"Sabbaticals" im Richterdienst.

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

Gelöschter Nutzer

"Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo liebe Juraweltler,

um mein schlechtes Gewissen in meiner Wartezeit auf mein Referendariat zu beruhigen, habe ich mir das nette rote Buch vom Jus-Verlag besorgt: "Referendariat und Berufseinstieg" von Vehslage/Bergmann/Kähler/Zabel (2. Aufl.. Nicht, dass es mir fachlich etwas bringen würde, aber man hat zumindest das Gefühl irgendetwas zu tun um sich auf die kommenden zwei Jahre vorzubereiten :-w

Unter § 15 V. auf S. 172 stieß ich schließlich auf diesen mystischen Begriff.... "sabbaticals"...?! :-$ Geschrieben steht, man könne diese flexibel nutzen um das Ausland zu erkunden oder für vorübergehende Tätigkeiten sonstiger Art.... Das klingt irgendwie so nach Working-Holiday, aber im Ernst... wozu werden diese "sabbaticals" in der Praxis genutzt?!

Zeit mit der Familie verbringen? Dr.-Arbeit nachholen? Karriere als Politiker?! Zwischendurch mal als Anwalt tätig werden? LLM?

Schönes Wochenende :drinking:
Spinotius
T0bi
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 2519
Registriert: Mittwoch 21. November 2007, 15:39
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von T0bi »

Der deutsche, etwas weniger mystisch klingende Begriff ist das Sabbatjahr. Und tatsächlich, es ist eine Art Dauerurlaub. Man kann Kinder erziehen, promovieren, einen Teil vom Zweitstudium machen, Reisen in ferne Länder unternehmen. Alles schon gehört (im Anwaltsbereich allerdings, nicht spezifisch bei Richtern).
"die Bezeichnung Penner hat nicht...stets beleidigenden...Charakter. So werden etwa im Einzelhandel umgangssprachlich schlecht verkäufliche Artikel...im Gegensatz zum Renner auch als Penner bezeichnet (wikipedia.de)" (BayVGH NZA-RR 2012, 302)
Gelöschter Nutzer

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Dauerurlaub... das klingt so positiv. Im Endeffekt wird man doch freiwillig vom Dienst suspendiert für eine Weile, und wird nicht bezahlt?!

Das Urlaubssemester für den Richter also, interessant..... :-({|=
Benutzeravatar
batman
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8287
Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 12:06
Ausbildungslevel: Anderes

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von batman »

Es gibt m.W. im öffentlichen Dienst inzwischen auch Sabbatjahr-Modelle mit 5/6 oder 6/7 Vergütung, allerdings wohl nicht in der Richterschaft.
Benutzeravatar
Achim
Power User
Power User
Beiträge: 333
Registriert: Montag 26. Mai 2008, 17:20
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von Achim »

Warum nicht?
Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren (Bertold Brecht)
Benutzeravatar
batman
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8287
Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 12:06
Ausbildungslevel: Anderes

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von batman »

"Das haben wir noch nie gemacht" :D

Vielleicht hat aber auch schon jemand andere Erfahrungen?
strafrechtler
Power User
Power User
Beiträge: 577
Registriert: Freitag 30. September 2005, 09:17

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von strafrechtler »

Nicht, dass das ein zwingender Hinderungsgrund wäre, aber ich denke, dass Dezernatswechsel und -vertretungen schwieriger zu organisieren sind als entsprechende Vorgänge in der Verwaltung. Die Organisation ist schon mit Schwangerschafts, Eltern- und Krankenzeiten nicht immer leicht, wenn dann noch Sabbatjahre hinzukommen, wird es noch komplizierter. Zudem macht es niemandem etwas aus, eine schwangere Kollegin zu vertreten (im Wechsel mit den anderen), aber wenn man daran denkt, dass der Vertretene auf dem Jakobsweg pilgert oder sich irgendwo die Sonne auf den Bauch scheinen lässt, sinkt die Motivation doch erheblich (gut, über ein komplettes Jahr hinweg wird man ohnehin eher nicht mit solchen Übergangs-Vertretungen arbeiten). Proberichter sind nur insoweit eine Hilfe, als sie auch eingesetzt werden dürfen (im ersten Jahr).

Zur Frage des "Unbezahltseins": Bei Lehrern kenne ich es so, dass man entweder eine längere Zeit mehr Stunden macht (wären dann wohl bei uns "mehr Eingänge") oder eben - auch das gestreckt - auf einen Teil des Gehalts bei voller Arbeit verzichtet, dieses reduzierte Gehalt dann aber auch während des Sabbaticals erhält (oder?).
T0bi
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 2519
Registriert: Mittwoch 21. November 2007, 15:39
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von T0bi »

batman, das klingt mir nach einer Regelung für Lehrer. Berufsunfähigkeit ist für das Land letztlich teurer als bezahlte Erholung. Für den "normalen" öD kann ich mir das nicht vorstellen, das wären schon politisch nicht vermittelbare Vergütungen.
"die Bezeichnung Penner hat nicht...stets beleidigenden...Charakter. So werden etwa im Einzelhandel umgangssprachlich schlecht verkäufliche Artikel...im Gegensatz zum Renner auch als Penner bezeichnet (wikipedia.de)" (BayVGH NZA-RR 2012, 302)
Benutzeravatar
batman
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8287
Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 12:06
Ausbildungslevel: Anderes

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von batman »

T0bi hat geschrieben:das wären schon politisch nicht vermittelbare Vergütungen.
Darum habe ich ja die Vergütungsmodelle erwähnt, die auch strafrechtler meint: Die Vergütung für 5 Jahre wird auf 6 Jahre gestreckt und auch während der "Freistellungsphase" gezahlt (ähnlich der Altersteilzeit).
lawlaw
Häufiger hier
Häufiger hier
Beiträge: 86
Registriert: Montag 12. Februar 2018, 09:19
Ausbildungslevel: RRef

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von lawlaw »

Da ich keinen neuen Thread eröffnen wollte, hole ich diesen hier mal aus der Versenkung.

Habt ihr Erfahrungen damit, ob man so ein Sabbatjahr in NRW als Richter ohne Probleme genehmigt bekommt?
McLawster
Noch selten hier
Noch selten hier
Beiträge: 36
Registriert: Freitag 1. Februar 2019, 09:15
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von McLawster »

§ 10 RiStaG NRW, scheint ein gebundener Anspruch zu sein
McLawster
Noch selten hier
Noch selten hier
Beiträge: 36
Registriert: Freitag 1. Februar 2019, 09:15
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von McLawster »

Nur: zwingende Gründe dagegen könnten natürlich vorliegen, wenn der Zeitraum (also Mehrarbeit+Ermäßigung) den Zeitpunkt von 5 Jahren ab Berufung in das Probeverhältnis überragt
lawlaw
Häufiger hier
Häufiger hier
Beiträge: 86
Registriert: Montag 12. Februar 2018, 09:19
Ausbildungslevel: RRef

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von lawlaw »

Gibt es denn hier jemanden, der selber als Richter diese Möglichkeit schon mal in Anspruch genommen hat oder der einen Richter kennt, der das gemacht hat? Würde mich interessieren, wie das in der Praxis dann tatsächlich gelaufen ist.
Benutzeravatar
thh
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 5293
Registriert: Dienstag 18. August 2009, 15:04
Ausbildungslevel: Interessierter Laie

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von thh »

lawlaw hat geschrieben:Gibt es denn hier jemanden, der selber als Richter diese Möglichkeit schon mal in Anspruch genommen hat oder der einen Richter kennt, der das gemacht hat? Würde mich interessieren, wie das in der Praxis dann tatsächlich gelaufen ist.
Zweiteres, daher ohne nähere Kenntnisse des Ablaufs, und auch nicht in NRW, aber ja, das gibt es.
Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
Omnimodofacturus
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 263
Registriert: Mittwoch 26. September 2018, 20:42
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: "Sabbaticals" im Richterdienst.

Beitrag von Omnimodofacturus »

lawlaw hat geschrieben: Donnerstag 9. April 2020, 10:12 Gibt es denn hier jemanden, der selber als Richter diese Möglichkeit schon mal in Anspruch genommen hat oder der einen Richter kennt, der das gemacht hat? Würde mich interessieren, wie das in der Praxis dann tatsächlich gelaufen ist.
Ich kenne aus NRW einen Staatsanwalt. Wie das genau gelaufen ist weiß ich nicht, aber es war offensichtlich keine sehr schnelle Zusage, sondern der Betreffende hatte seine Absicht schon eine ganze Weile offen angekündigt und vermutlich auch entsprechende Anträge gestellt, bis das dann bewilligt wurde.
Antworten