Letztlich bin ich nicht überzeugt:Theopa hat geschrieben: ↑Donnerstag 17. Juni 2021, 15:55Das ist aber ein wichtiger Punkt, da er das "Wieso" der hohen Vergütung in den USA wenigstens in großen Teilen erklären kann:
Wie viel verdient ein deutlich überdurchschnittlicher (wir unterstellen mal, dass Richter weiterhin ca. ein VB bzw. wenigstens um die 8 Punkte brauchen werden) Anwalt in Deutschland mit zehn Jahren Berufserfahrung und in einer Region die wirtschaftlich mit MA vergleichbar ist? Da dürfte der Schnitt im deutlich sechsstelligen Brutto liegen.
Wenn man in Deutschland entsprechende Personen in die Justiz bringen wollte, müsste man also auch deutlich höhere Angebote machen. Wer zehn Jahre lang als Anwalt praktiziert hat ist zudem oft nicht mehr in einem Alter, in dem man kleine Kinder hat und daher den Staatsdienst als Teilzeit-Möglichkeit sieht, womit es keinen wirklichen Grund mehr gäbe nur aufgrund dieser Option mal eben auf einen großen Teil des Einkommens zu verzichten.
Es liegt insgesamt nahe, dass Richter in den USA ebenfalls deutlich geringer bezahlt werden könnten, wenn die Zielgruppe für die Einstellung 27-30 jährige Berufsanfänger wären und es eine lebenslange Job-Garantie gäbe.
Dazu darf man eben auch nicht vergessen, dass die Gehälter in den USA gerade im hochqualifizierten Bereich oftmals schlicht höher ausfallen als hier. Man muss also auch darauf achten, was Anwälte dort verdienen wo die Richter praktizieren. Falls diese ebenfalls wesentlich mehr verdienen als deutsche Kollegen, wäre das US-Richtergehalt im Verhältnis dazu zu sehen.
1. Die Anwaltschaft hat ihre eigene Diskussion angemessener Gebühren. Es verfängt daher mE nicht, die Richterbesoldung auf Gedeih und Verderb an die durchschnittlichen Anwaltseinkommen zu "ketten". Wenn die deutschen Anwälte im Durchschnitt weniger als ihre US-Kollegen verdienen sollten, was ich gar nicht in Abrede nehmen möchte, dann sicher nicht, weil sie Minderleister sind. Unsere anwaltlichen Gehaltsstrukturen müssen ja nicht "richtig" sein. Sie sind auch nicht gleichsam in Stein gemeißelt und unterliegen ihrerseits vielfältigen Anpassungsmöglichkeiten.
2. Die sich möglicherweise anschließende Diskussion um die richtige relative Bezugsgröße aus dem Bereich anderer Einkommen zur Bewertung der Richtereinkommen im jeweiligen Nationalstaat wurde immer mal wieder geführt: Rechtsanwälte? Alle juristischen Berufe? Alle Berufe, die einen Hochschulabschluss voraussetzen? Nur die geisteswissenschaftlichen Absolventen aus dieser Gruppe? Oder doch das Medianeinkommen bezogen auf alle Berufstätigen? Für alle Ansätze lassen sich gute Argumente entwickeln, wenn man den sozio-ökonomischen Bezugsrahmen entsprechend anpasst.
3. Allein mit dem Argument der Rekrutierbarkeit kann man die Diskussion über gerechte Gehaltsstrukturen nicht führen; damit verengt man das Feld der zulässigen Argumente dafür, was eine gerechte Besoldung dieser Berufsgruppe ausmacht, viel zu sehr. Mal davon abgesehen ist die Pension im genannten US-Beispielsstaat Mass. mit 75% des letzten Richtereinkommens selbst bei nur relativ kurzer Amtszeit schon für sich genommen ein starkes Argument, diesen Job anzunehmen.