Re: Richterbesoldung
Verfasst: Sonntag 20. Juni 2021, 22:43
Ja, eine Diffamierung ist immerhin eine Aussage.
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Wo wird denn nach deiner Überzeugung in dem Zitatschnipsel was von Gerechtigkeit iS einer „gerechten Bezahlung“ gesagt? Was ist Gerechtigkeit in deinem Sinne? Soll gerechte Besoldung sein, dass man das „Ansehen“ in der Bevölkerung berücksichtigt? Meine Güte, nach den Klatschorigien für die Pflege im letzten Frühjahr gab es oft einen Zehner mehr im Monat. Soviel zur Bedeutung des Ansehens. Respekt/Ansehen verschafft sich die Justiz durch gute Arbeit, nicht durch überkommene Alimentationsmodelle.Joshua hat geschrieben: ↑Sonntag 20. Juni 2021, 22:39Quelle: https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 00418.htmlZu den auf der zweiten Stufe zu untersuchenden alimentationsrelevanten Kriterien zählen neben dem Ansehen des Amtes in der Gesellschaft sowie der vom Amtsinhaber geforderten Ausbildung und Beanspruchung (vgl. BVerfGE 44, 249 <265>; 99, 300 <315>; 114, 258 <288>; 130, 263 <292>; 139, 64 <120 f. Rn. 116>; 140, 240 <289 Rn. 99>) vor allem die besondere Qualität der Tätigkeit und Verantwortung eines Richters oder Staatsanwalts, die Entwicklung der Qualifikation der eingestellten Bewerber, der Vergleich mit den durchschnittlichen Bruttoverdiensten sozialversicherungspflichtig Beschäftigter mit vergleichbarer Qualifikation und Verantwortung sowie die Entwicklungen im Bereich der Beihilfe und der Versorgung (vgl. BVerfGE 139, 64 <121 Rn. 116>; 140, 240 <290 Rn. 99>).
Von wegen also, Gerechtigkeitsargumente, die an den "Wert" einer Arbeit anknüpfen, seien unzulässig. Sie sind im Gegenteil verfassungsrechtlich geboten.
Ihr Weglassen wäre verfassungswidrig.
Ach da drückt der Schuh. Es sollte sich aber niemand in seiner bescheidenen Berufsehre gekränkt fühlen. Daher: 15.000 €/Monat auch für jeden Landrichter, Vorsitzende 20% on top, Rechtspfleger 1/3.
Wenn die Alimentation früher (!) tatsächlich an Vollversorgung eines Haushalts des Richters angeknüpft hat, dann wäre es nur richtig, wenn die Besoldung insoweit "abgerutscht" ist. Wir versuchen in anderen Politikfeldern den Gender-Pay-Gap zu verhindern und diskutieren über Folgebelastungswirkungen bzw. mittelbare Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit von Frauen/Müttern; dann kann man nicht ernsthaft einem "Haushaltsvorstand" einen Sold zumessen, der die Arbeit des anderen Partners völlig sinnentleert bzw. zu einer Überalimentation führt. Das System würde überkommende Rollenbilder (einer arbeitet, der andere kümmert sich um den Haushalt) zementieren und das ganz unmittelbar durch Lohngefügegestaltung. Dann brauchen wir auch nicht mehr über Gender-Pay-Gap in der freien Wirtschaft diskutieren, wenn DAS verfassungsfester Bestandteil der staatlichen Beamtenbesoldung sein soll. Ganz konkret: Jeder staatliche Eingriff in das Lohngefüge der freien Wirtschaft mit diesem Ziel wäre sogar verfassungswidrig, wenn der Staat selbst entgegenstehende Maßnahmen verfolgen muss.OJ1988 hat geschrieben: ↑Montag 21. Juni 2021, 07:53 Wie hat sich eigentlich das Verhältnis des durchschnittlichen „Richternettoeinstiegsgehalts“ (derzeit ca. 3100 €, wobei Kosten der PKV schon abgezogen sind) zum Mediannettoeinkommen im Laufe der Zeit entwickelt? Sind wir von einem Vielfachen auf heute ca. 150% abgerutscht?
Es geht mir nicht um den (angeblichen) Gender-Pay-Gap oder Ähnliches, ich würde nur gerne wissen, ob sich die Richterbesoldungen tatsächlich immer mehr dem Median genähert haben. Mein Vergleichsmaßstab ist der Richter-Single (egal ob m/w/d) einerseits und der Median-Single andererseits.Tibor hat geschrieben: ↑Montag 21. Juni 2021, 08:26Wenn die Alimentation früher (!) tatsächlich an Vollversorgung eines Haushalts des Richters angeknüpft hat, dann wäre es nur richtig, wenn die Besoldung insoweit "abgerutscht" ist. Wir versuchen in anderen Politikfeldern den Gender-Pay-Gap zu verhindern und diskutieren über Folgebelastungswirkungen bzw. mittelbare Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit von Frauen/Müttern; dann kann man nicht ernsthaft einem "Haushaltsvorstand" einen Sold zumessen, der die Arbeit des anderen Partners völlig sinnentleert bzw. zu einer Überalimentation führt. Das System würde überkommende Rollenbilder (einer arbeitet, der andere kümmert sich um den Haushalt) zementieren und das ganz unmittelbar durch Lohngefügegestaltung. Dann brauchen wir auch nicht mehr über Gender-Pay-Gap in der freien Wirtschaft diskutieren, wenn DAS verfassungsfester Bestandteil der staatlichen Beamtenbesoldung sein soll. Ganz konkret: Jeder staatliche Eingriff in das Lohngefüge der freien Wirtschaft mit diesem Ziel wäre sogar verfassungswidrig, wenn der Staat selbst entgegenstehende Maßnahmen verfolgen muss.OJ1988 hat geschrieben: ↑Montag 21. Juni 2021, 07:53 Wie hat sich eigentlich das Verhältnis des durchschnittlichen „Richternettoeinstiegsgehalts“ (derzeit ca. 3100 €, wobei Kosten der PKV schon abgezogen sind) zum Mediannettoeinkommen im Laufe der Zeit entwickelt? Sind wir von einem Vielfachen auf heute ca. 150% abgerutscht?
Mag sein, aber der Betrag war nicht "gegriffen". Hier wurde ja zu erklären versucht, dass nach dem Verständnis des referenziellen anglo-amerikanischen Rechtskreises ein Richter wegen einer vermeintlichen Hierarchie und aus Gründen der "demokratischen Hygiene" mehr verdienen müsse als ein Abgeordneter. Das fand der Sachverständige gola20 ziemlich überzeugend. Gemünzt auf Deutschland: Ein MdB bekommt derzeit gut 10.000 € monatliche Entschädigung zzgl. ca. 4.400 € steuerfreier Kostenpauschale. Was also sollte ein Amtsrichter mit voller (aber wohl nicht über den Einzefall bindender) Normverwerfungskompetenz verdienen?
Ja. Die Beamtenbesoldung insgesamt hat sich nicht im selben Maß entwickelt wie das Durchschnittseinkommen. Auch in den letzten Jahren wurden regelmäßig immer wieder die Tarifabschlüsse aus dem öffentl. Dienst nicht in gleicher Höhe und/oder nicht zur gleichen Zeit übernommen, was die Abstände weiter vergrößert. Bei Vergleichen muss man übrigens auch prüfen, was sie umfassen; bspw. sind (wohl nicht nur in Ba-Wü, sondern in vielen Ländern) in den letzten Jahren oder Jahrzehnten Zusatzzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) entfallen und auf die Besoldung "verteilt" worden, aber natürlich nicht in voller Höhe. Wenn man also nicht Jahres-, sondern Monatseinkommen vergleicht, entsteht ein scheinbarer Anstieg, der so real nicht vorliegt.OJ1988 hat geschrieben: ↑Montag 21. Juni 2021, 07:53Wie hat sich eigentlich das Verhältnis des durchschnittlichen „Richternettoeinstiegsgehalts“ (derzeit ca. 3100 €, wobei Kosten der PKV schon abgezogen sind) zum Mediannettoeinkommen im Laufe der Zeit entwickelt? Sind wir von einem Vielfachen auf heute ca. 150% abgerutscht?