Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

Richter Gnadenlos
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Re: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von Richter Gnadenlos »

Auf die Ausgangsfrage gib es keine definitive Antwort. Die Frage ist vielmehr lediglich Ausdruck einer (leichten) Verunsicherung. Da gibt es keine Standardlösungen.

Ich würde das Grundproblem nicht so hoch hängen. Inbesondere, da die Fragestellerin ja in ihr altes Arbeitsgebeit zurückkommt. Es ist ganz normal, dass einem in zwei Jahren einiges entfällt. Doch ist das Wissen nicht gelöscht, sondern man muss es wieder hervorkramen. So schnell wie man vergisst, kommt man auch wieder rein.

Wie bekommt man sein passives Wissen wieder aktiviert?

Ich meine, dass allein die Tätigkeit im Job genügt. Wenn das der Fragestellerin für die ersten Tage/Wochen im Job zu heiß ist, muss sie sich halt wieder eigenständig einlesen.

Zu möglichen Motivationsproblemen (würde lieber die ganze Zeit über meine Tochter sprechen), kann ich nichts sagen.
Thandor79
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Re: AW: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von Thandor79 »

daimos hat geschrieben:Kompetente Juristen zu diesem Thema dürften auch kaum hier im Forum weilen. Wenn ich bei einer Doppelbelastung von (Richter-)Job und Familie noch freie Zeit hätte, würde ich sie aller Voraussicht nach jedenfalls nicht hier verbringen. :-$
Ich weiss auch nicht, ob Leute mit so viel unjuristischem Privatleben noch würdig wären, hier zu posten. Man siehet ja, wohin dies führet.

@ TEin

Mach Dir keine Sorgen. Du konntest es, Du wirst es wieder können. Zur Beruhigung kann man sich ein aktuelles Einführungsbuch kaufen und das noch mal durchblättern, ebenso die NJW. Das kommt alles schnell wieder.

Und wenn da einer meint, Du müsstest aus dem Start 100 Prozent schaffen, lass ihn das eben meinen.
sai
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Re: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von sai »

Ich finde es schon erstaunlich, dass es hier anscheinend ohne größere Zweifel hingenommen wird, dass Richter Entscheidungen treffen, die wenig bis keine Ahnung von dem haben, was sie gerade tun, und dass der dazu gegebene Ratschlag sein soll, dass das eben so sei und man sich darüber keine größeren Gedanken machen solle.
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Tibor
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Re: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von Tibor »

sai hat geschrieben:Ich finde es schon erstaunlich, dass es hier anscheinend ohne größere Zweifel hingenommen wird, dass Richter Entscheidungen treffen, die wenig bis keine Ahnung von dem haben, was sie gerade tun, und dass der dazu gegebene Ratschlag sein soll, dass das eben so sei und man sich darüber keine größeren Gedanken machen solle.
Es geht doch hier wohl nicht um inhaltlich falsche Arbeit, sondern um organisatorisch ggf nicht perfekte Arbeit. Vieles in der Arbeit ist eben Übung und Erfahrung, also alle Arbeiten ab Eingang der Sache bis zur Entscheidung. Eine streitige Entscheidung wird zudem eher der Ausnahmefall sein und nicht die Regel.
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Re: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von sai »

Tibor hat geschrieben:
sai hat geschrieben:Ich finde es schon erstaunlich, dass es hier anscheinend ohne größere Zweifel hingenommen wird, dass Richter Entscheidungen treffen, die wenig bis keine Ahnung von dem haben, was sie gerade tun, und dass der dazu gegebene Ratschlag sein soll, dass das eben so sei und man sich darüber keine größeren Gedanken machen solle.
Es geht doch hier wohl nicht um inhaltlich falsche Arbeit, sondern um organisatorisch ggf nicht perfekte Arbeit. Vieles in der Arbeit ist eben Übung und Erfahrung, also alle Arbeiten ab Eingang der Sache bis zur Entscheidung. Eine streitige Entscheidung wird zudem eher der Ausnahmefall sein und nicht die Regel.
Natürlich geht es um inhaltlich falsche Arbeit!

Zitat der Threaderstellerin: "Leider muss ich feststellen, dass mein juristisches Niveau mittlerweile so abgesunken ist, dass ich mich neulich bei folgender Aussage erwischte: "Tatbestand - und wie heißt das Andere nochmal?" Das macht mich schon etwas nervös. "
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Jeweli
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Re: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von Jeweli »

Und was wäre dein Rat an die Threaderstellerin?

PS: Sehe es auch so wie Tibor. Dass Bedenken bestehen, dass es eben organisatorisch hapert, manches länger dauert, mehr nachgelesen und viel gefragt werden muss. So wie es am Anfang der richterlichen Karriere auch ist. Denke aber dass es deutlich schneller gehen wird, wieder reinzukommen, als es am anfang gedauert hat.

Um inhaltlich falsche Entscheidungen geht es ja wohl nicht.
Lg, Jeweli
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Tibor
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Re: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von Tibor »

Stell dir vor, für manche R1 Richter ist es eine Erprobung, wenn sie 2 Jahre in einem Ministerium oder einer EU Behörde fachfremden Kram machen, die gehen dann (meist) direkt auf R2, werden also RiOLG bzw RiOVG und dort fragt man auch nicht, ob sie noch Ahnung von Strafrechtsrevision bzw Bauplanungsrecht haben. That's life.
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Re: AW: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von Thandor79 »

sai hat geschrieben:Ich finde es schon erstaunlich, dass es hier anscheinend ohne größere Zweifel hingenommen wird, dass Richter Entscheidungen treffen, die wenig bis keine Ahnung von dem haben, was sie gerade tun, und dass der dazu gegebene Ratschlag sein soll, dass das eben so sei und man sich darüber keine größeren Gedanken machen solle.
vielleicht hast du auch einfach etwas missverstanden. Ich bin sicher, sie hat es nicht wirklich vergessen. Beim Arbeiten kommt das alles wieder.
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Re: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von OJ1988 »

Wenn man die Noten hatte, um als Richter genommen zu werden, hat man idR auch die intellektuellen Fähigkeiten, den Streit "richtig" - zur Not mit ausgiebiger Hilfe von beck-online - zu entscheiden.
sai
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Re: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von sai »

Ich bleibe dabei es anders zu sehen (genauso übrigens bei dem abgeordneten R1-Richter).

Als Richter trage ich die Verantwortung dafür, Streitigkeiten rechtlich richtig und in angemessener Zeit zu entscheiden.
Dass mir das möglich ist, habe ich sicherzustellen. Wenn ein Richter nicht mehr in der Lage ist, zwischen Tatbestand und Rechtsfolge zu unterscheiden, hat das auch nichts mehr mit mangelnder Organisation zu tun. Das ist allein eine inhaltlich Frage, die jemand in der Position ohne zu zögern beantworten können muss. Ansonsten hat er dort nichts zu suchen. Wie hier krampfhaft versucht wird, daraus eine organisatorische Frage zu machen, ist mir schleierhaft. Die Fragestellerin hat doch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie sich insbesondere davor fürchtet, inhaltlich nicht mehr mitzukommen.

Dass die Realität (ganz) anders aussieht, ist mir auch klar - man sieht es ja auch an den hier gegebenen Antworten.
Es ändert aber nichts daran, dass ich eine solche Einstellung für insgesamt äußerst fragwürdig halte.
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Re: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von Parabellum »

sai hat geschrieben:Ich bleibe dabei es anders zu sehen (genauso übrigens bei dem abgeordneten R1-Richter).
Und was ist in der Konsequenz daraus Deine Empfehlung an die Fragestellerin? Soll sie um Entlassung aus dem Justizdienst bitten, oder wie?
"Ich sage nicht, dass man sich hier zu siezen hätte oder ähnlichen Quatsch. Bei einem Forum von Juristen für Juristen ist meine Erwartungshaltung aber trotzdem nochmal eine andere als bei der Kneipe um die Ecke." OJ1988
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Re: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von Tibor »

Klar, die Anwaltschaft nimmt ja sogar Doppelausreichend-Examinierte auf und lässt sie unbesehen auf die Mandate bzw die Gerichte los.
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Re: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von Tibor »

ps insbesondere als Strafverteidiger braucht man ja wenig Rechtskenntnisse, da bedarf es nur eines lauten Mundwerks (insbesondere um Beweis- und Ablehnungsanträge zu formulieren), ungehobelter Manieren und flotter Sprüche in den Schriftsätzen.
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Re: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von OJ1988 »

sai hat geschrieben:Wenn ein Richter nicht mehr in der Lage ist, zwischen Tatbestand und Rechtsfolge zu unterscheiden
Gemeint waren wohl "Tatbestand" und "Entscheidungsgründe".
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Re: Nach Elternzeit zurück in den Richterjob

Beitrag von Tibor »

:lmao:
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