Der Begriff Unrechtsstaat

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Tibor
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Tibor »

Eben. Dann dürfte es auch nur für ganz ausgewählte Staaten auch das Attribut Rechtsstaat geben, wenn man nämlich Unrechtsstaat als absolutes Negativum ansieht, kann es den Rechtsstaat auch nur in ganz überwiegend positiver Feststellung geben. Würde man denn sagen, dass dann die USA kein Rechtsstaat sind?
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Liz
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Liz »

„Ara“ hat geschrieben: Es hätte ja übrigens auch folgende Konsequenz: Wenn wir die Liste von Sobota nehmen würde, dann müssten diese Kriterien ja kumulativ vorliegen, um von einem Rechtsstaat zu sprechen. Das heißt das Fehlen eines dieser Merkmale lässt den Rechtsstaat entfallen und führt nach der binären Logik zu einem Unrechtsstaat.
Nein, man kann genauso gut definieren, was einen Unrechtsstaat neben dem Fehlen von rechtsstaatlichen Merkmalen ausmacht.
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famulus
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von famulus »

::roll:
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Ara
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Ara »

Liz hat geschrieben: Sonntag 24. Mai 2020, 12:07
Ara hat geschrieben: Sonntag 24. Mai 2020, 11:24Dass die DDR kein Rechtsstaat war ist denke ich unstreitig. Aber die Frage ist, ob es die DDR automatisch zum Unrechtsstaat macht. Bereits bei dieser simplen Frage (ist die Frage binär oder gibt es was zwischen diesen beiden Polen) besteht ja keine Einheitlichkeit.
Aber was sollte ein Staat sein, der „kein Rechtsstaat“ ist? Es mag innerhalb beider Gruppen eine Bandbreite an (Un)Rechtsstaatlichkeit geben, ebenso mag es auch schwierige Grenzfälle geben, aber das ist m. E. kein Grund alles, was zwischen den ganz unstrittigen Polen liegt, als definitorisches „Niemandsland“ zu deklarieren, in dem niemand den Versuch einer Einordnung unternehmen darf.
Liz hat geschrieben: Sonntag 24. Mai 2020, 12:16
„Ara“ hat geschrieben: Es hätte ja übrigens auch folgende Konsequenz: Wenn wir die Liste von Sobota nehmen würde, dann müssten diese Kriterien ja kumulativ vorliegen, um von einem Rechtsstaat zu sprechen. Das heißt das Fehlen eines dieser Merkmale lässt den Rechtsstaat entfallen und führt nach der binären Logik zu einem Unrechtsstaat.
Nein, man kann genauso gut definieren, was einen Unrechtsstaat neben dem Fehlen von rechtsstaatlichen Merkmalen ausmacht.
Vielleicht verstehe ich das nicht. Aber wenn es kein "Niemandsland" zwischen Rechtsstaat und Unrechtsstaat gibt, dann aber der "Unrechtsstaat" noch andere Kriterien erfüllen muss außer das "Fehlen von rechtsstaatlichen Merkmalen", wo sind dann Länder angesiedelt denen zwar rechtsstaatliche Merkmale fehlen,aber die anderen Kriterien nicht erfüllt sind?

Mir erschließt sich nicht wirklich der Vorteil alle Staaten die keine Rechtsstaaten sind als Unrechtsstaaten zu bezeichnen... Wenn man aber Unrechtsstaat so definiert wie ihr hier, dann ist die DDR wohl zweifelsfrei ein Unrechtsstaat. Aber ich glaube die Definition findet schon keine breite Zustimmung.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Liz »

@Ara: Welche Kriterien ein (Un)Rechtsstaat im Einzelnen erfüllen muss, muss man diskutieren. Man kann die einzelnen Merkmale aber sowohl positiv als auch negativ fassen und muss sich dann überlegen, ob ein Staat, der 2 von 10 Rechtsstaatskriterien erfüllt noch ein Rechtsstaat ist oder bereits als Unrechtsstaat zu klassifizieren ist, selbst wenn ggf. besondere qualifizierende Kriterien eines Unrechtsstaats fehlen. Oftmals besteht ja auch bei extrem unterdrückenden Regimen der Anspruch nach einer rechtsstaatlichen Fassade bzw. Teile des Rechtssystem funktionieren noch einigermaßen "normal". Im Übrigen kann man genauso gut umgekehrt fragen, woher das Bedürfnis kommt, einen Staat, der ziemlich viele Merkmale eines Unrechtsstaats erfüllt, als "kein Unrechtsstaat" zu bezeichnen.
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famulus
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von famulus »

Bei all dem offensichtlichen Diskussionsbedarf können wir uns doch sicherlich darauf verständigen, dass es hirnrissig ist, jemanden ohne Weiteres dafür zu kritisieren, dass er sich einer pauschalen Erklärung, ein Staat sei ein Unrechtsstaat, nicht anschließt.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Sektnase »

So hoch ich den Klassenkampf halte, das finde ich nun nicht. Die ganze Diskussion ist aber ja auch nur eine Wortklauberei. Dass die DDR gar nicht (!!!) mit dem Dritten Reich vergleichbar ist und die DDR nicht mit unserer heutigen Rechtsstaatlichkeit, sollte doch hoffentlich konsens sein.
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
Freedom
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Freedom »

In der DDR waren schätzungsweise 200.000 – 250.000 Menschen aus politischen Gründen eingesperrt. Es gab fast 1000 Tote an der Grenze. Menschen an der Grenze wurden erschossen oder nach Fluchtversuchen hingerichtet. Die Post wurde kontrolliert. Es gab keine freien und geheimen Wahlen, es gab überall Stasi-Spitzel und wer sich regimkritisch äußerte lebte in ständiger Angst, verhaftet zu werden und den Rest seines Lebens im Gefängnis zu verbringen. Wer sich weigerte, in die Partei bzw. in die Stasi einzutreten, dessen Karriere endete.

Klar, wer regimtreu war, andere bespitzelte um des eigenen Fortkommens willen und sich niemals kritisch äußerte profitierte.

Und ihr diskutiert hier darüber, ob die DDR kein Unrechtsstaat war, weil es bei den nazis ja noch schlimmer war? Ihr wollt die Verbrechen in der DDR relativieren, weil es ja auch schlimmere Staaten gegeben hat?

Wahnsinn. Was für ein Schlag ins Gesicht all der Menschen, die in Angst in der DDR gelebt haben, die eingesperrt wurden weil sie ihre Meinung gesagt haben oder die an der Grenze gestorben sind.
Digiwas?
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Liz »

@famulus: Das ist mir zu pauschal. Natürlich sind persönliche Angriffe einer sachlichen Diskussion abträglich. Aber weshalb sollte man jemanden nicht dafür kritisieren dürfen, dass er einen Nicht-Rechtsstaat nicht als Unrechtsstaat benennen möchte, weil es da doch auch Gutes gab (in die Richtung geht ja meist die Argumentation, die aber am eigentlichen Thema wohl vorbeigeht)?
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famulus
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von famulus »

Das "Weil" war ja eben gar nicht Gegenstand der Argumentation, sondern nur das "Dass". Dass es da ein wahnsinniges Spektrum zwischen "Die DDR war ein lupenreiner Rechtsstaat" und "Ich halte den Beschluss aus formalen/Definitions-/Instrumentalisationsgründen nicht für zustimmungsfähig" gibt, ist ja gerade der Punkt.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Freedom »

Zur Bekämpfung von Bildungslücken, hier mal ein kurzer Artikel über den "Rechtstaat" DDR.

https://www.faz.net/aktuell/gesellschaf ... 14835.html
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Liz »

@Famulus: Kann man das "dass" und das "weil" wirklich voneinander trennen? Wenn ich formuliere "Die Erde ist eine Kugel." (nicht genau, ich weiß) und Du sagst "Das unterschreibe ich nicht." und mir dann auf die Frage, weshalb Du das nicht unterschreiben willst, erklärst, dass Du die Leute nicht vor den Kopf stoßen möchtest, die die Erde für eine Scheibe halten, warum sollte ich dann Deine Weigerungshaltung und Deine dahinterstehende Motivation nicht auch kritisieren dürfen?
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famulus
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von famulus »

Natürlich muss man es trennen - das zeigt ja schon, dass du für die Begründung selbst ein ganz konkretes "Weil" unterstellst, das m. E. gar nicht zum Sachverhalt gehörte. Aufhänger war hier doch (sinngemäß) nur "Dieses Schwein hat damals die Aussage nicht unterschrieben!!1!".
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Liz »

Ja, und warum hat er damals nicht unterschrieben?
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famulus
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von famulus »

Das weiß ich ja eben nicht - vielleicht kann PerryManson uns das sagen und damit seine Kritik substantiieren.
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