Prozessbegleitung

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Jodelbaron
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Prozessbegleitung

Beitrag von Jodelbaron »

Meinen Gruß zuvor!

im Rahmen meiner Werkstudententätigkeit bin ich auf ein prozessuales / praktisches Problem gestoßen, auf das ich so Recht keine Antwort finden mag.
Wahrscheinlich, weil ich auch weite Teile der ZPO bisher vor mir her schiebe. ::roll: Es ist zwar völlig irrelevant für meine Tätigkeit, aber es lässt mich auch nicht los.

Wenn eine Körperschaft sich im Prozess wiederfindet, wird sie natürlich z.B. nach § 35 GmbHG von ihrem GF vertreten. Soweit nach § 78 ZPO Anwaltszwang herrscht, auch entsprechend anwältlich vertreten.

So weit, so einfach.
In meinem fiktiven Beispiel schließt eine GmbH mit einem selbstständigen Dritten einen Dienstleistungsvertrag. z.B. mit einem technischen Leiter (TL) zur Überwachung, Koordinierung und Begleitung von Bauprojekten. Dieser ist also nicht Angestellter der GmbH, insb. auch nicht GF.
Sowas ist mir in der Praxis schon häufiger begegnet, besonders bei kleineren Bauträgern, die nicht notwendig eigene Bauleiter haben.
Praktisch nehmen diese Dritten im Rahmen ihrer umfassenden Tätigkeit auch selbstständig Aufgaben wahr, die üblicherweise von einem GF wahrgenommen werden. Hierzu sind sie idR auch durch die GF bevollmächtigt. Mängelrügen, Beauftragung zusätzlicher Arbeiten etc. Je nach betrieblicher Übung bis hin zum "defacto GF".

Findet sich diese GmbH nun später im Rahmen eines Prozesses (z.B. auf Werklohnforderung eines Dritten) vor dem LG im mündlichen Verfahren wieder, sind auf Seite der beklagten GmbH deren bevollmächtigter Anwalt anwesend sowie idR deren GF.

Gibt es eine Möglichkeit, den TL ebenfalls auf Seiten der GmbH im mündl. Verfahren erscheinen zu lassen?
Ich stelle mir die Frage vor dem Hintergrund effizienter Prozessführung. Eine solche Person erscheint mir als Nebenintervent nach §§ 66 ff. ZPO mangels rechtlichem Interesse ungeeignet. Weder steht ein Regressanspruch der GmbH gegen den TL im Raum, noch erstreckt sich die Rechtskraft auf den TL oder haftet er akzessorisch für die GmbH.

Im schriftlichen Vorverfahren lässt sich das natürlich unkompliziert behandeln. Die meisten strittigen Punkte lässt man sich als RA natürlich direkt durch den Dritten erläutern und die umfassende Vorbereitung ist unbestritten das A und O des Prozesses.

Im mündlichen Verfahren stehe ich aber vor dem Dilemma, dass der Dritte im Rahmen der Beweisaufnahme als Zeuge erscheinen müsste.
Aufgrund seiner "defacto GF"-Tätigkeit hat er allerdings u.U. überlegenes Wissen zu strittigen Tatsachen, die Gegenstand der Befragung anderer Zeugen sind und sich u.U. auch erst spontan im Verlauf der Befragung ergeben können.
In den von mir bisher beobachteten Prozessen gibt es in solchen Fällen oft eine kurze Absprache zwischen GF und Anwalt, woraufhin der Anwalt dann entsprechene Fragen an den Zeugen richtet. Das wäre hier - der Dritte ist ja nur als Zeuge geladen - kaum möglich.
Natürlich bestünde die Möglichkeit nach nochmaliger Erörterung in der Fortsetzung der mündl. Verhandlung erneute Beweisanträge zu stellen. Würde den Prozess aber unnötig verlängern und weitere Termine nötig machen, zu denen ggfs. erneut Zeugen zu laden wären.

Wie geht man damit um? Welche Möglichkeit übersehe ich mangels vertiefter ZPO-Kenntnis? Würde man hier doch über §§ 66 ff. ZPO vorgehen?
Die pragmatischste Lösung, den Dritten einfach auf Seiten der Beklagten erscheinen zu lassen, erscheint mit zu unkompliziert um prozessrechtlich zulässig zu sein. Zudem liegt es ja auch im Verantwortungsbereich der GmbH, dass sie den Dritten nicht zum GF gemacht hat und ist damit auch billig, ihr die hieraus erwachsenden Nachteile aufzuerlegen.

Danke im voraus für eure Antworten! - Auf ein "Willkommen in der tristen Realität des Prozessirrsinns" hab ich mich innerlich schon eingestellt.
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