopa
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von Theopa »

Solche Texte werden in vielen Fällen ganz klassisch übersetzt. In Gerichts- oder Verwaltungsverfahren (z.B. Zustellung im Ausland, Übersetzung ausländsicher Urkunden) sind da meiner Erfahrung nach die ganz normalen Übersetzungsbüros etc. tätig.

Gibt es hierzulande überhaupt solche "Übersetzungsjuristen" wie du dir das vorstellst? Kann ich mir gerade kaum vorstellen.

Realistisch wirst du daneben definitiv eine echte Fremdsprache (wozu Englisch faktisch eigentlich nicht mehr gehört) auf sehr hohem Niveau (C1-2) beherrschen müssen um überhaupt hinreichend qualifiziert zu sein. Dafür wären wohl mehrere Jahre und ein längerer Auslandsaufenthalt nötig.
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Tibor
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von Tibor »

Ein ehemaliger Kollege ist als Volljurist als Übersetzer DE-EN-DE tätig. Das ist aber nur Zubrot zum Anwaltsjob. Interessant wird es nur bei anderen Sprachen, die zwar gesucht sind, aber noch nicht hinreichend durch Englisch substituiert sind. Faktisch aber bestimmt eher ein Geschäft von Muttersprachlern bzw. Bilingual aufgewachsenen Absolventen.
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Toefting
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von Toefting »

Die EU-Institutionen haben Recht viele layer-linguist,sowol festangestellt, als auch freelancer. Mitunter reicht da Englisch + Muttersprache, aber das aber eben auf sehr hohem Niveau.

Nicht ganz einfach reinzukommen (Ausschreibungen mit probeübersetzung), aber durchaus gut bezahlt (besser als so manche volljuristenstelle).
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von Sektnase »

Es gibt ein paar Sprachtrainer, die Volljuristen sind. Machen Unterricht z.B. für Englisch in Großkanzleien. Ohne längeren Aufenthalt im Ausland wird das aber wohl nix.
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antigone
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von antigone »

Danke für die Antworten erstmal :)

Es gibt schon Übersetzer für juristische Texte bzw. Urkunden oder so, die dafür offiziell bestellt sind, ich glaube, die machen das dann zum Teil als Hauptberuf.

Ich würde wirklich sehr gerne nochmal im Ausland leben für eine Weile, aber ich habe nicht die finanziellen Mittel dafür... Gibt es vielleicht LLM-Stipendien, bei denen nicht nach Noten ausgewählt wird, sondern gelost wird oder so?

Den Concours bei der EU, um Lawyer-Linguist zu werden, würde ich gerne machen, nur leider suchen sie selten Leute aus Deutschland bzw. in letzter Zeit gar nicht. Aber vielleicht habe ich ja Glück und kann irgendwann mal teilnehmen... Dann müsste ich das natürlich auch noch so gut schaffen, dass ich auf die Liste gesetzt werde.

Bei welchen Unternehmen oder Organisationen mit Auslandsbezug, wo man nicht so viel "juristisch" arbeitet, könnte ich Chance haben, eingestellt zu werden, wenn man davon ausgeht, dass mein zweites Examen nicht besonders herausragend sein wird?
Backstubentaler
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von Backstubentaler »

Die juristischen Übersetzer in Deutschland, die ich kenne, haben entweder Übersetzen mit Schwerpunkt Juristische Texte studiert oder sind Juristen aus dem Ausland und haben einige Zeit hierzulande als Juristen gearbeitet und sind dann beim Übersetzen hängen geblieben.
So ganz ohne sind Fachübersetzungen auch nicht. Ich habe mehrere Jahre in Spanien gelebt und dort auch Jura studiert (Erasmus und LL.M.) und Praktika gemacht. Als ich meinem spanischen Mandanten dann den 60seitigen Bauvertrag erläutern (nicht übersetzen) sollte, bin ich trotzdem schnell an meine Grenzen gekommen, zumal ich die technischen Begriffe auf Deutsch häufig schon nicht kannte. Auf der anderen Seite würde ich behaupten, dass ich Standard-AGB, gesellschaftsrechtliche Dokumente oder unspezifische Entwicklungsverträge auf englisch erheblich besser übersetze als ein professioneller Übersetzer, weil ich derartige Texte eben schon 100fach auf Deutsch wie auf Englisch gelesen habe. Soweit wir (Rechtsabteilung im Unternehmen) Übersetzungen auf Englisch an externe vergeben, machen wir das nicht, weil wir das nicht selber könnten, sondern aus Kapa-Gründen bzw. weil der externe billiger ist.

Der Arbeitsmarkt dürfte für Juristen mit 2 durchschnittlichen Examina (mit 7,35 im Staatsteil ist man überdurchschnittlich gut), erheblich leichter sein als für Übersetzer.

Um eine Zeit im Ausland zu leben oder nen ll.m. dort zu machen, braucht auch weder ne Erbschaft noch ein Stipendium. Mein Master hat knapp 2000 Euro gekostet. Den Lebensunterhalt hab ich mir mit Arbeit in oder für Bars und Diskotheken verdient, was durchaus geholfen hat flüssiger in der Sprache zu werden.
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Fyrion
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von Fyrion »

Also wenn es einen Job gibt, der garantiert gar keine Zukunft hat, dann ist das alles was mit Übersetzen zu tun hat. Wir hatten mal (vor Äonen) eigene Übersetzer in der Kanzlei. Dann hat das ein externes Büro gemacht. Die werden auch nicht mehr mandatiert, weil für 99% der Übersetzungen DeepL Pro hinreichend gute Ergebnisse liefert (mit geringfügigen Anpassungen) und das für quasi kein Geld. Es wird auch nicht mehr lange dauern, da wird die Technik noch besser sein, sie ist aber auch jetzt schon nahezu perfekt. Mein Tipp: Lass es.
Das betrifft im Übrigen nicht nur Englisch, ich arbeite mit DeepL auch für Spanisch, Französisch und Russisch. Die russischen Übersetzungen sind sogar gefühlt besser als die Französischen, also wirklich unfassbar, mit Redewendungen, kontextualen Scherzen (für Mails oder informellen Schriftverkehr mit Kollegen) usw.

Es gibt auch schon recht fähige Simultanübersetzer fürs Sprechen, die brauchen aber bestimmt noch 10 Jahre bis sie perfekt funktionieren. Aber sie funktionieren schon. Ich habe aus Scherz mit einem chinesstämmigen Kollegen bei einem Essen ausschließlich auf Mandarin gesprochen (also ich auf Deutsch, Simultanübersetzerapp hat dann auf Mandarin übersetzt und umgekehrt), ging klar, man musste nur manche Eingaben ein paar mal wiederholen und sehr deutlich sprechen. Also, dass Übersetzer in sehr naher Zukunft überflüssig werden, ist nur eine Frage des Wenn, nicht des Ob. Ich würde mein gesamtes Erspartes darauf wetten, dass es in spätestens 20 Jahren keine menschlichen Übersetzer mehr gibt und man sich an sie so etwa errinert wie an die Dame von der Telefonschalte.
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von gola20 »

Sprichst du 10 Sprachen? Wie kannst du die russische, französische und spanische Übersetzung bewerten?
Sektnase
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von Sektnase »

Die e-mail gibt's auch seit 50 Jahren und bis auf weiteres wird am Gericht gefaxt was das Zeug hält ;)
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von Kroate »

Also hier wird nur noch gefaxt, wenn beA streikt (dann aber meist vergeblich, weil alle Anwälte dasselbe versuchen).

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Liz
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von Liz »

Sektnase hat geschrieben:Die e-mail gibt's auch seit 50 Jahren und bis auf weiteres wird am Gericht gefaxt was das Zeug hält ;)
Das Fax wird bei den Gerichten schnell Geschichte sein, wenn ab Anfang 2022 die Anwälte zwangsweise auch aktiv BeA nutzen müssen. Wir schicken Sachen nur noch per Post oder Fax raus, wenn ein Nicht-BeA-Eingang mit rausgeschickt werden muss.
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von Fyrion »

gola20 hat geschrieben: Freitag 9. Juli 2021, 19:53 Sprichst du 10 Sprachen? Wie kannst du die russische, französische und spanische Übersetzung bewerten?
Wieso 10? Das sind 3 plus Englisch 4 und Deutsch 5 und ja, die spreche ich alle fließend.
Die e-mail gibt's auch seit 50 Jahren und bis auf weiteres wird am Gericht gefaxt was das Zeug hält
Naja im Gegensatz zum Fax bei Gericht sind bei uns (und soweit ich weiß allen anderen GKs) die ehemals vorhandenen Übersetzer schon entlassen und auch externe Büros werden nur noch in seltenen Fällen mandatiert. Insofern ist das keine Zukunftsmusik, sondern schon Vergangenheit. Ich wüsste jetzt auch nicht, was das Verschwinden dieses Berufes noch aufhalten könnte.
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von Atropos »

Fyrion hat geschrieben: Dienstag 13. Juli 2021, 15:23 Naja im Gegensatz zum Fax bei Gericht sind bei uns (und soweit ich weiß allen anderen GKs) die ehemals vorhandenen Übersetzer schon entlassen und auch externe Büros werden nur noch in seltenen Fällen mandatiert. Insofern ist das keine Zukunftsmusik, sondern schon Vergangenheit. Ich wüsste jetzt auch nicht, was das Verschwinden dieses Berufes noch aufhalten könnte.
Kann berichten, dass es noch kleine US-Satelliten gibt, bei denen die Übersetzer noch rumhängen dürfen. CMS hat auch welche.

Ich fand die Arbeit mit Übersetzern bei transaktionsnahen Tätigkeiten aber total unangenehm. Deepl liefert tatsächlich höhere Qualität und macht weniger ,,gefährliche" Fehler (wie z.B. Zahlen falsch ändern etc. / einzelne Abschnitte übersehen) + ist schneller und eben auch nach 18 Uhr und an Wochenenden da. Letzteres kann man natürlich nicht von Übersetzern verlangen, aber es erhöht den Stress einfach wahnsinnig, wenn man so einen ,,Workstream" auch noch einplanen muss. Nichts hat mir so fiese Nachtschichten bereitet wie das Reviewen zu spät gelieferter Übersetzungen :)
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Re: juristischer Übersetzer werden

Beitrag von Kroate »

Gab oder gibt es Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit bei der Nutzung von DeepL in Euren Kanzleien oder mandantenseitig?

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