Die Praxis der richterlichen Freiheit

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

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day_off
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Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von day_off »

Hallo zusammen,

nach Jahren in Sonderverwendung stehe ich vor der Rückkehr in die Justiz und freue mich auch schon sehr! Da ich bereits Amtsrichter war und mir das große Freude gemacht hat, soll es eigentlich auch wieder ein AG werden. \:D/

Dabei hat für mich als engagiertem Vater u.a. die Frage der Vereinbarkeit große Bedeutung. Die richterliche Freiheit ist mir aus Theorie (und tw Praxis, aber als Assessor war das aus unterschiedlichen Gründen ja noch etwas anderes) bekannt, nun würde mich aber vor allem interessieren wie diese konkret vor Ort in den einzelnen AGs gelebt wird bzw. gelebt werden kann.

Wie stehen Direktorin bzw. Direktor, Kollegium und Servicebereich dazu? Wird man wg regelmäßigem Homeoffice, späterem Erscheinen am Morgen oder früherem Abschied am Mittag schief angeschaut; oder wird das als Selbstverständlichkeit betrachtet und supportet?

Wie halten es Kolleginnen und Kollegen selbst?

Bestehen vielleicht sogar (schon) technische Voraussetzungen für die Arbeit zu Hause?


Mir liegt übrigens nichts ferner als Richter- und Servicekollegen Schwierigkeiten zu bereiten o.ä. Habe schon immer sehr viel gearbeitet und habe auch vor das weiterhin zu tun, nur möchte ich im Jahr 2019 meine Arbeit so gut es geht zeitlich selbst einteilen können.

Zudem gebe ich (karrieremäßig) auch was für das Amtsrichterdasein auf und tue das ganz bewusst und sehr gerne... würde mich aber freuen, wenn ich dann aber auch im Alltag möglichst viel „von der Freiheit spüren“ würde. :-w

Ich freue mich über Eure Rückmeldungen aus der Praxis! \:D/

Gerne auch per PN, sofern Ihr etwas ganz Konkretes zu Standorten im Bezirk LG Stuttgart, aber auch angrenzenden wie LG Tübingen, LG Heilbronn u.ä. sagen habt.

Herzlichen Dank und beste Grüße in die Runde

day_off
Zuletzt geändert von day_off am Donnerstag 14. November 2019, 10:16, insgesamt 1-mal geändert.
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thh
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit in Stuttgart und Umgebung

Beitrag von thh »

day_off hat geschrieben: Mittwoch 13. November 2019, 11:19Bestehen vielleicht sogar (schon) technische Voraussetzungen für die Arbeit zu Hause?[/b]
Theoretisch ja - alle Richter und Staatsanwälte haben als Arbeitsrechner einen (höherklassigen) Laptop, und die Strukturen für die externe Einwahl per VPN ins Landesverwaltungsnetz existieren; sie werden derzeit aber nur für genehmigte Homeoffice-Arbeitsplätze und für E-Akte-Pilotanwender eingerichtet (und im Bereitschaftsdienst über ein gesondertes, nicht personengebundenes System).
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day_off
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von day_off »

thh hat geschrieben: Mittwoch 13. November 2019, 13:02 Theoretisch ja [...] sie werden derzeit aber nur für genehmigte Homeoffice-Arbeitsplätze und für E-Akte-Pilotanwender eingerichtet
Vielen Dank für den Hinweis! Super, dass es inzwischen Laptops gibt, vor ein paar Jahren waren es bei uns noch Desktop-PCs. =D>

Aber das ist genau so ein Punkt: es wird (hier jedenfalls IuK-seitig) nicht als Standard betrachtet, dass Richterinnen und Richter regelmäßig oder situativ jenseits der Amtsstube arbeiten möchten.

Und wenn man das doch möchte, dann muss man als „Extrawurst“ einen Homeoffice-Arbeitsplatz beantragen.

Hast Du da Praxiserfahrung? Ist diese Genehmigung ein Pro-forma-Ding oder eher ein Politikum?
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thh
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von thh »

day_off hat geschrieben: Donnerstag 14. November 2019, 10:24Vielen Dank für den Hinweis! Super, dass es inzwischen Laptops gibt, vor ein paar Jahren waren es bei uns noch Desktop-PCs. =D>
Man kann (nach dem Tablet-Desaster im letzten Rollout) über die technische Ausstattung (Lenovo Yoga, 2 große Bildschirme an jedem Arbeitsplatz) wirklich derzeit nicht meckern.
day_off hat geschrieben: Donnerstag 14. November 2019, 10:24Aber das ist genau so ein Punkt: es wird (hier jedenfalls IuK-seitig) nicht als Standard betrachtet, dass Richterinnen und Richter regelmäßig oder situativ jenseits der Amtsstube arbeiten möchten.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum man das nicht in der Breite ausrollt. Die technischen Voraussetzungen sind offensichtlich vorhanden. Mag sein, dass die Kapazitäten an den VPN-Terminatoren noch nicht ausreichen, mag auch sein, dass da kopfzahlabhängig (Lizenz-)Kosten entstehen ... Fakt ist jedenfalls nach meiner Kenntnis der kommunizierte Stand.

Es ist aber - wenn man keinen Zugriff auf das interne Netz braucht, d.h. weder die Fachanwendung (forumSTAR ...) noch seinen Mailaccount - auch kein Problem, am Dienst-Laptop oder an einem privaten Gerät zuhause zu arbeiten. Für den Datentransfer gibt es auf Anfrage bei der Verwaltung Krypto-USB-Sticks, außerdem gibt es - was wenig bekannt ist - eine landesinterne Cloudlösung für den Datentransfer. Und schon seit 15 Jahren gibt es auf Anfrage Kennungen für Beck-Online und Juris für den heimischen Arbeitsplatz.
day_off hat geschrieben: Donnerstag 14. November 2019, 10:24Und wenn man das doch möchte, dann muss man als „Extrawurst“ einen Homeoffice-Arbeitsplatz beantragen.
Oder E-Akte-Anwender sein. :) MIt der E-Akte soll das wohl auch in der Breite ausgerollt werden.
day_off hat geschrieben: Donnerstag 14. November 2019, 10:24Hast Du da Praxiserfahrung? Ist diese Genehmigung ein Pro-forma-Ding oder eher ein Politikum?
Da muss ich passen - ich arbeite in einem Zweig der Justiz, der weder persönlich noch sachlich unabhängig ist (und in der Regel seine Arbeit am Arbeitsplatz zu verrichten hat). ;)
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von CptEinsicht »

Während meiner zweijährigen Zeit an einem kleineren Amtsgericht in der schwäbischen Provinz (5,0 AKA Richter) hab ich Heimarbeit selten bis nie in Anspruch genommen. Hatte das Gefühl, dass es bei Assessoren eher ungern gesehen ist, auch wenn das so natürlich niemand gesagt hat.
Ein Kollege hat einen Heimarbeitsplatz beantragt, bis das alles genehmigt und eingerichtet war hat es fast 1 Jahr gedauert. Das dürfte sich aber auf Dauer wie bereits geschrieben mit Einführung der E-Akte erledigen.

Der/die/das Direktor/in hat auf jeden Fall großen Wert darauf gelegt, dass man durch eine evtl Abwesenheit keinen Vertretungsfall auslöst oder den Geschäftsstellen Mehrarbeit verursacht.

Zudem dürfte es auch vom Referatszuschnitt abhängen, ob sich Heimarbeit mehr oder weniger anbietet. Wenn man F-Sachen machen darf/muss, kommen Eilsachen öfter vor als wenn man ein Strafreferat hat. Und wer Unterbringung macht muss eigentlich sowieso immer auf Abruf bereit sein, wobei man das ja auch im Homeoffice sein muss und dann im Zweifel doch noch kommen muss.

Meine Theorie ist: Je größer das Gericht und je kleiner der Anteil an schwäbischen Beschäftigten, umso weniger wird man schräg angeschaut wenn man von seinen richterlichen Freiheiten Gebrauch macht.
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Tibor
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von Tibor »

Und vor 10 Jahren wurde hier über Face-Time in Großbuden gewitzelt. Erschreckend.
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von Liz »

Tibor hat geschrieben: Freitag 15. November 2019, 00:31 Und vor 10 Jahren wurde hier über Face-Time in Großbuden gewitzelt. Erschreckend.
Nun ja, FaceTime in der Justiz dürfte allerdings typischerweise bedeuten, man lässt sich irgendwann zwischen 9 und 15 Uhr mal im Gericht blicken und verursacht nicht beständig durch seine Abwesenheit Mehrarbeit bei allen anderen. Gerade bei 5 AKA am Amtsgericht (= sehr viele Akten und auch relativ viele Eilsachen) merkt man vermutlich ziemlich schnell, wenn ein Kollege nur an zwei Tagen in der Woche kurz zur Aktenbearbeitung ins Gericht kommt.
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von Kasimir »

Liz hat geschrieben: Freitag 15. November 2019, 08:26
Tibor hat geschrieben: Freitag 15. November 2019, 00:31 Und vor 10 Jahren wurde hier über Face-Time in Großbuden gewitzelt. Erschreckend.
Nun ja, FaceTime in der Justiz dürfte allerdings typischerweise bedeuten, man lässt sich irgendwann zwischen 9 und 15 Uhr mal im Gericht blicken und verursacht nicht beständig durch seine Abwesenheit Mehrarbeit bei allen anderen. Gerade bei 5 AKA am Amtsgericht (= sehr viele Akten und auch relativ viele Eilsachen) merkt man vermutlich ziemlich schnell, wenn ein Kollege nur an zwei Tagen in der Woche kurz zur Aktenbearbeitung ins Gericht kommt.
Ja. Gerade bei AG scheint es mir auch sinnvoll zu sein, wenn die Richter tatsächlich vor Ort sind. Am OLG oder sonstigen Instanzgerichten mag die Arbeitsweise etwas anders sein und es kann ausreichen, wenn mann nur 2-3mal pro Woche da ist.

Ansonsten gilt halt die alte Regel, dass man erreichbar sein muss. Dass ein Richter auch im Home Office per E-Mail und Telefon für Geschäftsstelle, Kollegen und die Parteien erreichbar sein sollte, ist Voraussetzung. Home Office soll ja nicht bedeuten, dass man "abgemeldet" ist. Das sollte sich aber durch VPN und Diensthandy eigentlich einrichten lassen. Das funktioniert in Anwaltskanzleien ja auch mittlerweile recht gut.
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von Tibor »

Über VoIP kann man beim Telefon sogar einen anderen Standort beim Angerufenen suggerieren...
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von Liz »

@Kasimir: Die Erreichbarkeit des Richters für die Parteien scheinst Du mir überzubewerten. Mir fällt in den letzten Monaten eigentlich kein Telefonat mit einem Anwalt ein, das so dringend gewesen wäre, dass es nicht schriftlich oder am nächsten oder übernächsten Tag durch einen Rückruf zu erledigen gewesen wäre oder dies nicht sogar zweckmäßiger gewesen wäre, als unvorbereitet ohne Akte (und ohne den Gegner) irgendwelche Fragen zu erörtern. Üblicherweise rufen die Parteien doch an, wenn sie vorfühlen wollen, ob sie es wagen können, irgendeinen Antrag zu stellen, oder wenn sie ganz subtil Rechtsfragen / Prozessstrategien diskutieren wollen.
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von Kasimir »

Liz hat geschrieben: Freitag 15. November 2019, 09:37 @Kasimir: Die Erreichbarkeit des Richters für die Parteien scheinst Du mir überzubewerten. Mir fällt in den letzten Monaten eigentlich kein Telefonat mit einem Anwalt ein, das so dringend gewesen wäre, dass es nicht schriftlich oder am nächsten oder übernächsten Tag durch einen Rückruf zu erledigen gewesen wäre oder dies nicht sogar zweckmäßiger gewesen wäre, als unvorbereitet ohne Akte (und ohne den Gegner) irgendwelche Fragen zu erörtern. Üblicherweise rufen die Parteien doch an, wenn sie vorfühlen wollen, ob sie es wagen können, irgendeinen Antrag zu stellen, oder wenn sie ganz subtil Rechtsfragen / Prozessstrategien diskutieren wollen.
Ich glaube das ist eine Frage der Perspektive. Aus Sicht des Richters mögen viele Telefonate nicht dringlich sein. Für die Parteien mag dies allerdings anders sein. Oftmals geht es ja auch um organisatorische Fragen. Ich erlebe es z.B. oft, dass Richter gedankenlos die persönliche Anwesenheit von Organmitgliedern verfügen, was häufig zu extremer Aufregung bei den Mandanten führt. Wenn man dann den Richter anruft, stellt sich heraus, dass dies nur so verfügt worden ist, weil man das immer so mache, aber er die Verfügung auch gerne aufheben könne. Ähnlich ist es mit Terminsverlegungsanträgen etc. Das kann man doch besser per E-Mail (oder nun beA) oder Telefon abstimmen, als schriftlich.
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von Liz »

Kasimir hat geschrieben: Freitag 15. November 2019, 10:34 Ich glaube das ist eine Frage der Perspektive. Aus Sicht des Richters mögen viele Telefonate nicht dringlich sein. Für die Parteien mag dies allerdings anders sein. Oftmals geht es ja auch um organisatorische Fragen. Ich erlebe es z.B. oft, dass Richter gedankenlos die persönliche Anwesenheit von Organmitgliedern verfügen, was häufig zu extremer Aufregung bei den Mandanten führt. Wenn man dann den Richter anruft, stellt sich heraus, dass dies nur so verfügt worden ist, weil man das immer so mache, aber er die Verfügung auch gerne aufheben könne. Ähnlich ist es mit Terminsverlegungsanträgen etc. Das kann man doch besser per E-Mail (oder nun beA) oder Telefon abstimmen, als schriftlich.
Sicherlich mag es Fälle geben, wo das kurze Telefonat hilfreich sein kann, aber die Frage, ob der Herr Vorstandsvorsitzender tatsächlich persönlich erscheinen muss, dürfte ja wohl in den seltensten Fällen so dringend sein, dass sie sofort umgehend per Telefon geklärt werden muss (normalerweise wird ja recht weiträumig terminiert) - zumal § 141 Abs. 3 ZPO in aller Regel hilft und allenfalls die halbe Aufregung rechtfertigt. In vielen Fällen könnte ich Dir aber spontan am Telefon auch keine qualifizierte Antwort geben, zumal es dann mit der erforderlichen Dokumentation (Telefonvermerk) auf Seiten des Gerichts meist mehr Aufwand ist, als wenn der Anwalt kurz schriftlich um Mitteilung bittet, ob wirklich der Vorstandsvorsitzende erscheinen soll, und dieses Schreiben zusammen mit der Akte vorgelegt wird.

Aber es wollte z. B. auch schon ein Anwalt mit mir am Telefon in einer (mir noch unbekannten, neu übernommenen) Kammersache diskutieren, ob eine Rubrumsberichtigung möglich ist oder doch eine subjektive Klageänderung erforderlich ist; dass ich die Akte noch nicht kenne, hatte ihm schon die Geschäftsstelle versucht zu erklären...
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von day_off »

CptEinsicht hat geschrieben: Freitag 15. November 2019, 00:20Der/die/das Direktor/in hat auf jeden Fall großen Wert darauf gelegt, dass man durch eine evtl Abwesenheit keinen Vertretungsfall auslöst oder den Geschäftsstellen Mehrarbeit verursacht.

[...]

Meine Theorie ist: Je größer das Gericht und je kleiner der Anteil an schwäbischen Beschäftigten, umso weniger wird man schräg angeschaut wenn man von seinen richterlichen Freiheiten Gebrauch macht.
Das ist natürlich genau das, um was es mir geht.

Dienstliche Gründe VS „kulturelle Phänomene.“

Erreichbarkeit im Homeoffice, keine (gehäuften) Vertretungsfälle und keine Verbiegungen bei den Servicekollegen... versteht sich alles von selbst. Es geht, wie gesagt, um die (zeitgemäße) Organisation der Arbeit und nicht um deren Vermeidung.

Bin nur nicht (mehr) bereit grundsätzlich zu akzeptieren, dass ich wie in jedem anderen Bürojob jeden Tag 9to5 in der Amtsstube absitzen muss, nur weil ältere Direktorinnen/Direktoren/sonst. redelsführende Kollegen der Auffassung sind, dass nur arbeitet, wer im Büro sitzt und frei hat, wer zu Hause ist.

Habe das als Assessor an einem kleineren AG (Zivilreferat) erlebt: zwei Verhandlungstage (geschenkt!) und dann drei Tage fast ausschließlich im Kämmerchen gesessen, um Post zu machen und Urteile zu pinseln. Hätte ich mir da nur die Arbeitswege gespart, hätte das erheblich zur Effektivität beigetragen.

Könnte mir, bei klassischem Zivil- oder Strafreferat an mittelgroßem AG, gut vorstellen: zwei Verhandlungstage, ein (halber) Bürotag und zwei Tage Homeoffice (bei sichergestellter Erreichbarkeit, von mir aus auch ohne Zugang zu Fachanwendungen u.ä.).

Fabuliere ich hier? :D
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von day_off »

thh hat geschrieben: Donnerstag 14. November 2019, 17:21Es ist aber - wenn man keinen Zugriff auf das interne Netz braucht, d.h. weder die Fachanwendung (forumSTAR ...) noch seinen Mailaccount - auch kein Problem, am Dienst-Laptop oder an einem privaten Gerät zuhause zu arbeiten. Für den Datentransfer gibt es auf Anfrage bei der Verwaltung Krypto-USB-Sticks, außerdem gibt es - was wenig bekannt ist - eine landesinterne Cloudlösung für den Datentransfer. Und schon seit 15 Jahren gibt es auf Anfrage Kennungen für Beck-Online und Juris für den heimischen Arbeitsplatz.
Super, danke!
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Re: Die Praxis der richterlichen Freiheit

Beitrag von Kasimir »

day_off hat geschrieben: Freitag 15. November 2019, 14:26
CptEinsicht hat geschrieben: Freitag 15. November 2019, 00:20Der/die/das Direktor/in hat auf jeden Fall großen Wert darauf gelegt, dass man durch eine evtl Abwesenheit keinen Vertretungsfall auslöst oder den Geschäftsstellen Mehrarbeit verursacht.

[...]

Meine Theorie ist: Je größer das Gericht und je kleiner der Anteil an schwäbischen Beschäftigten, umso weniger wird man schräg angeschaut wenn man von seinen richterlichen Freiheiten Gebrauch macht.
Das ist natürlich genau das, um was es mir geht.

Dienstliche Gründe VS „kulturelle Phänomene.“

Erreichbarkeit im Homeoffice, keine (gehäuften) Vertretungsfälle und keine Verbiegungen bei den Servicekollegen... versteht sich alles von selbst. Es geht, wie gesagt, um die (zeitgemäße) Organisation der Arbeit und nicht um deren Vermeidung.

Bin nur nicht (mehr) bereit grundsätzlich zu akzeptieren, dass ich wie in jedem anderen Bürojob jeden Tag 9to5 in der Amtsstube absitzen muss, nur weil ältere Direktorinnen/Direktoren/sonst. redelsführende Kollegen der Auffassung sind, dass nur arbeitet, wer im Büro sitzt und frei hat, wer zu Hause ist.

Habe das als Assessor an einem kleineren AG (Zivilreferat) erlebt: zwei Verhandlungstage (geschenkt!) und dann drei Tage fast ausschließlich im Kämmerchen gesessen, um Post zu machen und Urteile zu pinseln. Hätte ich mir da nur die Arbeitswege gespart, hätte das erheblich zur Effektivität beigetragen.

Könnte mir, bei klassischem Zivil- oder Strafreferat an mittelgroßem AG, gut vorstellen: zwei Verhandlungstage, ein (halber) Bürotag und zwei Tage Homeoffice (bei sichergestellter Erreichbarkeit, von mir aus auch ohne Zugang zu Fachanwendungen u.ä.).

Fabuliere ich hier? :D
Ich komme da nur auf viereinhalb Arbeitstage?

Und wenn es für einen Richter eine so große Belastung ist, dass er in der Regel von 9 bis 5 im Gericht am Schreibtisch sitzt... Ich halte die richterliche Unabhängigkeit nicht dadurch gefährdet, dass man eben nicht in einem derartigen Umfang von Zuhause aus arbeiten kann. Wenn es organisatorisch geht (wie z.B. bei Obergerichten etc.), dann ist es ja OK, aber ansonsten gehört nunmal dazu, dass man vor Ort bzw. erreichbar ist.
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