Wann wusstet ihr, auf welches Rechtsgebiet ihr euch einmal spezialisieren möchtet?

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Legally Confused
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Wann wusstet ihr, auf welches Rechtsgebiet ihr euch einmal spezialisieren möchtet?

Beitrag von Legally Confused »

Guten Morgen, ich bin gerade einmal im ersten Semester und finde derzeit Strafrecht am spannendsten (obwohl das offiziell noch kein Studienfach ist und erst ab dem zweiten Semester Bestandteil sein wird), gefolgt von Medizinrecht (hier: Medical Negligence) und Sozialrecht.

Ich weiss, dass ich noch viel Zeit haben werde verschiedene Gebiete kennenzulernen, aber ich habe mich gefragt, ab wann man denn weiss, worauf man sich später dann spezialisieren möchte und ob man das schon so früh wissen kann?

Ich studiere zwar noch nicht lange, aber strafrechtliche Themen fand ich schon immer interessant und habe zB immer am liebsten Thriller oder Zeitungsartikel gelesen, die sich mit solchen Themen beschäftigen bzw. gerne Filme über Kriminalität gesehen besonders interessant finde ich Jugendkriminalität.
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daimos
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Re: Wann wusstet ihr, auf welches Rechtsgebiet ihr euch einmal spezialisieren möchtet?

Beitrag von daimos »

Ich hatte schon ab dem 1. Semester eine Präferenz zum öffentlichen Recht, in dem ich auch jetzt arbeite. Aber die Uni ist naturgemäß zunächst auf die Kernfächer konzentriert, um allgemeine Strukturen zu vermitteln. Dann kommt es manchmal auch auf die Schwerpunkte der jeweiligen Uni an. Nutze die Uni-Zeit, um in viele verschiedene Rechtsgebiete einzuschnuppern. Was ich mir damals gewünscht hätte, wäre eine bessere Vermittlung von Interdisziplinarität - innerhalb und außerhalb der Rechtswissenschaften. Um bei Strafrecht zu bleiben: gerade Nebenstrafrecht erfordert nicht nur den Wessels/Beulke, sondern natürlich auch Kenntnisse der Grundstrukturen der jeweils betroffenen Randgebiete des Verwaltungs- oder Zivilrechts. Europarecht im Sinne eines "Rechts der EU-Institutionen" fand ich im Studium langweilig. Dabei wirkt das Europarecht in so vielen Rechtsbereiche hinein. Im Luftverkehrsrecht oder im Chemikalienrecht läuft vieles nur noch europäisch über EU-Verordnungen (siehe auch Datenschutzrecht bspw.). Und dann muss die "Theorie" ja nicht zwangsläufig mit der präferierten Arbeitsweise in der Praxis korrespondieren. Ich mochte z.B. in der Uni auch gern Arbeitsrecht, aber mit der Praxis vor Gericht, dass es letztlich nicht ums Recht, sondern um die Höhe der Abfindung ging, wurde ich nicht warm.

Ich hätte im Studium nie gedacht, wo ich schließlich beruflich lande. Es ist dann doch irgendwo Verwaltungsrecht geworden, aber was heißt schon Verwaltungsrecht? Polizeirecht, Baurecht, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Sozialrecht, Steuerrecht oder Straßenverkehrsrecht? Ich arbeite jetzt im Umweltrecht - aber selbst dieses Rechtsgebiet ist sehr vielfältig: ob Altlastensanierung im Bodenschutzrecht, Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen oder allgemeines Umweltrecht wie Umweltverträglichkeitsprüfungen und Umweltinformationsrecht.

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Schnitte
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Re: Wann wusstet ihr, auf welches Rechtsgebiet ihr euch einmal spezialisieren möchtet?

Beitrag von Schnitte »

Im Studium findet fast jeder das Strafrecht spannend, weil es da halt um Mord und Totschlag geht. Meistens legt sich das später wieder. Man muss die Spezialisierung auch nicht erzwingen, die ergibt sich ganz von allein, und man merkt dann schon, was einem gefällt. Dafür kann man sich auch ein bisschen Zeit lassen.

Da du aber laut anderen Threads nicht das deutsche Jurastudium absolvieren willst, sondern den Weg zum englischen SQE eingeschlagen hast, rate ich dazu, die Wahl Strafrecht gut zu durchdenken. Englische Strafrechtler (sowohl Barristers als auch Solicitors) sind miserabel bezahlt, weswegen die ja auch ständig streiken. Ausreißer nach oben in Form von Staranwälten gibt es natürlich, aber das sind wenige; die breite Masse klagt ständig über die Bezahlung (wobei da natürlich auch der Neid gegenüber den Leuten in commercial law etc. eine Rolle spielen kann).
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen…verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

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Re: Wann wusstet ihr, auf welches Rechtsgebiet ihr euch einmal spezialisieren möchtet?

Beitrag von Legally Confused »

daimos hat geschrieben: Montag 27. Mai 2024, 11:53 Ich hatte schon ab dem 1. Semester eine Präferenz zum öffentlichen Recht, in dem ich auch jetzt arbeite. Aber die Uni ist naturgemäß zunächst auf die Kernfächer konzentriert, um allgemeine Strukturen zu vermitteln. Dann kommt es manchmal auch auf die Schwerpunkte der jeweiligen Uni an. Nutze die Uni-Zeit, um in viele verschiedene Rechtsgebiete einzuschnuppern. Was ich mir damals gewünscht hätte, wäre eine bessere Vermittlung von Interdisziplinarität - innerhalb und außerhalb der Rechtswissenschaften. Um bei Strafrecht zu bleiben: gerade Nebenstrafrecht erfordert nicht nur den Wessels/Beulke, sondern natürlich auch Kenntnisse der Grundstrukturen der jeweils betroffenen Randgebiete des Verwaltungs- oder Zivilrechts. Europarecht im Sinne eines "Rechts der EU-Institutionen" fand ich im Studium langweilig. Dabei wirkt das Europarecht in so vielen Rechtsbereiche hinein. Im Luftverkehrsrecht oder im Chemikalienrecht läuft vieles nur noch europäisch über EU-Verordnungen (siehe auch Datenschutzrecht bspw.). Und dann muss die "Theorie" ja nicht zwangsläufig mit der präferierten Arbeitsweise in der Praxis korrespondieren. Ich mochte z.B. in der Uni auch gern Arbeitsrecht, aber mit der Praxis vor Gericht, dass es letztlich nicht ums Recht, sondern um die Höhe der Abfindung ging, wurde ich nicht warm.

Ich hätte im Studium nie gedacht, wo ich schließlich beruflich lande. Es ist dann doch irgendwo Verwaltungsrecht geworden, aber was heißt schon Verwaltungsrecht? Polizeirecht, Baurecht, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Sozialrecht, Steuerrecht oder Straßenverkehrsrecht? Ich arbeite jetzt im Umweltrecht - aber selbst dieses Rechtsgebiet ist sehr vielfältig: ob Altlastensanierung im Bodenschutzrecht, Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen oder allgemeines Umweltrecht wie Umweltverträglichkeitsprüfungen und Umweltinformationsrecht.

Sei neugierig, schnupper in möglichst viele Ecken rein und mach dann, was dir Spaß macht.

Neugierig bin ich auf jeden Fall, von meinen jetzigen Fächern mag ich Vertragsrecht, Verfassungsrecht ist nicht so meins, mal sehen was mich an meinen zukünftigen Fächern noch interessiert. Da wird zukünftig noch EU-Recht (trotz Brexit, seltsam aber ok, werde dann noch erfahren warum) , Pachtrecht, wie gesagt Strafrecht, Equity and Trust, Öffentliches Recht und Zivilrecht dazukommen.

Schnitte hat geschrieben: Montag 27. Mai 2024, 14:09 Im Studium findet fast jeder das Strafrecht spannend, weil es da halt um Mord und Totschlag geht. Meistens legt sich das später wieder. Man muss die Spezialisierung auch nicht erzwingen, die ergibt sich ganz von allein, und man merkt dann schon, was einem gefällt. Dafür kann man sich auch ein bisschen Zeit lassen.

Da du aber laut anderen Threads nicht das deutsche Jurastudium absolvieren willst, sondern den Weg zum englischen SQE eingeschlagen hast, rate ich dazu, die Wahl Strafrecht gut zu durchdenken. Englische Strafrechtler (sowohl Barristers als auch Solicitors) sind miserabel bezahlt, weswegen die ja auch ständig streiken. Ausreißer nach oben in Form von Staranwälten gibt es natürlich, aber das sind wenige; die breite Masse klagt ständig über die Bezahlung (wobei da natürlich auch der Neid gegenüber den Leuten in commercial law etc. eine Rolle spielen kann).
Wobei die deutschen Strafrechtler auch nicht gross anders verdienen, sagt zumindest Google.
Und ich könnte evtl auch zur Staatsanwaltschaft.
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thh
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Re: Wann wusstet ihr, auf welches Rechtsgebiet ihr euch einmal spezialisieren möchtet?

Beitrag von thh »

Schnitte hat geschrieben: Montag 27. Mai 2024, 14:09Im Studium findet fast jeder das Strafrecht spannend, weil es da halt um Mord und Totschlag geht. Meistens legt sich das später wieder.
Wie kann man etwas anderes spannend finden?
Legally Confused hat geschrieben: Montag 27. Mai 2024, 08:55Ich weiss, dass ich noch viel Zeit haben werde verschiedene Gebiete kennenzulernen, aber ich habe mich gefragt, ab wann man denn weiss, worauf man sich später dann spezialisieren möchte und ob man das schon so früh wissen kann?
Möglich ist das; manche wissen ja schon zu Beginn der Schulzeit, was sie einmal werden wollen. Andere entscheiden sich erst im Verlauf des Referendariats.
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Re: Wann wusstet ihr, auf welches Rechtsgebiet ihr euch einmal spezialisieren möchtet?

Beitrag von Schnitte »

Ich präzisiere: Die Begeisterung fürs Strafrecht haben die meisten Studenten in den ersten Semestern, aber meiner Erfahrung nach legt sich das ungefähr nach den kleinen Scheinen. In der Examensvorbereitung ist Strafrecht dann oft nur noch ein Nebenfach, das man nebenbei mitschleppen muss.
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Re: Wann wusstet ihr, auf welches Rechtsgebiet ihr euch einmal spezialisieren möchtet?

Beitrag von Liz »

thh hat geschrieben: Montag 27. Mai 2024, 18:38
Schnitte hat geschrieben: Montag 27. Mai 2024, 14:09Im Studium findet fast jeder das Strafrecht spannend, weil es da halt um Mord und Totschlag geht. Meistens legt sich das später wieder.
Wie kann man etwas anderes spannend finden?
Kann man schon. Ich finde Zivilrecht superspannend. Regelmäßig neue und ggf. auch total schräge Fallkonstellationen, an denen man stunden-/tagelang herumknobeln kann, bis man eine stimmige und völlig einleuchtende Lösung gefunden hat.
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Re: Wann wusstet ihr, auf welches Rechtsgebiet ihr euch einmal spezialisieren möchtet?

Beitrag von Legally Confused »

thh hat geschrieben: Montag 27. Mai 2024, 18:38
Schnitte hat geschrieben: Montag 27. Mai 2024, 14:09Im Studium findet fast jeder das Strafrecht spannend, weil es da halt um Mord und Totschlag geht. Meistens legt sich das später wieder.
Wie kann man etwas anderes spannend finden?
Legally Confused hat geschrieben: Montag 27. Mai 2024, 08:55Ich weiss, dass ich noch viel Zeit haben werde verschiedene Gebiete kennenzulernen, aber ich habe mich gefragt, ab wann man denn weiss, worauf man sich später dann spezialisieren möchte und ob man das schon so früh wissen kann?
Möglich ist das; manche wissen ja schon zu Beginn der Schulzeit, was sie einmal werden wollen. Andere entscheiden sich erst im Verlauf des Referendariats.

Bei meinen bisherigen Studienfächern mochte ich Vertragsrecht erst gar nicht und jetzt geht’s eigentlich.
Bin aber echt mal gespannt.
Schnitte hat geschrieben: Montag 27. Mai 2024, 22:02 Ich präzisiere: Die Begeisterung fürs Strafrecht haben die meisten Studenten in den ersten Semestern, aber meiner Erfahrung nach legt sich das ungefähr nach den kleinen Scheinen. In der Examensvorbereitung ist Strafrecht dann oft nur noch ein Nebenfach, das man nebenbei mitschleppen muss.
Bei mir kommt es am Ende des ersten und durch das gesamte zweite Studienjahr, im dritten (ich hab ja nur drei statt sechs Jahre Studium im Ausland) spielt es soweit ich weiss, keine Rolle mehr.

Liz hat geschrieben: Dienstag 28. Mai 2024, 00:17 [quote=thh post_id=865171 time=<a href="tel:1716827895">1716827895</a> user_id=10148]
[quote=Schnitte post_id=865158 time=<a href="tel:1716811760">1716811760</a> user_id=7080]Im Studium findet fast jeder das Strafrecht spannend, weil es da halt um Mord und Totschlag geht. Meistens legt sich das später wieder.
Wie kann man etwas anderes spannend finden?[/quote]

Kann man schon. Ich finde Zivilrecht superspannend. Regelmäßig neue und ggf. auch total schräge Fallkonstellationen, an denen man stunden-/tagelang herumknobeln kann, bis man eine stimmige und völlig einleuchtende Lösung gefunden hat.
[/quote]


Zivilrecht kann, denke ich, auch spannend sein.
Aber das sehe ich erst später.
Manchmal habe ich Beispielfälle aus dem Mietrecht, das find ich bis jetzt nicht so spannend und Erbrecht finde ich ganz schlimm. :D
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Schnitte
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Re: Wann wusstet ihr, auf welches Rechtsgebiet ihr euch einmal spezialisieren möchtet?

Beitrag von Schnitte »

Legally Confused hat geschrieben: Dienstag 28. Mai 2024, 03:08 Manchmal habe ich Beispielfälle aus dem Mietrecht, das find ich bis jetzt nicht so spannend und Erbrecht finde ich ganz schlimm. :D
Ich finde angelsächsisches Mietrecht ganz faszinierend, zumindest von der Rechtstheorie her (vielleicht nicht unbedingt in der Anwendung). Es ist halt mittelalterliches Lehensrecht in modernem Umfeld.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen…verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

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