Karriere in der Justiz?

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

Theopa
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von Theopa »

Ara hat geschrieben: Montag 3. September 2018, 08:55 Was macht ein "hauptamtlicher AG-Leiter" eigentlich den ganzen Tag? Es fällt mir irgendwie schwer mir vorzustellen da mehr als nen Tag pro Woche vollzubekommen.
Wir hatten einen Anfänger als hauptamtlichen AG-Leiter (Zivil- und Strafrechtsstation), der hatte also logischerweise noch ziemlich viel zu tun, da er erst die Materialen entwerfen bzw. überarbeiten und sich nach mehreren Jahren StA und einer ziemlich speziellen Kammer am LG vieles erst wieder erarbeiten musste. Zwei volle Tage waren auf jeden Fall alleine durch seine Haupt-AGs belegt (zwei 25er AGs, jeweils zwei halbe Tage pro Woche), teilweise weniger, in den Einführungslehrgängen auch einmal deutlich mehr. Dazu die Vorbereitung der AGs, Klausurkorrekturen und eben die Erstellung der Materialen.

Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass es nach 2-3 Jahren doch eher locker werden kann, da man dann eben oft nur noch die Schublade mit den passenden Skripten öffnen muss - die man alle paar Monate evtl. punktuell an eine neue Rechtsprechung oder Gesetzeslage anpassen muss - und mehr als die Hälfte der Klausuren, die ideale Klassiker für die Ausbilung sind, schon 3 mal korrigiert hat.
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Kroate
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von Kroate »


thh hat geschrieben: (a) die Tätigkeit als Spruchrichter jeder - mehr oder weniger - kann
Das halte ich dann doch für einen ziemlichen Euphemismus.

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Ara
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von Ara »

Theopa hat geschrieben: Montag 3. September 2018, 09:12
Ara hat geschrieben: Montag 3. September 2018, 08:55 Was macht ein "hauptamtlicher AG-Leiter" eigentlich den ganzen Tag? Es fällt mir irgendwie schwer mir vorzustellen da mehr als nen Tag pro Woche vollzubekommen.
Wir hatten einen Anfänger als hauptamtlichen AG-Leiter (Zivil- und Strafrechtsstation), der hatte also logischerweise noch ziemlich viel zu tun, da er erst die Materialen entwerfen bzw. überarbeiten und sich nach mehreren Jahren StA und einer ziemlich speziellen Kammer am LG vieles erst wieder erarbeiten musste. Zwei volle Tage waren auf jeden Fall alleine durch seine Haupt-AGs belegt (zwei 25er AGs, jeweils zwei halbe Tage pro Woche), teilweise weniger, in den Einführungslehrgängen auch einmal deutlich mehr. Dazu die Vorbereitung der AGs, Klausurkorrekturen und eben die Erstellung der Materialen.

Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass es nach 2-3 Jahren doch eher locker werden kann, da man dann eben oft nur noch die Schublade mit den passenden Skripten öffnen muss - die man alle paar Monate evtl. punktuell an eine neue Rechtsprechung oder Gesetzeslage anpassen muss - und mehr als die Hälfte der Klausuren, die ideale Klassiker für die Ausbilung sind, schon 3 mal korrigiert hat.
Ja und wie lange gehen die AGs? 2 Wochen? Und die restlichen 50 Wochen im Jahr?
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

thh hat geschrieben: Montag 3. September 2018, 08:14 Ich teile diese Auffassung grundsätzlich - man darf aber nicht übersehen, dass (a) die Tätigkeit als Spruchrichter jeder - mehr oder weniger - kann
Auch wenn ich als Referendar sicher nicht in der Lage bin, ein endgültiges Urteil (harhar) über die Arbeiten gestandener Richter zu fällen, ist mir doch aufgefallen, dass es insoweit gravierende Unterschiede gibt:

Neben stilistischen Abweichungen (guter Urteilsstil vs. fehlende Struktur usw.) und mehr oder weniger Arbeitseinsatz (apodiktische Kurzurteile ohne echte Begründung oder Normen vs. umfassende rechtliche Würdigung) enthalten viele Urteile gravierende rechtliche Fehler (Bsp.: übersehene Mahnungen --> Verzug) usw.
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von Theopa »

Ara hat geschrieben: Montag 3. September 2018, 09:27 Ja und wie lange gehen die AGs? 2 Wochen? Und die restlichen 50 Wochen im Jahr?
In Bayern? Ewig ;)

Ich habe den Plan gerade nicht zur Hand, nach den 2-3 Wochen Einführungslehrgang hatten wir aber weiterhin allerwenigstens einmal, eher zwei mal pro Woche AG, und das für beinahe die gesamte Zeit der ersten beiden Stationen, also knapp 8 Monate lang. In der Verwaltungsstation, zu der man die Pläne online findet (dort gab es keine hauptamtlichen Leiter), habe ich mal stichprobenartig im Schnitt zwei Halbtags-AGs pro Woche ermittelt. Das sollte auch im ZR/StrR so etwa hinkommen. Und wie bereits geschrieben gibt es natürlich nicht nur eine AG pro Leiter.
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Tibor
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von Tibor »

In Berlin gibt es Einführungs-AGs zu jeder Station; eine Sonder-AG mit EU-Recht und dann zu jeder Station laufende AG mit 180min / Woche. Davon werden die staatlichen Stationen von Haupt- und Nebenamtlern gehalten.
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Ara
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von Ara »

Crazy... Hier gabs für jede Station 2 Wochen Einführungs-AG und dann wars das.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von Kroate »

Da dürfte Hamburg aber eher die Ausnahme sein.

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thh
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von thh »

Kroate hat geschrieben: Montag 3. September 2018, 09:17
thh hat geschrieben: (a) die Tätigkeit als Spruchrichter jeder - mehr oder weniger - kann
Das halte ich dann doch für einen ziemlichen Euphemismus.
Du meinst tatsächlich, dass es eine relevant große Anzahl von auf Lebenszeit ernannten Richtern gibt, die die Tätigkeit als Spruchrichter nicht beherrschen?
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von thh »

Ara hat geschrieben: Montag 3. September 2018, 11:00Crazy... Hier gabs für jede Station 2 Wochen Einführungs-AG und dann wars das.
Das dürfte die Ausnahme sein.

Auch in BW gibt es neben den idR zweiwöchigen Einführungslehrgängen für die Stationen auch jede Woche einen (halben) Tag AG.
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Kroate
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von Kroate »


thh hat geschrieben:
Kroate hat geschrieben: Montag 3. September 2018, 09:17
thh hat geschrieben: (a) die Tätigkeit als Spruchrichter jeder - mehr oder weniger - kann
Das halte ich dann doch für einen ziemlichen Euphemismus.
Du meinst tatsächlich, dass es eine relevant große Anzahl von auf Lebenszeit ernannten Richtern gibt, die die Tätigkeit als Spruchrichter nicht beherrschen?
Ich meine, dass die Qualität mehr als nur unerheblich schwankt. Es sollte für eine Beförderung nicht genügen, den Richterberuf nur irgendwie zu beherrschen. Die Außerachtlassung der Kernkompetenzen eines Richters bei der Beförderung halte ich daher für Unklug.

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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von Tibor »

Wenn eine Beförderung aber nichts mit spruchrichterlicher Tätigkeit zu tun hat, sondern in besonders hohem Umfang Verwalungstätigkeit nach der Beförderung zu erwarten ist, dann ist entsprechend nach der zu erwartenden Arbeit zu beurteilen.
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Tibor hat geschrieben: Montag 3. September 2018, 13:38 Wenn eine Beförderung aber nichts mit spruchrichterlicher Tätigkeit zu tun hat, sondern in besonders hohem Umfang Verwalungstätigkeit nach der Beförderung zu erwarten ist, dann ist entsprechend nach der zu erwartenden Arbeit zu beurteilen.
Aber einige Beförderungsämter haben doch primär etwas mit der Spruchrichtertätigkeit zu tun, z.B. VorsRiLG, RiOLG, VorsRiOLG, RiBGH usw. Weshalb sollte auch für diese Ämter u.a. auf Verwaltungs- und AG-Leiter-Tätigkeiten geschaut werden?

Wenn ich mir etwa den Lebenslauf vieler BGH-Richter anschaue, haben diese nicht selten v.a. Abordnungen in der Landesverwaltung usw. hinter sich, die nicht das geringste mit ihrer jetzigen Tätigkeit zu tun haben.
Zuletzt geändert von Gelöschter Nutzer am Montag 3. September 2018, 13:50, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von Strich »

Tibor hat geschrieben: Montag 3. September 2018, 13:38 Wenn eine Beförderung aber nichts mit spruchrichterlicher Tätigkeit zu tun hat, sondern in besonders hohem Umfang Verwalungstätigkeit nach der Beförderung zu erwarten ist, dann ist entsprechend nach der zu erwartenden Arbeit zu beurteilen.
Andernfalls dürfte das Peterprinzip zuschlagen.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Re: Karriere in der Justiz?

Beitrag von Kroate »

Tibor hat geschrieben:Wenn eine Beförderung aber nichts mit spruchrichterlicher Tätigkeit zu tun hat, sondern in besonders hohem Umfang Verwalungstätigkeit nach der Beförderung zu erwarten ist, dann ist entsprechend nach der zu erwartenden Arbeit zu beurteilen.
Und danach wird differenziert?

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