Frau Künast und das LG Berlin

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Tibor
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Tibor »

"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
TedRemptation
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von TedRemptation »

Tibor hat geschrieben: Donnerstag 19. September 2019, 22:48 https://www.der-postillon.com/2019/09/b ... richt.html
Das war natürlich auch eine Steilvorlage \:D/
stilzchenrumpel
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von stilzchenrumpel »

Wir können die neu gestärkte Ausdrucksfreiheit nun nutzen. Ich biete mal an:

https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ ... en-anwalt/
Hier gibt es nichts zu sehen, ich trolle nur.
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Ara
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Ara »

Verstehe hier die große Empörung nicht... Wenn jemand in einer politischen Debatte als Berufspolitiker einer Person beispringt, die eine Legalisierung von Kindesmissbrauch befürwortet, dann muss er sich schon einiges an Gegenwind gefallen lassen. Ich glaube auch nicht, dass wir bei "Drecksfotze" im Bereich sind, wo die Menschenwürde verletzt ist.

Übrigens ist auch Künast Ausrede, sie selbst war nicht für die Legalisierung, unglaubhaft. Wenn jemand Kindesmissbrauch legalisieren will, ist der Zusatz "wenn keine Gewalt im Spiel ist", völlig irrelevant. Der Straftatbestand schützt primär nicht vor sexueller Gewalt, sondern schützt die ungestörte sexuelle Entwicklung. Eine Vergewaltigung eines Kindes ist genauso nach § 177 StGB geschützt, wie die Vergewaltigung einer erwachsenen Person. Von daher ist der Zusatz völlig irrelevant bei der Debatte der Legalisierung des Kindesmissbrauchs, außer man probiert zu relativieren, dass Sex mit Kindern grundsätzlich gar nicht so schlimm ist.

Und vor diesem Hintergrund wird man sich dann fragen müssen, wenn eine Person sich öffentlich hinstellt und sagt, er ist für die Legalisierung von Sex mit Kindern und anschließend ein Opfer eines sexuellen Missbrauchs im Kindesalter die Frau dann als "Drecksfotze" bezeichnet, ob das tatsächlich eine strafbare Beleidigung ist oder nicht tatsächlich lediglich ein starker Ausdruck der Ablehnung dieser Ansicht. Ich finde auch, die implizierte Aussage von Künast "Als Kind missbraucht zu werden ist ja nicht so schlimm, solange keine Gewalt im Spiel ist" ehrlich gesagt auch nicht viel weniger verletzend als "Drecksfotze".

Ich glaube der Punkt, dass die Forderung der Legalisierung die Opfer solcher Straftaten verletzt, wird in der ganzen Debatte nicht beachtet. Gerade durch diesen Umstand ist aber eine drastische Debatte mit massiven Ausdrücken aber zu gestatten.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Liz
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Liz »

Heißt also, solange man eine 30 Jahre alte, missverständliche Äußerung findet, ist quasi alles erlaubt?

Künast sagt ja, sie habe damals lediglich klarstellen wollen, dass die Initiative den einvernehmlichen Sex mit Kindern betrifft und nicht nur einfach „Sex mit Kindern“, was im Hinblick auf den Wortlaut der Äußerung durchaus naheliegend ist. Im Übrigen scheint es mir nicht so ganz fair zu sein, Aussagen von vor 30 Jahren aus dem damaligen historischen Kontext zu lösen (damals gab es ja wohl durchaus die Idee, es sei gar kein Eingriff in die sexuelle Entwicklung des Kindes, sondern ermögliche sie vielmehr erst) und vor dem heutigen Wissens- und Erkenntnisstand und „Zeitgeist“ zu beurteilen, ohne dem Äußernden zuzugestehen, sich auch weiterentwickelt zu haben. Und letztlich ist es die Frage, auf welchem Niveau man politische und öffentliche Debatten führen möchte. Einer sachlichen Diskussion scheint mir die Zuspitzung der Ablehnung mit dem Wort „Drecksfotze“ nicht ernstlich zu dienen. Mal ganz davon abgesehen, dass man dem durchschnittlichen Kommentator bei Facebook wahrscheinlich kein sonderlich großes Unrecht tut, wenn man annimmt, dass es ihm eigentlich nicht um eine sachliche Auseinandersetzung geht, sondern er vornehmlich (möglicherweise sogar ausschließlich) beleidigen möchte.
Liz
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Liz »

P. S.: wenn man mal ein paar Schreiben auf dem Tisch hatte, in denen Leute mehr oder weniger durchgängig in Fäkalsprache ihre Ablehnung gegen das System und seine Vertreter zum Ausdruck bringen, kann man natürlich in allem noch einen Bezugspunkt zur eigentlichen Sachfrage finden und „(Drecks)Schlampe“ oder wahlweise „(Drecks)Fotze“ ist da noch geradezu zurückhaltend. Eigentlich finde ich aber, ich muss mir das nicht gefallen lassen, nur weil ich eine Entscheidung getroffen / eine Meinung geäußert habe, die dem Betreffenden möglicherweise nicht so ganz gefällt.
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Ara
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Ara »

Die große Sorge beim NetzDG war aber doch, dass viel zu viel gesperrt wird und eine voreilende Zensur stattfindet. Vor diesem Hintergrund erscheint mir, ähnlich wie bei § 185 StGB, eine möglichst weite Auslegung zu Gunsten der Meinungsfreiheit sinnvoll. Hier kam es ja sogar maßgeblich darauf an, ob § 185 StGB voraussichtlich erfüllt sein wird.

Ich finde schon, dass solch eine Aussage auch nach 30 Jahre noch eine Rolle spielt, da Frau Künast weiterhin Politikerin ist und sogar noch in der selben Partei. Ich halte die Aussage auch, wie gerade schon geschrieben, nicht für "missverständlich". Frau Künast machte damals wohl eine Unterscheidung zwischen "gewaltsamen Sex mit Kindern" und "gewaltfreien Sex mit Kindern", wenn es darum geht ob etwas legalisiert gehört. Die spätere Ausrede, sie wollte nur auf die richtige Zitierung hinweisen, halte ich für unglaubhaft.

Auch rein praktisch und rein nach Bauchgefühl, halte ich das Szenario jetzt für deutlich das bessere.

Szenario 1: Frau Künast muss sich nach 30 Jahren als "Drecksfotze" bezeichnen lassen, weil sie, missverständlich oder nicht, die Legalisierung von Kindesmissbrauch unterstützte.

Szenario 2: Ein Missbrauchsopfer wird bestraft, weil es Frau Künst nach 30 Jahren als "Drecksfotze" bezeichnet, weil sie, missverständlich oder nicht, die Legalisierung von Kindesmissbrauch unterstützte.

Ich halte Szenario 2, rein politisch/gesellschaftlich, für falsch.

Vor diesem Hintergrund wundert mich übrigens auch, warum "die Feministen" nunmehr so stark Frau Künast beispringen. Ganz davon abgesehen, dass ich hier gar nicht sehe, warum es ein Geschlechterthema sein soll, sind es doch normalerweise die gleichen Personen, die bei Szenario 2 aufschreien würden, wie ein Gericht ein Missbrauchsopfer bestrafen kann, welches seinen Täter beleidigt. Man stelle sich vor am Ende einer Gerichtsverhandlung ruft ein Vergewaltigungsopfer dem wegen Verjährung freigesprochene Beschuldigten zu "Du dreckiger Vergewaltiger" und soll dafür bestraft werden... Das mag juristisch korrekt sein, aber es würde ja vermutlich bei allen zurecht zu Kopfschütteln führen.

Von daher: Mich überrascht diese große Empörung. Ich glaube es liegt daran, weil man hinter den Kommentaren Nazis vermutet werden (vermutlich wird es auch so sein) und sich nicht vorgestellt werden kann, dass es möglicherweise selbst Missbrauchsopfer sind. Letzteres muss man aber zumindest juristisch tun, weil die Urheber ja noch unbekannt sind und die für sie günstigste Situation angenommen werden müsste.
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thh
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von thh »

Ara hat geschrieben: Samstag 21. September 2019, 10:26Ich glaube auch nicht, dass wir bei "Drecksfotze" im Bereich sind, wo die Menschenwürde verletzt ist.
Frage 1: Wann denn dann?

Frage 2: Ungeachtet einer Verletzung der Menschenwürde - hältst Du diese Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht der Beschimpften und Meinungsäußerungsfreiheit des Beschimpfers für gelungen?

Frage 3: Wollen wir wirklich diese Form des Diskurses? (Denn wenn wir sie nicht wollen, dann sollten wir sie weder straf- noch zivilrechtlich dulden.)

Wer andere Menschen als "Drecksfotze" bezeichnen darf, dem wird man kaum Bezeichnungen wie "Merkels Goldstücke", "Macheten-Fachkräfte" oder auch "Drecksnigger" verbieten können.
Ara hat geschrieben: Samstag 21. September 2019, 10:26Ich finde auch, die implizierte Aussage von Künast "Als Kind missbraucht zu werden ist ja nicht so schlimm, solange keine Gewalt im Spiel ist" ehrlich gesagt auch nicht viel weniger verletzend als "Drecksfotze".
Dass Du darin keinen Unterschied siehst, beunruhigt mich.

Das beginnt damit, dass die implizite Aussage wohl nicht ist "als Kind missbraucht zu werden ist ja nicht so schlimm, solange keine Gewalt im Spiel ist", sondern "einverständlicher Geschlechtsverkehr mit Kindern ist kein Missbrauch" (worüber man streiten kann und muss und was man ablehnen sollte). Es setzt sich fort damit, dass eine implizite Aussage etwas anderes ist als eine explizite Aussage, und es endet am wichtigsten Punkt, nämlich der Wortwahl.

Der Unterschied zwischen "als Kind missbraucht zu werden ist ja nicht so schlimm, solange keine Gewalt im Spiel ist" (was nicht die Aussage von Künast war!) und "der soll sich nicht so anstellen, wenn er mal als Kind mal kräftig durchgefickt wurde, da stehen so kleine Schwanzlutscher doch drauf, sonst hätten sie nicht mitgemacht" erscheint mir durchaus offenkundig.
Ara hat geschrieben: Samstag 21. September 2019, 10:26Ich glaube der Punkt, dass die Forderung der Legalisierung die Opfer solcher Straftaten verletzt, wird in der ganzen Debatte nicht beachtet. Gerade durch diesen Umstand ist aber eine drastische Debatte mit massiven Ausdrücken aber zu gestatten.
Wenn wir das auch für die Opfer körperlicher und seelischer Gewalt und deren Angehörige und am Ende auch diejenigen, die den Volkstod durch Überfremdung befürchten, akzeptieren, dann bleibt sonst nicht mehr viel. Eine "drastische Debatte" mit "massiven Ausdrücken" entsteht ja regelmäßig dann, wenn der Äußernde von starken Gefühlen bewegt wird.

Und ich bin explizit anderer Auffassung. Auch wenn jemand sich durch die sachliche (!) Äußerung einer Meinung (!) in seinen Gefühlen stark verletzt fühlt, berechtigt ihn das nicht, die Sachebene so völlig zu verlassen.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von thh »

Ara hat geschrieben: Samstag 21. September 2019, 11:19Die große Sorge beim NetzDG war aber doch, dass viel zu viel gesperrt wird und eine voreilende Zensur stattfindet.
Bei mir nicht.
Ara hat geschrieben: Samstag 21. September 2019, 11:19Frau Künast machte damals wohl eine Unterscheidung zwischen "gewaltsamen Sex mit Kindern" und "gewaltfreien Sex mit Kindern", wenn es darum geht ob etwas legalisiert gehört.
Ja, und? Das ist einerseits eine zutreffende Unterscheidung, andererseits darf man in 30 Jahren seine Meinung ändern.
Ara hat geschrieben: Samstag 21. September 2019, 11:19Szenario 1: Frau Künast muss sich nach 30 Jahren als "Drecksfotze" bezeichnen lassen, weil sie, missverständlich oder nicht, die Legalisierung von Kindesmissbrauch unterstützte.

Szenario 2: Ein Missbrauchsopfer wird bestraft, weil es Frau Künst nach 30 Jahren als "Drecksfotze" bezeichnet, weil sie, missverständlich oder nicht, die Legalisierung von Kindesmissbrauch unterstützte.

Ich halte Szenario 2, rein politisch/gesellschaftlich, für falsch.
Und ich halte es rechtlich, politisch und gesellschaftlich für das einzig richtige Szenario.
Ara hat geschrieben: Samstag 21. September 2019, 11:19Man stelle sich vor am Ende einer Gerichtsverhandlung ruft ein Vergewaltigungsopfer dem wegen Verjährung freigesprochene Beschuldigten zu "Du dreckiger Vergewaltiger" und soll dafür bestraft werden...
Das ist nicht der passende Vergleich. Passend wäre es, wenn das Vergewaltigungsopfer der Verteidigerin, die für den Freispruch argumentiert hat, zuruft: "Du Drecksfotze, Dich sollte man auch mal richtig durchficken!".

Und ja, ich halte es für wünschenswert, dass solche Entgleisungen nicht hingenommen werden müssen.

Warum sollte man dann übrigens nicht in der Sache freigesprochene Vergewaltiger weiterhin als solche bezeichnen dürfen? Wie schlimm ist es dann, dass die Frau, die sich möglicherweise als Vergewaltigungsopfer eines bekannten Wettermoderators sieht, diesen nicht mehr als Vergewaltiger bezeichnen darf? Und warum sollte sie das nicht dürfen?
Ara hat geschrieben: Samstag 21. September 2019, 11:19Von daher: Mich überrascht diese große Empörung.
Mich nicht. Insbesondere nicht, weil die Vergiftung des öffentlichen Diskurses zunehmend als das Problem erkannt wird, das sie darstellt.

"Sticks and stones can break my bones but words can never hurt me" gilt eben nur so lange, bis jemand Worte findet, die den Betreffenden doch verletzen.
Ara hat geschrieben: Samstag 21. September 2019, 11:19Ich glaube es liegt daran, weil man hinter den Kommentaren Nazis vermutet werden (vermutlich wird es auch so sein) und sich nicht vorgestellt werden kann, dass es möglicherweise selbst Missbrauchsopfer sind.
Ich halte es tatsächlich für irrelevant, ob Beleidigungen von der rechten oder linken Seite des politischen Spektrums kommen, oder von ganz wo anders. Im Gegenteil scheint es mir ein ganz wichtiger Punkt bei der Beurteilung solcher Fragen zu sein, ob man sie noch ebenso sieht, wenn die eigene politissche / weltanschauliche / sonstige Sphäre betroffen ist.
Ara hat geschrieben: Samstag 21. September 2019, 11:19Letzteres muss man aber zumindest juristisch tun, weil die Urheber ja noch unbekannt sind und die für sie günstigste Situation angenommen werden müsste.
Freilich ist das für die Frage der Strafzumessung und einer möglichen zivilrechtlichen Sanktion relevant, aber doch nicht wirklich für die Frage, ob Beleidigung oder nicht.
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Ara
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Ara »

Das mag alles eine persönliche Einschätzung sein, wie sehr man die Meinungsfreiheit gegen den Ehrschutz abwägen möchte. Ich habe hier ja schon einmal geäußert, ich würde die §§ 185 ff. StGB gänzlich aus dem Strafrecht streichen. Aber mir fehlt auch jegliches Verständnis dafür, wie man sich in seiner Ehre verletzt fühlen kann... Ich kann nachvollziehen, wenn mir wer auf die Nase haut, dass ich das nicht gut finde oder mir jemand mein Auto zerkratzt... Aber wenn ich jemanden die Vorfahrt nehme ist es mir doch Latte ob er aus seinem Auto pöbelt "Gehts ihnen noch gut? Was nehmen Sie mir die Vorfahrt" oder "Gehts dir noch gut du Penner? Was nimmste mir die Vorfahrt?"... Das löst bei mir im Körper doch gar keine unterschiedliche Reaktion aus... Ich ärger mich darüber, dass mich jemand angepöbelt hat. Egal ob mit oder ohne Beleidigung. Aber vielleicht sind da andere Menschen anders.

Wie auch immer: Wer sich als Politiker in der Öffentlichkeit bewegt und solch ein heikles und unpopuläres Thema unterstützt (in welcher Form auch immer und wie lange her), muss halt mit deutlich mehr Gegenwind rechnen als der Otto-Normal-Bürger. Wenn man halt ne Nazi-Schlampe ist, dann ist man halt ne Nazi-Schlampe. Davon geht die Welt nicht unter.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Dike »

Ara hat geschrieben: Samstag 21. September 2019, 13:59 Das mag alles eine persönliche Einschätzung sein, wie sehr man die Meinungsfreiheit gegen den Ehrschutz abwägen möchte. Ich habe hier ja schon einmal geäußert, ich würde die §§ 185 ff. StGB gänzlich aus dem Strafrecht streichen. Aber mir fehlt auch jegliches Verständnis dafür, wie man sich in seiner Ehre verletzt fühlen kann... Ich kann nachvollziehen, wenn mir wer auf die Nase haut, dass ich das nicht gut finde oder mir jemand mein Auto zerkratzt... Aber wenn ich jemanden die Vorfahrt nehme ist es mir doch Latte ob er aus seinem Auto pöbelt "Gehts ihnen noch gut? Was nehmen Sie mir die Vorfahrt" oder "Gehts dir noch gut du Penner? Was nimmste mir die Vorfahrt?"... Das löst bei mir im Körper doch gar keine unterschiedliche Reaktion aus... Ich ärger mich darüber, dass mich jemand angepöbelt hat. Egal ob mit oder ohne Beleidigung. Aber vielleicht sind da andere Menschen anders.
Wie auch immer: Wer sich als Politiker in der Öffentlichkeit bewegt und solch ein heikles und unpopuläres Thema unterstützt (in welcher Form auch immer und wie lange her), muss halt mit deutlich mehr Gegenwind rechnen als der Otto-Normal-Bürger. Wenn man halt ne Nazi-Schlampe ist, dann ist man halt ne Nazi-Schlampe. Davon geht die Welt nicht unter.
Ohne die Ausgangslage in der Künast-Sache bewerten zu wollen ... ich sehe einen großen Unterschied zwischen einer öffentlichen Beleidigung auf einer Internetplattform - die offensichtlich als Stimmungsmache gedacht ist - und einer persönlichen Beleidigung.
Mal angenommen, du vertrittst mich in einer Strafsache mit einem großen öffentliches Interesse und es kommt zu einer Verurteilung. Dann gehe ich nach der Verhandlung zu dir und sage: "Du bist ein verf... Scheiß-Anwalt, deine Verteidigung war der letzte Dreck." Das ist dann eine Sache unter uns.
Aber wenn ich in eine größere öffentliche Facebook-Gruppe gehen, auf der gerade eine Diskussion über diesese Strafverhandlung läuft und schreibe: RA Ara ist ein verf... Scheiß-Anwalt und seine Verteidigung ist der letzte Dreck", hat das für mich eine ganze andere Wertung. Das, was zwischen uns gesprochen wurde, bleibt unter uns. Was ich ins Internet schreibe, bleibt dort womöglich die nächsten 30 Jahre und beeinflusst die Meinung künftiger Mandanten.
Ich finde nicht, dass man sich öffentliche Beleidigungen gefallen lassen muss. Auch nicht, wenn man eine öffentliche Person ist.
Davon mag zwar im Moment die Welt nicht untergehen, aber wenn du mal genau schaust, wie sich die Gesellschaft in den letzten Jahren verändert hat (auch durch solche Internetentgleisungen), dann befinden wir uns zur Zeit in einer bedenklichen Entwicklung.
Man mag Kritik äußern, wenn sie angebracht ist. Aber solche Beschimpfungen unter der Gürtellinie sollte niemand hinnehmen müssen.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Ara »

Das verstehe ich auch und ggfs. auch warum das gelöscht gehört. Aber wenn ich das richtig verstanden habe, ging es hier ja nicht ums löschen, sondern darum, dass FB die Daten der Leute rausgeben soll. Da scheint der Maßstab ja anscheinend der einer Straftat zu sein. Korrigiert mich wenn es falsch ist: Das Gericht hat ja nicht gesagt, dass FB es nicht löschen muss oder?
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Frau Künast und das LG Berlin

Beitrag von Liz »

Es scheint mir allerdings nicht schlüssig zu sein, einerseits derartige Äußerungen als weder straf- noch zivilrechtlich verfolgbar anzusehen, andererseits aber FB zur Löschung verpflichten zu wollen (warum, wenn es sich doch um "erlaubte" Meinungsäußerungen handelt?).

Ich gebe insoweit auch zu bedenken, dass insbesondere auch im Strafrecht genügend Mechanismen bestehen, um Fälle "verständlicher Beleidigungen" (der Ausbruch des Vergewaltigungsopfers nach dem Freispruch) oder rein privater Auseinandersetzungen im Ergebnis angemessen zu bewältigen - sei es durch den Verweis auf den Privatklageweg oder durch eine entsprechende Verfahrenseinstellung / milde Strafe. Man muss also die Meinungsfreiheit nicht derart hoch gewichten, dass vom Ehrschutz praktisch nichts mehr übrig bleibt. Und rein praktisch trifft es den Internet-Pöbler ja eher wenig, wenn sein Post gelöscht wird (dann postet er eben woanders); wenn ihm hingegen ein Strafbefehl ins Haus flattert, überlegt er es sich dann vielleicht beim nächsten Mal doch noch mal anders.
Liz
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Liz »

Ara hat geschrieben: Samstag 21. September 2019, 13:59 Aber wenn ich jemanden die Vorfahrt nehme ist es mir doch Latte ob er aus seinem Auto pöbelt "Gehts ihnen noch gut? Was nehmen Sie mir die Vorfahrt" oder "Gehts dir noch gut du Penner? Was nimmste mir die Vorfahrt?"... Das löst bei mir im Körper doch gar keine unterschiedliche Reaktion aus... Ich ärger mich darüber, dass mich jemand angepöbelt hat. Egal ob mit oder ohne Beleidigung. Aber vielleicht sind da andere Menschen anders.
Das scheint mir nun aber auch nicht ernsthaft vergleichbar mit den teilweise massiven Anfeindungen zu sein, die bewusst darauf abzielen, den Adressaten in seiner Persönlichkeit zu treffen, und denen Politiker oder sonstige in der Öffentlichkeit stehende Personen oftmals ausgesetzt sind (siehe z. B. auch dieses Schreiben: https://www.facebook.com/DunjaHayali/ph ... =3&theater). Ohne allzu zart besaitet zu sein, glaube ich schon, dass es etwas mit einem macht, wenn man sich beständig auf niedrigster Stufe beschimpfen lassen muss.
stilzchenrumpel
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Re: Frau Künast und das LG Berlin

Beitrag von stilzchenrumpel »

Naja, es ist ja doch ein Unterschied, ob irgendwelche dummen Trolle solche Sachen in irgendeiner Kommentarsektion auf irgendeinem Profil schreiben, oder ob man zB von angesicht zu angesicht auf die gleiche Weise angefeindet wird.

Ich bezweifle auch, dass sich eine Frau Künast durch die Kommentare ernstlich angegriffen fühlt. Ich denke da geht es mehr darum, diese Leute aus der Anonymität zu holen.
Hier gibt es nichts zu sehen, ich trolle nur.
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