Disserationsthread

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OJ1988
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Re: Disserationsthread

Beitrag von OJ1988 »

jurapeasant hat geschrieben: Mittwoch 5. Dezember 2018, 18:18
OJ1988 hat geschrieben: Mittwoch 5. Dezember 2018, 17:59
Suchender_ hat geschrieben: Mittwoch 5. Dezember 2018, 17:46 Was spricht dagegen, sich schlicht ein Thema (also eine Frage) zu suchen und diese dann zu beantworten versuchen, wobei man sich je nach Fragestellung (ist diese empirischer, rechtspolitischer oder dogmatischer Natur) eine Vorgehensweise überlegt, die in sich stimmig und nachvollziehbar erscheint und diese dann konsequent durchzieht unter Anstrengung des eigenen Verstandes und Judiz?
This.
Gar nichts. Aber das beantwortet nicht meine Frage. Was sollte dagegen sprechen, sich erst einmal einen Überblick über die angewendeten Methoden zu verschaffen? Letzteres erweist sich als schwieriger als gedacht. Woher soll ich das wissen, bevor ich nicht die Frage dazu gestellt habe.
Methodik ist kein Selbstzweck. Wie mein Vorredner bereits erläutert hat, richtet sich die Auswahl der Methode nach der Art der Fragestellung (in deinen Worten: Nach der "Modalität des Erkenntnisgewinns").
guardini
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Re: Disserationsthread

Beitrag von guardini »

Ich kann mich der hier bereits geäußerten Skepsis nur anschließen. Die meisten juristischen Dissertationen behandeln doch eine sehr schlichte Frage: Was ist geltendes Recht? Zum Abschluss wird vielleicht noch ein rechtspolitischer Ausblick anhand der Frage gewagt: Was wäre zweckmäßiges Recht?

Ich warne davor, den eigenen Anspruch an den rechtstheoretischen Unterbau der Arbeit zu hoch zu hängen. Ich kenne einige Doktorarbeiten, die 20 bis 30 völlig belanglose Seiten über allgemeine Fragen der Rechtsmethodik abledern, um dann im Ergebnis nur das zu tun, was alle anderen auch machen. Im besten Fall ist das überflüssig, im schlimmsten wirkt es überspannt und hochtrabend. Anderes mag gelten, wenn man z.B. empirische Methoden heranzieht oder rechtsvergleichend tätig werden will (was übrigens außerordentlich anspruchsvoll ist, wenn man es ernsthaft betreibt). Und dann gibt es natürlich noch diejenigen Arbeiten, die sich mit wirklicher Grundlagenforschung befassen. Das hier anvisierte Gebiet des Kapitalmarktrechts scheint sich mir jedoch, mit Verlaub, eher auf der positiv-rechtlichen Ebene zu bewegen.
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Re: Disserationsthread

Beitrag von jurapeasant »

Suchender_ hat geschrieben: Mittwoch 5. Dezember 2018, 18:26 Aber du hast doch Jura studiert? Die meisten methodischen Vorgehensweisen liegen auf der Hand und ergeben sich aus der konkreten Fragestellung und der Natur der Sache.
Jura zu studieren und eine Dissertation zu schreiben sind doch zwei völlig verschiedene Sachen. Bei der einen sitzt man unter Zeitdruck an einem Streit, hat sich ggf. die gängigen Theorien reingehauen und haut dann in 10 Minuten eine "vertretbare" Lösung hin. Bei der Diss sitzt man 1 - 2 Jahre an einer Fragestellung. Aus dem Studium habe ich nur die "Auslegung" mitgenommen, die ich damals noch als synonym für die Frage nach dem logischen Sinn der Norm gehalten habe. Über die "meisten" anderen Methoden müsstest du mich tatsächlich aufklären.

Suchender_ hat geschrieben: Mittwoch 5. Dezember 2018, 18:26 Natürlich kann man alles verkomplizieren und tolle Namen dafür (er)finden, aber faktisch geht es bei Jura um reale Regeln für echte Menschen in der wirklichen Welt.
Die Wissenschaft lebt davon, sich auf Begrifflichkeiten zu einigen, um den Diskurs um selbige zu erleichtern.

Ansonsten stimme ich dir zu. Aber etwas anderes behaupte ich ja auch gar nicht. Aber ich kann gerne nochmal die Ausgangsfrage posten: Suche Literatur die Überblick über die jeweiligen zu gewinnenden Erkenntnisse mit samt der ihr zugrundeliegenden Methodik gibt.

Spontan würde mir übrigens auch nur die klassiche Auslegung und eine empirisch-praktische Analyse (Bedeutung in der Praxis) einfallen. Das können alle Methoden sein oder eben auch nicht. Vielleicht ist die Frage wirklich trivial. Oder auch nicht. Vielleicht ist die Frage wirklich so easy und ich habe sie nur vercheckt, da ich mich die letzten Wochen mit Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie im Allgemeinen auseinandergesetzt habe, oder eben nicht.
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Re: Disserationsthread

Beitrag von jurapeasant »

OJ1988 hat geschrieben: Mittwoch 5. Dezember 2018, 18:53
jurapeasant hat geschrieben: Mittwoch 5. Dezember 2018, 18:18
OJ1988 hat geschrieben: Mittwoch 5. Dezember 2018, 17:59
Suchender_ hat geschrieben: Mittwoch 5. Dezember 2018, 17:46 Was spricht dagegen, sich schlicht ein Thema (also eine Frage) zu suchen und diese dann zu beantworten versuchen, wobei man sich je nach Fragestellung (ist diese empirischer, rechtspolitischer oder dogmatischer Natur) eine Vorgehensweise überlegt, die in sich stimmig und nachvollziehbar erscheint und diese dann konsequent durchzieht unter Anstrengung des eigenen Verstandes und Judiz?
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Gar nichts. Aber das beantwortet nicht meine Frage. Was sollte dagegen sprechen, sich erst einmal einen Überblick über die angewendeten Methoden zu verschaffen? Letzteres erweist sich als schwieriger als gedacht. Woher soll ich das wissen, bevor ich nicht die Frage dazu gestellt habe.
Methodik ist kein Selbstzweck. Wie mein Vorredner bereits erläutert hat, richtet sich die Auswahl der Methode nach der Art der Fragestellung (in deinen Worten: Nach der "Modalität des Erkenntnisgewinns").
Richtig, sehe ich alles genauso. Methodik ist der Weg zum spezifischen Erkenntnisziel und durch diesen bereits in logischer (=folgerichtiger) Abhängigkeit bestimmt. Dann suche ich vielleicht nach einer Übersicht, die die möglichen Fragestellungen (Erkenntnisziele) aufzeigt und deren Methoden vorstellt.
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Re: Disserationsthread

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Es ist mir immer noch völlig unbegreiflich was du willst.

Es gibt juristische Methodenlehrbücher; diese sind allgemein bekannt und wurden bereits erwähnt.

"Mehr" als das gibt es nicht und es ist auch nicht erforderlich. Wofür auch? Für eine juristische Dissertation musst du dir ein Thema suchen, d.h. eine Fragestellung. Hast du diese, kannst du nach einer konkreten, sinnvollen Methode suchen, um die gestellte Frage zu beantworten.

Eine "abstrakte" Suche nach oder Darstellung von möglichen Methoden hat keinerlei Mehrwert, außer du möchtest eine "Meta-Arbeit" über die Möglichkeiten des Erkenntnisgewinns in verschiedenen Fachbereichen schreiben.
Praxiskommentar
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Re: Disserationsthread

Beitrag von Praxiskommentar »

Du bist mit dem klassischen Handwerkszeug "Auslegung nach Wortlaut, Systematik, Telos, Historie" schon gut bedient. Man geht auch in der Praxis genau mit diesem Handwerkszeug an die Sache. Du solltest diese Methodik nicht unterschätzen. Sie ist einerseits die anerkannte Arbeitsweise in der Juristerei, so wie andere Fachbereiche auch ihre anerkannten Wissenschaftsmethoden haben. Zudem drängt sich mir der Eindruck auf, dass du dir die Vorgehensweise vielleicht in der Praxis zu simpel vorstellst und sie deswegen als nicht hinreichend empfindest. Am Ende des Tages ist die Kunst, jeden Winkel auszuleuchten und das gelingt bei der ein oder anderen Frage auch nur anerkannten Wissenschaftlern gemeinsam. All diese Meinungsstreitigkeiten, die man sich im Studium und Ref im Zweifel einfach nur "reingehämmert" hat, sind ja das Ergebnis von teils jahre- oder gar jahrzehntelangen wissenschaftlichen Diskussionen und mit überzeugenden Argumenten aufwarten ist gerade deine Arbeit als Jurist in der Wissenschaft.

Daneben gibt es noch Rechtsvergleichung, was immer ein guter Ansatz ist, wenn man für seine eigene Rechtsordnung Lösungsansätze oder neue Auslegungsvarianten sucht. Auch das klingt einfacher als es ist, da es neben Kenntnissen der Sprache auch ein dezidiertes Verständnis für die andere Rechtsordnung erfordert.

Über die Auslegungsmethodik und Rechtsvergleichung gibt es unzählige Bücher. Wenn dich andere Forschungsvorgehensweisen interessieren, fällt mir, in dieser Reihenfolge, ein:

- Methodik der Rechtsvergleichung ("reine" Rechtsvergleichung folgt eigenen Regeln und Vorgehensweisen)
- Blick auf Auslegungsvorgehensweisen im Internationalen Recht und Europarecht
- Auslegungsmethodik in anderen nationalen Rechtsordnungen
- Forschungsmethodik in anderen Disziplinen, am Ehesten wohl in einem geisteswissenschaftlichen Fach
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Tibor
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Re: Disserationsthread

Beitrag von Tibor »

Für KapMarktR dürfte neben den klassischen Auslegungsmethoden insb. die Rechtsvergleichung und auch die ökonomische Theorie des Rechts von Bedeutung sein. Die Wissenschaftlichkeit der Arbeit ist dann, die Argumente nicht nur zu finden und darzulegen, sondern diese entsprechend zu bewerten und zu sinnvollen Ergebnissen zu führen.
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Re: Disserationsthread

Beitrag von Franggenjura »

Mich würde interessieren, wie du nun vorgegangen bist? Hast du das gesucht, was du gefunden hast?
Mit der Vorgabe eines Themas im Kapitalmarktrecht erübrigen sich mE viele rechtstheoretische Erwägungen. Wenn dich die Rechtstheorie als solche interessiert, hättest du dein Thema wohl selbst danach ausrichten müssen? Die sonstige Herangehensweise hängt von deinem konkreten Thema ab. Wie mein Vorschreiber meint, ist die ökonomische Analyse mittlerweile ein gängiger Behelf, im Übrigen auch sehr interessant.
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