Ich habe den Eindruck, dass der Rechtsgeschichte von manchen ein überproportionales Gewicht im Rahmen der Rechtswissenschaft beigemessen wird.
Versteht mich nicht falsch, natürlich kann Rechtsgeschichte - wie alles Historische - spannend sein. Die jüngere Rechtsgeschichte i.S.d. Gesetzgebungsgeschichte (Materialien) kann bekanntlich darüber hinaus bei der Auslegung von Normen relevant sein. Manchmal ist Rechtshistorie sogar für das Verständnis von Gesetzen und Systemen sinnvoll.
Abgesehen davon halte ich die Rechtsgeschichte aber als wissenschaftlichen Themenbereich innerhalb der Rechtswissenschaft für ziemlich überschätzt. Welchen Erkenntnisgewinn bietet es, dass eine bestimmte Sachfrage von anderen Normgebern in der Vergangenheit auf eine bestimmte Art und Weise geregelt wurde? Sicherlich kann daraus im Einzelfall zu schließen sein, dass diese Regelung auch in sich sinnvoll ist. Allerdings braucht es dazu nicht notwendig der vertieften geschichtlichen Analyse, insbesondere des römischen Rechts. Dass unser Recht (theoretisch) auf dem römischen Argument beruht, ist daneben kein Argument, sondern allenfalls eine Beschreibung.
Das Argument für die Relevanz der Rechtsgeschichte lässt sich polemisch zusammenfassen als, "wir sollten eine Sachfrage auf diese Art und Weise regeln, weil wir es schon immer so gemacht haben." Das kann eine Begründung aber nicht ersetzen.
Wie seht ihr das? Ich habe nie verstanden, weshalb Rechtsgeschichte von vielen so hochgehalten wird.
Relevanz der Rechtsgeschichte in der Rechtswissenschaft?
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Re: Relevanz der Rechtsgeschichte in der Rechtswissenschaft?
Du scheinst mir die Antwort selbst zu geben. Du zählst ja immer wieder auf, wofür Rechtsgeschichte wichtig ist.
Es ist auch nicht einfach das "haben wir schon immer so gemacht"-Argument sondern der Sinn lässt sich viel einfacher zusammenfassen: Fortschritt. Wenn ich nämlich bei jeder Debatte, die die Römer schon geführt haben, wieder bei 0 anfange, komme ich nicht voran.
Vielleicht trifft es nicht ganz das was du meinst aber hier habe auch mal ein wenig in der Rechtsgeschichte gewühlt.
Du musst dich doch auch mit der obergerichtlichen Rechtssprechung auseinandersetzen, wenn du eine andere Rechtsprechung herbeiführen willst. Es reicht ja nicht, dem Gericht zu erklären das A einen Anspruch hat und das Argument A, B und C dafür sprechen, wenn das Gericht in 100 Verfahren zuvor gesagt hat, Argument D sticht aber A, B und C. Ohne Argument E, dass vorher noch niemand gesehen hat, wirst du es dann schwer haben.
Es ist auch nicht einfach das "haben wir schon immer so gemacht"-Argument sondern der Sinn lässt sich viel einfacher zusammenfassen: Fortschritt. Wenn ich nämlich bei jeder Debatte, die die Römer schon geführt haben, wieder bei 0 anfange, komme ich nicht voran.
Vielleicht trifft es nicht ganz das was du meinst aber hier habe auch mal ein wenig in der Rechtsgeschichte gewühlt.
Du musst dich doch auch mit der obergerichtlichen Rechtssprechung auseinandersetzen, wenn du eine andere Rechtsprechung herbeiführen willst. Es reicht ja nicht, dem Gericht zu erklären das A einen Anspruch hat und das Argument A, B und C dafür sprechen, wenn das Gericht in 100 Verfahren zuvor gesagt hat, Argument D sticht aber A, B und C. Ohne Argument E, dass vorher noch niemand gesehen hat, wirst du es dann schwer haben.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
- Daria -
www.richtersicht.de
Seit 31.05.2022 Lord Strich
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