Wie geht ihr mit Niederlagen um?

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Liz
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Re: Wie geht ihr mit Niederlagen um?

Beitrag von Liz »


Ara hat geschrieben:
famulus hat geschrieben: Mittwoch 1. Mai 2019, 17:42 Fehlt bei dem letzten Absatz was?
Ja sorry, ein "sie es nicht verstehen" fehlt. Ein fürchterlicher Satz von mir. Besser:

"Ich habe nicht das Gefühl, dass Mandanten es nicht verstehen wenn man ihnen es vorher erklärt. Zum Beispiel, dass man unsere Argumentation gut vertreten kann, aber die Gegenseite so und so argumentiert und das Gericht am Ende frei entscheidet".
Strukturell dürfte es im Strafrecht aber von Vorteil sein, dass die Beschuldigten nicht nur insgeheim wissen, dass sie "Mist" gebaut haben, sondern das Gericht häufig genug geringfügig unter dem Antrag der StA bleibt, so dass sie dann doch noch das Gefühl haben, "irgendwie gewonnen" zu haben (oder die StA hat sich - aus Sicht des Beschuldigten - doch von dem engagierten Auftritt des Verteidigers irgendwie beeindrucken lassen und deshalb gar nicht so viel beantragt, wie der Beschuldigte vorher befürchtet hat...)

Im Zivilprozess dürfte - bei streitigen Entscheidungen - die Einsicht, eigentlich im Unrecht zu sein, nicht so ganz verbreitet zu sein, zumal häufig viel mehr Punkte "Ansichtssache" sind.
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thh
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Re: Wie geht ihr mit Niederlagen um?

Beitrag von thh »

Liz hat geschrieben: Mittwoch 1. Mai 2019, 21:27Strukturell dürfte es im Strafrecht aber von Vorteil sein, dass die Beschuldigten nicht nur insgeheim wissen, dass sie "Mist" gebaut haben, sondern das Gericht häufig genug geringfügig unter dem Antrag der StA bleibt, so dass sie dann doch noch das Gefühl haben, "irgendwie gewonnen" zu haben
Man sollte dabei aber auch im Strafrecht die jedenfalls grundsätzlich bestehende Möglichkeit nicht ausblenden, dass ein verurteilter Angeklagter die ihm vorgeworfene Tat tatsächlich nicht begangen hat; der wird eher nicht so zufrieden sein, wenn das Gericht unter dem Antrag der StA bleibt. ;)

Außerdem können sich - zugegebenermaßen eher selten - auch im Strafrecht Rechtsfragen stellen, d.h. der Sachverhalt weitgehend unstreitig sein, der Angeklagte sein Tun aber für legal halten.
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Ara
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Re: Wie geht ihr mit Niederlagen um?

Beitrag von Ara »

Naja vor allem das Revisionsrecht ist ja ein Bereich, wo der Mandant die Schriftsätze kaum verstehen kann. Es geht entweder um abstruse Verfahrensregeln von denen er noch nie gehört hat oder irgendwelche materielle Rechtsfragen. Man muss den Mandanten halt vorher deutlich machen, dass die Chancen gering sind, dann sind sie zwar enttäuscht aber vorbereitet. Eine gute Aufklärung hilft meist, um später nicht in Erklärungsnöte zu kommen.

Schwieriger finde ich dem Mandanten etwas zu erklären, wenn das Gericht ganz großen Quatsch macht und man vorher das genaue Gegenteil erklärt hat. Aktuell habe ich einer Mandantin erzählt, dass es bei Strafbefehlen immer etwas doof ist, weil nicht nur die StA den hinreichenden Tatverdacht bejaht hat, sondern auch der Richter. Was sagt der Richter dann direkt frei Schnauze? Er hätte nur den Strafbefehl überflogen und gar nicht die Akte gelesen als er ihn erlassen hat, er ging davon aus, dass die Staatsanwaltschaft das schon rechtlich geprüft hätte, besonders weil der Strafbefehl ja so umfangreich begründet war. Problem: Im Zweifel glaubt die Mandantin nun, ich hätte ihr Quatsch erzählt. Insbesondere weil ich ihr dann erzählen musste, dass der Richter sich wohl nicht nach § 344 StGB strafbar gemacht hat und sich auch nicht machen wird. Sie wird vermutlich am Ende glücklich sein, wenn die StA den Strafbefehl zurücknimmt, es bleibt aber vermutlich trotzdem Hängen, dass die Beratung nicht so 100% akkurat war.

Sowas finde ich dann schwieriger, auch wenn das zum Glück nicht so häufig passiert.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Liz
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Re: Wie geht ihr mit Niederlagen um?

Beitrag von Liz »

@thh: "Mist" war untechnisch gemeint. In vielen Fällen ist ja unstrittig, dass der Beschuldigte am Tatort war und "irgendwas" gemacht hat, bei dem sich der Gedanke aufdrängt, dass das nicht so ganz okay war (ob strafbar oder nicht). Und die StA hat ja schon via Strafbefehl bzw. Anklageschrift mitgeteilt, dass sie es nicht nur für "nicht okay", sondern strafbar hält. Ich denke, man muss schon verdammt von seiner Position überzeugt sein, um nicht wenigstens insgeheim in Betracht zu ziehen, dass man Unrecht hat. Bei tatsächlich völlig unbeteiligten Beschuldigten wird man hingegen selten dazu kommen, dass es kein "Fehlurteil" war, wenngleich es möglicherweise nachvollziehbar ist, dass das Gericht meinte, genügend gute Beweise zu haben.
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immer locker bleiben
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Re: Wie geht ihr mit Niederlagen um?

Beitrag von immer locker bleiben »

Tobias__21 hat geschrieben: Mittwoch 1. Mai 2019, 20:10 Er hat nur gelacht und gemeint, er will das gar nicht lesen und hofft dass der Mandant Ruhe gibt, wenn die GenStA die Beschwerde abschlägig beschieden hat, ansonsten lege er das Mandat nieder.
Dafür bekommt der Kollege ein kleines + für seine Offenheit und ein dickes fettes - für die Art, wie er das Mandat führt.
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