Prozessuale Kopfschmerzen

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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AkademischeWaffe
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Prozessuale Kopfschmerzen

Beitrag von AkademischeWaffe »

Hi,

gerade einen Übungsfall am durcharbeiten und prozessuale Kopfschmerzen bekommen. Kurze Schilderung der Lage:

Vermieter V klagt auf Räumung und Herausgabe seiner Wohnung gegen Mieter M. Es wird ein schriftliches Vorverfahren angeordnet und M zeigt seine Verteidigungsbereitschaft nicht rechtzeitig an -> Versäumnisurteil. M legt Einspruch ein und beantragt die Aufhebung des Urteils und stattdessen die Abweisung der Klage.

Bearbeitervermerk: Wie wird über M's Antrag, die Klage des V abzuweisen, entscheiden?

Nach erfolgreicher Zulässigkeit des Einspruchs ist die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage zu prüfen.

Frage: Da aus Sicht des M gefragt ist... prüfe ich die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage des V oder z.B. eine Feststellungsklage des M oder bau ich das ganz anders auf?
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scndbesthand
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Re: Prozessuale Kopfschmerzen

Beitrag von scndbesthand »

Nach zulässigem Einspruch wird der Prozess in die Lage vor der Säumnis zurückversetzt. Nun also ganz normale Prüfung der Räumungsklage. Wenn zulässig und begründet, wird das VU aufrechterhalten, wenn unzulässig oder unbegründet, wird VU aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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AkademischeWaffe
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Re: Prozessuale Kopfschmerzen

Beitrag von AkademischeWaffe »

"Nun also ganz normale Prüfung der Räumungsklage."


Also die Räumungsklage des V prüfen aus Sicht des M? Der Antrag auf Abweisung der Klage des M hat Aussicht auf Erfolg, wenn die Räumungsklage des V unzulässig oder unbegründet ist?
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scndbesthand
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Re: Prozessuale Kopfschmerzen

Beitrag von scndbesthand »

Gefragt ist nach der Entscheidung des Gerichts, mithin nach dem Entscheidungstenor. Es wäre also verfehlt, zu sagen, das Gericht wird den Antrag auf Klageabweisung zurückweisen, denn die Klage ist zulässig und begründet. Es muss vielmehr ausgesprochen werden, ob das VU Bestand haben kann oder aufgehoben werden muss. Der Klageabweisungsantrag ist notwendiger Bestandteil der Einspruchsbegründung, aber nicht leitend für die Prüfungsabfolge.

Ich würde das wie folgt aufbauen:


I. Zulässigkeit des Einspruchs
….

II. Erfolgsaussichten Klage
Die Entscheidung über den Antrag des M hängt - nachdem der zulässige Einspruch den Prozess in die Lage vor der Säumnis zurückversetzt hat, § 3xx ZPO - von der Zulässigkeit und Begründetheit der Klage ab.

1. Zulässigkeit
Die Klage des V ist zulässig, da …

2. Begründetheit
Die Klage ist begründet, wenn dem V ein Räumungsanspruch gegen M in Bezug auf die Räume in „…, X-Str., … Geschoss“ zusteht….

III. Tenor
Da die Klage zulässig und begründet ist, wird das Gericht das Versäumnisurteil aufrechterhalten. (Ggf. Noch etwas zu Kosten, Fortsetzung Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung)

(Daraus folgt, dass das Gericht dem Klageabweisungsantrag des M nicht folgt.)
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Re: Prozessuale Kopfschmerzen

Beitrag von AkademischeWaffe »

Dankeschön
Brainiac
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Re: Prozessuale Kopfschmerzen

Beitrag von Brainiac »

Aufgrund der Fallfrage nehme ich an, dass es um eine Erstexamenskonstellation geht.

Ausführungen zu den prozessualen Nebenentscheidungen wären hier - auch unter Beachtung der Fallfrage, die auf die Hauptsacheentscheidung abstellt - mE fehl am Platze.

Dein Obersatz zu Beginn des Gutachtens sollte mE lauten: "Das Gericht wird das Versäumnisurteil des [Bezeichnung des Gerichts] vom [Datum] gem. §§ 342, 343 Satz 2 ZPO aufheben und die Klage des V abweisen, wenn der Einspruch zulässig und die Klage unzulässig oder unbegründet ist. Anderenfalls wird es das Versäumnisurteil aufrechterhalten, § 343 Satz 1 ZPO."

Dann bietet sich die folgende Prüfung an:
I. Zulässigkeit des Einspruchs (plus Überleitungssatz entsprechend der Rechtsfolge gem. § 342 ZPO)
II. Unzulässigkeit der Klage (da Prüfung aus Sicht des M und Oberstaz oben)
III. Unbegründetheit der Klage
IV. Ergebnis
"In a real sense, we are what we quote." - Geoffrey O'Brien
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