Praktische Handhabe des Verhältnis von Bestimmtheitsgebot zu Wesentlichkeitstheorie

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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ng15
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Praktische Handhabe des Verhältnis von Bestimmtheitsgebot zu Wesentlichkeitstheorie

Beitrag von ng15 »

Getrennt voneinander prüfen oder zusammen? Ist ersteres überhaupt noch vertretbar? Und ist die Problematik des Verhältnisses beider Rechtsfiguren zueinander gutachterlich zu erörtern oder bleibt es eher eine nicht zu erörternde Aufbaufrage?

Ich bedanke mich schonmal im Voraus für euren Input! \:D/
jona7317
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Re: Praktische Handhabe des Verhältnis von Bestimmtheitsgebot zu Wesentlichkeitstheorie

Beitrag von jona7317 »

Das Verhältnis von beiden würde ich nicht diskutieren, rein praktisch wird immer offensichtlich sein, wo der Schwerpunkt liegt.

Beim Bestimmtheitsgebot geht es in erster Linie um Rechtssicherheit, bei der Wesentlichkeitstheorie um die Absicherung der demokratischen Legitimation von Grundrechtseingriffen.
Klar scheitert eine nicht hinreichend bestimmte Norm oft auch daran, dass eine darin enthaltene Grundrechtsbeschränkung nicht in genügender Weise vom Parlamentsgesetzgeber selbst geregelt wurde. Wenn die Norm unbestimmt ist, entscheidet eben de facto allein Exekutive in ungenügend vorhersehbarer Weise über ihre Anwendung. Wenn die Entscheidung in besonderem Maße grundrechtsrelevant ist, ist dann natürlich auch die Wesentlichkeitstheorie verletzt, denn für Grundrechtsausübung wesentliche Entscheidungen darf der Parlamentsgesetzgeber nicht delegieren.

Damit gibt es zwar große Überschneidungen, ich würde aber sagen, dass nicht jede unbestimmte Norm auch automatisch die Wesentlichkeitstheorie/Parlamentsvorbehalt verletzt. Die Unbestimmtheit müsste sich dafür ja auf den für die Grundrechtsausübung wesentlichen Bereich beziehen, unzureichende Bestimmtheit ist aber auch außerhalb dessen denkbar.
Ein Zusammenspiel würde ich nur insoweit thematisieren, als an die Bestimmtheit bei besonders grundrechtsrelevanten Normen natürlich auch besonders hohe Anforderungen zu stellen sind.

Aber ob es in einem konkreten Fall entscheidend auf eine nicht hinzunehmende Rechtsunsicherheit ankommt oder eher auf ein Demokratiedefizit einer grundrechtserheblichen Exekutiventscheidung wirst du (zumindest in Klausuren) dem Sachverhalt eindeutig entnehmen können. Das Verhältnis sollte man denke ich nicht thematisieren.
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