Apokalyptische Richterliteratur

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stilzchenrumpel
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von stilzchenrumpel »

:D Irgendwie sehen sich doch eher vor allem Strafrichter von Amtsgerichten zu diesen Veröffentlichungen berufen. Gibst vergleichbares von Verwaltungs-, Land- oder Sozialrichtern? Afaik nein.
Hier gibt es nichts zu sehen, ich trolle nur.
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Urs Blank
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von Urs Blank »

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Tibor
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von Tibor »

famulus hat geschrieben:Ja, der R1-Blues, der sich bei einigen nach gewisser Zeit wohl einstellt.
Eher der Amtsrichterblues. Man macht ja da wenig Jura.
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sai
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von sai »

stilzchenrumpel hat geschrieben: Sonntag 22. November 2020, 22:31 :D Irgendwie sehen sich doch eher vor allem Strafrichter von Amtsgerichten zu diesen Veröffentlichungen berufen. Gibst vergleichbares von Verwaltungs-, Land- oder Sozialrichtern? Afaik nein.
Die Kundschaft des Strafrichters am AG ist nun mal strukturell eine andere als bspw. hier am VG.
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Fyrion
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von Fyrion »

Tibor hat geschrieben: Sonntag 22. November 2020, 17:21 Es ist doch zudem ein multikausales Problem. Es besteht doch schon keine Einigkeit bei all diesen Einzelmeinungen, was denn nun das Hauptziel der richterlichen Tätigkeit sei bzw. welche Funktion die Justiz in toto haben soll. Natürlich muss man dann immer das Ende der Gerechtigkeit herbeischwadronieren oder gleich das Ende des Abendlandes.
Es besteht darüber hinaus schon keine gesellschaftliche Einigkeit darüber, welche Strafzwecke überhaupt verfolgt werden sollen. Da wurde irgendwann mal in Überkompensation auf das draknonische Strafrecht der Vergangenheit entschieden, dass Resozialisierung in allen Fällen das nonplusultra ist und alle anderen Strafzwecke so eher sekundär sein sollen und seitdem rennt man dem Ziel hinterher und muss ständig nachjustieren, weil die Realität nicht so will, wie die Theorie.
Sektnase
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von Sektnase »

Was meinst du jetzt mit "da"? Außer an der Uni hat das m.E. eigentlich keiner so auf dem Schirm. Die Rechtsprechung (i.S.d. BGH) nicht, die Öffentlichkeit noch weniger ("Todesstrafe für Kinderschänder"). Oder meinst du die Amtsgerichte? Das mag sein.
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
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batman
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von batman »

Mir persönlich ist kein Amtsrichter bekannt, der meint, dass "Resozialisierung in allen Fällen das nonplusultra" sei.
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Ara
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von Ara »

Sektnase hat geschrieben: Montag 23. November 2020, 11:48 Was meinst du jetzt mit "da"? Außer an der Uni hat das m.E. eigentlich keiner so auf dem Schirm. Die Rechtsprechung (i.S.d. BGH) nicht, die Öffentlichkeit noch weniger ("Todesstrafe für Kinderschänder"). Oder meinst du die Amtsgerichte? Das mag sein.
Die gesamte BGH-Rechtsprechung die sich mit theoretischen und rechtsdogmatischen Punkten der Strafzumessung auseinander setzt ist primär resozialisierend geprägt. Ich weiß ein gefährliches Thema hier aber: Die Spielraumtheorie ist ja der beste Beweis. Der Amtsrichter soll zwischen der "schon schuldangemessenen" und der "noch schuldangemessenen" Strafe frei nach Präventionsgesichtspunkten entscheiden können. Das heißt die Schuld bildet hier eigentlich nur noch das untermaß- und Übermaßverbot ab (und ich wiederhole es trotzdem: Ersteres ist äußerst strittig).

In der Praxis kann ein Tatrichter aber ja in seinem Spielraum dann walten und schalten wie er mag. Da ist der BGH aber auch selbst schuld. Solange der Amtsrichter oder LG-Richter in sein Urteil die wesentlichen präventiven Strafzumessungsgesichtspunkte formelhaft erwähnt, kann er da ja praktisch machen was er will und der BGH (oder die OLGs) greifen nicht ein. Ich würde sogar soweit gehen, dass die Mehrheit der Amtsrichter die Spielraumtheorie entweder gar nicht kennen oder zumindest deren Inhalt nicht.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von gola20 »

Wtf ist Spielraumtheorie? Hat ein Jurist die Spieltheorie cool gefunden und komplett zweckentfremdet?
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von Julia »

Bitte, nicht diese Büchse der Pandora...
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von Strich »

Also ich halte die Vergeltungstheorie auch für die h.M. Strafvollzug soll resozialisieren. Die Strafe selbst soll aber Ausgleich zum begangenen Unrecht bringen.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von Ara »

Die Frage ist, was ist „h.M.“? Der BGH gehört der Vereinigungstheorie an (auch wenn nicht immer ganz klar ist in welcher Ausprägung)
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von Strich »

Ara hat geschrieben: Montag 23. November 2020, 13:13 Die Frage ist, was ist „h.M.“? Der BGH gehört der Vereinigungstheorie an (auch wenn nicht immer ganz klar ist in welcher Ausprägung)
Jajaja, der macht Hauptsächlich Vergeltung und ein bisschen was anderes, aber schon hauptsächlich Vergeltung.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von Sektnase »

Grade die Spielraumtheorie zeigt doch die Domiannz der Vergeltungstheorie. Die setzt den Maßstab fest, innerhalb dessen dann noch ein bisschen Resozialisierung und anderes Zeug gemacht werden kann.
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Re: Apokalyptische Richterliteratur

Beitrag von Ara »

Sektnase hat geschrieben: Montag 23. November 2020, 13:19 Grade die Spielraumtheorie zeigt doch die Domiannz der Vergeltungstheorie. Die setzt den Maßstab fest, innerhalb dessen dann noch ein bisschen Resozialisierung und anderes Zeug gemacht werden kann.
Der BGH akzeptiert aber einen Spielraum von einem "halben Strafrahmen". Das heißt es reicht aus, wenn ein LG bei nem Raub sagt "Der Schuldrahmen liegt in der unteren Hälfte". Dann kann zwischen 1 Jahr und 7,5 Jahren aus rein präventiven Gesichtspunkten die Strafe festgelegt werden.

Der BGH könnte einer reinen relativen Strafzwecktheorie schon aus Art. 1 Abs. 1 GG nicht anhängen. Das BVerfG hat schon mehrfach deutlich gemacht (was eigentlich selbstverständlich ist), dass eine Strafe immer auch Schuld voraussetzt. Das heißt die Strafe darf schon aufgrund der Menschenwürde nicht höher liegen als die verwirkte Schuld. Daher braucht die Rechtsprechung die Schuld bei der Strafzumessung zumindest immer als Obergrenze.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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