automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
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automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Wie ist das gängige Vorgehen der Staatsanwaltschaften bei einer Anzeige nach §184b?
Wird auch gegen den Anzeigeerstatter ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wenn aus der Anzeige hervorgeht, dass er selbst physikalischen Zugriff auf das strafbare Material hatte und ggf. eine Durchsuchung und Beschlagnahmung durchgeführt?
Diese Information findet sich nämlich auf einschlägigen Informationsseiten zum Umgang mit sog. Zufallsfunden.
Wird auch gegen den Anzeigeerstatter ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wenn aus der Anzeige hervorgeht, dass er selbst physikalischen Zugriff auf das strafbare Material hatte und ggf. eine Durchsuchung und Beschlagnahmung durchgeführt?
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- Ara
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Wenn ein Besitzwillen zu vermuten ist: Regelmäßig Ja.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Das dürfte relativ unstrittig sein.
Aber auch wenn jedoch ein Besitz- oder Beschaffungswillen nicht vorliegt, ist die Staatsanwaltschaft doch dennoch von Amtswegen zur Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens verpflichtet, da ein Besitz vorliegt?
Das bedeutet für mich, dass die Schuldfrage zu klären bleibt, da es sich aber um ein Verbrechen handelt, muss dies vor Gericht geschehen.
Denke ich da als juristischer Laie richtig oder übersehe ich Möglichkeiten?
Aber auch wenn jedoch ein Besitz- oder Beschaffungswillen nicht vorliegt, ist die Staatsanwaltschaft doch dennoch von Amtswegen zur Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens verpflichtet, da ein Besitz vorliegt?
Das bedeutet für mich, dass die Schuldfrage zu klären bleibt, da es sich aber um ein Verbrechen handelt, muss dies vor Gericht geschehen.
Denke ich da als juristischer Laie richtig oder übersehe ich Möglichkeiten?
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Bevor Missverständnisse aufkommen: Es geht mir nicht um (bekanntermaßen unerlaubte) Rechtsberatung, sondern um die politisch-gesellschaftliche Dimension.
Folgendes, hoffentlich als fiktiv erkennbares Beispiel: Die lokale Tageszeitung druckt ein Bild ab, das unter den §184b fällt.
Sollten sich nun wirklich alle arglosen Käufer und Abonnenten, die den Bezug überhaupt nicht verhindern können, im Mittelpunkt eines Ermittlungsverfahrens wiederfinden, das durch die Staatsanwaltschaft aufgrund der Verschärfung des §184b auch nicht mehr ohne weiteres wegen Geringfügigkeit o.ä. eingestellt werden kann?
Folgendes, hoffentlich als fiktiv erkennbares Beispiel: Die lokale Tageszeitung druckt ein Bild ab, das unter den §184b fällt.
Sollten sich nun wirklich alle arglosen Käufer und Abonnenten, die den Bezug überhaupt nicht verhindern können, im Mittelpunkt eines Ermittlungsverfahrens wiederfinden, das durch die Staatsanwaltschaft aufgrund der Verschärfung des §184b auch nicht mehr ohne weiteres wegen Geringfügigkeit o.ä. eingestellt werden kann?
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Man beachte § 854 Abs. 2 BGB; hier wird meiner Meinung nach im Einzelfall auf die Einigung abzustellen sein. Das zeitnahe Verhalten nach Erhalt des Bildes seitens des Empfängers wird damit eben auch relevant.Kleinstadtfranke hat geschrieben: ↑Samstag 18. März 2023, 00:00 Folgendes, hoffentlich als fiktiv erkennbares Beispiel: Die lokale Tageszeitung druckt ein Bild ab, das unter den §184b fällt.
Sollten sich nun wirklich alle arglosen Käufer und Abonnenten, die den Bezug überhaupt nicht verhindern können, im Mittelpunkt eines Ermittlungsverfahrens wiederfinden, das durch die Staatsanwaltschaft aufgrund der Verschärfung des §184b auch nicht mehr ohne weiteres wegen Geringfügigkeit o.ä. eingestellt werden kann?
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Nein. Wenn kein Besitzwille vorliegt, dann ist der Tatbestand nicht erfüllt und es fehlt bereits an einem Anfangsverdacht.Kleinstadtfranke hat geschrieben: ↑Freitag 17. März 2023, 23:54 Das dürfte relativ unstrittig sein.
Aber auch wenn jedoch ein Besitz- oder Beschaffungswillen nicht vorliegt, ist die Staatsanwaltschaft doch dennoch von Amtswegen zur Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens verpflichtet, da ein Besitz vorliegt?
Das bedeutet für mich, dass die Schuldfrage zu klären bleibt, da es sich aber um ein Verbrechen handelt, muss dies vor Gericht geschehen.
Denke ich da als juristischer Laie richtig oder übersehe ich Möglichkeiten?
Dein Zeitungsbeispiel ist etwas Praxisfern. In der Praxis gibts das Problem bei WhatsApp-Gruppen (insbesondere von Schülern) wo Kinderpornografie reingepostet wird und es automatisch auf alle Smartphones gespeichert wird. Normalerweise müsste man dann gegen alle Gruppenmitglieder ein Verfahren wegen des Verdachts des Besitzes von Kinderpornografie einleiten.
Seit der § 184b aber ein Verbrechen ist, sind einige Staatsanwaltschafte (gefühlt) aber deutlich restriktiver, weil die vermutlich selbst wissen, dass die aus den Verfahren gar nicht mehr rauskommen durch Einstellung/Strafbefehl. Daher wird häufig der Besitzwille direkt verneint, wobei man beim gleichen Sachverhalt vor der Reform ein Strafverfahren durchgeführt hätte.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Danke für die Erläuterung.
Also obliegt die Prüfung des Besitzwillens nicht dem Gericht, sondern auch der Staatsanwalt kann diese Einschätzung treffen und von einer Anklageerhebung absehen?
Also obliegt die Prüfung des Besitzwillens nicht dem Gericht, sondern auch der Staatsanwalt kann diese Einschätzung treffen und von einer Anklageerhebung absehen?
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Natürlich. Es ist in jedem Fall Aufgabe der Staatsanwaltschaft, nach Abschluss der Ermittlungen darüber zu entscheiden, ob hinreichender Tatverdacht vorliegt, d.h. eine Verurteilung überwiegend wahrscheinlich ist. Liegt kein Besitzwille vor, ist eine Verurteilung ausgeschlossen, also ist das Ermittlungsverfahren einzustellen.Kleinstadtfranke hat geschrieben: ↑Samstag 18. März 2023, 10:14Also obliegt die Prüfung des Besitzwillens nicht dem Gericht, sondern auch der Staatsanwalt kann diese Einschätzung treffen und von einer Anklageerhebung absehen?
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Dafür gibt es ja u.a. den § 153 StPO.Ara hat geschrieben: ↑Samstag 18. März 2023, 10:04Dein Zeitungsbeispiel ist etwas Praxisfern. In der Praxis gibts das Problem bei WhatsApp-Gruppen (insbesondere von Schülern) wo Kinderpornografie reingepostet wird und es automatisch auf alle Smartphones gespeichert wird. Normalerweise müsste man dann gegen alle Gruppenmitglieder ein Verfahren wegen des Verdachts des Besitzes von Kinderpornografie einleiten.
Wenn der Gesetzgeber hingegen meint, jeder Besitz auch nur einer kinderpornographischen Abbildung müsse ohne Möglichkeit der Einstellung oder Milderungsmöglichkeit mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet werden, dann muss das auch so sein. Wer das Bild sieht, hätte es ja sofort löschen können, so dass es am Besitzwillen erkennbar fehlt. Dass die Rechtsprechung traditionell sehr geringe Anforderungen an den Besitz kinderpornographischer Abbildungen stellt, nicht zuletzt, um Strafbarkeitslücken zu vermeiden, kann dem Gesetzgeber nicht verborgen geblieben sein, weil das allgemeinkundig ist und er fachlich beraten war. Wenn er sich entgegen den Stellungnahmen aus dem Bereich der Rechtsanwaltschaft und der Justiz dennoch dafür entscheidet, diese Strafnormen zu schaffen, weiß er, was er tut und erreichen will.
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Auch dir Dank für deine Ausführungen.
Sehe ich das richtig, dass diese Einstellung nach §153 StPO nicht mehr möglich ist, da der Besitz seit der Verschärfung immer ein Verbrechen darstellt?
Und ließe sich ein Besitzwillen bejahen, wenn die sofortige Löschung nur deswegen nicht erfolgt, weil man den Tatbestand zur Anzeige bringen und keine Beweismittel vernichten möchte?
Sorry für die aus eurer Sicht sicherlich naiven Fragen, ich bin als juristischer Laie nur gerade entsetzt, in welche Probleme man scheinbar unfreiwillig geraten kann.
Sehe ich das richtig, dass diese Einstellung nach §153 StPO nicht mehr möglich ist, da der Besitz seit der Verschärfung immer ein Verbrechen darstellt?
Und ließe sich ein Besitzwillen bejahen, wenn die sofortige Löschung nur deswegen nicht erfolgt, weil man den Tatbestand zur Anzeige bringen und keine Beweismittel vernichten möchte?
Sorry für die aus eurer Sicht sicherlich naiven Fragen, ich bin als juristischer Laie nur gerade entsetzt, in welche Probleme man scheinbar unfreiwillig geraten kann.
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Zum Hintergrund meiner Fragen, ich hoffe es fällt nicht unter das Rechtsberatungsverbot:
Ein Bekannter wurde deswegen erstinstanzlich zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt.
Er versicherte mir, dass er auf einem gebraucht gekauften Handy Bilder fand und damit unverzüglich zur Polizei ging. Die Anzeige wurde aufgenommen, einige Wochen später stand frühmorgens die Polizei zur Durchsuchung vor der Haustür und nahm elektronische Geräte im fünfstelligen Wert mit. Nun folgte das Urteil.
Mir erschien das alles wie eine Räuberpistole und es klang wie Schutzbehauptungen, aber je mehr ich mich mit der Materie beschäftigt habe, desto plausibler erscheint mir seine Darstellung.
Ein Bekannter wurde deswegen erstinstanzlich zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt.
Er versicherte mir, dass er auf einem gebraucht gekauften Handy Bilder fand und damit unverzüglich zur Polizei ging. Die Anzeige wurde aufgenommen, einige Wochen später stand frühmorgens die Polizei zur Durchsuchung vor der Haustür und nahm elektronische Geräte im fünfstelligen Wert mit. Nun folgte das Urteil.
Mir erschien das alles wie eine Räuberpistole und es klang wie Schutzbehauptungen, aber je mehr ich mich mit der Materie beschäftigt habe, desto plausibler erscheint mir seine Darstellung.
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Da würde ich doch mal leise die Frage aufwerfen, was sich denn auf den anderen Geräten so befand.
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Ich zitiere mal den Zeitungsartikel:
"strafmildernd bewertete Eichelsdörfner [die Richterin] die geringe Anzahl an gefundenen Bildern. [...] Die Experten der Zentralstelle Cybercrime konnten auf den sichergestellten Datenträgern insgesamt fünf Bilder identifizieren. [...] Außerdem zeigte sich der Angeklagte den Ermittlungsbehörden gegenüber kooperativ [...] weshalb sie dem Antrag des Staatsanwaltes folgte und gegen K. eine einjährige Haftstrafe verhängte, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Damit blieb das Gericht am untersten Rand des Möglichen."
Ich weiß halt nicht, was ich glauben soll...
"strafmildernd bewertete Eichelsdörfner [die Richterin] die geringe Anzahl an gefundenen Bildern. [...] Die Experten der Zentralstelle Cybercrime konnten auf den sichergestellten Datenträgern insgesamt fünf Bilder identifizieren. [...] Außerdem zeigte sich der Angeklagte den Ermittlungsbehörden gegenüber kooperativ [...] weshalb sie dem Antrag des Staatsanwaltes folgte und gegen K. eine einjährige Haftstrafe verhängte, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Damit blieb das Gericht am untersten Rand des Möglichen."
Ich weiß halt nicht, was ich glauben soll...
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Kleinstadtfranke hat geschrieben: ↑Samstag 18. März 2023, 13:01 Zum Hintergrund meiner Fragen, ich hoffe es fällt nicht unter das Rechtsberatungsverbot:
Ein Bekannter wurde deswegen erstinstanzlich zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt.
Waren es jetzt ein oder zwei Jahre? *verwirrt*Kleinstadtfranke hat geschrieben: ↑Samstag 18. März 2023, 17:46 Ich zitiere mal den Zeitungsartikel:
"strafmildernd bewertete Eichelsdörfner [die Richterin] die geringe Anzahl an gefundenen Bildern. [...] Die Experten der Zentralstelle Cybercrime konnten auf den sichergestellten Datenträgern insgesamt fünf Bilder identifizieren. [...] Außerdem zeigte sich der Angeklagte den Ermittlungsbehörden gegenüber kooperativ [...] weshalb sie dem Antrag des Staatsanwaltes folgte und gegen K. eine einjährige Haftstrafe verhängte, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Damit blieb das Gericht am untersten Rand des Möglichen."
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Re: automatische Ermittlung gegen Anzeigeerstatter bei §184b
Ich vermute mal ein Jahr Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung.