Canabislegalisierung

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Tibor
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von Tibor »

Wenn etwas Kosten für die Allgemeinheit verursacht (bspw Alkohol https://www.gesetzlichekrankenkassen.de ... nsums.html ) und das nicht nur in unerheblichen Umfang, dann kann die Freiheit des Einzelnen aber durch abstrakt-generelle Maßnahmen eingeschränkt werden. Die Art und Weise muss natürlich an Art 2 GG gemessen werden.
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von OJ1988 »

D.h. die Allgemeinheit kann sich durch Vorhaltung eines Kostenverursachungsmechanismus (der ja nicht vom Himmel fällt) selbst zu Eingriffen ermächtigen? Interessante These.
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Tibor
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von Tibor »

Die Kostenverursachung für die Allgemeinheit fällt ja nicht vom Himmel und beruht auch nicht nur auf dem Diktum des einfachen Gesetzgebers. Stichwort: Sozialstaatsprinzip.
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von Sektnase »

Da wäre es aber milderes Mittel, gewisse Kosten nicht zu übernehmen. Mal abgesehen davon, dass auch (manche) Kiffer Krankenversicherungsbeiträge bezahlen. Überhaupt bezweifle ich, dass Kiffen so super viele Kosten verursacht. Körperlich ist es weit weniger schädlich als Rauchen, so unendlich viele Psychosen gibt es m.E. auch nicht, zumal die dazu führenden Anlagen oft bereits vorhanden gewesen sein dürften, womit die Kausalität für die Kosten fraglich ist. Letztlich ist das aber eine Scheindiskussion, so lange gar nicht bewiesen ist, dass die Legalisierung Mehrkosten verursacht. Cannabis würde ja keinesfalls steuerfrei, sondern heftigst besteuert angeboten werden, da wette ich, dass der Staat (im weitesten Sinne, also auch die KV) ein gutes Geschäft machen würden.

Spaßig wird es dann, wenn wir die (nicht von sanktionierte n) Kosten der jetzigen Strafverfolgung addieren.

Den Konservativen geht es aber sicher nur um die Gemeinschaft. Insbesondere die Union ist ja grade aktiv, um die psychische Gesundheit der Bevölkerung zu stärken (nicht).
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Tibor
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von Tibor »

Sektnase hat geschrieben:Letztlich ist das aber eine Scheindiskussion, so lange gar nicht bewiesen ist, dass die Legalisierung Mehrkosten verursacht.
Von Juristen erwarte ich, dass sie erkennen, wann wer was beweisen muss. Der Gesetzgeber macht keine Beweisaufnahme. Einschätzungsprärogative ist nicht nur ein geringerer Grad an „Überzeugungsbildung“.
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von Sektnase »

Selbst gemerkt, wie flach die Kosten-Argumentation ist?

Die Einschätzungsprärogative muss ich bei meiner Meinungsbildung btw auch nicht berücksichtigen. Hab den Thread nicht ganz gelesen, soweit ich mich erinnere, ging es aber nicht darum, ob ein Verbot zwingend als verfassungswidrig anzusehen ist, sondern um Sinn und Unsinn einer Legalisierung. Weil ich das nicht weiß, unterstelle ich dir das nicht, ist aber auch etwas, das mir schon öfter aufgefallen ist: man leitet die Diskussion, ob eine Legalisierung sinnvoll ist, über in die Diskussion, ob das Verbot verfassungswidrig ist, weil der Maßstab da anwenderfreundlicher ist.
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von OJ1988 »

Ich verstehe auch Tibors "persönliche" Argmentation nicht. Der Bekannte, der auf Gras hängen geblieben ist, hat sich doch ganz augenscheinlich von der Illegalität nicht abschrecken lassen. Davon, dass diese Abschreckungswirkung auch empirisch nicht belegt ist, hatten wir es in diesem Thread ja schon mehrfach.
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von Tibor »

OJ1988 hat geschrieben: Donnerstag 28. Oktober 2021, 15:29 Ich verstehe auch Tibors "persönliche" Argmentation nicht. Der Bekannte, der auf Gras hängen geblieben ist, hat sich doch ganz augenscheinlich von der Illegalität nicht abschrecken lassen. Davon, dass diese Abschreckungswirkung auch empirisch nicht belegt ist, hatten wir es in diesem Thread ja schon mehrfach.
Das ist doch nun ganz simple Logik: Die Gefahren sind mE vorhanden und ich behaupte (!), dass diese sich öfter realisieren, wenn das Zeug legal zu kaufen ist, gerade weil die Verbote bisher teilweise gewirkt haben.
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von Tibor »

Sektnase hat geschrieben: Mittwoch 27. Oktober 2021, 21:17 Selbst gemerkt, wie flach die Kosten-Argumentation ist?
Flach ist nur dein Witz.

Ich halte daran fest, dass natürlich Kosten die die Solidargemeinschaft unweigerlich treffen, in die VHM-Prüfung des Gesetzgebers eingestellt werden können und müssen, insbes. (s.o.), wenn die Kostenentstehung nicht durch andere einfache Gesetze verhindert werden kann.

Was ist daran nicht zu verstehen?

Um es konkreter zu machen:

Der einfache Gesetzgeber überlegt, ob er Motorräder mit mehr als 200 PS verbieten will, weil übermäßig viele Motorradunfälle mit Maschinen > 200 PS erfolgen und die Folgen solcher Unfälle zu 50% der Tod des Fahrers bzw. eine Querschnittslähmung ist. Der Gesetzgeber beziffert die Kosten der Behandlung solcher Unfallfolgen durch Krankenhäuser, Reha etc. auf xx Mio. € p.a., die bisher durch die Krankenkassensysteme aufgefangen werden. Der Gesetzgeber begründet also das Verbot (Eingriff in Art 2 GG) auch mit den erheblichen Folgekosten, weil sich der Sozialstaat aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht der Leistung medizinisch notwendiger Maßnahmen im Unfallfall entziehen kann und bei solchen Unfällen auch eine spätere Erstattung weder durch den Fahrer als Opfer noch durch Dritte ersichtlich ist.
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von Strich »

Tibor hat geschrieben: Donnerstag 28. Oktober 2021, 17:00 ...

Der einfache Gesetzgeber überlegt, ob er Motorräder mit mehr als 200 PS verbieten will, weil übermäßig viele Motorradunfälle mit Maschinen > 200 PS erfolgen und die Folgen solcher Unfälle zu 50% der Tod des Fahrers bzw. eine Querschnittslähmung ist. Der Gesetzgeber beziffert die Kosten der Behandlung solcher Unfallfolgen durch Krankenhäuser, Reha etc. auf xx Mio. € p.a., die bisher durch die Krankenkassensysteme aufgefangen werden. Der Gesetzgeber begründet also das Verbot (Eingriff in Art 2 GG) auch mit den erheblichen Folgekosten, weil sich der Sozialstaat aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht der Leistung medizinisch notwendiger Maßnahmen im Unfallfall entziehen kann und bei solchen Unfällen auch eine spätere Erstattung weder durch den Fahrer als Opfer noch durch Dritte ersichtlich ist.
Halte ich so nicht für gangbar. Wird auch von der h.M. nicht gemacht, wenn man sich die Entscheidung zur Gurtpflicht anschaut. Du schützt das Grundrecht gegen den Grundrechtsinhaber. Gerade das ist aber nicht Dimension der Grundrechte, auch wenn man das gelegentlich beim Zwergenweitwurf und beim Painball bei vereinzelten VGs anders gesehen hat. Ich verstehe nicht, wie man das Gefahrenpotential dieser Denkweise nicht erkennen kann? Wieso sollte es zulässig sein Grundrechte gegen Grundrechtsinhaber selbst in Stellung zu bringen? OJ hat ja zum selbstgemachten Finanzierungssystem bereits ausgeführt. Und du bleibst mir noch eine Antwort auf meine zugespitzten Beispiele schuldig, die deine Person und deine Gewohnheit zum Sitzen betreffen.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von Tibor »

Geschützt wird die Funktionsfähigkeit und Finanzierbarkeit der Solidarsysteme, mithin also jeder Einzelne, der in diese Systeme einzahlen muss (sei es Versicherungspflichtige oder Steuerpflichtige).
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von thh »

Tibor hat geschrieben:Geschützt wird die Funktionsfähigkeit und Finanzierbarkeit der Solidarsysteme, mithin also jeder Einzelne, der in diese Systeme einzahlen muss (sei es Versicherungspflichtige oder Steuerpflichtige).
Und das BtMG schützt die Volksgesundheit.
Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von gola20 »

Dann kann man doch auch einfach alle Krankheiten verbieten
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von Theopa »

Tibor hat geschrieben: Donnerstag 28. Oktober 2021, 17:00 Der einfache Gesetzgeber überlegt, ob er Motorräder mit mehr als 200 PS verbieten will, weil übermäßig viele Motorradunfälle mit Maschinen > 200 PS erfolgen und die Folgen solcher Unfälle zu 50% der Tod des Fahrers bzw. eine Querschnittslähmung ist. Der Gesetzgeber beziffert die Kosten der Behandlung solcher Unfallfolgen durch Krankenhäuser, Reha etc. auf xx Mio. € p.a., die bisher durch die Krankenkassensysteme aufgefangen werden. Der Gesetzgeber begründet also das Verbot (Eingriff in Art 2 GG) auch mit den erheblichen Folgekosten, weil sich der Sozialstaat aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht der Leistung medizinisch notwendiger Maßnahmen im Unfallfall entziehen kann und bei solchen Unfällen auch eine spätere Erstattung weder durch den Fahrer als Opfer noch durch Dritte ersichtlich ist.
Und diese Maßnahme ist: Schlichtweg dämlich.

Unfälle mit Maschinen über 200 PS kosten viel Geld, das mag sein. Die Konsequenz wäre, das Geld von den Fahrern zu verlangen. Man führt einfach eine Verpflichtung der Haftpflichtversicherungen ein, die Krankenkassen von den eigenen Behandlungskosten bei Fahrern von Maschinen über 200 PS freizustellen. Daraufhin steigen die Versicherungsbeträge für diese Motorräder und jeder kann sich selbst überlegen, ob es ihm das wert ist.

Ja, das is auf Cannabis nicht übertragbar, aber ein gutes Beispiel für faule politische Arbeit. Man nimmt das Verbot und bestraft einfach mal alle, statt Lösungen zu suchen.
gola20
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Re: Canabislegalisierung

Beitrag von gola20 »

Die ganze Kostendiskussion ist sowieso seltsam. Da scheitert es bereits an der Erforderlichkeit. Die mildere Alternative zum Verbot ist es, die Kosten nicht zu decken.
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