Aufstiegschancen und Vor- und Nachteile eines Bundesministeriums

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

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Constantin_Z
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Aufstiegschancen und Vor- und Nachteile eines Bundesministeriums

Beitrag von Constantin_Z »

Liebes Forum,

ich bin neu in diesem Forum. Bislang war ich ein stiller Leser und fand viele Beiträge hier äußerst interessant. Ich selbst bin kein Jurist, sondern Absolvent eines MINT-Faches. Dennoch arbeite ich schon seit einigen Jahren in mehreren Behörden, die zumeist juristisch geprägt sind. Deshalb freue ich mich sehr, meine Kenntnisse über den öffentlichen Dienst durch viele interessante Beiträge hier erweitert zu haben.

Nun stehe ich beruflich eventuell an einem Scheideweg, und würde mich über jeden Input/Ratschlag von euch sehr freuen.

Zu meiner Situation:
Nach meinem Bachelorabschluss war ich mehrere Jahre in einem Landesministerium tätig. Dann habe ich meinen Masterabschluss an meiner Uni nachgeholt (wobei ich meine Arbeitszeit entsprechend reduziert habe). Nach meinem Master bin ich dann in den Bundesdienst eingestellt worden und arbeite seitdem als Referent in einer größeren Bundesbehörde.

In der Bundesbehörde, in der ich derzeit arbeite, habe ich mich rasch eingearbeitet. Kollegen und Vorgesetzter sind auch sehr nett. Mir ist aber relativ schnell aufgefallen, dass die Aufstiegschancen in dieser Behörde äußerst begrenzt sind. Wir haben dort relativ viele Referenten (ca. 1000), aber vergleichsweise wenige Sachbearbeiter (ca. 700), und noch weniger Referatsleiter (ca. 200). Dadurch, dass unsere Behörde erst vor ca. 20 Jahren neu eingerichtet wurde, sind viele Referatsleiter erst um die 40 Jahre alt. Hinzu kommt, dass die allermeisten Referatsleiter überwiegend Juristen sind und der Rest vorwiegend Wirtschaftswissenschaftler.

Die allermeisten Kollegen in meinem Referat sind etwa 40 bis Mitte 40 Jahre alt und Oberregierungsräte. Ich selbst bin 29 Jahre alt. In meiner Behörde werden so gut wie alle Referenten nach Erfüllung der beamtenrechtlichen Voraussetzungen (bei Juristen regelmäßig nach 6 Monaten Probezeit, bei WIWIS und MINTler mit 2,5 Jahren Berufserfarungen) verbeamtet. Soweit die Beurteilungen in Ordnung sind, werden die meisten A13er auch schnell befördert. Aber spätestens bei A14 ist für die meisten Ende der Karriere. A15 haben nur Referatsleiter und wenige sogenannte "Fachreferenten".

Abgesehen von der schlechten Stellenkegel kann man in meiner Behörde sehr viele Sachen lernen, die einen direkten Bezug zur Wirtschaft haben. Das heisst, die Berufserfahrungen, die man bei uns sammelt, kann man auch in der Wirtschaft gut verwerten.

Nun habe ich letztens zufällig eine Stellenanzeige eines Bundesministeriums gelesen, die Referenten meiner Fachrichtung sucht. Ich fand die Chance einmalig, zumal die meisten Bundesministerien regelmäßig zumeist nur Juristen und WiWis als Referenten suchen. Also habe ich mich beworben und bin dann auch zu einem Auswahlverfahren eingeladen worden, an dem ich demnächst auch teilnehmen werde.

Parallel zu meinen Vorbreitungen für das Auswahlverfahren mache ich mir natürlich auch Gedanken, ob sich ein Wechsel zu diesem Bundesministerium zum jetzigen Zeitpunkt für mich tatsächlich lohnt bzw. wie die Vor- und Nachteile dafür sind. Schließlich habe ich derzeit einen unbefristeten Vertrag mit meiner derzeitigen Dienststelle, und werde voraussichtlich in 1,5 Jahre auf A13 verbeamtet. Im Falle eines Wechsels müsste ich nicht nur wahrscheinlich nach Berlin umziehen, sondern eine neue Probezeit antreten (ohne jede Ahnung, wie die neuen Kollegen oder Vorgesetzten so sind).

Die primäre Intention, die mich dazu bewegt, mich für das Bundesministerium zu bewerben, ist die Frage der langfristigen Aufstiegschance bzw. der Perspektive. Ich habe mir den Stellenplan im Haushaltsplan des Ministeriums angeschaut. Aus dem ist ersichtlich, dass fast jeder Referent dort im Ministerium irgendwann A15 erreichen wird. Das ist auch das, was ich so von anderen mit Erfahrung in Bundesminsiterien gehört habe. Weiterhin stellt das Ministerium jedes Jahr, wie die meisten anderen Bundesministerien, nur wenige Leute ein. Unsere Behörde hat hingegen in den letzten Jahren hunderte von Referenten eingestellt. Die realen Chancen, dass man in diesem Ministerium irgendwann im Leben Referatsleiter werden könnte, scheinen deshalb rein rechnerisch ungemein größer zu sein als in meiner derzeitigen Dienststelle. Außerdem entspricht die Referatsleiterbesoldung in dem Bundesministerium (B3) ungefäir der des Abteilungsleiterpostens meiner derzeitigen Dienststelle (B2). Die unterschiedliche reale Chance, ein Abteilungsleiter meiner Dienststelle mit Personalverantwortung für ca. 100 Mitarbeiter oder ein Referatsleiter des Bundesministeriums mit vielleicht Personalverantwortung für 15 Personen zu werden, ist für jeden ersichtlich. Hinzu kommt, dass ein großer Teil des höheren Dienstes dieses Bundesministeriums aus Absolventen der MINT-Fachrichtung besteht. Dies erhöht auch die Aufstiegschance für mich mit meinen fachlichen Qualifikationen. Ich rede hier aber von den langfristigen Aufstiegschancen. Kurzfristig bis mittelfristig, d.h. innerhalb von ca. fünf Jahren, wird es für mich besoldungstechnisch (bis A14) keinen Unterschied machen, an meiner derzeitigen Dienststelle zu bleiben oder im Bundesministerium zu arbeiten.


Dennoch besteht auch in meiner derzeitigen Dienststelle die Möglichkeit, nach 3 Jahren an einem Interessenbekundungsverfahren für die Abordnung als Geschäftsaushilfe an das Bundesministerium im Geschäftsbereich meiner Dienststelle abordnen zu lassen. Dennoch schätze ich meine Chance einer dauerhaften Verwendung im Bundesministerium meines derzeitigen Dienststelle eher mittelmäßig ein: Zum einen sucht das Bundesministerium meiner derzeitgen Behörde vorwiegend Juristen und WIWIS für die Abordnung, zum anderen muss man sich, soweit mein Verständnis, nach Ende der Abordnungszeit an einer öffentlich ausgeschrieben Stelle des Bundesministeriums ganz normal wie externe Bewerber bewerben, sofern man von dem Ministerium übernommen werden möchte.

ich liste hier noch mal ganz kurz die Vorteil- und Nachteile auf, die mir so eingefallen sind.

Bundesministerium, auf das ich mich beworben habe:
1. Günstige Stellenkegel, fast sichere Chance auf A15 im Laufe des Berufslebens +
2. Bessere Aufstiegschance +
3. Hautnah am politischen Geschehnen mitwirken zu können. +
4. eventuelle Chance einer späteren internationalen Verwendung an einer deutschen Botschaft +
5. Verbeamtung +

Behörde, in der ich derzeit bin.
1. Verbeamtung, schnelle Beförderung bis A14 +
2. schlechte Aufstiegschance, ungünstige Stellenkegel -
3. Berufserfahrungen auch gut für die Wirtschaft verwertbar+ (für mich aber weniger bedeutend, da ich im öffentlichen Dienst bleiben möchte)
4. Möglichkeit einer Abordnung an eine EU-Insitution +
5. Möglichkeit einer späteren Abordnung an das Bundesministerium des Geschäftsbereichs +

Soweit meine Auführungen und Gedankenspiele dazu. :)

Ich würde mich über jeden Ratschlag von euch freuen, wie ihr meine oben genannten Überlegungen seht bzw. ob ihr etwas seht, was ich übersehen hatte?

Speziell zu den folgenden Fragen wäre ich euch sehr dankbar, wenn ihr mir da weiterhelfen könntet:

1) Wie schätzt ihr die Aufstiegschancen in einem Bundesministerium ein? Ich meine hier speziell die Bundesministerien BMF, BMBF, BMI bzw. das BMWi. Wie sieht der Arbeitsalltag eines Ministerialreferenten in diesen Bundesministerien aus? Inwiefern unterscheidet sich der Arbeitsalltag von dem eines Referenten in den Bundesoberbehörden?

2) Wie läuft normalerweise eine erfolgreiche Versetzung an ein Bundesministerium mittels Abordnung ab? Muss man sich tatsächlich nach Ende der Abordnung bzw. während der Abordnung ganz normal an einem öffentlich ausgeschriebnen Bewerbungsverfahren teilnehmen, inklusive der damit verbundenen Teilnahme am Accessment Center, etc? Oder gibt es gesonderte Verfahren für Angehörige aus nachgeordneten Behörden für eine Übernahme im Ministerium? Speziell würde mich da das BMF interessieren.

3) Wie würdet ihr euch entscheiden, falls ihr in meiner derzeitigen Siuation seid (auch orts-ungebunden) und dann vielleicht die Zusage des Bundesministeriums erhaltet, wenn priorär der Aspekt der Aufstiegschance im Vordergrund steht?

4) meine derzeitige Dienststelle ist eine rechtsfähige Bundesbehörde mit eigener Dienstherrenfähigkeit. Ich habe daher den Arbeitsvertrag rein formal mit meiner Dienststelle, aber nicht mit "der Bundesrepublik Deutschland" geschlossen. Kann ich nach einer erfolgreichen Bewerbung bei dem Bundesministerium dennoch als Angestellter des Bundes an das Bundesministerium "mit dem Ziel der Versetzung abgeordnet" werden? Dies hätte den Vorteil, dass ich eventuell wieder zurückkommen könnte, falls es mir dort im Ministerium gar nicht gefällt.


Vielen Dank im Voraus!

Viele Grüße
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