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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 22. Januar 2023, 15:29
von Ant-Man
Urs Blank hat geschrieben: Montag 19. Dezember 2022, 23:18
Tikka hat geschrieben: Montag 19. Dezember 2022, 09:58 P.S.: Nur mal so. Ich würde mich generell nie von einem Strafrechtsprofesser verteidigen lassen in einem Prozess, weil ich persönlich glaube, dass hier ein in der strafprozessualen Praxis wahrscheinlich fitterer, "echter", Strafverteidiger, wahrscheinlich die bessere Wahl wäre.
Auch auf den Rechtsrat von Zivilrechtsprofessoren sollte man sich nicht unbesehen verlassen. Hier zu Schadensersatzansprüchen gegen sog. Aktivisten wegen der Blockade des BER: https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... ensersatz/
Weller/Seemann hat geschrieben:Das Eigentum gehört zu den geschützten Rechtsgütern, deren Verletzung Schadensersatzverpflichtungen auslösen kann (§ 823 I BGB). Zwar gewährt das Eigentum dem Inhaber eine Nutzungsfunktion (§ 903 BGB). Allerdings löst die bloße Beeinträchtigung des Sachgebrauchs (§ 100 BGB) typischerweise "nur" einen Vermögensschaden aus. Eine Eigentumsverletzung liegt erst vor, wenn der Gebrauch über eine gewisse Dauer vollständig unmöglich gemacht wird und dies durch unmittelbare Einwirkung auf die Sache geschieht. Zwar waren die Sachen (Rollbahn und mittelbar die Flugzeuge) lahmgelegt, allerdings nur für zwei Stunden. Dies reicht indes nicht für eine Eigentumsverletzung. Eine Haftung der Aktivist:innen scheidet aus diesem Grund also aus.
BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 - VI ZR 403/16 hat geschrieben:Werden die Eigentümerbefugnisse durch eine tatsächliche Einwirkung auf die Sache derart beeinträchtigt, dass deren Verwendungsfähigkeit vorübergehend praktisch aufgehoben ist, bedarf es für die Annahme einer Eigentumsverletzung entgegen der Auffassung des BerGer. nicht zusätzlich der Überschreitung einer zeitlich definierten Erheblichkeitsschwelle. Die erforderliche Intensität der Nutzungsbeeinträchtigung folgt hier bereits aus dem Entzug des bestimmungsgemäßen Gebrauchs.
"Im Hinblick auf jüngere Rechtsprechung" wurde der Teil zur Eigentumsverletzung inzwischen überarbeitet.

https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... ensersatz/

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 22. Januar 2023, 17:55
von OJ1988
Die Rettungsleine „man konnte ja noch weiter Gepäckstücke rangieren, deswegen war die Rollbahn nicht vollständig einer Nutzung entzogen“ ist auch nicht sehr überzeugend.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Dienstag 24. Januar 2023, 11:27
von Strich
Dabei ist "nicht sehr überzeuguend" das, was man einem Studenten an die 4 Punkte Klausur schreiben würde ...

Den Artikel hätte ich mir insgesamt geklemmt. Mit der Korrektur wirkt das ganze so, als habe man billig Fame einheischen wollen. Ich verstehe schon, worauf die Autoren hinaus wollen, aber es erinnert mich ein bisschen an Aras Signatur.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Freitag 3. März 2023, 21:07
von Urs Blank
Bundesverfassungsgericht mit neuem, angeblich bürgernäherem Adler, siehe hier:

https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ ... lik-staat/

Der neue hält den Schnabel, naja.

Aber mal eine Grundsatzfrage an alle heraldikinteressierten User: Weshalb immer Geflügel als Hoheitszeichen? Es muss ja nicht gleich ein Affe sein. Aber warum nicht mal ein Fisch (Delphin zB) oder ein (rotes!) Eichhörnchen? Ich denke, damit könnte sich das BVerfG so einige Sympathien zurückerobern. Stichwort Imagetransfer.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Freitag 3. März 2023, 22:30
von Tikka
Oder ein Pudel, die sollen sehr intelligent sein...

Davon ab: Geht die Unabhängigkeit des BVerfG echt soweit, dass die sich nen eigenen Adler schnitzen dürfen?
Steht bestimmt irgendwo, aber soll mich ein kahlgeschorenes Kaninchen bumsen, bevor ich das jetzt selber raussuche!

Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Freitag 3. März 2023, 23:02
von Tibor
https://www.bundestag.de/parlament/symb ... ler-198402

„… Der künstlerischen Ausgestaltung des Adlers ist somit breiter Spielraum gegeben worden, denn zum Aussehen des Wappentieres ist lediglich festgelegt, dass es einköpfig ist, das Haupt nach seinem rechten Flügel hin wendet, keine Krone auf dem Haupt hat und im Schilde schwebt.

So führen beispielsweise Bundespräsident, Bundesrat, Bundesverfassungsgericht und Deutscher Bundestag unterschiedlich gestaltete Adler. …“

„Die im Bundesministerium des Innern verwahrten Muster sind für die heraldische Gestaltung des Bundeswappens maßgebend. Die künstlerische Ausgestaltung bleibt für jeden besonderen Zweck vorbehalten.“

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Samstag 4. März 2023, 12:16
von Tikka
Potzdonner!

Bild

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 5. März 2023, 11:18
von surcam
Tibor hat geschrieben: Freitag 3. März 2023, 23:02„Die im Bundesministerium des Innern verwahrten Muster sind für die heraldische Gestaltung des Bundeswappens maßgebend. Die künstlerische Ausgestaltung bleibt für jeden besonderen Zweck vorbehalten.“
Wenn die das so schreiben, ist das aus heraldischer Sicht hinsichtlich Wappen, Flaggen und Teilen davon falsch. Heraldisch ist allein die Blasonierung maßgebend, nicht irgendwelche angefertigten Muster. Hintergrund ist der Ursprung der Heraldik (Unterscheidung kämpfender Truppen). Dafür durften die Unterscheidungen nicht zu fein, sondern auch noch aus einiger Entfernung erkennbar sein.
Nichtsdestotrotz kann es für den Gebrauch interne(!) Vorgaben geben wie beispielsweise mit dem Dienstsiegelerlass. Dort wird übrigens in § 2 III auch das BVerfG verpflichtet, das große Dienstsiegel nach dem vorgelegten Muster zur Ausfertigung(!) von Entscheidungen zu verwenden. Das Design für den Adler können sie daher durchaus verändern. Fraglich wäre nur, ob sie ihn mit geschlossenem Schnabel darstellen können, da die Darstellung der Bewehrung unterscheidungsgebend sein kann. Aber damit wird sich sicher schon jemand auseinandergesetzt haben, als die "Fette Henne" in den Bundestag kam.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Sonntag 5. März 2023, 16:06
von Brainiac
Urs Blank hat geschrieben: Freitag 3. März 2023, 21:07 Bundesverfassungsgericht mit neuem, angeblich bürgernäherem Adler, siehe hier:

https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ ... lik-staat/

Der neue hält den Schnabel, naja.

Aber mal eine Grundsatzfrage an alle heraldikinteressierten User: Weshalb immer Geflügel als Hoheitszeichen? Es muss ja nicht gleich ein Affe sein. Aber warum nicht mal ein Fisch (Delphin zB) oder ein (rotes!) Eichhörnchen? Ich denke, damit könnte sich das BVerfG so einige Sympathien zurückerobern. Stichwort Imagetransfer.
Zwar alles andere als ein Imagewechsel, aber das wäre doch der passende Moment gewesen, endlich aufs Gürteltier zu gehen! Delphin gibt's in Anguilla schon. Eichhörnchen nur, wenn die Österreicher mit einem Oachkatzlschwoaf mitziehen.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Mittwoch 8. März 2023, 15:57
von gola20
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ ... erurteilt/

Wie passiert sowas? Passt der Direktor nicht auf?

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Mittwoch 8. März 2023, 17:47
von Strich
Ich finde das vorallem ein bisschen krass ...

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Mittwoch 8. März 2023, 21:41
von thh
Strich hat geschrieben: Mittwoch 8. März 2023, 17:47Ich finde das vorallem ein bisschen krass ...
Ach, das ist alles nicht neu. Hatten wir vor anderthalb Jahrzehnten schon.

https://openjur.de/u/72347.html

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Donnerstag 9. März 2023, 13:27
von Strich
Ja aber ob das vergleichbar ist, weiß ich, mangels Urteil in der neuen Sache nicht. In deiner Entscheidung heißt es:
a) Nach den Feststellungen hat der Angeklagte als am Amtsgericht tätiger Richter in Betreuungssachen in den 54 verfahrensgegenständlichen Fällen gegenüber in Pflegeheimen befindlichen Personen freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 1906 Abs. 1 bzw. Abs. 4 BGB - wie etwa die Anbringung von Bettgittern, die Fixierung im Bett, Sessel oder Rollstuhl oder die Verwendung einer Schutzdecke, aber auch die Verlängerung der Unterbringung - genehmigt und dabei entgegen der ihm bekannten gesetzlichen Verpflichtung aus § 70c FGG systematisch darauf verzichtet, die Betroffenen zuvor persönlich anzuhören und sich einen unmittelbaren Eindruck von ihnen zu verschaffen. Hierdurch wollte der Angeklagte die Verfahren leichter und schneller entscheiden können und sich Arbeit ersparen, namentlich auch, um mehr Zeit für Familie, Hobbys und Nebentätigkeiten zu haben (UA S. 8, 70). Um den Anschein ordnungsgemäß durchgeführter Anhörungen zu erwecken, erstellte der Angeklagte formularmäßig vorgefertigte Anhörungsprotokolle, die er zu den Verfahrensakten nahm. In sieben Fällen dokumentierte er damit Anhörungen von Personen, die zum angeblichen Zeitpunkt der Anhörung bereits verstorben waren. Als er in einem Fall von der Geschäftsstelle im Amtsgericht angesichts einer Todesmitteilung darauf hingewiesen wurde, dass der Betroffene am Tag der angeblichen Anhörung bereits verstorben gewesen sei, veränderte der Angeklagte nachträglich den Inhalt der Verfahrensakten.
(Hervorhebung von mir)

Das ist ja schon was anderes als: Nach meiner Rechtsauffassung liegen die Voraussetzungen von § x FamFG vor, weshalb ich nicht anhören muss.
Aus der Hervorhebung geht hervor, dass der Angeklagte selbst der Rechtsauffassung war, anhören zu müssen.

Hier war es aber wohl so, dass die Richterin der Rechtsauffassung war, nicht anhören zu müssen und von einer Kollegin darauf hingewiesen wurde.
Was eine "fehlerhafte" Rechtsanwendung ist, ist doch nicht so ganz klar. Daher haben wir Streitbeilegungsmechanismen entwickelt, die in einem bestimmten Verfahren "festlegen", was Recht ist.

M.a.W.: Wo läuft denn die Grenze zwischen Mindermindermeinung und fehlerhafte Rechtsanwendung?
Oder noch anders: Was ist, wenn der BGH in einem Betreuungsverfahren zu dem Ergebnis kommt, das man nicht anhören müsse, wenn Voraussetzungen X erfüllt sind und das auf die Hälfte der Fälle des Angeklagten zutrifft? Da wird dann hinterher auch keiner das Verfahren wieder aufmachen.

M.E. kann Rechtsbeugung daher nur vorliegen, wenn der rechtsanwendende Richter das Recht erkennt, sich aber gleichwohl gegen seine Anwendung entscheidet, wie eben bei dem von dir zitierten Fall: Der Richter kannte die Anhörungspflicht und versuchte die fehlende Anhörung einfach zu vertuschen.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Donnerstag 9. März 2023, 18:52
von Joshua
Entweder habe sie die Betroffenen gar nicht oder erst wesentlich später angehört. In einem Fall habe sie beispielsweise 20 Tage, in einem anderen erst 50 Tage nach der Einweisung eine Anhörung durchgeführ
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ ... erurteilt/

Heißt doch aber: Jedenfalls in den Fällen, in denen sie spät angehört hat, ging sie selbst von einem Anhörungsbedürfnis aus; nicht von einer wie auch immer gearteten Rechtsauffassung, auf die Anhörung könne verzichtet werden.

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Verfasst: Donnerstag 9. März 2023, 21:07
von thh
Strich hat geschrieben: Donnerstag 9. März 2023, 13:27Hier war es aber wohl so, dass die Richterin der Rechtsauffassung war, nicht anhören zu müssen und von einer Kollegin darauf hingewiesen wurde.
Nein, hier war es so, dass sie Richterin - subjektiv oder objektiv - überlastet war und dann ganz zufällig zu der Rechtsauffassung kam, dass eine Anhörung gar nicht oder erst nach Wochen und Monaten erforderlich sei.
Strich hat geschrieben: Donnerstag 9. März 2023, 13:27M.a.W.: Wo läuft denn die Grenze zwischen Mindermindermeinung und fehlerhafte Rechtsanwendung?
Bei der Unvertretbarkeit - und bei der Frage, ob man der Angeklagten abnimmt, dass sie tatsächlich eine solch ungewöhnliche Rechtsauffassung hatte, die ihr zufällig viel Arbeit ersparte.

Aus dem Gesetz ergibt sich jedenfalls nichts dafür, wie man auf den Gedanken kommen könnte, dass die Anhörung nicht erfolgen müsse oder viele Wochen aufgeschoben werden könnte.