NSU-Prozess

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sai
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von sai »

OJ1988 hat geschrieben: Montag 16. Juli 2018, 07:15
sai hat geschrieben: Montag 16. Juli 2018, 06:53
OJ1988 hat geschrieben: Sonntag 15. Juli 2018, 21:57 Mmh ja. Selbst wenn man die getroffenen Feststellungen als richtig unterstellt - ein "In den Händen halten" der Tatausführung sieht m.E. anders aus. Auf die Revision darf man gespannt sein.
Ist nach der Rechtsprechung ja auch nicht notwendig, sondern allenfalls Indiz für die Mittäterschaft.
Das ist mir schon klar ;)
Warum kritisierst du das dann an der Entscheidung?
Herr Anwalt
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Herr Anwalt »

Ich würde sagen, wir warten mal die schriftlichen Urteilsgründe ab.
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Ara
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Ara »

Das heißt wir pausieren hier für 364364 Millionen Wochen? (Ich glaube thh hatte das sogar hier irgendwo ausgerechnet)
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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famulus
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von famulus »

Also ich komme nur auf 81 Wochen. :)
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Herr Anwalt »

Ich meine es sind 91 oder 93.
Aber vorher macht es doch kaum Sinn.
Wir kennen den Sachverhalt nicht erschöpfend.
Maßgeblich wird m.E. die Frage nach der Tatherrschaft sein. Das können wir nur beurteilen, wenn wir Umstände kennen nach denen Zschäpe die Taten in den Händen gehalten hat, oder eben auch nicht.
Viel interessanter finde ich die Problematik, dass der BGH ja keine eigene Würdigung unternimmt, sondern die Würdigung des OLG nur dahingehend überprüft ob der Sachverhalt richtig ermittelt wurde, ob das Ergebnis schlechthin unhaltbar ist aufgrund der Beweiswürdigung. Deshalb wird eine erfolgreiche Sachrüge schwierig werden.
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von immer locker bleiben »

JS hat geschrieben: Sonntag 15. Juli 2018, 21:28
https://www.justiz.bayern.de/gerichte-und-behoerden/oberlandesgerichte/muenchen/presse/2018/79.php hat geschrieben:Zur Überzeugung des Senats steht überdies fest, dass die Hauptangeklagte Mittäterin der abgeurteilten Mordtaten, Raubüberfälle und Bombenattentate gewesen ist. Der Senat schließt dies insbesondere aus dem Umstand, dass die verübten Taten politisch motiviert waren, wobei nach dem gemeinsamen Tatplan von vornherein beabsichtigt war, ein Bekennervideo erst im Falle des Auffliegens zu veröffentlichen. Ferner war nach dem gemeinsamen Tatplan beabsichtigt, in diesem Fall sämtliche Beweismittel zu vernichten. Aus diesem Grund übernahm die Hauptangeklagte die Aufgabe, sich während der Tatausführungen im Bereich der konspirativen Wohnung aufzuhalten, damit von ihr alle Beweismittel durch Brandlegung vernichtet werden können. Zudem sollte sie das Bekennervideo veröffentlichen, weil nur in diesem Fall das gemeinsame politisch-ideologische Ziel der Mordtaten zu erreichen war. Dem NSU kam es nämlich nach den Feststellungen des Senats darauf an, durch die Veröffentlichung des Videos ausländische Bevölkerungsschichten in Angst und Schrecken zu versetzen.
Überzeugend ist meiner Meinung nach anders.
DAS soll der gemeinsame Tatplan gewesen sein? Das liest sich so konstruiert, dass man sich wirklich fragt, ob das Gericht das selbst glaubt, oder ob hier nur mit aller Macht ein Schuldspruch erfolgen sollte, um die politischen Gemüten zu besänftigen.
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Ara
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Ara »

Herr Anwalt hat geschrieben: Montag 16. Juli 2018, 11:03 Viel interessanter finde ich die Problematik, dass der BGH ja keine eigene Würdigung unternimmt, sondern die Würdigung des OLG nur dahingehend überprüft ob der Sachverhalt richtig ermittelt wurde, ob das Ergebnis schlechthin unhaltbar ist aufgrund der Beweiswürdigung. Deshalb wird eine erfolgreiche Sachrüge schwierig werden.
Nene du hast das Prinzip der Revision nicht verstanden. Der BGH-Richter (bzw. der HiWi) hört in seinen Bauch rein und fragt sich, ob ihm das Ergebnis gefällt. Wenn es ihm gefällt, dann bügelt er alles ab mit "freie richterliche Beweiswürdigung". Wenn es ihm nicht gefällt, dann sagt er "schlechthin unhaltbar" :D

Ne aber ernsthaft: Ich sehe hier schon Potential, dass der BGH mit der Annahme der Täterschaft seine Probleme hat und zwar soweit, dass es auch revisionsrechtlich überprüfbar ist. Aber ansonsten ja: Man muss die schriftlichen Urteilsgründe abwarten.
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Herr Anwalt »

An den gemeinsamen Tatplan werden idR keine allzu hohen Anforderungen gestellt.
Der Richter hat eigentlich deutlich mehr zum Tatplan gesagt, die Pressemitteilung ist leider einfach schlecht.
So würde es wohl in der Tat kaum ausreichen.
Ich glaube der Knackpunkt wird eher bei der Tatherrschaft liegen und darin, dass der 3. Strafsenat damit recht restriktiv umgeht.
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von thh »

famulus hat geschrieben: Montag 16. Juli 2018, 10:54 Also ich komme nur auf 81 Wochen. :)
Die Urteilsabsetzungsfrist beträgt grundsätzlich 5 Wochen. Hat die HV länger als 3 Tage gedauert, sind es 7 Wochen. Hat die HV länger als 10 Tage gedauert, sind es zusätzliche zwei Wochen für jeden Abschnitt von 10 Verhandlungstagen.

Also gilt: für die ersten 10 Tage sind es 7 Wochen, danach kommen für jeweils volle 10 Tage zwei Wochen dazu.

Es wurde 438 Tage verhandelt. Geteilt durch 10 sind das 43 Abschnitte von 10 Tagen, das sind also 86 Wochen. Hinzu kommen die 7 Wochen für die ersten 8 Tage, also 93 Wochen. - Wie Du auf 81 Wochen kommst, erschließt sich mir nicht.
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famulus
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von famulus »

Ich hatte bei Wikipedia irgendwas von 373 (oder so) HV-Tagen gelesen. Im Meyer-Goßner steht "bei 11-20 Tagen 9 Wochen, bei 21-30 Tagen 11 Wochen usw.", dass dann halt hochskaliert. So als Erschließungshilfe. Aber es hatte wohl schon die Tagesanzahl nicht gestimmt (373 Tage war wohl allein die Beweisaufnahme). Bei 43x komme ich jedenfalls auch auf 93 Wochen.
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von OJ1988 »

sai hat geschrieben: Montag 16. Juli 2018, 08:06
OJ1988 hat geschrieben: Montag 16. Juli 2018, 07:15
sai hat geschrieben: Montag 16. Juli 2018, 06:53
OJ1988 hat geschrieben: Sonntag 15. Juli 2018, 21:57 Mmh ja. Selbst wenn man die getroffenen Feststellungen als richtig unterstellt - ein "In den Händen halten" der Tatausführung sieht m.E. anders aus. Auf die Revision darf man gespannt sein.
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Weil die Annahme von Mittäterschaft positiv begründet werden muss. Durch das etwaige Fehlen eines dafür wesentlichen Indiz wird das nunmal naturgemäß schwieriger. Den vollständigen Urteilstext kenne ich freilich auch nicht, so dass man in der Tat abzuwarten hat.
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Der Zeitraum für die Urteilsabsetzung wird sicherlich noch sehr relevant werden können. Habe kürzlich gelesen, dass Götzl nun Vizepräsident am neuen obersten Landesgericht in Bayern werden soll. Es erinnert mich etwas an eine Entscheidung des BVerfG (2 BvR 2057/05) zur Anwendung des Beschleunigungsgebotes, welches auch eine Pflicht enthalte, gerichtsorganisatorische Maßnahmen zu unterlassen, die der beschleunigten Bearbeitung entgegen stehen. Nicht 1:1 übertragbar, weil seine Stelle wohl eine Beförderungsamt sein dürfte (und es komisch wäre, wenn ihm der Zugang zu dem Amt unmöglich wäre), aber ein gewisses Störgefühl löst es schon bei mir aus. Ich habe die justiznahe Presseberichterstattung nicht sorgfältig verfolgt, aber ich hoffe sehr, dass nicht von Anfang mit der Ausreizung dieser Frist geplant wird (auch das ist nach der genannten Entscheidung des BVerfG unzulässig).
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Herr Anwalt »

Ich finde, es hat nicht gerade eine besonders gute Außenwirkung, wenn der Vorsitzende Richter des NSU-Prozesses unmittelbar danach befördert wird.
Klar. Man kann umgekehrt auch nicht sagen: "Nur weil er das Verfahren geführt hat, kann man ihn ja nicht nicht befördern." Trotzdem sieht es nicht schön aus.
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von immer locker bleiben »

Quantensprung hat geschrieben: Montag 16. Juli 2018, 16:12 Der Zeitraum für die Urteilsabsetzung wird sicherlich noch sehr relevant werden können. Habe kürzlich gelesen, dass Götzl nun Vizepräsident am neuen obersten Landesgericht in Bayern werden soll.
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von thh »

famulus hat geschrieben: Montag 16. Juli 2018, 13:20(373 Tage war wohl allein die Beweisaufnahme)
Ja, laut Berichterstattung 374 Tage Beweisaufnahme, 9 Tage Plädoyer des GBA, 19 Tage Plädoyers der Nebenklage, 17 Tage Plädoyers der Verteidigung (immer wieder natürlich unterbrochen durch Antrage, teilweise auch mit Wiedereintritt in die Beweisaufnahme).
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