Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

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Strich
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Strich »

Omnimodofacturus hat geschrieben: Dienstag 21. Juli 2020, 23:02
Strich hat geschrieben: Dienstag 21. Juli 2020, 15:53 VG Magdeburg
Beschluss vom 10.07.2020
5 B 187/20

Von einem rechtswegübergreifenden Einsatz in der Probezeit habe ich allerdings noch nie gehört.
Ist das in Sachsen-Anhalt Standard. Und wenn nein: Was ist dann hier falsch gelaufen?
Das verstehe ich nicht? Sowohl hier als auch in Thüringen als auch in Sachsen wird man sowohl bei der StA als auch bei der Oordentlichen als auch bei der Fachgerichtsbarkeit eingesetzt. Diese Proberichterin wurde jetzt nur bei der Fachgerichtsbarkeit eingesetzt.

Ich finde folgenden Teil der Begründung ganz interessant:
Die anhand der gezeigten Leistungen im Richterverhältnis auf Probe durch den Dienstherrn zu beurteilende Eignung bezieht sich dabei nicht etwa auf das - so weder existente noch inhaltlich bestimmbare - Amt eines „Richters auf Lebenszeit“. Maßgeblicher Bezugspunkt der Erprobung sind die Anforderungen, die an einen Richter auf Lebenszeit im Eingangsamt in dem jeweiligen Gerichtszweig bzw. - soweit verschiedene Eingangsämter innerhalb der Gerichtszweige bestehen - an dem jeweiligen Gericht (Amtsgericht/Landgericht) gestellt werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Amt eines Richters im statusrechtlichen Sinne spezifische fachliche und persönliche Fähigkeiten erfordert, die während des Probedienstes entwickelt und festgestellt werden sollen und die Voraussetzung für die Ernennung zum Richter auf Lebenszeit sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.09.1996 – 2 C 39/95 –, juris, Rn. 29). Spezifische fachliche Fähigkeiten werden aber nur dann erworben, wenn der Proberichter auch die Aufgaben wahrnimmt die mit den jeweiligen Statusämtern verbunden sind. Die Bedeutung dieser fachspezifischen Erfahrungen zeigt sich auch an dem Umstand, dass in Besetzungsverfahren Anforderungsprofile ohne Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG richterliche Erfahrung gerade in bestimmten Gerichtszweigen voraussetzen können (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.07.2018 – 1 B 612/18 –, juris, Rn. 63).
Damit sind bei den Bewerbungen um Planrichterstellen alle Kollegen "raus", die gegen Kollegen antreten, die in der jeweiligen Planstelle schon erprobt wurden, wenn sie selbst noch nicht dort erprobt worden.
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Liz »

Das klingt mir tendenziell ergebnisorientiert.

Im nächsten Akt dann: Das Justizministerium zieht alle Proberichter des VG Magdeburg, die noch keine Planreife erlangt haben, ab und gibt ihnen die Gelegenheit an irgendeinem ländlichen AG unter Beweis zu stellen, dass sie auch über die spezifischen fachlichen und persönlichen Fähigkeiten verfügen, im Zivil-, Straf- und Betreuungsrecht eingesetzt zu werden.
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Strich »

Genau das wird die Konsequenz sein. Gut das ich jetzt alles gesehen habe ^^ LG, AG, VG, StA.
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Tibor »

Ist doch ganz einfach:

Proberichter --> wird erprobt --> Ernennungsanspruch auf eine erprobte Stelle
Lebenszeitrichter --> Bewerbung auf andere Stelle --> Bestenauslese

Die Proberichter stellen sich nach positiver Erprobung keiner Bestenauslese mehr, es geht nur um die Frage, ob die Erprobung auf die Stelle erfolgt ist. Deswegen kann auch ein "Querbewerber" nicht konkurrieren (bspw. Ausschreibung Lebenszeitstelle als RiVG für Proberichter am VG; dann kann sich ein bereits auf Lebenszeit ernannter RiAG nicht auf die Stelle querbewerben und sagen, er sei viel geeigneter). Weil also eine Bewerbung/Versetzung eines bereits auf Lebenszeit ernannten Richters also eine Bestenauslese auslöst, wird idR eine "Erprobung" durch Abordnung am besten dafür geeignet sein, sich in der Bestenauslese nach oben zu katapultieren.
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Liz »

Aber die Frage ist ja, ob ein Proberichter, der bis zur Erreichung der Planreife nur in einem Gerichtszweig erprobt worden ist, eine weitere Erprobung in einem anderen Bereich abwehren und dann auch nur im erprobten Bereich ernannt werden kann. Was aus Sicht der Fachgerichtsbarkeit möglicherweise noch logisch klingt ("wer nie am VG war, ist fachlich nicht als RiVG geeignet"), ist doch spätestens in der ordentlichen Gerichtsbarkeit hinfällig, weil man zum RiAG oder RiLG ernannt wird, ohne unbedingt in allen Bereichen des jeweiligen Gerichts erprobt worden zu sein.
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Tibor »

Ja, die spannende Frage ist dann, wie man "Gerichtszweig" versteht. Nach Lesart des VG (aaO) müsste es also "die Ordentliche" in toto sein; dann ist auch eine Erprobung als RiAG (Betreuung) geeignet, um eine Erprobung als RiLG (Strafkammer) zu ermöglichen. Ist freilich große Käse, weil allein die Ordentlich sehr heterogen ist.
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Liz »

Ja. Und es gibt ja auch keinen korrespondierenden Anspruch gegen das Präsidium in einem Bereich eingesetzt zu werden, in dem man bereits erprobt worden ist, sondern muss ggf. damit leben, dass man dann auf einmal Strafrecht machen soll, obwohl man das vorher noch nie gemacht hat. Ich wüsste aber jetzt nicht, weshalb ich als Familienrichterin besser als als Verwaltungsrichterin geeignet sein sollte und zwar in einem solchen Ausmaß, dass ich letzteres (nach Erlangung der Planreife) ohne vorherige Erprobung gar nicht machen darf/muss.
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Tibor »

Aber irgendwo muss man (willkürliche) Grenzen ziehen.
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Liz »

Was spricht denn dagegen grds. anzunehmen, dass ein Proberichter, der erfolgreich erprobt worden ist, an jedem Gericht ernannt werden kann und nur im Rahmen der Bestenauslese ggf. eine fachspezifische Erprobung bzw. Vortätigkeit von Relevanz ist?
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Spencer »

Liz hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 10:31 Im nächsten Akt dann: Das Justizministerium zieht alle Proberichter des VG Magdeburg, die noch keine Planreife erlangt haben, ab und gibt ihnen die Gelegenheit an irgendeinem ländlichen AG unter Beweis zu stellen, dass sie auch über die spezifischen fachlichen und persönlichen Fähigkeiten verfügen, im Zivil-, Straf- und Betreuungsrecht eingesetzt zu werden.
Wenn der Plan des JM sein sollte, bald gar keinen qualifizierten Nachwuchs mehr zu finden, der die anrollende Pensionierungswelle zumindest etwas abschwächt, sollte man genau so vorgehen ](*,)
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Liz »

Es scheint mir allerdings auch keine Lösung zu sein, eine Zweiklassengesellschaft bei den Proberichtern zu schaffen, indem man einerseits Proberichter (s. Strich) tlw. quer durch alle Gerichtsbarkeiten schickt und dann beliebig irgendwo ernennen kann und andererseits Proberichter exklusiv in einer Gerichtsbarkeit erprobt und ihnen dann ja offenbar auch einen passgenauen Ernennungsanspruch zubilligen möchte. Die Konsequenz aus Sicht des JM kann da nur sein, eine zu frühe Vorfestlegung zu verhindern.
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Spencer »

Liz hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 16:42 Es scheint mir allerdings auch keine Lösung zu sein, eine Zweiklassengesellschaft bei den Proberichtern zu schaffen, indem man einerseits Proberichter (s. Strich) tlw. quer durch alle Gerichtsbarkeiten schickt und dann beliebig irgendwo ernennen kann und andererseits Proberichter exklusiv in einer Gerichtsbarkeit erprobt und ihnen dann ja offenbar auch einen passgenauen Ernennungsanspruch zubilligen möchte.
Exakt so macht es die Verwaltungsgerichtsbarkeit in NRW! Man wird sogar bei dem VG verplant, bei dem man seine Probezeit absolviert hat. Im Flyer des OVG wirbt man folgerichtig auch damit:

„Die richterliche Tätigkeit in der Verwaltungsgerichtsbarkeit bietet auch in persönlicher Hinsicht Sicherheit. So erfolgt auch in der Probezeit regelmäßig keine Änderung des Einsatzortes.„

https://www.ovg.nrw.de/behoerde/stellen/10_zwi_einstellung/faltblatt_einstellungen_05_16.pdf (Verwaister Link automatisch entfernt)

Das könnte ein Grund dafür sein, warum die Verwaltungsgerichtsbarkeit hier - nach einem Engpass während der Asylwelle der Jahre 2016-2017- immer noch keine Nachwuchsprobleme hat.
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Strich »

Liz der "Verplanungsanspruch" besteht erst mit Vollendung des 4. Jahres. So ja schon OVG MV aus 2015. Erst ab diesem Zeitpunkt gibts keine Querversetzungen mehr, weil damit eben der Erprobungszweck nicht mehr erreicht werden kann (der Richter kann nicht mehr wegen fachlicher Ungeeignetheit entlassen werden, also wozu noch erproben, so die Gerichte).

Gerichtszweig meint im Übrigen Ordentliche/Fachgerichtsbarkeit, wobei das Gericht ja aaO ausdrücklich auf die verschiedenen Eingangsämter innerhalb einer Gerichtsbarkeit herunterbricht. Der ewige Landgerichtsproberichter hat dann das Nachsehen gegenüber dem Amtsgerichtsproberichter der sich auf eine Stelle am AG bewirbt.
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Liz »

@Spencer: Ich sage ja auch nicht, dass man das so nicht praktizieren kann. Aber man muss sich dann eben grundlegend überlegen, was man den (potentiellen) Proberichtern verspricht und ob man das auch praktisch so umsetzen kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es der Arbeitszufriedenheit eines planreifen Proberichters zuträglich ist, wenn ihm erklärt wird, er könne leider nicht am VG ernannt werden, weil dort Kollege X ernannt werden müsse, den man leider nirgends anders ernennen könne, während er doch seine volle Verwendungsbreite unter Beweis gestellt habe und deshalb doch für die Stelle am AG Pusemuckel wie geschaffen sei.
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Re: Ernennung auf Lebenszeit (§12 DRiG)

Beitrag von Tibor »

Liz hat geschrieben:Es scheint mir allerdings auch keine Lösung zu sein, eine Zweiklassengesellschaft bei den Proberichtern zu schaffen, indem man einerseits Proberichter (s. Strich) tlw. quer durch alle Gerichtsbarkeiten schickt und dann beliebig irgendwo ernennen kann und andererseits Proberichter exklusiv in einer Gerichtsbarkeit erprobt und ihnen dann ja offenbar auch einen passgenauen Ernennungsanspruch zubilligen möchte. Die Konsequenz aus Sicht des JM kann da nur sein, eine zu frühe Vorfestlegung zu verhindern.
Naja, die Lebenswirklichkeit ist auch nicht uniform; wahrscheinlich gibt es viele Jungproberichter mit 28/29, die auch fachlich noch nicht festgelegt sind und dementsprechend noch formbar bzw breit einsatzwillig sind. Dagegen wird es auch immer ProbeRi geben, die mit hinreichender Vertiefung (theoretisch/praktisch) kommen und gern nur in einem Gebiet arbeiten wollen. Ich hab noch nie verstanden, warum man einen 35-jährigen Quereinsteiger mit 5-6 Jahren Erfahrung als Anwalt im x_recht dann - entgegen eigenen Wunsches - in 36 Monaten auf drei Posten „erprobt“. Das ist doch nur darin begründet, weil der ProbeRi die einzige leicht verschiebbare Personalmasse darstellt. Das sind aber o.g. apokryphe „Erprobungsgründe“.
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