Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

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Nougat66
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Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von Nougat66 »

Moin,

mir ist etwas einmalig verrücktes passiert.

Ich habe ein Problem mit Haarausfall gehabt, welches mich sehr belastet hat. Hab daraufhin Propecia (Hormonmittel) eingenommen. Mit der Zeit hat mir das sehr heftig auf die Psyche geschlagen. Man ganzes Leben fühlte sich nutzlos an und ich sah keine Zukunft. Begann daraufhin eine anayltische Therapie bei einem Psychotherapeuten, welche 7 Monate ging. Die Diagnose war eine neurotische Störung nach F.48.

Da hier kein Erfolg eintraf und es mir immer schlechter ging, der Arzt aber nur Tabletten verschreiben wollte brach ich die Therapie ab. Suchte mir daraufhin einen neuen Therapeuten. Währenddessen fragte ich mich was mit mir sei, ob meine Vergangenheit wirklich so schlim war etc. Ich bin in einem Onlineforum auf jmd gestoßen der ebenso Propecia einnahm und die selben NW wie ich hatte. Daraufhin setzte ich das Mittel ab. nach nur wenigen Tage ging es mir um Welten besser. Ich fühlte mich völlig normal. Sah meine Vergangenheit nicht mehr düster und als ob ich was versäumt hatte. Sah die Zukunft wieder vor Augen. Der zweite Therapeut, bei dem ich die Therapie beginnen wollte schickte mich als nicht Therapiebedürftig nach Hause.

Nun sind 4 Wochen vergangen nach dem das Medikament Propecia aus meinem Körper ist. Mir gehts völlig gut. Habe wieder einen geregelten Alltag, keinerlei depressive Symptome und bin glücklich.


Ich möchte später Richter werden. Was soll ich jetzt an meiner Stelle tuen? Der erste Therapuet bei dem ich die Behandlung hatte wusste zwar dass ich dieses Mittel nehme, er wusste aber nicht von dessen enormen NW auf meine Psyche.
Jura2Punkt0
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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von Jura2Punkt0 »

Kann denn der Zugang zum Richteramt mit gesundheitlichen Bedenken verhindert werden?

Die mehr oder weniger strengen Anforderungen an "normale" Beamte können denke ich nicht 1:1 auf Richter übertragen werden. Kommt es denn im Rahmen der Einstellung überhaupt zu einer Gesundheitsuntersuchung?
Die Ausführungen in den Schriftsätzen erschöpfen sich zudem über weite Teile in persönlichen Angriffen auf Angehörige der Justiz; sie sind weit überwiegend obszöner, vulgärer und beleidigender Natur.
BVerfG, v. 23.10.18 -2 BvR 2153/18-Rn.(6)
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Tibor
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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von Tibor »

Jura2Punkt0 hat geschrieben: Kommt es denn im Rahmen der Einstellung überhaupt zu einer Gesundheitsuntersuchung?
Ja.
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stilzchenrumpel
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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von stilzchenrumpel »

Du musst ganz normal zum Amtsarzt. Vor der Ernennung auf Probe und vor der Ernennung auf Lebenszeit. Der Maßstab für (normale) Wehwehchen (Körpergewicht etc) ist altersbedingt halt etwas lascher als beim 19 jährigen Polizeikommissaranwärter, aber auch nicht anders als beim angehenden Regierungsrat.
Zuletzt geändert von stilzchenrumpel am Dienstag 5. März 2019, 22:58, insgesamt 1-mal geändert.
Hier gibt es nichts zu sehen, ich trolle nur.
Liz
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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von Liz »

Mal ganz von der PKV zu schweigen, die bei psychischen Problemen auch sehr vorsichtig ist.

M. E. wäre es auf jeden Fall ratsam, zeitnah eine ärztliche Stellungnahme des 2. Therapeutens zur fehlenden Behandlungsbedürftigkeit und - sofern er dies kann - auch zur Ursache der depressiven Episode zu erbitten, damit diese bei der Einstellungsuntersuchung vorgelegt werden kann.
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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von stilzchenrumpel »

Liz hat geschrieben: Dienstag 5. März 2019, 22:57 Mal ganz von der PKV zu schweigen, die psychische Probleme auch sehr vorsichtig ist.

M. E. wäre es auf jeden Fall ratsam, zeitnah eine ärztliche Stellungnahme des 2. Therapeutens zur fehlenden Behandlungsbedürftigkeit und - sofern er dies kann - auch zur Ursache der depressiven Episode zu erbitten, damit diese bei der Einstellungsuntersuchung vorgelegt werden kann.
+1 definitiv vor dem Termin beim Amtsarzt ein aussagekräftiges Attest ausstellen lassen
Hier gibt es nichts zu sehen, ich trolle nur.
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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von Jura2Punkt0 »

Das finde ich interessant zu hören. Die Berufung zum Richter ergibt sich doch aus dem Richtergesetz und nicht aus landesrechtlich Beamtenvorschriften. Das Richtergesetz nennt im § 9 die Voraussetzungen. Hier steht, anders als in landesrechtlichen Beamtenvorschriften, nichts von einer gesundheitlichen Eignung. Bei einem Richter handelt es sich doch gar nicht um Beamte, es besteht doch ein Dienstverhältnis eigener Art. Daher kann doch auch nicht das jeweilige Beamtengesetz herangezogen werden?

Für die PKV kann es nicht relevant sein, da sie einen aufnehmen muss. Ggfs. mit einen Aufschlag der aber gedeckelt ist.
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Tibor
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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von Tibor »

Jura2Punkt0 hat geschrieben: Mittwoch 6. März 2019, 07:54 Die Berufung zum Richter ergibt sich doch aus dem Richtergesetz und nicht aus landesrechtlich Beamtenvorschriften. Das Richtergesetz nennt im § 9 die Voraussetzungen.
Bild

Neben dem DRiG gibt es LRiG. In denen steht, bspw. wie in § 2 LRiStaG NRW "Soweit das Deutsche Richtergesetz ... und dieses Gesetz nichts anderes bestimmen, gelten für die Rechtsverhältnisse der Richterinnen und Richter die Vorschriften für die Beamtinnen und Beamten des Landes entsprechend."
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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von Liz »

Jura2Punkt0 hat geschrieben: Mittwoch 6. März 2019, 07:54
Für die PKV kann es nicht relevant sein, da sie einen aufnehmen muss. Ggfs. mit einen Aufschlag der aber gedeckelt ist.
Das ist allenfalls halb richtig. Es gibt eine Öffnungsaktion für Beamte, d. h. einige (nicht alle) privaten Krankenversicherungen nehmen auch Beamte mit erheblichen Vorerkrankungen innerhalb der ersten sechs Monate auf, wobei nur das erste Unternehmen, bei dem man einen formellen Antrag stellt, einen mit einem Risikoaufschlag von max. 30 % nehmen muss (aber wohl nicht zwingend in alle Zusatztarife). Möglicherweise dauerhaft 30 % Risikoaufschlag für eine wohl bloße „Nebenwirkung“ eines Haarwuchsmittels halte ich durchaus für relevant und ärgerlich.
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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von markus87 »


stilzchenrumpel hat geschrieben:Du musst ganz normal zum Amtsarzt. Vor der Ernennung auf Probe und vor der Ernennung auf Lebenszeit.
Letzteres ist jedenfalls in BW nicht der Fall.

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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von Jura2Punkt0 »

Tibor hat geschrieben: Mittwoch 6. März 2019, 08:06
Jura2Punkt0 hat geschrieben: Mittwoch 6. März 2019, 07:54 Die Berufung zum Richter ergibt sich doch aus dem Richtergesetz und nicht aus landesrechtlich Beamtenvorschriften. Das Richtergesetz nennt im § 9 die Voraussetzungen.
Bild

Neben dem DRiG gibt es LRiG. In denen steht, bspw. wie in § 2 LRiStaG NRW "Soweit das Deutsche Richtergesetz ... und dieses Gesetz nichts anderes bestimmen, gelten für die Rechtsverhältnisse der Richterinnen und Richter die Vorschriften für die Beamtinnen und Beamten des Landes entsprechend."
Das stimmt. Aber ich frage mich, ob dahingehend eine zusätzliche Berufungsvoraussetzung geschaffen werden kann, die das Bundesrichtergesetz so nicht vorsieht und ob dann die "normalen" Anforderungen an Beamte gelten können oder ob hier eine weniger strenge Maßgabe gilt?

Insbesondere nach der bis zu 4 jährigen Probezeit.
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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von famulus »

Art. 33 II, 98 III, 74 I Nr. 27 GG?
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von thh »

Liz hat geschrieben: Mittwoch 6. März 2019, 08:52Möglicherweise dauerhaft 30 % Risikoaufschlag für eine wohl bloße „Nebenwirkung“ eines Haarwuchsmittels halte ich durchaus für relevant und ärgerlich.
Naja, Propecia ist kein "Haarwuchsmittel", sondern ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel mit nicht unbedeutenden Nebenwirkungen, darunter Verlust der Libido und depressive Verstimmungen, die meistens reversibel sind, aber auch bleibend sein können, weshalb eine entsprechende Aufklärung und zurückhaltende Indikationsstellung geboten ist.
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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von Nougat66 »

Erstmal Danke für die Antworten.

1: Dass ich zum Amtsarzt muss, ist klar. Dass ich wegen meiner Geschichte nicht verbeamtet werde, ist mMn ausgeschlossen. Mir gehts jetzt nach dem Absetzen völlig normal. Warum sollte mir das im Wege stehen?

Die Sache ist folgende, wie ich das jetzt am besten angehe. Ich werde den ersten Therapeuten noch einmal aufsuchen und dort ein abschließendes Gutachten erstellen lassen.

Den zweiten Therapeuten, da war ich bloß zu 2 Probestunden da. Das wird dann nicht einmal irgendwo notiert sein.
Die Frage bleibt, ob ich das dem Amtsarzt ggü überhaupt erwähnen sollte. Das werde ich dann sehen. (Tendiere aber zu ja)

2: Die Frage mit der PKV bleibt. Dort ist mein Ziel keinerlei Zusatz zahlen zu müssen. Weil ein scheiß Medikament welches so locker von meinem Hautarzt verschrieben wurde, bei mir zu extremen NW geführt hat, bedeutet nicht dass ich in Zukunft irgendwie negativ affektiert bin. Mir gehts jetzt nach Absetzen völlig normal. Die Frage bleibt, wie ich das alles dann der zukünftigen PKV beibringe. Denke, dass auch hier ein abschl. Gutachten des ersten Therapeuten helfen würde.

-> Bin aber noch Student und kenne die Prozedere nicht genau. Für mich klingen meine oberen Punkte logisch; aber ihr habt ja mehr Erfahrung und Ahnung wie es in der Realität dann aussieht.
surcam
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Re: Verbeamtung/ Therapie- verrückte Geschichte

Beitrag von surcam »

Jura2Punkt0 hat geschrieben: Mittwoch 6. März 2019, 11:44 Das stimmt. Aber ich frage mich, ob dahingehend eine zusätzliche Berufungsvoraussetzung geschaffen werden kann, die das Bundesrichtergesetz so nicht vorsieht und ob dann die "normalen" Anforderungen an Beamte gelten können oder ob hier eine weniger strenge Maßgabe gilt?

Insbesondere nach der bis zu 4 jährigen Probezeit.
Wenn du schon die Probezeit aufrufst, auch mal in § 22 Abs. 2 Nr. 1 DRiG schauen. Wegen der von famulus genannten Normen, insbes. Art. 33 Abs. 2 GG, fallen darunter auch die geistige, körperliche und seelische Eignung. Zudem erfordert Art. 33 Abs. 2 GG, der normenhierarchisch über § 9 DRiG steht, von sich aus schon u.a. die gesundheitliche Eignung.
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