Klimawandel/ÖPNV versus Lokführerstreik

"Off-Topic"-Forum. Die Themen können von den Usern frei bestimmt werden.
Es gelten auch hier die Foren-Regeln!

Moderator: Verwaltung

Antworten
Micha79
Power User
Power User
Beiträge: 517
Registriert: Dienstag 4. Januar 2005, 01:45

Klimawandel/ÖPNV versus Lokführerstreik

Beitrag von Micha79 »

Der Lokführerstreit zeigt die große Macht der GDL, wie auch schon in der Vergangenheit.
Wenn man aber Individualverkehr zurückführt und auf den ÖPNV als Wunderwaffe setzt: Die Macht der GDL wird dann ja noch massiver. Interessant, dass das noch niemand in einen Kontext gestellt hat, soweit ersichtlich. Zweistellige Lohnerhöhungen pro Jahr könnten dann machtvoll durchgesetzt werden.
Müsste man nicht an irgendeinem Punkt das Streikrecht einschränken?
Benutzeravatar
daimos
Super Power User
Super Power User
Beiträge: 880
Registriert: Donnerstag 27. August 2009, 22:30
Ausbildungslevel: Interessierter Laie

Re: Klimawandel/ÖPNV versus Lokführerstreik

Beitrag von daimos »

Man könnte Lökführer auch verbeamten. Problem gelöst. \:D/
The farther backward you look, the farther forward you can see.
(Winston Churchill)

Im Konjunktiv ist alles möglich.
sai
Super Power User
Super Power User
Beiträge: 1579
Registriert: Montag 27. Mai 2013, 10:30
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Klimawandel/ÖPNV versus Lokführerstreik

Beitrag von sai »

Kern des Streiks ist doch, ob die GDL zukünftig überhaupt noch Macht haben wird.
Benutzeravatar
Tikka
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 3048
Registriert: Montag 23. Februar 2009, 09:48
Ausbildungslevel: Schüler

Re: Klimawandel/ÖPNV versus Lokführerstreik

Beitrag von Tikka »

daimos hat geschrieben: Donnerstag 12. August 2021, 00:05 Man könnte Lökführer auch verbeamten. Problem gelöst. \:D/
(Nur falls das ein ernstgemeinter Vorschlag war:) Funktioniert seit dem Rechtsformwechsel leider (oder zum Glück?) nicht mehr. Die Bahn ist was das angeht ein Zwischen-Konstrukt. Nicht privatisiert, aber eben in der Rechtsform einer privatrechtlichen Kapitalgesellschaft (im Eigentum des Bundes). Insoweit fällt das Verbeamten aus.
Ich bin auch unentschlossen, ob das (also die jetzige Lösung bei der Bahn) wirklich die beste aller schlechten Lösungen ist oder eine "richtige" Privatisierung wie bei Post und Telekom besser wäre oder gar ein Weg zurück als "richtiger" Staatsbetrieb, so wie früher. Ich glaube aber nicht dass das rechtlich möglich wäre (kenne mich aber zu schlecht aus).
Möchte als ganz alter Boomer aber hinzufügen, dass ich mich an die Zeit vor '94 noch aus eigener Anschauung erinnere und beisteuern kann, dass zwar früher alles besser war, die Bahn allerdings ganz sicher nicht! (Post und Telekom auch nicht.)
Micha79 hat geschrieben: Mittwoch 11. August 2021, 23:10 Der Lokführerstreit zeigt die große Macht der GDL, wie auch schon in der Vergangenheit.
Wenn man aber Individualverkehr zurückführt und auf den ÖPNV als Wunderwaffe setzt: Die Macht der GDL wird dann ja noch massiver. Interessant, dass das noch niemand in einen Kontext gestellt hat, soweit ersichtlich. Zweistellige Lohnerhöhungen pro Jahr könnten dann machtvoll durchgesetzt werden.
Müsste man nicht an irgendeinem Punkt das Streikrecht einschränken?
Naja der ÖPNV wird ja nur zu einem Teil durch die Bahn gestellt. Bus, Tram, Privatbahnen etc. fahren ja noch. Und wir haben doch die E-Scooter, als Vorreiter der Mobilitätswende sind die ja sowieso streikresistent. :)

Letztendlich ist das Streikrecht als solches kaum einschränkbar auch nicht in kritischen Infrastrukturen. Ist halt ein Grundrecht. Das was in meinen Augen schwierig ist, ist das Kleinstgewerkschaften sich aus dem ansonsten geltenden flächenmäßigen Solidaritätsprinzip der Gewerkschaften ausklinken können und für bestimmte Personengruppen Extrawürste rausholen können und das mit sehr geringem Arbeitskampfrisiko auf ihrer Seite. Das ist für mich eine langsam bedenklich werdende Verschiebung der Arbeitskampfparität, die aber mal eine der Grundlagen unseres Arbeitskampfrechtes war.

Die Hauptlast entfällt -neben den betroffenen Arbeitgebern- im übrigen auf die großen DGB Gewerkschaften. Denn die können ihren Mitgliedern mangels Wirkmächtigkeit und erhöhtem Arbeitskampfrisiko nicht das bieten was eine VC oder GdL rausholen können und haben noch mehr Schwierigkeiten Nachwuchs zu rekrutieren.

Das Tarifeinheitsgesetz hat daran (verfassungsrechtliche Bedenken mal beiseite) auch nichts geändert. Mein Ausblick ist daher:
Gerade in kritischen Infrastrukturen wird es perspektivisch zu mehr Arbeitskämpfen auch durch Spezialgewerkschaften kommen. In der allgemeinen Fläche wird der Organisationsgrad dagegen weiter sinken und es wird immer mehr Beschäftigte geben, die außerhalb tariflicher Bedingungen arbeiten.

/e: und als Ergänzung noch ein Gedanke: Ich stimme auch nicht mit der Ausgangsaussage überein, dass Streiks im ÖPNV kritischer geworden sind, weil der ÖPNV die "Wunderwaffe" gegen den Klimawandel ist.
Ich glaube nicht, dass vor dem Hintergrund die Bedeutung des ÖPNV erheblich steigen wird. Ich glaube vielmehr dass der Individualverkehr sich a) reduzieren wird durch vermehrtes Home-Office auch nach Corona und b) klimaneutraler ausgestalten wird durch vermehrte Nutzung von (E-)Fahrrädern, Elektroautos und ggf. E-Scootern.
Ich glaube aber nicht, dass viel mehr Leute aktiv auf den ÖPNV umsteigen. Der läuft in Großstädten schon an der absoluten Kotzgrenze zu Stoßzeiten und ist häufig eine wenig attraktive Alternative (Unzuverlässig, voll, furchtbares Publikum, schlechtes Haltestellennetz, teilweise teuer und bei schlechtem Wetter unattraktiv). Und auf dem Land hat sich der ÖPNV schon bisher nur in Einzelfällen gelohnt und ich sehe nicht, dass sich daran etwas ändern wird.
Keine Experimente! Wählt Adenauer.
Theopa
Super Power User
Super Power User
Beiträge: 1328
Registriert: Mittwoch 9. Juli 2014, 18:09
Ausbildungslevel: RA

Re: Klimawandel/ÖPNV versus Lokführerstreik

Beitrag von Theopa »

Tikka hat geschrieben: Donnerstag 12. August 2021, 11:15 Ich glaube aber nicht, dass viel mehr Leute aktiv auf den ÖPNV umsteigen. Der läuft in Großstädten schon an der absoluten Kotzgrenze zu Stoßzeiten und ist häufig eine wenig attraktive Alternative (Unzuverlässig, voll, furchtbares Publikum, schlechtes Haltestellennetz, teilweise teuer und bei schlechtem Wetter unattraktiv).
Das ist ein wichtiger Aspekt, der immer vernachlässigt wird: Komfort.Ich nutze selbst sehr oft und gerne den ÖPNV, aber nur aufgrund der anwaltlichen Arbeitszeiten (morgens und abends immer außerhalb der Rush Hour) und weil die Verbindung zufällig sehr angenehm ist.

Wer stellt sich aber freiwillig eine Stunde in die S-Bahn, um dann 15 Minuten durch den Regen zum Zielort zu laufen, wenn es Alternativen gibt, die vielleicht nicht schneller (Stau) aber hundert mal gemütlicher sind? Jeder der sich die Alternativen nicht leisten kann und ein paar Überzeugte.

Ohne Sitzplatzgarantie, Sauberkeit, rigoroses Vorgehen gegen assoziales Verhalten etc. bleibt der ÖPNV immer auf einen gewissen Anteil beschränkt. Wer das ändern möchte müsste Individualverkehr jeder Art im Grunde komplett verbieten oder maßlos teuer gestalten.
Antworten