Ukraine

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Joshua
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Re: Ukraine

Beitrag von Joshua »

Tibor hat geschrieben: Sonntag 9. Oktober 2022, 21:20 Jedes rumdiplomatisieren verschafft ihm Zeit
5 Punkte zu deinem Posting:

1.

Entschuldige, dass ich ad personam spreche, aber es ist in meinen Augen nicht nachvollziehbar , dass du als Richter die Diplomatie derart ins Lächerliche ziehst ("rumdiplomatisieren").

2.

Zur Gefahr der Ernsthaftigkeit der nuklearen Drohung habe ich doch in einem vorherigen Posting sehr sachliche Gründe dafür benannt, weshalb diese Gefahr nicht abzutun ist. Warum setzt du dich mit keinem dieser Punkte auseinander? Pauschale Behauptungen, dass diese Gefahr nicht bestünde bzw. nicht so groß sei, dass man sie in "unser" Handeln einbeziehen dürfte, ersetzen keine Argumente!

3.

Was die diplomatischen Auslassungen der Biden-Administration und auch von Biden persönlich angeht, hat übrigens der Guardian - wahrlich kein antiamerikanisches Blatt - bereits im März (!) folgendes geschrieben:
Biden is a diplomatic liability. He’s playing into Putin’s hands

[...]

Cue America’s president, Joe Biden. Last week he arrived in Europe pumped up on belligerent rhetoric. In January he had suggested a Russian advance into Ukraine would constitute no more than “a minor incursion”. In March, he is telling American troops in Poland that they would soon see brave Ukrainians defying Russia “when you are there”. America would “respond in kind” to a chemical weapon attack on Ukraine, one that has not been threatened. Biden went further, calling Putin a “butcher”, one who “cannot remain in power”. He thus broke a longstanding protocol against the west demanding regime changes abroad (except when instigated by America). These remarks were similar to Biden’s “commitment” last October that America would “protect Taiwan” in the event of an invasion by Beijing, a flat rejection of Washington’s careful and longstanding ambiguity on the subject.


Man kann das nur dahingehend updaten: "Biden REMAINS a diplomatic liability. He’s playing EVEN MORE into Putin’s hands"!

4.

Erst recht hat es nie eine Gesprächsofferte von Biden persönlich gegeben, ganz im Gegenteil!

5.

Auch sollte man Indien und China für eine Verhandlungslösung miteinbinden, indem man Eckpunkte für ein internationales Friedensformat findet, das einen kleinsten gemeinsamen Nenner abbildet.

Dabei müsste man bzgl. China auch mal die Nuancen in den dortigen Verlautbarungen beachten; und etwa das stärker in den Fokus rücken, was z.B. der chinesische Außenminister kürzlich bei der UN-Versammlung sagte (und was meilenweit vom uneingeschränkten Schulterschluss mit Russland weg ist):
China’s foreign minister, Wang Yi, called on Russia and Ukraine to “keep the crisis from spilling over” and from affecting developing countries.

“China supports all efforts conducive to the peaceful resolution of the Ukraine crisis. The pressing priority is to facilitate talks for peace,” Wang said on Saturday.

“The fundamental solution is to address the legitimate security concerns of all parties and build a balanced, effective and sustainable security architecture.”
https://www.theguardian.com/world/2022/ ... kraine-war

Ich wiederhole: "The pressing priority is to facilitate talks for peace". Wäre es nicht auch an den USA, hier mal einen kleinsten gemeinsamen Nenner mit China zu formulieren? Die Krise gar zu nutzen, um mit China Mindesstandards für einen Umgang miteinander zu formulieren?

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famulus
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Re: Ukraine

Beitrag von famulus »

Also quasi erstmal nur Gespräche rein um der Gespräche willen - wissend, dass es für eine Übereinkunft über eine Einstellung der Kapfhandlungen keinerlei Grundlage gibt? Ich meine... für die mutmaßlich ukrainisch verursachte Beschädigung der Versorgungslinie Krimbrücke hat Moskau der Nacht darauf Wohngebäude in Saporischja bombardieren lassen. Heute sind wieder Bilder von ausgebombten Zivilfahrzeugen und Krater neben Spielplätzen im Zentrum von Kiew zu sehen. Mir erschließt sich immer noch nicht so ganz, welche vagen Vorstellungen es über eine wie auch immer geartete "Verhandlungslösung" mit einem Regime wie dem von Putin etc. geführten geben kann, das sein Nachbarland militärisch überfällt, die Zivilbevölkerung terrorisiert und sich dessen Gebiete einverleiben will. Ich meine - ich bin natürlich absolut nicht vom Fach und gehe davon aus, dass es nichtöffentlich da andauernde Versuche und Gespräche gibt - aber zumindest ich selbst kriege das intellektuell wirklich nicht bewerkstelligt.
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Strich
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Re: Ukraine

Beitrag von Strich »

M.E. hat die USA die Position bei Einsatz wie auch imemr gearteter Nuklearwaffen sehr deutlich gemacht: Sie haben Putin mit der Vernichtung aller konventionellen Truppen in der Ukraine gedroht. Ich weiß zwar nicht, wie schnell der Westen das bewerkstelligen kann, aber angesichts der teilweisen Verlsute der Russen im Vergleich zur Ukraine von über 4:1 halte ich das jedenfalls für möglich. Ich finde auch den Ausrüstungsunterschied mittlerweile (erfreulich) so krass. Die Ukrainer laufen fast alle mit NVGs, Plattenträgern und westlichen Waffen rum.

Groß Britannien hat Putin mitteilen lassen, dass sie sich im Falle eines Nuklearangriffs auf die Ukraine unmittelbare Gegenmaßnahmen vorbehalten, ohne zuvor Rücksprache mit den Natopartnern zu halten (vulgo: Ihr kriegt sofort auf die Fresse).

Irgendwann kommt halt der Punkt, an dem die Atomdrohung und die Atomgefahr hingenommen werden müssen. Falls Putin Atomwaffen einsetzen sollte (ob das jetzt wahrscheinlich/möglich/naheliegend ist ist mir eigentlich ziemlich egal) halte ich jede Antwort der Weltgemeinschaft für angebracht.

Warum ist hier eigentlich die Pipeline kein Thema? Ich muss sagen, dass ich die bisherigen Argumente für Russlands Täterschaft nicht sonderlich überzeugend finde.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Tibor
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Re: Ukraine

Beitrag von Tibor »

1) “An appeaser is one who feeds a crocodile, hoping it will eat him last.”, Churchill.

Wer mit Diktatoren verhandelt, hat aus der Geschichte nicht gelernt.

2) bis 4) Betrifft viele andere Punkte, auch USA/China/Indien aka die Atommächte. Biden hat vor dem Einmarsch ganz klar gesagt, dass alles tut, um die Ukraine zu unterstützen. So setzt er es auch um, und zwar mit viel Geld und Material. Er braucht auch insoweit nicht verhandeln, weil er sich natürlich genauso wie Putin das Drohpotential der Atomwaffe offenhalten muss/will. Was soll Biden auch verhandeln? Soll Biden sich auf ein Niveau von Putin begeben und nur weil er Atommacht ist, nun Staatsgebiet der Ukraine feilbieten? Wie stellst du dir Verhandlungen vor, wenn es aus Sicht der Ukraine Nichts zu verhandeln gibt. Warum sollte Biden als jetzt bspw. Gesprächsangebote an Putin richten? Hat irgendjemand im Jahr 1944 mit Hitler noch verhandeln wollen?

Im Übrigen verweise ich auf das Posting von Famulus.

Last but not least sehen wir doch sehr gut, was die USA bzw. Nato alles an Militärhilfe leisten. Natürlich wird keiner gern Soldaten der USA in die Ukraine schicken. Dafür ist es (Gott sei Dank) noch kein Krieg gegen die USA / Nato. Insoweit halte ich weder die USA noch Biden als einen Ausfall. Ganz im Gegenteil hielt ich Bidens Zurückhaltung und das gleichzeitig laute Klappern von Johnson für gut ausgewogen.

5) Einbindung China/Indien bzw. Eskalation von China re Taiwan: Keine der Atommächte hat ein Interesse an weiterer Eskalation in der Ukraine und dem Einsatz von Atomwaffen (egal welcher Größe), weil es immer Kettenreaktionen nach sich ziehen kann, die keiner einschätzen kann. Und das Interesse ist seitens China/Indien viel größer, weil die dichter dran sind bzw. in unruhigen Regionen sitzen. Hier hilft auch kein rumgeträume von Atomwaffenabrüstung, weil man sehr gut am Budapester Memorandum sieht, was Zusagen von Einst einen Diktator scheren: Nichts. Niemand auf dieser Welt, der jetzt über Atomwaffen verfügt, wird diese freiwillig aufgeben, weil eine Atommacht dann was zusichert. Eigentlich hätten UK/USA die Ukraine schon 2014 gegen Russland schützen müssen. Wenn, dann liegt also der Fehler im Jahr 2014, als wir die Russen gewähren ließen. Obama war noch zu sehr mit Nahost/Afghanistan beschäftigt und gleichzeitig hat ihn Merkel hinsichtlich Putin eingelullt. Natürlich hat man 2014 auch nicht hart zugeschlagen, weil die Ukraine selbst ganz instabil war und selbst kein Militär hatte. Die wären 2014 nicht zu dem in der Lage gewesen, was sie nun 8 Jahre später machen. Also was meinst du, kann China jetzt Putin anbieten? Für China ist Russland die billige Tankstelle geworden. Für Indien ebenso; dazu noch billiger Rohstofflieferant. Mir machen viel mehr Orban und Erdogan sorgen, wie die sich immer noch an Putin ranwanzen.

Deswegen auf deine Wiederholung (priority is to facilitate talks for peace): Wie stellst du dir selbst "Friedensverhandlungen" jetzt vor?

Ich frage anders: Wie hätten 1944 Verhandlungsangebote von USA / Sowjetunion ggü. Nazideutschland ausgesehen / aussehen sollen?
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Re: Ukraine

Beitrag von Iriss »

..was für eine Frage:
“Hat irgendjemand im Jahr 1944 mit Hitler noch verhandeln wollen?“
Das ist doch gerade der Unterschied zwischen Hitler und Putin.
Hitler hatte keine Atombombe und Putin kann die Welt vernichten.
Russland,einAtommacht kann ,die Niederlage vor Augen atomar noch zurückschlagen und die Katastrophe ist da.
Immer nur zu sagen, dies wird nicht geschehen, ist nichts wie Wunschdenken.
Man kann es nicht ausschließen und im äußersten Fall muss mit dem Einsatzt gerechnet werden.
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Re: Ukraine

Beitrag von Gravenrath »

Wenn Putin den Atomschlag anordnet, wird es genauso enden, wie damals als Nixon den Atomschlag gegen Nordkorea angeordnet hat. Die Leute, die dann tatsächlich auf den Knopf drücken (damals: Kissinger und die Joint Chiefs of Staff), setzen sich zusammen, warten den nächsten Tag ab und schauen, ob er dann wieder nüchtern ist. Putin genießt längst nicht mehr den Rückhalt, dass ein angeordneter Atomschlag auch umgesetzt würde. Die wüssten nämlich alle, dass dann mit 100%iger Sicherheit auch ihre Köpfe rollen würden. Was bei einer Absetzung Putins nicht der Fall wäre, im Gegenteil.
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famulus
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Re: Ukraine

Beitrag von famulus »

Iriss hat geschrieben: Montag 10. Oktober 2022, 16:23 Immer nur zu sagen, dies wird nicht geschehen, ist nichts wie Wunschdenken.
Man kann es nicht ausschließen und im äußersten Fall muss mit dem Einsatzt gerechnet werden.
Das macht ja keiner. Aber es nicht auszuschließen, kann doch nicht ernsthaft heißen, sich deswegen beliebig erpressen zu lassen? Sondern: darauf vorbereitet zu sein und eine angemessene Reaktion in petto zu haben.
Zuletzt geändert von famulus am Montag 10. Oktober 2022, 18:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Tibor
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Re: Ukraine

Beitrag von Tibor »

Iriss hat geschrieben:..was für eine Frage:
“Hat irgendjemand im Jahr 1944 mit Hitler noch verhandeln wollen?“
Das ist doch gerade der Unterschied zwischen Hitler und Putin.
Hitler hatte keine Atombombe und Putin kann die Welt vernichten.
Dann streiche mal die Atombombe aus den von Famulus genannten Gründen aus deiner Überlegung. Was dann?

Willst du wirklich jeder Atommacht geben was sie will? Warum hat dann China noch nicht Taiwan? Warum gibt es die Sowjetunion nicht mehr? Warum hat sich der Iran noch nicht in Israel gemeldet? Genau, es gibt zu viel Bedrohungspotential weltweit. Wer der Erste mit einer solchen Waffe ist/war, der hat natürlich das Momentum auf seiner Seite, aber das ist seit der Kuba-Krise vorbei.
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Re: Ukraine

Beitrag von Iriss »

famulus hat geschrieben: Montag 10. Oktober 2022, 18:24
Iriss hat geschrieben: Montag 10. Oktober 2022, 16:23 Immer nur zu sagen, dies wird nicht geschehen, ist nichts wie Wunschdenken.
Man kann es nicht ausschließen und im äußersten Fall muss mit dem Einsatzt gerechnet werden.
Das macht ja keiner? Aber es nicht auszuschließen kann halt nicht heißen, sich deswegen beliebig erpressen zu lassen. Sondern: darauf vorbereitet zu sein und eine angemessene Reaktion in petto zu haben.
..heißt also,im äussersten Fall als eine „angemessene Reaktion“ atomare Gegenschlag sprich 3. Weltkrieg. Fiat Justitia et pereat mundus.
@Gravenrat: natürlich denkbar, mehr nicht.
..wenn russischen Entscheider analog Hitler, Göbbels und Himmler etc.wäre ich mir nicht sicher.
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Re: Ukraine

Beitrag von Iriss »

Tibor hat geschrieben: Montag 10. Oktober 2022, 18:44
Iriss hat geschrieben:..was für eine Frage:
“Hat irgendjemand im Jahr 1944 mit Hitler noch verhandeln wollen?“
Das ist doch gerade der Unterschied zwischen Hitler und Putin.
Hitler hatte keine Atombombe und Putin kann die Welt vernichten.
Dann streiche mal die Atombombe aus den von Famulus genannten Gründen aus deiner Überlegung. Was dann?

Willst du wirklich jeder Atommacht geben was sie will? Warum hat dann China noch nicht Taiwan? Warum gibt es die Sowjetunion nicht mehr? Warum hat sich der Iran noch nicht in Israel gemeldet? Genau, es gibt zu viel Bedrohungspotential weltweit. Wer der Erste mit einer solchen Waffe ist/war, der hat natürlich das Momentum auf seiner Seite, aber das ist seit der Kuba-Krise vorbei.
..Kubakrise wurde bekanntlich diplomatisch geklärt(Abbau von Raketen auf der Türkei)
Ansonsten die Meinungen sind lang und breit ausgetauscht.
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Re: Ukraine

Beitrag von Tibor »

Iriss hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben: Montag 10. Oktober 2022, 18:44
Iriss hat geschrieben:..was für eine Frage:
“Hat irgendjemand im Jahr 1944 mit Hitler noch verhandeln wollen?“
Das ist doch gerade der Unterschied zwischen Hitler und Putin.
Hitler hatte keine Atombombe und Putin kann die Welt vernichten.
Dann streiche mal die Atombombe aus den von Famulus genannten Gründen aus deiner Überlegung. Was dann?

Willst du wirklich jeder Atommacht geben was sie will? Warum hat dann China noch nicht Taiwan? Warum gibt es die Sowjetunion nicht mehr? Warum hat sich der Iran noch nicht in Israel gemeldet? Genau, es gibt zu viel Bedrohungspotential weltweit. Wer der Erste mit einer solchen Waffe ist/war, der hat natürlich das Momentum auf seiner Seite, aber das ist seit der Kuba-Krise vorbei.
..Kubakrise wurde bekanntlich diplomatisch geklärt(Abbau von Raketen auf der Türkei)
Ansonsten die Meinungen sind lang und breit ausgetauscht.
Wir wissen immer noch nicht, was dein bzw Joshuas Angebot an Putin bei einer Verhandlungsrunde wäre, um ihn zur Beendigung der Kampfhandlungen zu bekommen.

PS wie in Kuba-Krise gibt es übrigens Raketen auf fremden Boden; russisches Material in der Ukraine!
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Re: Ukraine

Beitrag von Backstubentaler »

Strich hat geschrieben: Montag 10. Oktober 2022, 14:32 M.E. hat die USA die Position bei Einsatz wie auch imemr gearteter Nuklearwaffen sehr deutlich gemacht: Sie haben Putin mit der Vernichtung aller konventionellen Truppen in der Ukraine gedroht. Ich weiß zwar nicht, wie schnell der Westen das bewerkstelligen kann, aber angesichts der teilweisen Verlsute der Russen im Vergleich zur Ukraine von über 4:1 halte ich das jedenfalls für möglich. Ich finde auch den Ausrüstungsunterschied mittlerweile (erfreulich) so krass. Die Ukrainer laufen fast alle mit NVGs, Plattenträgern und westlichen Waffen rum.

Groß Britannien hat Putin mitteilen lassen, dass sie sich im Falle eines Nuklearangriffs auf die Ukraine unmittelbare Gegenmaßnahmen vorbehalten, ohne zuvor Rücksprache mit den Natopartnern zu halten (vulgo: Ihr kriegt sofort auf die Fresse).

Irgendwann kommt halt der Punkt, an dem die Atomdrohung und die Atomgefahr hingenommen werden müssen. Falls Putin Atomwaffen einsetzen sollte (ob das jetzt wahrscheinlich/möglich/naheliegend ist ist mir eigentlich ziemlich egal) halte ich jede Antwort der Weltgemeinschaft für angebracht.

Warum ist hier eigentlich die Pipeline kein Thema? Ich muss sagen, dass ich die bisherigen Argumente für Russlands Täterschaft nicht sonderlich überzeugend finde.
Wenn sich die Reaktion des Westens auf die Truppen in der Ukraine beschränkt, dürfte das gar nicht so einfach werden, weil dann nur Marschflugkörper und allenfalls F35 eingesetzt werden können. Wie es momentan aussieht, sollte NATO+ aber sehr wohl in der Lage sein, innerhalb von wenigen Tagen die russische Luftabwehr auszuschalten und dann auch die russischen Truppen in der Ukraine zu vernichten.

Was die Täterschaft an der Sprengung von Nord Stream angeht, glaube ich auch nicht an eine Täterschaft von Putin. Für eine False Flag-Operation zur Spaltung des Westens oder zum Preistreiben war das doch zu teuer, auch wenn der spätere Nutzen für Putin fraglich ist und für ihn das Überleben in den nächsten Monaten im Vordergrund stehen dürfte. Wahrscheinlicher halte ich da schon, dass da Gruppen etwa im FSB dahinter stecken, die Putin zu einer weiteren Eskalation drängen wollen.
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Re: Ukraine

Beitrag von Backstubentaler »

Iriss hat geschrieben: Montag 10. Oktober 2022, 19:19 ..Kubakrise wurde bekanntlich diplomatisch geklärt(Abbau von Raketen auf der Türkei)
Ansonsten die Meinungen sind lang und breit ausgetauscht.
Eine diplomatische Quid-Pro-Quo-Lösung wäre hier wohl keiner abgeneigt: sowohl Russland als auch die Ukraine ziehen ihre Truppen auf ihr jeweiliges Staatsgebiet zurück. Man kann es sogar noch weiter spinnen: sowohl Russland als auch die Ukraine entschädigen die andere Seite jeweils voll umfänglich für die angerichteten Schäden.

Die Vorstellung von Putin geht aber nach wie vor dahin, dass die Ukraine aufhört und Biden mit Putin Europa aufteilt.
Joshua
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Re: Ukraine

Beitrag von Joshua »

Tibor hat geschrieben: Montag 10. Oktober 2022, 19:50
Wir wissen immer noch nicht, was dein bzw Joshuas Angebot an Putin bei einer Verhandlungsrunde wäre, um ihn zur Beendigung der Kampfhandlungen zu bekommen.
Ich schrieb bereits:
Ein Professor für Politikwissenschaften hat es in einer Fernsehsendung neulich einmal treffend dahingehend beschrieben, dass es Inbegriff von Diplomatie sei, dass sich keine Lösung im Sinne einer "Aufteilung des Kuchens" aufdränge. Folglich sei Diplomatie gerade die Kunst, dort Lösungen zu entwickeln, wo es eigentlich keinen Ausweg gibt.

Demgemäß könne eine solche Lösung auch nicht am Reißbrett entworfen werden.

Entsprechend kann es derzeit erst einmal nur darum gehen, überhaupt ein ernstzunehmendes Gesprächsformat, ein Forum für den Dialog unter Beteiligung möglichst höchster Ebenen einschließlich der Vertreter der USA, zu entwickeln.

Bereits dies wäre ein großer Erfolg, und zwar auch dann, wenn es zunächst nur um Lösungen für einzelne Elemente in dem Gesamtkonflikt ginge, etwa wie man es für den Bereich der Ermöglichung von Getreidelieferungen für ein Teilelement bereits vollzogen hatte.
Dabei muss es bleiben.

Es kann also nicht so laufen, dass eine Seite ein Angebot gleichsam "auf den Tisch legt".

Nach der "Fuß in d. Tür"-Methode muss man Putin und Gefolgschaft erst einmal an einen Verhandlungstisch bekommen, um nach Möglichkeit eine vorübergehende Einstellung der Kampfhandlungen zu erreichen.

Wenn es dann so weit kommt, dass in der Sache selbst verhandelt wird, geht es darum, die Interessen beider Seiten zu berücksichtigen. Das Argument, dies sei schon im Ansatz unerträglich, da es Putin schlechterdings um die Auslöschung der Staatlichkeit der Ukraine gehe, mag für die Vergangenheit zutreffend gewesen sein; aber mittlerweile dürfte auch in Moskau klar sein, dass Maximalziele kaum erreichbar sein werden. Das nennt man "belief updating". Genau darin liegen die Chancen für Verhandlungen.

Die eigentliche Lösung kann man kaum antizipieren, wird aber mE - leider! - ein ganz dreckiger Kompromiss sein müssen: Endgültiger Verzicht der Ukraine auf die Krim; Verzicht auf einen Nato-Beitritt der Ukraine; vielleicht gar ein Sonderstatus für Teile der heute russisch besetzten Gebiete im Osten, mit dem Ziel dort in einigen Jahren - unter UN-Aufsicht - ernstzunehmende Referenden abzuhalten.

Aber nun mal zu eurer Lösung, Famulus, Tibor u.a.m.:

Wie sähe denn eine Entscheidung auf dem Schlachtfeld ohne einen dreckigen Kompromiss am Verhandlungstisch am Ende aus? Ich sage es euch: Putin wird die Ukraine bereits mit konventionellen Raketensystemen erst mal in Schutt und Asche bomben, wenn er das für nötig hält, von Lemberg über Kiev bis Mariupol und Odessa. Tit for tat in der besonderen Spielart eines miesen Diktators. Er wird die Infrastruktur so nachhaltig beschädigen, dass ein Leben in weiten Teilen des Landes nicht mehr möglich sein wird. Er wird immer wieder neue Vorstöße in den Ostgebieten vollziehen, immer neue Soldaten reinwerfen; notfalls würde er, auch der Schockwirkung wegen, ukrainische Stellungen mit taktischen Atomwaffen angreifen usw.

Aber geht Ihr mal bitte ins Detail; wer mehr Waffen und ein "Weiter so" der Kriegshandlungen fordert als Deutscher hat doch in Ansehung des eigentlich geltenden Grundsatzes "Keine Waffen in Kriegs- und Krisengebiete" eine besondere "argumentative Last".

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Re: Ukraine

Beitrag von Theopa »

Joshua hat geschrieben: Montag 10. Oktober 2022, 21:15 Aber geht Ihr mal bitte ins Detail; wer mehr Waffen und ein "Weiter so" der Kriegshandlungen fordert als Deutscher hat doch in Ansehung des eigentlich geltenden Grundsatzes "Keine Waffen in Kriegs- und Krisengebiete" eine besondere "argumentative Last".
Dieser Grundsatz war schon immer eine offene Lüge, die aus historischen Gründen hochgehalten wurde. Was soll man den außerhalb von Krisengebieten mit Waffen anfangen? Davon auszugehen, dass die Unmengen an deutschen Klein- und Großwaffen nur für militärische Übungen verwendet würden, bis sie irgendwann alle auf dem Schrott landen wäre mehr als naiv. Ein relevanter Teil der deutschen Waffenexporte landet ziemlich schnell in Kriegen, z.B. über die Türkei oder über Saudi Arabien. Im Vergleich zu Japan wurden hier sehr viel großzügiger auch mal beide Augen zugedrückt.

Joshua hat geschrieben: Montag 10. Oktober 2022, 21:15 Die eigentliche Lösung kann man kaum antizipieren, wird aber mE - leider! - ein ganz dreckiger Kompromiss sein müssen: Endgültiger Verzicht der Ukraine auf die Krim; Verzicht auf einen Nato-Beitritt der Ukraine; vielleicht gar ein Sonderstatus für Teile der heute russisch besetzten Gebiete im Osten, mit dem Ziel dort in einigen Jahren - unter UN-Aufsicht - ernstzunehmende Referenden abzuhalten.
Ohne Zustimmung der Ukraine wird kein Quadratkilometer Gebietsverlust möglich sein, dafür müsste die Lage aus dortiger Sicht wohl noch deutlich aussichtsloser sein. Die Frage wäre eben auch, was Russlands Gegenleistung bei diesem "Kompromiss" wäre? Nur Rückzug? Das wird nicht ausreichen, auch da gerade wieder teilweise Gebiete zurückerobert werden. Reparationen werden niemals geleistet werden, Sicherheitsgarantien o.ä. von Russland sind offensichtlich wertloser Papiermüll.

Ein derartiger Kompromiss würde zudem im Ergebnis wohl nur den Zustand seit 2014 zementieren, also einen immer wieder aufflammenden Bürgerkrieg. Damit bekäme man möglicherweise für Monate Ruhe, vielleicht sogar für ein paar Jahre. Langfristig kann das aber kaum funktionieren.
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