Richterbesoldung

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

Antworten
Benutzeravatar
Tibor
Fossil
Fossil
Beiträge: 16446
Registriert: Mittwoch 9. Januar 2013, 23:09
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Tibor »

Das Existenzminimum ist das Existenzminimum, egal ob du Lehrer, Richter, Lidlveräufer, Busfahrer oder Assi bist.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
Liz
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 3246
Registriert: Sonntag 22. Oktober 2017, 17:03
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Liz »

Tibor hat geschrieben:
Liz hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben: Donnerstag 3. Dezember 2020, 18:32 „Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist nach wie vor davon auszugehen, ...“

Da hat jemand seine Amtsermittlungspflicht eklatant verletzt.
Realistischerweise wird es doch aus den letzten Jahr(zehnt)en keine Äußerung des Gesetzgebers dazu geben, wie er denn überhaupt die Beamtenbesoldung bemessen hat, sondern es ist immer nur nach Kassenlage entschieden worden, inwieweit die tradierte Besoldung angehoben oder abgesenkt wird. Dann hilft aber auch keine Amtsermittlung.
Ich meinte das mit Bestandsaufnahme der Lebenswirklichkeit. Aus meiner Alterskohorte sind mir kaum 0% Arbeit-Mütter bekannt. Das Gros der Mütter ist vielleicht 3 Jahre komplett zu Hause und steigert sich dann von 50% auf 80-90% Stellen entsprechend der Altersentwicklung der Kinder. Der ÖffD kann da keine Ausnahme sein, indem man den Beamtengattinnen dann 0%-Arbeit bis ans Lebensende ermöglicht, weil Herr Amtsgerichtsrat mit R1 in Düsseldorf jeden Monat 6.000€ Netto nach Hause trägt.
Klar. Aber der Gesetzgeber muss sich dann schon an seinem Konzept festhalten lassen. Dass er seit Jahren kein Konzept mehr hat oder sein Konzept längst überholt ist (möglicherweise ja auch, weil derzeit gar keine amtsangemessene Besoldung gewährt wird), entlastet ihn nicht.
Liz
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 3246
Registriert: Sonntag 22. Oktober 2017, 17:03
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Liz »

Tibor hat geschrieben:Das Existenzminimum ist das Existenzminimum, egal ob du Lehrer, Richter, Lidlveräufer, Busfahrer oder Assi bist.
Die Wahrung des Existenzminimums + 15 % in der untersten Dienstgruppe ist ja nach BVerfG die Mindestanforderung. Damit ist aber nichts darüber gesagt, was denn der RiOLG mit Ehefrau und drei Kindern monatlich für eine amtsangemessene Besoldung haben muss. Wahrscheinlich aber mehr als 1,15 x aktueller ALG II-Satz.
Benutzeravatar
Tibor
Fossil
Fossil
Beiträge: 16446
Registriert: Mittwoch 9. Januar 2013, 23:09
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Tibor »

Ja, die +15% sind doch der Zuschlag (Mindestabstand) für die Arbeit. Der unterhaltsbedürftige Angehörige arbeitet ja jetzt gerade nicht.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
Liz
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 3246
Registriert: Sonntag 22. Oktober 2017, 17:03
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Liz »

Das BVerfG hat bei den + 15 % aber bislang nicht danach differenziert, welches Familienmitglied arbeiten geht, sondern fordert unterschiedslos ALG II für die ganze Familie plus min. 15 %. Mir schiene es auch wenig überzeugend, wenn der einfache Wachtmeister mit Frau und drei Kindern dann nur noch bei ALG II + 3 % wäre, weil es nur für ihn den Zuschlag von 15 % gibt.
Benutzeravatar
Tibor
Fossil
Fossil
Beiträge: 16446
Registriert: Mittwoch 9. Januar 2013, 23:09
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Tibor »

Und ist es überzeugender, die persönliche Entscheidung von Eheleuten 6 Kinder zu haben, und die Frau dafür 20 Jahre nicht arbeiten zu lassen, dem Ehemann (RiAG) nun monatlich einen Sold von 3x R1 zu zahlen?

Entschuldige, aber das ist politisch alles absolut unvertretbare Elfenbeinturmkacke aus Karlsruhe. Das wird kein Gesetzgeber so machen. Das trägt nicht einmal der konservative CDU‘ler mit.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
OJ1988
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 4499
Registriert: Freitag 24. Januar 2014, 21:54
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Richterbesoldung

Beitrag von OJ1988 »

Tibor hat geschrieben: Donnerstag 3. Dezember 2020, 20:21 Und ist es überzeugender, die persönliche Entscheidung von Eheleuten 6 Kinder zu haben, und die Frau dafür 20 Jahre nicht arbeiten zu lassen, dem Ehemann (RiAG) nun monatlich einen Sold von 3x R1 zu zahlen?

Entschuldige, aber das ist politisch alles absolut unvertretbare Elfenbeinturmkacke aus Karlsruhe. Das wird kein Gesetzgeber so machen. Das trägt nicht einmal der konservative CDU‘ler mit.
Lies doch mal die Tz. fertig.
Benutzeravatar
Tibor
Fossil
Fossil
Beiträge: 16446
Registriert: Mittwoch 9. Januar 2013, 23:09
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Tibor »

Das meine ich doch, lieber OJ. Aber dieser Autor der NVwZ verkennt das diametral und unser lieber Joshua hinterfragt ja auch nicht.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
Joshua
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 1644
Registriert: Freitag 31. August 2007, 14:53

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Joshua »

Die Argumente sollten hier etwas besser abgewogen werden.

Arg.:

Der Gesetzgeber sollte danach differenzieren, ob der Richter in der Großstadt oder auf dem Land lebt.

Nein, sollte er nicht und wird er nicht.

Denn das widerstrebte fast allem, was das BVerfG will.

Nämlich gerade auch die Nachwuchsrekrutierung sichern. Und schon heute ist es schwer, jemanden zu bewegen, zu einem AG Hintertupfingen zu gehen. Warum soll der, der das macht, jetzt die teurere Wohnung des Berliner Richter "quersubventionieren"?

Zudem korrelieren hohe Lebenshaltungskosten in Großstädten meist auch mit Lebensqualität. Der Berliner Richter hat zB ein reichhaltiges kulturelles Angebot als der RiAG Hintertupfingen, der am Abend nur fernsehen kann.

Zudem wäre es ein verheerendes Signal, dem RiAG Hintertupfingen neben dem Malus Hintertupfingen nun auch noch ein geringeres Gehalt auf den Lohnzettel zu schreiben, damit er auch schwar auf weiß sieht, weniger wert zu sein.

Wie kann man eigentlich derartigen Unfug propagieren?

„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“
Egon Bahr 2013
Joshua
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 1644
Registriert: Freitag 31. August 2007, 14:53

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Joshua »

Tibor hat geschrieben: Donnerstag 3. Dezember 2020, 20:43 Das meine ich doch, lieber OJ. Aber dieser Autor der NVwZ verkennt das diametral und unser lieber Joshua hinterfragt ja auch nicht.
Was hinterfrage ich nicht?

„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“
Egon Bahr 2013
Joshua
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 1644
Registriert: Freitag 31. August 2007, 14:53

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Joshua »

Tibor hat geschrieben: Donnerstag 3. Dezember 2020, 19:23 Natürlich, wünschenswert wäre es. Das BVerfG hat ja auch für den Ortszuschlag freundliche Worte gefunden.

Heute ist der FamZuschlag ja nur an den Eheschluss und das Vorhandensein von Kindern geknüpft. Richtig wäre es - wenn man an Unterhaltspflichten knüpft - tatsächliche Nicht-Arbeitstätigkeit des Partners wegen Kindererziehung auf bestimmtes Alter der Kinder und bestimmte %-Sätze Nichtarbeit zu beschränken. Die Welt ist eben nicht mehr darauf angelegt, dass Frauchen 0% schaffen geht, bis die Teenager zur Unistadt wegziehen. Eine Begrenzung auf 12. Geburtstag der Kinder wäre sinnvoll. Ebenso kann natürlich ein Anreiz zur Arbeit gelegt werden, indem man eben den Partnerzuschlag nach Alter und Zahl der Kinder staffelt. Für einen weiteren Kinderzuschlag sehe ich neben KiFB/KiG eigentlich keinen Platz.
Warum soll sich der Staat denn in die Lebensentwürfe derart einmischen?

„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“
Egon Bahr 2013
Liz
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 3246
Registriert: Sonntag 22. Oktober 2017, 17:03
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Liz »

Aber der Verweis auf die Zuschläge heißt m. E. nur, dass der Besoldungsgeber nicht gehalten ist, dem alleinstehenden Beamten das Gleiche auszuzahlen, wie dem Beamten mit Ehepartner und zwei Kindern. Aber auch der Beamte mit vier oder sechs Kindern muss amtsangemessen alimentiert werden, was bereits in der untersten Dienstgruppe ALG II + 15 % heißt.
Benutzeravatar
Tibor
Fossil
Fossil
Beiträge: 16446
Registriert: Mittwoch 9. Januar 2013, 23:09
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Tibor »

Wenn man Alimentation betont (und das macht der von dir zitierte Autor hinsichtlich Familienverhältnissen), dann muss du das schon konsequent machen oder du findest durchbrechend bessere Argumente (wegen mir gegen Zersiedelung der Landschaft oder keine weitere Urbanisierung, Verhinderung von Pendlertum Stadt —> Land oder Verhinderung Pendlertum Land —> Stadt, Sicherstellung ausgewogener Bewohnermischung auf dem Land etc pp). Man kann da sicherlich Argumente pro/Contra finden, aber man kann nicht ein Argument überbetonen und meinen den Rest unter den Tisch fallen zu lassen. Dazu sollte man auch berücksichtigen, welchen Einfluss der Staat sonst auf Wohnkosten hatte und hat und wie er die Leute aufs Dorf bekommt (studiert wird ja idR in der Stadt). Ich persönlich könnte mir bspw eine Alimentation mit Wohnkostenbeachtung vorstellen, genauso einmalige Anreizprämien für Jungassessoren zum Erwerb von Bestandsimmobilien auf dem Dorf, wenn sie sich dann für 20 Jahre in Hintertupfingen verpflichten.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
Joshua
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 1644
Registriert: Freitag 31. August 2007, 14:53

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Joshua »

Warum sollte sich jemand für 20 Jahre verpflichten sollen, im unwürdigen Schacher gegen "Anreizprämien" für Dorfimmobilien?

Wie weit willst du unseren Berufsstand eigentlich noch abwerten?

Dann wird man nur noch Graupen für diesen Job rekrutieren, wenn sich der Staat anmaßt, sich in die Lebensentwürfe derart dirigistisch einzumischen.

„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“
Egon Bahr 2013
Benutzeravatar
Tibor
Fossil
Fossil
Beiträge: 16446
Registriert: Mittwoch 9. Januar 2013, 23:09
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Richterbesoldung

Beitrag von Tibor »

Die Länder finden ja ohnehin nur noch Minderleister. Wer klar bei Verstand ist, der geht ja in die Großkanzlei!
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
Antworten