Allgemeiner Politik-Thread

"Off-Topic"-Forum. Die Themen können von den Usern frei bestimmt werden.
Es gelten auch hier die Foren-Regeln!

Moderator: Verwaltung

Antworten
Benutzeravatar
Strich
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 2271
Registriert: Samstag 9. Januar 2016, 16:52
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von Strich »

BGE anyone?
Ich dachte das passt grad.
Es löst das Versicherungsproblem, das Rentenproblem, das Bafögproblem, die 4 Tage-Woche (wer auf Einkommen nicht mehr angewiesen ist und seinen Arbeitsvertrag wirklich frei verhandeln kann, verhandelt eben nur 4 Tage Arbeitszeit) und das ALG Problem ... und das Steuerproblem.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
- Daria -

www.richtersicht.de

Seit 31.05.2022 Lord Strich
Benutzeravatar
Tibor
Fossil
Fossil
Beiträge: 16446
Registriert: Mittwoch 9. Januar 2013, 23:09
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von Tibor »

Gerade nicht, weil das BGE mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im nicht abgeschottetem Markt (Binnenmarkt!) zu einer Preisanpassung auf allen Ebenen führen wird. Wir wären EU Preistreiber und das BGE müsste ständig nach oben angepasst werden; solange es nicht angepasst wird, muss man doch arbeiten gehen oder Geld woanders herholen.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
Benutzeravatar
Strich
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 2271
Registriert: Samstag 9. Januar 2016, 16:52
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von Strich »

Nope. Die bloße Umverteilung schafft nicht mehr Geld im System, weshalb es auch allein durch das BGE zu keinen Preissteigerungen kommen kann. Was passieren wird sind Preiskorrekturen, weil vormals schlecht vergütete Arbeit nicht mehr gemacht wird, außer die Arbeitgeber legen mehr Geld auf den Tisch.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
- Daria -

www.richtersicht.de

Seit 31.05.2022 Lord Strich
Benutzeravatar
Tibor
Fossil
Fossil
Beiträge: 16446
Registriert: Mittwoch 9. Januar 2013, 23:09
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von Tibor »

In einer Welt mit Golddukaten mag es so simplifizierend sein. Ich teile nicht deinen Optimismus und auch nicht das Gros der Volkswirtschaft. Ein so erheblicher Eingriff in einem Staat in einem Binnenmarkt unter gleicher Währung kann einfach nicht simplifizierend als „alles wird besser“ gleichgesetzt werden.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
OJ1988
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 4498
Registriert: Freitag 24. Januar 2014, 21:54
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von OJ1988 »

In dem Teil des Systems, der kaufkraftrelevant ist, ist natürlich mehr Geld da. Oder hätten nicht 80 Mio Bürger auf einmal insgesamt mehr Geld zum Ausgeben zur Verfügung?
Seeker
Power User
Power User
Beiträge: 564
Registriert: Dienstag 17. November 2020, 18:25
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von Seeker »

Wie würde das BGE eigentlich mit der unionsrechtlichen Freizügigkeit und der deutschen Flüchtlings- und Migrationspolitik harmonieren?
Benutzeravatar
Tibor
Fossil
Fossil
Beiträge: 16446
Registriert: Mittwoch 9. Januar 2013, 23:09
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von Tibor »

OJ1988 hat geschrieben:In dem Teil des Systems, der kaufkraftrelevant ist, ist natürlich mehr Geld da. Oder hätten nicht 80 Mio Bürger auf einmal insgesamt mehr Geld zum Ausgeben zur Verfügung?
Wenn, dann müssten alle Bürger mehr bekommen. Sonst musst du ja wieder Bedürftigkeit prüfen.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
Benutzeravatar
Tibor
Fossil
Fossil
Beiträge: 16446
Registriert: Mittwoch 9. Januar 2013, 23:09
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von Tibor »

Seeker hat geschrieben:Wie würde das BGE eigentlich mit der unionsrechtlichen Freizügigkeit und der deutschen Flüchtlings- und Migrationspolitik harmonieren?
Jeder EU Bürger, der sich hier rechtmäßig aufhält (*gnihi*) hat natürlich Anspruch. Es führt natürlich nicht dazu, dass ganz viele Polen, Slowaken oder Bulgaren herkommen.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
Benutzeravatar
Fyrion
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 1679
Registriert: Montag 19. November 2007, 20:49

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von Fyrion »

Tibor hat geschrieben: Donnerstag 28. April 2022, 17:20
Seeker hat geschrieben:Wie würde das BGE eigentlich mit der unionsrechtlichen Freizügigkeit und der deutschen Flüchtlings- und Migrationspolitik harmonieren?
Jeder EU Bürger, der sich hier rechtmäßig aufhält (*gnihi*) hat natürlich Anspruch. Es führt natürlich nicht dazu, dass ganz viele Polen, Slowaken oder Bulgaren herkommen.
Warum sollte das zwingend sein? Der EuGH hat 2020 nur entschieden, dass solche EU Ausländer Zugang zur Grundsicherung haben müssen, deren Kinder in Deutschland zur Schule gehen. Das ist schon mal die erste Hürde. Zweitens würde das BGE, das scheinen viele nicht zu beachten, nicht zwingend zu mehr Netto auf dem Konto führen. Denn das BGE ist nur dann konsequent umgesetzt, wenn alle anderen Sozialleistungen darin zusammenfließen - sonst bleibt der Effekt des Bürokratieabbaus aus. Bedeutet also, dass die Leute von den x € einfach alles bezahlen müssen, von der Wohnung über die Krankenkasse bis zum Schulgeld usw. Also, ob der Deal jetzt so unglaublich viel besser ist für die ganzen fiesen Polen und Slowaken, die nur darauf warten die deutschen Sozialkassen zu plündern, würde ich mal bezweifeln.
Benutzeravatar
Tibor
Fossil
Fossil
Beiträge: 16446
Registriert: Mittwoch 9. Januar 2013, 23:09
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von Tibor »

Die steuerzahlende Bevölkerung hat aber das BGE mehr in der Hand, ist also kaufkräftiger und wird - Marktgesetz - dann auch entsprechend mehr zahlen können. Soweit man nicht den Konsum dem Grunde nach ausweitet, wird Ware/Dienstleistung teurer. Da dies unweigerlich auch die BGE Empfänger betrifft, die nur unwesentlich mehr erhalten, kann es passieren, dass diese am Ende sogar effektiv weniger in der Tasche haben. Andernfalls muss man die Steuerbelastung der BGE Empfänger, die eigentlich nicht bedürftig sind, um entsprechende Beträge erhöhen (abschöpfen). Dann wird aber die sozialromantische Komponente des BGE (Arbeitsverweigerung im Niedriglohnsektor) ad absurdum geführt. Also irgendwo hab ich da noch einen Haken ...
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
OJ1988
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 4498
Registriert: Freitag 24. Januar 2014, 21:54
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von OJ1988 »

Tibor hat geschrieben: Donnerstag 28. April 2022, 17:19
OJ1988 hat geschrieben:In dem Teil des Systems, der kaufkraftrelevant ist, ist natürlich mehr Geld da. Oder hätten nicht 80 Mio Bürger auf einmal insgesamt mehr Geld zum Ausgeben zur Verfügung?
Wenn, dann müssten alle Bürger mehr bekommen. Sonst musst du ja wieder Bedürftigkeit prüfen.
Schon klar, das war auf Strichs Äußerung bezogen, es würde zu keiner Preiserhöhung kommen.
Benutzeravatar
Fyrion
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 1679
Registriert: Montag 19. November 2007, 20:49

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von Fyrion »

Tibor hat geschrieben: Donnerstag 28. April 2022, 18:02 Die steuerzahlende Bevölkerung hat aber das BGE mehr in der Hand, ist also kaufkräftiger und wird - Marktgesetz - dann auch entsprechend mehr zahlen können. Soweit man nicht den Konsum dem Grunde nach ausweitet, wird Ware/Dienstleistung teurer. Da dies unweigerlich auch die BGE Empfänger betrifft, die nur unwesentlich mehr erhalten, kann es passieren, dass diese am Ende sogar effektiv weniger in der Tasche haben.

Andernfalls muss man die Steuerbelastung der BGE Empfänger, die eigentlich nicht bedürftig sind, um entsprechende Beträge erhöhen (abschöpfen). Dann wird aber die sozialromantische Komponente des BGE (Arbeitsverweigerung im Niedriglohnsektor) ad absurdum geführt. Also irgendwo hab ich da noch einen Haken ...
Also, man sollte nicht vergessen, dass das BGE vor dem Hintergrund entwickelt wurde, dass es überwiegend wahrscheinlich erscheint, dass in mittelbarer Zukunft schlichtweg nicht genug Arbeit für alle Personen vorhanden sein wird. Es werden auch keine "neuen" Jobs entstehen, wenn die AI gut genug ist, um auf einem Level mit Menschen zu arbeiten. Das wird dann so, wie der Verbrennermotor für das Pferd. Muskelkraft ist alles was ein Pferd zu bieten hat, wenn diese Fähigkeit substituiert wurde, gibt es für Pferde keine Aufgabe mehr. Dasselbe gilt für menschliche Geistesleistung (klar klar, wird nie passieren und das Internet wird sich auch nicht durchsetzen).

Ob es in der gegenwärtigen Wirtschaftssituation zu einer massiven Inflation führen würde, ich zumindest mE unter Ökonomen umstritten. Man darf aber nicht nur die eine Seite der Auswirkungen beachten.

Vereinfacht:
Effekt 1 = Das BGE gibt den Bürgern mehr netto in der Tasche -> das führt zu einer Preissteigerung.

Effekt 2 = Gleichzeitig ist das Ziel des BGE ja in Teilen, dass das Arbeitsvolumen sinkt, d.h. Menschen auch weniger oder gar nicht arbeiten -> es ist wieder weniger verfügbares Einkommen vorhanden -> die Preise sinken.

Wie sich die beiden Effekte zueinander verhalten werden und welcher überwiegt, kann wohl keiner genau vorhersagen und es hängt extrem von der Höhe und Modalität des BGE ab, sowie von der grundsätzlichen Situation auf dem Arbeitsmarkt zum Zeitpunkt der Einführung. Aber nur auf den einen Effekt abzustellen und den anderen nicht zu beachten, ist mE verkürzt.
Benutzeravatar
Strich
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 2271
Registriert: Samstag 9. Januar 2016, 16:52
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von Strich »

Man kann die Logik von Tibor ja auch mal umkehren:

Wir sollten noch viel mehr nahezu wirkungslose gigantische bürokratische Konstrukte errichten, damit die steuerzahlende Bevölkerung weniger in der Hand hat. Da dann - Markgesetz - diese weniger zahlen können, sind sie weniger kaufkräftig. Soweit der Konsum nicht dem Grunde nach beschränkt wird, werden Waren/Dienstleistungen billiger. Da das unweigerlich auch die sonstige Bevölkerung betrifft, kann es passieren, dass diese am Ende effektiv sogar mehr in der Tasche haben.

Oder noch mal anders ausgedrückt:

Was mir bei der ganzen Argumentation absolut unbegreiflich ist ist folgende (stark vereinfacht) Rechnung.
Fall 1
Bundeshaushalt 400 Mrd € davon 100 Mrd € für Sozialleistungen, wovon 40 Mrd. € allein in der Sozialverwaltung versinken, der Rest wird ausbezahlt.

Fall 2 selber Bundeshaushalt, nur dass jetzt 40 Mrd € "eingespart" werden, weil die Verwaltung wegfällt. stattdessen werden diese einfach mit ausbezahlt.

Es erschließt sich mir hier wirklich nicht, wie man dazu kommt, dass diese Umverteilung zu Inflation o.Ä. führen.
Die waren doch auch vorher "im System" drin. Wie kann man denn der Meinung sein, dass Arbeitslosenverwaltung oder Rentenverwaltung oder die Steuerverwaltung das Wert sind?

Wieso führen wir mit der Logik von Tibor nicht noch viel mehr Verwaltungen ein, die einfach nur Geld binden (mancher würde sagen verbrennen)?

Im Übrigen das was Fyrion sagt.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
- Daria -

www.richtersicht.de

Seit 31.05.2022 Lord Strich
OJ1988
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 4498
Registriert: Freitag 24. Januar 2014, 21:54
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von OJ1988 »

Dein Fall 2 ist deshalb unrealistisch, weil es nicht bei den eingesparten 40 Mrd. bleibt, die nun schlicht anders (nicht in die Verwaltung, sondern über das BGE) in den Geldkreislauf eingespeist werden. Das Volumen des BGE (vereinfacht auf 1.000 €/Monat angesetzt) liegt bei 80 Mio Empfängern bei ca. 1 Billion Euro/Jahr.
Backstubentaler
Power User
Power User
Beiträge: 434
Registriert: Montag 17. Oktober 2011, 16:43
Ausbildungslevel: Postgrad-Student

Re: Joshua's Politik-Tagebuch

Beitrag von Backstubentaler »

Fyrion hat geschrieben: Donnerstag 28. April 2022, 18:40
Effekt 2 = Gleichzeitig ist das Ziel des BGE ja in Teilen, dass das Arbeitsvolumen sinkt, d.h. Menschen auch weniger oder gar nicht arbeiten -> es ist wieder weniger verfügbares Einkommen vorhanden -> die Preise sinken.
Soweit das BGE bewirkt, dass weniger gearbeitet wird, bedeutet das aber auch, dass weniger Waren und Dienstleistungen vorhanden sind. Wenn man das Preisniveau als Relation zwischen der Menge an Waren und Dienstleistungen auf der einen und Geldmenge auf der anderen Seite der Geldmenge betrachtet, wäre das erstmal preisneutral bei einem offensichtlichen Wohlstandsverlust. Tatsächlich müssten aber die Gehälter signifikant steigen und das würde Inflation bewirken. Ein Mangel an Arbeit ist derzeit nicht ersichtlich.
Antworten