Lange Arbeitszeiten
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Re: Lange Arbeitszeiten
Unter TVL13 kann man wohl kaum mit einer vierköpfigen Familie in einer Großstadt ein "normales Mittelschichtsleben" führen. Dazu rechne ich eine Wohnung mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmern, Küche, Bad, 1-2 KfZ, ein Familienurlaub pro Jahr und das sonstige Freizeitgedöns.
- Tibor
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Re: Lange Arbeitszeiten
Mit Verlaub, das ist großer Unsinn. Das Gros der Bevölkerung bekommt das hin.
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Re: Lange Arbeitszeiten
Ich nehme an, du wohnst weder in Hamburg noch in München
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Re: Lange Arbeitszeiten
Ich denke, es kommt wirklich stark auf den Wohnort an. Für 1.300 bekommt man in München, Hamburg oder Berlin sicherlich im Moment keine adequate 3-4 Zimmerwohnung. Wenn 2.000 für die Miete weg sind und dann noch Kita und sonstige Betreuungskosten (Babysitter für Randzeiten, Ferien und Krankheit der Kinder) runtergehen, ist eins der beiden A13-Gehälter weg.
Auf dem Land mag man weniger Miete zahlen, braucht allerdings dafür ein oder gar zwei Autos.
Von daher wird eine Familie mit 5k netto sicherlich nicht im Luxus leben.
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Auf dem Land mag man weniger Miete zahlen, braucht allerdings dafür ein oder gar zwei Autos.
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- Tibor
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Re: Lange Arbeitszeiten
Wir sollten bei den relevanten Zahlen bleiben, denn hier ging es um Tarifbeschäftigte (TVL), nicht um Beamte. Meine These, zwei Vollverdiener im gehobenen Dienst leben auch in einer Großstadt nicht in Armut.
Nehmen wir den durchschnittlichen Mitarbeiter im "gehobenen Dienst", also was man in jungen Familienjahren so als Angestellter im Bereich TVL typischerweise hat. Wir reden also bspw. über TVL E11, Stufe 3. Das macht ein Netto von 2.222,48 €.
Wir haben also bei zwei Vollverdienern 4.444 € Nettoeinkommen.
Nehmen wir nun an, dass die verheiratete Familie aus einem Vollverdiener und einem in Teilzeit tätigen Elternteil (2/3tel Arbeitszeit) und 2 Kindern besteht. Dann ergibt das folgendes Haushaltsnetto:
Vollverdiener (w.o.) = 2.222 €
Teilzeitler = 1.603 €
2 x Kindergeld = 388 €
-----------------------
Summe = 4.213 €
Davon zieht man bspw. 1.300 € für Wohnkosten ab. Und ja, Großstadt in Deutschland ist nicht nur Hamburg, München und Frankfurt, sondern auch sowas wie Essen, Leipzig, Augsburg, Kiel, Magdeburg, Braunschweig ...
Dann bleiben 2.913 € übrig. Hort und Kita werden bei diesem Einkommen und Teilzeitbetreuung höchstens weitere 400 € kosten, bleiben also runde 2.500 € mtl. für zwei durchschnittliche Autos (ein Elternteil könnte aber bspw. auch ÖPNV nutzen), Lebensmittel, Urlaube und sonstigen Haushalt. Ich sehe da keine Armut, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Kinder nach ein paar Jahren selbständig werden und beide Elternteile wieder in Vollzeit arbeiten können, denn dann schließt sich die Verdienstlücke von 600 € für den Teilzeitjob.
Nehmen wir den durchschnittlichen Mitarbeiter im "gehobenen Dienst", also was man in jungen Familienjahren so als Angestellter im Bereich TVL typischerweise hat. Wir reden also bspw. über TVL E11, Stufe 3. Das macht ein Netto von 2.222,48 €.
Wir haben also bei zwei Vollverdienern 4.444 € Nettoeinkommen.
Nehmen wir nun an, dass die verheiratete Familie aus einem Vollverdiener und einem in Teilzeit tätigen Elternteil (2/3tel Arbeitszeit) und 2 Kindern besteht. Dann ergibt das folgendes Haushaltsnetto:
Vollverdiener (w.o.) = 2.222 €
Teilzeitler = 1.603 €
2 x Kindergeld = 388 €
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Summe = 4.213 €
Davon zieht man bspw. 1.300 € für Wohnkosten ab. Und ja, Großstadt in Deutschland ist nicht nur Hamburg, München und Frankfurt, sondern auch sowas wie Essen, Leipzig, Augsburg, Kiel, Magdeburg, Braunschweig ...
Dann bleiben 2.913 € übrig. Hort und Kita werden bei diesem Einkommen und Teilzeitbetreuung höchstens weitere 400 € kosten, bleiben also runde 2.500 € mtl. für zwei durchschnittliche Autos (ein Elternteil könnte aber bspw. auch ÖPNV nutzen), Lebensmittel, Urlaube und sonstigen Haushalt. Ich sehe da keine Armut, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Kinder nach ein paar Jahren selbständig werden und beide Elternteile wieder in Vollzeit arbeiten können, denn dann schließt sich die Verdienstlücke von 600 € für den Teilzeitjob.
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Re: Lange Arbeitszeiten
Nun wirds aber n bissel abgehoben. Du kriegst auch in guter Lage in Hamburg ne ordentliche 3 Zimmerwohnung für 900 warm. Ich zahle aktuell 660 Euro warm für 2 Zimmer 50qm in guter zentraler Hipsterlage. Dh 1300 ist schon das oberste Maximum für ne 4 Zimmerwohnung würde ich hier schätzen.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Lange Arbeitszeiten
Ok, das mag in Hamburg so sein. In Berlin ist es anders. Ich war bislang immer davon ausgegangen, dass Hamburg teuerer ist.Ara hat geschrieben: ↑Mittwoch 27. Juni 2018, 08:14Nun wirds aber n bissel abgehoben. Du kriegst auch in guter Lage in Hamburg ne ordentliche 3 Zimmerwohnung für 900 warm. Ich zahle aktuell 660 Euro warm für 2 Zimmer 50qm in guter zentraler Hipsterlage. Dh 1300 ist schon das oberste Maximum für ne 4 Zimmerwohnung würde ich hier schätzen.
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- Tibor
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Re: Lange Arbeitszeiten
Berlin ist nicht nur innerhalb der Ringbahn ... auch wenn ich früher etwas anderes vertreten habe. In Treptow, Tempelhof, Spandau, Reinickendorf, Weißensee und erst Recht in Marzahn bekommst du auch noch was < 1.300€
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Re: Lange Arbeitszeiten
Wohnen in der Platte in Marzahn und eine Monatsplanung, bei der man auf das Kindergeld angewiesen ist, ist nun aber auch nicht das, was man sich so landläufig unter dem normalen "normalen Mittelschichtsleben" vorstellt.
I would prefer not to.
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Re: Lange Arbeitszeiten
Das liegt in erster Linie allerdings daran, dass das, was landläufig unter "normaler Mittelschicht" verstanden wurde, immer weiter erodiert. Hinzukommt, dass die Leute sich häufig selbst völlig falsch zuordnen.
- Tibor
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Re: Lange Arbeitszeiten
Beim Kindergeld geht es nicht auf "angewiesen sein" iSv Sozialleistung. Das Kindergeld ist für den Steuerzahler eine vorweggenommene Einkommensteuererstattung um das sächliche Existenzminimum der eigenen Kinder von Steuerbelastung zu verschonen. Wenn man also um Lohnsteuer gemindertes Nettogehalt angibt, muss man auch Kindergeld als Kompensation für den Steuerabzug einberechnen. Alles andere wäre eine Milchmädchenrechnung.
Und ich sprach übrigens nicht von "normaler Mittelschicht", sondern davon, dass nicht alles unterhalb des höheren Dienstes zugleich Armut sei.
Zudem liegt TVL E11, Stufe 3 über dem Median und dem Durchschnitt: http://www.spiegel.de/wirtschaft/sozial ... 58777.html
Median soll wohl 2.990 € Brutto monatlich sein; das wäre eher TVL E8!
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Re: Lange Arbeitszeiten
Das zeigt meiner Meinung nach aber eher wie schlecht der durchschnittliche Haushalt in Deutschland tatsächlich dasteht. Ich glaube es gibt eine zunehmende Divergenz zwischen dem was für uns die klassische Mittelschicht ausmacht und dem was die tatsächliche Mittelschicht finanziel leisten kann.
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Re: Lange Arbeitszeiten
Nee, es zeigt m. E. nur, dass den Oberschichtigen mit der Zeit anscheinend jeglicher Kompass abhanden kommt. Selbst mit 2 x mittlerem Dienst kann man durchaus ein ordentliches Leben führen, auch "in" einer Großstadt - und für mich ist (eher) das "Mittelschicht" (als höherer Dienst).
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
- Tibor
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Re: Lange Arbeitszeiten
Nunja, die Einschätzung was Mittelschicht "ausmacht" ist hier doch klar definiert worden: 4 Zimmer Wohnung, 2 Autos und einen ordentlichen Urlaub.
Die dargelegten Einkommensverhältnisse (ob nun TVL oder Median) spiegeln dass aber nur deshalb scheinbar nicht vollständig wieder, weil Unklarheit über den Aufwand besteht, um das notwendige Einkommen zu erzielen (Doppelverdienerehe? Alleinverdiener? Mutter 14 Jahre zu Hause?) bzw. das klassische Familienbild erodiert (bei Patchwork und Alleinerziehenden fallen eben deutlich höhere Kosten an, als im klassischen Familienbild) bzw. zahlreiche DINKs mit ihrem Konsumverhalten (Hipsteraltbau, 3x Urlaub p.a., Wochenendausflüge ins Wellness) medial die Pace vorgeben. Man kann eben nicht alles haben: Familie, Alleinverdiener und Lebensstandard der DINKs.
Die dargelegten Einkommensverhältnisse (ob nun TVL oder Median) spiegeln dass aber nur deshalb scheinbar nicht vollständig wieder, weil Unklarheit über den Aufwand besteht, um das notwendige Einkommen zu erzielen (Doppelverdienerehe? Alleinverdiener? Mutter 14 Jahre zu Hause?) bzw. das klassische Familienbild erodiert (bei Patchwork und Alleinerziehenden fallen eben deutlich höhere Kosten an, als im klassischen Familienbild) bzw. zahlreiche DINKs mit ihrem Konsumverhalten (Hipsteraltbau, 3x Urlaub p.a., Wochenendausflüge ins Wellness) medial die Pace vorgeben. Man kann eben nicht alles haben: Familie, Alleinverdiener und Lebensstandard der DINKs.
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Re: Lange Arbeitszeiten
Da gebe ich dir völlig Recht. Selbst- und Fremdwahrnehmung gehen hier oft auseinander.Tibor hat geschrieben: ↑Mittwoch 27. Juni 2018, 10:55 Nunja, die Einschätzung was Mittelschicht "ausmacht" ist hier doch klar definiert worden: 4 Zimmer Wohnung, 2 Autos und einen ordentlichen Urlaub.
Die dargelegten Einkommensverhältnisse (ob nun TVL oder Median) spiegeln dass aber nur deshalb scheinbar nicht vollständig wieder, weil Unklarheit über den Aufwand besteht, um das notwendige Einkommen zu erzielen (Doppelverdienerehe? Alleinverdiener? Mutter 14 Jahre zu Hause?) bzw. das klassische Familienbild erodiert (bei Patchwork und Alleinerziehenden fallen eben deutlich höhere Kosten an, als im klassischen Familienbild) bzw. zahlreiche DINKs mit ihrem Konsumverhalten (Hipsteraltbau, 3x Urlaub p.a., Wochenendausflüge ins Wellness) medial die Pace vorgeben. Man kann eben nicht alles haben: Familie, Alleinverdiener und Lebensstandard der DINKs.
Mir persönlich geht es gut und ich bin total zufrieden. Gleichwohl sehe ich, dass sich unsere Generation an vielen Enden dafür büßt, was die Babyboomer ausgefressen haben; und zwar über Steuern und Abgaben etc.
Mein Vater konnte mit einem Lehrereinkommen Anfang 30 ein Haus bauen und eine Familie mit zwei Kindern nahezu vollständig ernähren. Zwei Autos hatten wir immer und zweimal im Jahr ging es in den Urlaub.
Das ist ein Lebensstil, der heute mit einem Doppeleinkommen von Akademikern nicht mehr finanzierbar wäre.
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