Guten Morgen, ich weiss nicht ob ich hier als Studentin schon posten darf (falls nicht sorry), aber ich habe jede Menge Neugier und Fragen im Gepäck, die nur darauf warten gestellt werden zu dürfen und vielleicht ist dieser Thread ja auch interessant für frisch gebackene Anwälte und auf jeden Fall für mich, wenn es bei mir in einigen Jahren soweit ist und ich mich an die ganzen hilfreichen Vorgehensweisen erinnere, die hier in diesem Thread gepostet wurden.
Aber bevor es losgeht, noch eine kurze persönliche Anekdote hierzu:
Als ich das erste Mal vor Gericht musste, war ich unglaublich nervös und mir gingen unglaublich viele Dinge durch den Kopf, Fragen nach dem Ablauf und den Dingen die mich erwarten würden.
Ich wäre, wenn da nicht die Pflicht gewesen wäre zu erscheinen, am liebsten zu Hause geblieben und hatte mir zig Dinge überlegt, die ich lieber tun würde.
Denn während ich es als Studentin (auch als eine des englischen Rechts) sehr spannend finde, diese Einblicke zu bekommen und Prozesse mitzuverfolgen, ging es mir als Partei wie vermutlich (fast) jedem.
Die Nervosität ebbte bei mir erst in der Verhandlung ab und ich war erleichtert, dass das meiste was ich mir so vorgestellt hatte, nicht eingetroffen ist und konnte beinahe hinterher darüber lachen, wie nervös ich eigentlich war.
Unmittelbar danach stellte ich mir erstmals die Frage wie Anwälte wohl generell damit umgehen, wenn der Mandant eröffnet oder man es ihm ansieht, dass er nervös ist?
Meine persönliche Erfahrung hierzu war kurz und knapp:
Gar nicht, von der Frage hinterher wie ich mich jetzt fühle, abgesehen.
Da tauchte dann die Frage zum ersten Mal in meinem Kopf auf, aber es sollte nicht das einzige Mal sein.
Das nächste Mal stellte sich mir die Frage, als ich mal wieder interessiert die Berichterstattung des aktuell laufenden Prozesses von Donald Trump verfolgte und soweit ich mich erinnere, Stormy Daniels, im Zeugenstand gefragt wurde, ob sie von ihrem Anwalt auf die normale Befragung und das Kreuzverhör vorbereitet wurde und ich erfahren hatte, dass dies sogar erlaubt sei.
Und natürlich dachte auch ich völlig unabhängig davon, dass ich später auch gerne - wenn erforderlich - in der Lage sein würde, meinen Mandanten die angesichts ihres bevorstehenden Prozesses die Nervosität zu nehmen, soweit möglich.
Und nun an euch:
Wie nehmt ihr euren Mandanten, wenn sie vor ihrem Termin nervös sind, die Angst vor dem Erscheinen vor Gericht und dem Ablauf?
Erklärt ihr ihnen was sie vom Ablauf her erwartet?
Worauf sie achten sollten?
Oder wie macht ihr das genau?
Wie geht ihr mit nervösen Mandanten um?
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Re: Wie geht ihr mit nervösen Mandanten um?
Das kommt auf die Ursache der Nervosität an. In den meisten Fällen müssen die Mandanten ja entweder gar nicht erscheinen (Zivilrecht) oder können zumindest schweigen (Strafrecht). Ansonsten kann man da nicht viel machen, außer den Leuten zu erklären wie das abläuft. Angenehm ist ein Gerichtstermin für Mandanten vermutlich selten.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Wie geht ihr mit nervösen Mandanten um?
Ich dachte, es wäre im Zivilrecht die Regel, dass das erscheinen angeordnet wird?Ara hat geschrieben: ↑Sonntag 2. Juni 2024, 13:10 Das kommt auf die Ursache der Nervosität an. In den meisten Fällen müssen die Mandanten ja entweder gar nicht erscheinen (Zivilrecht) oder können zumindest schweigen (Strafrecht). Ansonsten kann man da nicht viel machen, außer den Leuten zu erklären wie das abläuft. Angenehm ist ein Gerichtstermin für Mandanten vermutlich selten.
Inwieweit erklärst du den Ablauf?
Ich habe nur gesagt bekommen, nachdem ich gefragt hatte „Bitte verhalten Sie sich vor Gericht normal.“, das war alles.
Bei mir war’s grösstenteils dass ich nicht wusste, wie es abläuft.
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Re: Wie geht ihr mit nervösen Mandanten um?
Das persönliche Erscheinen wird nur in Ausnahmefällen angeordnet. Bei normalen Zivilsachen ist der Mandant nicht anwesend und will es auch nicht sein.Ich dachte, es wäre im Zivilrecht die Regel, dass das erscheinen angeordnet wird?
Falls die Mandantschaft am Termin teilnehmen will/soll, erkläre ich den Verfahrensablauf in etwa wie folgt:
1. Ist dies der erste Termin vor Gericht? Falls ja, weiter mit 2.
2. Bitte alles vergessen, was aus dem Fernsehen bekannt ist. Es läuft nicht ab wie in Strafsachen.
3. Zivilverhandlungen sind langweilig, es gibt in aller Regel kein Publikum und es wird weitgehend nur der schon bekannte Akteninhalt durchgekaut.
4. Der Vorsitzende fasst je nach seiner Aktenkenntnis mal knapper, mal ausführlicher den Verfahrensstoff zusammen und fragt nach Vergleichsmöglichkeiten, damit er bejahendenfalls möglichst schnell den Aktendeckel wieder schließen kann.
5. Kommt ein Vergleich nicht zustande, werden die Anträge gestellt und jede Partei hat die Möglichkeit, Stellung zu nehmen.
6. Falls das persönliche Erscheinen angeordnet ist: Es werden die Fragen des Vorsitzenden beantwortet.
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Re: Wie geht ihr mit nervösen Mandanten um?
GetMeOut hat geschrieben: ↑Montag 3. Juni 2024, 01:48Das persönliche Erscheinen wird nur in Ausnahmefällen angeordnet. Bei normalen Zivilsachen ist der Mandant nicht anwesend und will es auch nicht sein.Ich dachte, es wäre im Zivilrecht die Regel, dass das erscheinen angeordnet wird?
Falls die Mandantschaft am Termin teilnehmen will/soll, erkläre ich den Verfahrensablauf in etwa wie folgt:
1. Ist dies der erste Termin vor Gericht? Falls ja, weiter mit 2.
2. Bitte alles vergessen, was aus dem Fernsehen bekannt ist. Es läuft nicht ab wie in Strafsachen.
3. Zivilverhandlungen sind langweilig, es gibt in aller Regel kein Publikum und es wird weitgehend nur der schon bekannte Akteninhalt durchgekaut.
4. Der Vorsitzende fasst je nach seiner Aktenkenntnis mal knapper, mal ausführlicher den Verfahrensstoff zusammen und fragt nach Vergleichsmöglichkeiten, damit er bejahendenfalls möglichst schnell den Aktendeckel wieder schließen kann.
5. Kommt ein Vergleich nicht zustande, werden die Anträge gestellt und jede Partei hat die Möglichkeit, Stellung zu nehmen.
6. Falls das persönliche Erscheinen angeordnet ist: Es werden die Fragen des Vorsitzenden beantwortet.
Du erklärst das dann recht gut, ich gebe zu, dass ich mir das meiste (bitte nicht schlagen!), ergoogelt habe, da ich Jura nicht in Deutschland studiere und dementsprechend nicht viel weiss und ich nicht das Gefühl hatte, dass mein Anwalt die Fragen gerne beantwortete (siehe oben).
Zu Punkt 2:
Den finde ich besonders wichtig.
Zu Punkt 3:
Bei mir schaute ein Student zu, aber hat mich jetzt auch nicht weiter interessiert, da ich weiss, dass das ganz normal ist und ich selbst zuschauen würde, wenn ich auch dort leben würde, wo ich studiere.
Zu 4:
Kommt es eigentlich vor, dass eine Partei den Vergleich vorschlägt und eine andere darauf nicht eingehen möchte?
Und wird, falls die ablehnende Partei nicht möchte, dann in der Regel ein Urteil gefällt, dass zu Gunsten der vergleichsbereiten Partei ausfällt?
Zu 6:
Also ist es keine Ausnahme sondern die Regel, dass ausschliesslich der Vorsitzende die Fragen stellt?
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Wie geht ihr mit nervösen Mandanten um?
Zu 3.: Das war dann ggf ein Referendar oder Praktikant des Gerichts. Im Übrigen sind die Sitzungen grds öffentlich, dh es kann theoretisch jedermann vorbeikommen und sich die Verhandlung anschauen.
Zu 5.: Vergleiche können vom Gericht oder aber auch von einer der Parteien vorgeschlagen werden. Einen Zusammenhang zwischen der „Vergleichsbereitschaft“ und dem Ergebnis im Falle einer streitigen Entscheidung gibt es nicht. Es kann ja auch gute Gründe geben, warum eine Partei einen Vergleich ablehnt. Aber auch wenn sie „schlechte“ Gründe hat, wird sie dann nicht durch ein für sie nachteiliges Urteil „bestraft“. Das richtet sich allein nach dem materiellen Recht.
Zu 6.: Eine persönliche Anhörung der Partei erfolgt vornehmlich durch den Richter. Das schließt aber nicht aus, dass der Richter ggf auch die Anwälte fragt, ob sie noch weiteren Erklärungsbedarf sehen, wobei es natürlich keine Ausforschung werden sollte.
Zu 5.: Vergleiche können vom Gericht oder aber auch von einer der Parteien vorgeschlagen werden. Einen Zusammenhang zwischen der „Vergleichsbereitschaft“ und dem Ergebnis im Falle einer streitigen Entscheidung gibt es nicht. Es kann ja auch gute Gründe geben, warum eine Partei einen Vergleich ablehnt. Aber auch wenn sie „schlechte“ Gründe hat, wird sie dann nicht durch ein für sie nachteiliges Urteil „bestraft“. Das richtet sich allein nach dem materiellen Recht.
Zu 6.: Eine persönliche Anhörung der Partei erfolgt vornehmlich durch den Richter. Das schließt aber nicht aus, dass der Richter ggf auch die Anwälte fragt, ob sie noch weiteren Erklärungsbedarf sehen, wobei es natürlich keine Ausforschung werden sollte.
- Ara
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Re: Wie geht ihr mit nervösen Mandanten um?
Im Strafrecht erkläre ich nur welche Personen mit welcher Rolle anwesend sein werden. Dass der Mandant (in der Regel) den Mund hält und mich machen lässt. Wenn er Fragen oder Anregungen hat, flüstert er sie mir zu. Wir können jederzeit unterbrechen.
Je nach Einzelfall erkläre ich noch, dass er das Gericht und die Staatsanwaltschaft nicht in hörweite beleidigen soll.
Je nach Einzelfall erkläre ich noch, dass er das Gericht und die Staatsanwaltschaft nicht in hörweite beleidigen soll.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11