Manches muss einfach gemeldet werden
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Das ist halt die Richtersicht. Andere müssen Miete und Gehälter bezahlen. Da liest man nicht mal eben ein Lehrbuch für einen Fall, der einem 50€ einbringt. In der Sache macht das absolut keinen Unterschied ob man § 139 ZPO oder die OWi Norm nimmt. Ich verstehe diese Überheblichkeit nicht.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Die Außenwirkung ist halt peinlich.gola20 hat geschrieben: ↑Mittwoch 20. Oktober 2021, 23:02 Das ist halt die Richtersicht. Andere müssen Miete und Gehälter bezahlen. Da liest man nicht mal eben ein Lehrbuch für einen Fall, der einem 50€ einbringt. In der Sache macht das absolut keinen Unterschied ob man § 139 ZPO oder die OWi Norm nimmt. Ich verstehe diese Überheblichkeit nicht.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Naja, im kleinen Owi-Verfahren einfach Standardsätze zu übernehmen ist jetzt nicht gerade besonders peinlich, zumal man auch darüber diskutieren kann, ob derart falsche Normen am Ende vielleicht sogar mehr erreichen: Immerhin ist der zuständige Richter hier definitiv darüber gestolpert und hat sich Gedanken zur Sache gemacht, Ziel erreicht
Peinlich wird es bei größeren Verfahren, bei welchen die Ausrede "das lohnt sich nicht" definitiv nicht mehr greift und dennoch völlig unpassendes Zeug in den Schriftsätzen zusammenkopiert wird. Da kann man sich dann auch fragen, ob in manchen Fällen bei manchen Positionen ein Abrechnungsbetrug (hat das vielleicht gar keine Person geleistet, die nach RVG abrechnen dürfte?) im Raum steht.
Peinlich wird es bei größeren Verfahren, bei welchen die Ausrede "das lohnt sich nicht" definitiv nicht mehr greift und dennoch völlig unpassendes Zeug in den Schriftsätzen zusammenkopiert wird. Da kann man sich dann auch fragen, ob in manchen Fällen bei manchen Positionen ein Abrechnungsbetrug (hat das vielleicht gar keine Person geleistet, die nach RVG abrechnen dürfte?) im Raum steht.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
"Die Außenwirkung" gibt es halt nicht. Die Außenwirkung gegenüber dem Richter? Dem Mandanten? Dem gegnerischen Anwalt? Dem Gegner? Der Öffentlichkeit?sai hat geschrieben: ↑Donnerstag 21. Oktober 2021, 08:30Die Außenwirkung ist halt peinlich.gola20 hat geschrieben: ↑Mittwoch 20. Oktober 2021, 23:02 Das ist halt die Richtersicht. Andere müssen Miete und Gehälter bezahlen. Da liest man nicht mal eben ein Lehrbuch für einen Fall, der einem 50€ einbringt. In der Sache macht das absolut keinen Unterschied ob man § 139 ZPO oder die OWi Norm nimmt. Ich verstehe diese Überheblichkeit nicht.
Es zählt halt fast nur der Mandant. Was der Richter davon hält ist egal. Der Rechtsanwalt ist nicht da, um die Wünsche und Anforderungen des Richters zu erfüllen. Dem Mandanten ist es lieber, dass ich nicht 5h lang die Grundzüge des OWi Verfahrens anschaue, bevor ich den Schriftsatz mache.
Beispiel: Ich hatte einmal einen Fall §117 OWiG. Der Knackpunkt war, dass die Polizei keine Messung gemacht hat, sondern nach Gefühl ging. Kenne ich sonst das OWiG? Nein. Kenne ich das OWi Verfahren? Nein. Ging der Prozess gut aus? Ja.
Ob der Richter in seiner Amtsstube vor sich hin kichert, weil der dumme Anwalt nicht das OWiG kann, ist mir und dem Mandanten ziemlich egal. Wenn das seine einzigen Freuden im Leben sind, dann tut es mir eher Leid für ihn.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Ich verstehe ja, dass man aus Wirtschaftlichkeitsgründen nicht immer alles auf Herz und Nieren prüfen kann. Aber immer nur "dem Mandanten recht machen" finde ich dann teilweise doch etwas peinlich.gola20 hat geschrieben: ↑Donnerstag 21. Oktober 2021, 10:26"Die Außenwirkung" gibt es halt nicht. Die Außenwirkung gegenüber dem Richter? Dem Mandanten? Dem gegnerischen Anwalt? Dem Gegner? Der Öffentlichkeit?sai hat geschrieben: ↑Donnerstag 21. Oktober 2021, 08:30Die Außenwirkung ist halt peinlich.gola20 hat geschrieben: ↑Mittwoch 20. Oktober 2021, 23:02 Das ist halt die Richtersicht. Andere müssen Miete und Gehälter bezahlen. Da liest man nicht mal eben ein Lehrbuch für einen Fall, der einem 50€ einbringt. In der Sache macht das absolut keinen Unterschied ob man § 139 ZPO oder die OWi Norm nimmt. Ich verstehe diese Überheblichkeit nicht.
Es zählt halt fast nur der Mandant. Was der Richter davon hält ist egal. Der Rechtsanwalt ist nicht da, um die Wünsche und Anforderungen des Richters zu erfüllen. Dem Mandanten ist es lieber, dass ich nicht 5h lang die Grundzüge des OWi Verfahrens anschaue, bevor ich den Schriftsatz mache.
Beispiel: Ich hatte einmal einen Fall §117 OWiG. Der Knackpunkt war, dass die Polizei keine Messung gemacht hat, sondern nach Gefühl ging. Kenne ich sonst das OWiG? Nein. Kenne ich das OWi Verfahren? Nein. Ging der Prozess gut aus? Ja.
Ob der Richter in seiner Amtsstube vor sich hin kichert, weil der dumme Anwalt nicht das OWiG kann, ist mir und dem Mandanten ziemlich egal. Wenn das seine einzigen Freuden im Leben sind, dann tut es mir eher Leid für ihn.
Habe da aktuell einen Fall, bei dem der Kollege im Rechtsstreit die Ansicht vertritt, der im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer habe sich gegenüber einem Vertragspartner "zu legitimieren" und eine Vollmacht (ausgestellt durch wen auch immer) vorzulegen. Warum gibt man sich für so einen Blödsinn her, vor allem da es ja auch null Erfolgsaussichten hat?
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Es geht auch um mein Selbstverständnis als Anwalt und meine ureigenen Anforderungen an die Qualität meiner Arbeit. Ich will in Schriftsätzen, Gutachten und Vertragsentwürfen keinen Unsinn schreiben; dafür ist dieses Forum da. Wenn ich gezwungen bin, in einem Gebiet zu arbeiten, in dem ich nicht firm bin, lese ich eben zumindest so viel, dass ich keinen reinen Blödsinn schreibe. Übrigens gehe ich auch fest davon aus, dass sich Qualität langfristig durchsetzt, die Akquise vereinfacht und sich langfristig eben doch rechnet.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Genau das.Herr Schraeg hat geschrieben: ↑Donnerstag 21. Oktober 2021, 12:26Es geht auch um mein Selbstverständnis als Anwalt und meine ureigenen Anforderungen an die Qualität meiner Arbeit. Ich will in Schriftsätzen, Gutachten und Vertragsentwürfen keinen Unsinn schreiben; dafür ist dieses Forum da. Wenn ich gezwungen bin, in einem Gebiet zu arbeiten, in dem ich nicht firm bin, lese ich eben zumindest so viel, dass ich keinen reinen Blödsinn schreibe. Übrigens gehe ich auch fest davon aus, dass sich Qualität langfristig durchsetzt, die Akquise vereinfacht und sich langfristig eben doch rechnet.
Die Anwälte, die in OWi-Sachen regelmäßig den Finger in die Wunde legen können, verlangen keine Hinweise nach § 139 ZPO. Ich hab gar kein Problem mit Textbausteinen, ich verwende die, Anwälte verwenden die thats life.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Ich habe auch immer wieder mal Verfahren aus Rechtsgebieten, von denen ich wenig Ahnung habe und bei denen es arbeitsökonomisch auch keinen Sinn macht, sich da vertieft einzuarbeiten, weil so ein Verfahren in den nächsten 5 Jahren nicht wiederkommen wird (sei es, weil es so exotisch ist oder weil es inzwischen in eine Sonderzuständigkeit fällt). Trotzdem habe ich da einen gewissen Mindestanspruch an das, was ich da fabriziere. Und ich verstehe nicht die Logik, ein Mandat auf einem Gebiet anzunehmen, von dem man keine Ahnung hat und das einem wenig einbringt und das dann einfach irgendwie zu bearbeiten.gola20 hat geschrieben:Das ist halt die Richtersicht. Andere müssen Miete und Gehälter bezahlen. Da liest man nicht mal eben ein Lehrbuch für einen Fall, der einem 50€ einbringt. In der Sache macht das absolut keinen Unterschied ob man § 139 ZPO oder die OWi Norm nimmt. Ich verstehe diese Überheblichkeit nicht.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Ja, genau. Der Kollege sollte am besten seine Examina abgeben, weil er § 139 ZPO genommen hat. Das ist die streitentscheidende Norm.
Die Logik ist ganz einfach: Manchmal will der Mandant einen unbedingt, obwohl man ihm sagt, dass man keine Ahnung hat und es nicht wirtschaftlich bearbeiten kann.
Die Logik ist ganz einfach: Manchmal will der Mandant einen unbedingt, obwohl man ihm sagt, dass man keine Ahnung hat und es nicht wirtschaftlich bearbeiten kann.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Bei ersterem stimmt eben die Perspektive nicht: Als Angestellter Anwalt mache ich das natürlich genau wie du. Als Selbständiger sieht es eben anders aus, da bedeuten zwei zusätzliche Stunden einlesen in ein Mandat das schon bei minimalem Aufwand Minus macht eben direkte finanzielle Einbußen oder zwei Stunden verlorene Freizeit, von der Selbständige nun auch nicht gerade Massen im Überschuss haben. Würdest du auch so handeln, wenn du nach Erledigungen pro Jahr bezahlt würdest?Liz hat geschrieben: ↑Donnerstag 21. Oktober 2021, 15:48 Ich habe auch immer wieder mal Verfahren aus Rechtsgebieten, von denen ich wenig Ahnung habe und bei denen es arbeitsökonomisch auch keinen Sinn macht, sich da vertieft einzuarbeiten, weil so ein Verfahren in den nächsten 5 Jahren nicht wiederkommen wird (sei es, weil es so exotisch ist oder weil es inzwischen in eine Sonderzuständigkeit fällt). Trotzdem habe ich da einen gewissen Mindestanspruch an das, was ich da fabriziere. Und ich verstehe nicht die Logik, ein Mandat auf einem Gebiet anzunehmen, von dem man keine Ahnung hat und das einem wenig einbringt und das dann einfach irgendwie zu bearbeiten.
Es kommt durchaus vor, dass gute Mandanten nebenbei noch Kleinigkeiten haben, die man dann eben mit macht. Klar, wenn es darum ginge einen Ehevertrag entwerfen oder die Scheidung zu begleiten schickt man ihn zu Familienrechtler, aber möchte man wirklich bei allem was nicht exakt in die Spezialisierung fällt und wo am Ende auch eher wenig schief gehen kann die Konkurrenz empfehlen? Das kann langfristig zu einigen Abwanderungen führen.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Nur so, ihr Richter klagt bis zum BVerfG, weil ihr 100€ netto mehr im Monat wollt, aber der Anwalt soll wortwörtlich 2000 € verbrennen, damit Strich sich nicht über § 139 ZPO aufregen muss? Jeden Kanzlei hat eine Kostenquote. Wenn man seinen Umsatz/h zu sehr verringert, kostet das wortwörtlich Geld.
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@Theopa: Du übersiehst bei Ersterem, dass so ein Verfahren bei mir eben auch überproportional viel Zeit frisst, die ich nicht habe bzw. die ich auch anders gestalten könnte (Freizeit) - ohne dass ich noch irgendeinen finanziellen Anreiz hätte, dieses Verfahren zu führen. Und natürlich interessieren am Ende des Tages auch die Erledigungszahlen, wenn man sich nicht à la Schulte-Kellinghaus besonderer Aufmerksamkeit der Gerichtsverwaltung erfreuen möchte, weil das Dezernat beständig absäuft, weil man sich in Einzelfällen verkünstelt.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Der "Drachenlord" wurde zu 2 Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt.
https://www.spiegel.de/netzwelt/youtube ... f3857ba06e
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Es geht ja nicht um ein Absaufen, das ist schon wieder übertrieben. Die Frage wäre eben, ob man sich bei der einen Sache alle zwei Wochen die extra Mühe auch dann geben würde, wenn sich das im Laufe das Jahres auf 1000€ Netto-Gehaltseinbuße summieren würde. Und da können wohl die wenigstens ehrlich mit "Klar, gerne." antworten.Liz hat geschrieben: ↑Donnerstag 21. Oktober 2021, 18:45 @Theopa: Du übersiehst bei Ersterem, dass so ein Verfahren bei mir eben auch überproportional viel Zeit frisst, die ich nicht habe bzw. die ich auch anders gestalten könnte (Freizeit) - ohne dass ich noch irgendeinen finanziellen Anreiz hätte, dieses Verfahren zu führen. Und natürlich interessieren am Ende des Tages auch die Erledigungszahlen, wenn man sich nicht à la Schulte-Kellinghaus besonderer Aufmerksamkeit der Gerichtsverwaltung erfreuen möchte, weil das Dezernat beständig absäuft, weil man sich in Einzelfällen verkünstelt.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Richter = HaiderBuckTurdginson hat geschrieben: ↑Donnerstag 21. Oktober 2021, 21:38 Der "Drachenlord" wurde zu 2 Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt.
https://www.spiegel.de/netzwelt/youtube ... f3857ba06e
Interessante Diskussion hier. Es kostet also tausende Euro und man brauch Bücher, um zu erkennen, dass in OWi-Verfahren die ZPO eher nicht anzuwenden ist. Sicher, dass ihr euch da nicht in was verrennt? Die Sache ist peinlich aber kein Beinbruch und die Diskussion nicht wert.
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann