Tibor hat geschrieben: ↑Mittwoch 8. Juni 2022, 08:53
ok, let's talk about Amtsangemessenheit.
Wir haben hier Funktions- und Ausbildungsvergleich.
Ausbildungsvergleich = System der Besoldungsgruppen = Universitätsabschluss = höherer Dienst. Check. Also bewegen sich im Vergleich die Richter unweigerlich zwischen A13 und B10.
Nun zur Funktion? Wenn sich dieser Begriff aus althergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums ableiten lässt, dann müssen wir also auch zurückblicken. Der alteingesessene Amtsrichter hatte in der Kleinstadt ein Ansehen wie der Bürgermeister, Schuldirektor, Pfarrer. Der Jungassessor war darunter angesiedelt. Also sind wir auch nicht weiter, als zu sagen ok, ein Äquivalent für Amtsrichter in der Spannbreite A13-A14 wäre wohl ok. Der Landrichter in der Stadt stand eine Stufe höher: Gymnasialdirektor, Klinikchef etc., also eben A14-B2?
Kommen wir so weiter? Nein!
Ich finde den Ansatz nicht verkehrt. Wieso kommt man so nicht weiter?
Tibor hat geschrieben: ↑Mittwoch 8. Juni 2022, 08:53
...Auch das wohlfeile Argument der "Nichtbestechlichkeit" ist sehr an den Haaren herbeigezogen, denn genauso könnte man H4 erhöhen, dass die Leute bitte nicht mehr klauen.
Das ist ein schlechter Witz oder? Der Grund, warum sich Sozialhilfesysteme politikrichtungsübergreifend durchgesetzt haben, ist gerade, dass die Leute dann weniger klauen und "nerven". Oder anders ausgedrückt: Die Linke will die Sozialhilfe, wegen der "sozialen Ungerechtigkeit" wie auch immer das im Einzelfall gerade ausdekliniert wird. Die Rechte will die Sozialhilfe, weil man schon vor über 300 Jahren erkannt hat, dass eine ausgeprägte Schicht an Einkommenslosen destabilisierend auf die Gesellschaft wirkt. Irgendwo dazwischen handelt die Gesellschaft dann Harz 4 aus.
Oder um es noch anders auszudrücken: Wenn du morgen Harz 4 abschaffst, bist du doch nicht ernsthaft der Meinung, dass sich die Leute zum sterben auf die Straße legen? Es ist doch klar was dann passiert. Ergo ist der Ansatz sowohl des BVerfG als auch das Korruptionsargument legitim und bei weitem nicht so einfach wegzuwischen, wie du es versuchst.
Tibor hat geschrieben: ↑Mittwoch 8. Juni 2022, 08:53
Im Kern geht es nur um Perpetuierung einer Überversorgung der verklärten Vergangenheit. Das lässt aber vollständig außen vor, dass es mehr Richter je Einwohner gibt, als noch 1870, 1920, 1950 oder 1970. Es gibt auch vielfältig andere Aufgaben. Der Richter ist auch viel mehr in das staatliche System eingebunden, als ein kleiner Amtsrichterkönig 1925. Zudem verkennt diese Rückschauverklärung, dass der Richter früher ungerechtfertigt ungleich behandelt wurde.
Ja stimmt, mit Ausnahme der Wertungen (Überversorgung, verklärt, vollständig). Ich frage mich nur, wer diese Rückschau anstellt. Wenn du meinst, die komme daher weil hier auf hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentum abgestellt wird, verkennst du, dass das hergebracht zwar rechtshistorisch gemeint ist, die Gründe für die konkrete Höhe der Versorgung heute aber andere sind. Natürlich will ich keine Versorgung wie 1925.
Tibor hat geschrieben: ↑Mittwoch 8. Juni 2022, 08:53
Richterberuf oder akademische Berufe waren gerade nicht für Jedermann zugänglich und das Gros der Gesellschaft hatte einen bewusst gesteuerten niedrigeren Lebensstandard. Wir sind aber davon weg, dass es niedrige Stände gibt, denen wir Armut, Sorge und kurzes Leben einfach so aufoktroyieren könnten.
Ich bin mir nicht ganz sicher, was ich damit anfangen soll? Einerseits stimmt die Aussage schlicht nicht, dass das Gro der Gesellschaft einen bewusst gesteuerten niedrigeren Lebenststandard hatte. Dieser hat in Europa mit der Industrialisierung doch erheblich in allen Schichten zugelegt. Zum anderen sind Richterberufe auch heute noch nicht für Jedermann zugänglich. Meine Verwirrung mit diesem Argument bleibt im Übrigen auch bestehen, wenn ich einfach mal unterstelle, dass irgendwas aufoktroyiert und der Lebensstandard niedrig gehalten wurde, sodass wir uns darüber eigentlich nicht streiten müssen?
Tibor hat geschrieben: ↑Mittwoch 8. Juni 2022, 08:53
Es gibt eben keine begründbaren Abstände im Lebensstil zwischen Filialleiter Aldi und Amtsrichter. Entsprechend gibt es keinen begründbaren Anspruch als langjähriger Richter mit einem Großkanzleianwalt verglichen zu werden etc pp.
Ihr dreht euch mit der Alimentationsidee alle im Kreis, weil es vermeintlich schöne Begründungen liefert.
Nein du drehst dich im Kreis: du behauptest einfach, dass die Aldikassiererin/Filialleiterin und der Richter sich gesellschaftlich nicht unterscheiden, was m.E. eine begründungsbedürftie Aussage ist. Das Gegenteil scheint mir nämlich zunächst einmal in Anbetracht der verschiedenen Aufagben plausibler zu sein. Zuallerletzt habe ich auch noch nichts zu meinem eigentlich Kernargument gehört. Das war nämlich mitnichten irgendeine Rückschau, sondern die Aussage, dass das Alimentationsprinzip auch der Ausgleich dafür ist, dass ich mein Gehalt nicht wie Arbeitnehmer verhandeln kann/nicht streiken darf und es keine Tarifvertragsparteien gibt.