Sind Absolventen heute idR besser als vor 15 Jahren?

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Durchhaltevermögen
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Sind Absolventen heute idR besser als vor 15 Jahren?

Beitrag von Durchhaltevermögen »

Ich frage mich das manchmal. Eigentlich spricht alles dafür, dass sie besser sein müssten (natürlich im Mittel gemeint...):

Als ich angefangen habe, war Beck-Online gerade gestartet, Juris war umständlich, langsam und nur für Kenner;
nur in Wohnheimen gab es DSL...
Am Ende wurde es natürlich besser, aber die Datenbanken waren immer noch eher limitiert.

Jetzt:
ist schon das freie Internet in der Regel juristisch sehr gut;
sind die verfügbaren Datenbanken für jeden hochgerüstet und
gibt es noch zahlreiches anderes Zeugs (Hörbücher, Podcasts etc).

In der Regel:
können fast alle 10-Finger-System (natürlich mit Abstufungen, aber im Grundsatz), oder diktieren mit Dragon oder Siri/Google plus Nachkorrektur (letzteres natürlich nicht bzgl. vertraulicher Infos);
können fast alle gut mit Excel etc. umgehen.

Als "Nachteil" wird mir von Anwälten mit längerer Erfahrung häufig berichtet: Es fehle an der Bereitschaft, offline zu recherchieren (was Beck und Juris nicht haben, gibt es nicht). Aber das ist untergeordnet (häufig lässt man sich dann das Zeug zusammenscannen...).

Wie sind Eure Einschätzungen?
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Fyrion
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Re: Sind Absolventen heute idR besser als vor 15 Jahren?

Beitrag von Fyrion »

Denke du liegst da nicht verkehrt. Natürlich sind "wir" (also ich spreche jetzt nicht für alle Juristen, der Pluralis Majestatis soll aber signalisieren, dass ich mich selbst noch für jung halte :D ) besser in den Dingen, mit denen wir aufgewachsen sind. Ich scherze oft darüber, dass ich von ca. 75% der Fragen der Mandatschaft aus dem Stand keine Ahnung habe, aber ich eben gut mit beck umgehen kann. Das ist aber nur halb gescherzt. Wenn ich mir jetzt vorstelle eine Doktorarbeit ohne Internet, ohne PC, ohne beck/google Scholar usw. zu schreiben, das würde ich schlicht nicht packen.

Andererseits fehlen sicher gewisse Skills, die mit den Vorteilen von Digital Natives einhergehen. Ich kann zum Beispiel super Multitasken, aber mich sehr schlecht sehr lange auf eine einzige Arbeit konzentrieren. Nach 15-20 Minuten schweift der Blick plötzlich doch zu einem anderen Tab, zu einer Mail oder zum Vögelchen am Fenster. Früher war das auch bei mir nicht so und ich habe schon öfter gelesen, dass das auch durch die ständige Arbeit mit zig Browsern, Tabs und Endgeräten bedingt wird.

Was aber auch gesagt werden muss: beck ist eine verdammt schlechte Suchmaschine. Wenn wir irgendwann mal einen Algorithmus auf Google Niveau für deutsche Rechtsquellen bekommen, DANN wird die Arbeit angenehm. beck ist im Vergleich zu Google das, was ein Moped zu einem Porsche ist.

Ein anderer Faktor ist übrigens mE die Ausbildungstiefe. Ich weiß nicht ob das ein Marketinggag ist, aber bei hemmer haben sie immer eine Examensklausur von 1976 oder so gezeigt, um zu verdeutlichen wie sich die Ansprüche verschoben haben. Das war ein völlig banales Sachverhalt mit genau einem "schweren" Problem (gutgläubiger Zweiterwerb Hypothek oder so) und sonst nichts. Also wirklich gar nichts. Für das heutige Examensniveau wäre das Aufgabe A von Teil I bei 3 Teilen und prozessualer Zusatzfrage. Von Berichten älterer Juristen höre ich auch oft ähnliches, aber natürlich kann das auch ein Teil der Angstkampagne von hemmer sein.
Sebast1an
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Re: Sind Absolventen heute idR besser als vor 15 Jahren?

Beitrag von Sebast1an »

Durchhaltevermögen hat geschrieben: Montag 19. April 2021, 20:35 In der Regel:
können fast alle 10-Finger-System (natürlich mit Abstufungen, aber im Grundsatz), oder diktieren mit Dragon oder Siri/Google plus Nachkorrektur (letzteres natürlich nicht bzgl. vertraulicher Infos);
können fast alle gut mit Excel etc. umgehen.
Das sind Ausnahmen. Die Regel ist, dass schon das Filtern einer Excel-Tabelle viele vor Schwierigkeiten stellt.
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famulus
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Re: Sind Absolventen heute idR besser als vor 15 Jahren?

Beitrag von famulus »

Ob die Absolventen nur wegen des anderen Umgangs mit neuen Technologien "besser" sind, weiß ich nicht - als wesentlicher erscheint mir, dass die Anforderungen immer weiter gestiegen sein dürften. Ist wahrscheinlich so ein Entropie-Ding: Je mehr Zeit vergeht, desto mehr Lebenssachverhalte, Probleme, Gerichtsentscheidungen, Regelungsdichte, Komplexität gibt es.
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Blaumann
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Re: Sind Absolventen heute idR besser als vor 15 Jahren?

Beitrag von Blaumann »

Ihr lest wohl kein Forum. Generation Y ist faul, kaum belastbar und beschäftigt sich privat nicht mit Rechtsphilosophie.

In Kürze kommen die Zoomer, dann kann die Juristerei einpacken und wird von Jura-Indern (später Rechtssoftware) ersetzt.
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Re: Sind Absolventen heute idR besser als vor 15 Jahren?

Beitrag von Sektnase »

Blaumann hat geschrieben: Dienstag 20. April 2021, 10:51 In Kürze kommen die Zoomer, dann kann die Juristerei einpacken und wird von Jura-Indern (später Rechtssoftware) ersetzt.
Ein Freund von mir kennt einen Konzernvorstand aus der Schweiz. Die lagern wirklich ihre Juristen nach Indien aus.


:-w
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
Seeker
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Re: Sind Absolventen heute idR besser als vor 15 Jahren?

Beitrag von Seeker »

Sektnase hat geschrieben: Dienstag 20. April 2021, 10:52
Blaumann hat geschrieben: Dienstag 20. April 2021, 10:51 In Kürze kommen die Zoomer, dann kann die Juristerei einpacken und wird von Jura-Indern (später Rechtssoftware) ersetzt.
Ein Freund von mir kennt einen Konzernvorstand aus der Schweiz. Die lagern wirklich ihre Juristen nach Indien aus.


:-w
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