Ja, und? Er muss das Urteil ja nicht persönlich absetzen; regelmäßig ist vielmehr auch in solchen Verfahren mindestens ein Berichterstatter bestimmt. (Und man darf davon ausgehen, dass größere Teile des Urteils auch schon im Entwurf fertig sind.) Wenn er ans BayObLG wechselt, kann er dann das fertige Urteil noch gegenlesen und unterschreiben, wenn er in Ruhestand geht oder sonstwohin wechselt, wird seine Unterschrift eben ersetzt; das ist alles kein Problem.
Natürlich, aber es wird in diesem Fall ja mehr als ein Gegenlesen und Abzeichnen sein. Es ist das Urteil seines Lebens, das wird er revisionsfest haben wollen. Das sollte man vom zeitlichen Aufwand genauso wenig unterschätzen wie den (Wieder-)Aufbau von Gerichtsstrukturen. Die Rechenspiele, wie lange die Abesetzungsfrist ist, haben ihre Berechtigung für den Aktendeckel und den Fristenkalender, sollten aber nicht von Anfang dazu führen, dass die Urteilsgründe erst kurz vor knapp vorliegen. Denn der Umgang des BVerfG mit dem Beschleunigungsgebot führt dazu, dass man § 275 StPO verfassungskonform anzuwenden hat, und die Absetzungsfrist eigentlich contra legem gar keine richtige Frist ist.
Dass schon Teile des Urteils als Entwurfs stehen, kann ich mir übrigens angesichts der Bedeutung dieses Verfahrens überhaupt nicht vorstellen, die möglichen negativen Folgen (etwa dann, wenn die Text-Bausteine aus irgendwelchen Gründen öffentlich werden) überragen den möglichen Mehrwert doch erheblich.