Kann das der Maßstab sein? Wer entscheidet denn, wer sich ausgeschlossen fühlt und ab wann jemand, der sich darauf beruft, ein bestimmtes Verhalten oder Unterlassen verlangen darf? Wollen wir in einer Gesellschaft leben, in der jeder, der sich selbst als betroffen oder verletzt bezeichnet (eine Kontrolle soll ja nicht stattfinden), jedem anderen die Sprache diktieren können soll?Julia hat geschrieben: ↑Montag 10. Mai 2021, 12:14 Ich gendere mittlerweile auch, obwohl ich es anfangs blöd fand. Manchmal genügt auch einfach die Einsicht, dass es niemandem wehtut, und wenn sich stattdessen mehr Personen inkludiert fühlen - warum dann nicht einfach machen? Wer bin ich, darüber urteilen zu können, ob andere Personen sich dauerhaft ausgeschlossen fühlen?
Das Gendern lenkt - schon durch den auffälligen Stern, der in unserer Sprache sonst fast nie auftaucht - in jedem Text die Aufmerksamkeit auf das Geschlecht. Das ist ja auch gerade gewollt. Das finde ich in mehrfacher Hinsicht problematisch: Zum einen überbetont es das Geschlecht, welches m.E. in einer idealen Gesellschaft überhaupt keine Rolle spielen sollte (abgesehen von Partnersuche usw.). Zum anderen rückt es die Hauptbotschaft des Textes in den Hintergrund. Wenn ich etwa einen Fachtext oder Zeitungsbericht lese, möchte ich über ein politisches Geschehen oder juristische Hintergründe informiert werden. Stattdessen stolpere ich dauernd über einen Genderstern, der mir mitteilen soll: übrigens, wichtig!, es geht hier immer auch um Frauen.Auch an das Lesen des * gewöhnt man sich; anfangs empfand ich es als den Lesefluss störend und verstellend, mittlerweile nehme ich schon eher wahr, wenn irgendwo nur das generische Maskulinum steht. Daran merkt man dann auch selbst, dass es mit dem "Mitmeinen und -lesen" wohl doch nicht so weit her war.
Abgesehen davon ist die Argumentation für das Gendern nicht durchzuhalten. Es inkludiert ja nur das Geschlecht, andere atypische Merkmale dagegen nicht. Wenn ich "Richter*in" lese, denke ich zwar vielleicht an eine Frau genau wie an einen Mann. Aber assoziiert der durchschnittliche Leser damit auch Richter und Richterinnen mit dunkler Hautfarbe, mit Kopftuch, mit 130 kg? Wohl kaum.
Werden diese nun alle nicht gesehen? Sollte man die Sprache entsprechend anpassen, sodass es hieße: "Richter*in/dick-dünn/aller Ethnien"? Oder ist die Inklusion nur für Frauen/Menschen anderes Geschlechts erforderlich?