Nach meiner Erfahrung in der StA ist die Mehrheit der Kollegen da allerdings weitaus differenzierter und viel weniger selbstgerecht. Ja, aber richtig ist, dass diese Grundhaltung, allein deswegen, weil man "die Wahrheit", "das Richtige" etc. vertrete, praktisch einen Freibrief für den Zugriff auf die Freiheitssphäre anderer habe.
Nur am Rande:
Aus einer ähnlichen Geisteshaltung gerinnt auch der Nonsense-Satz pro Überwachsungsstaat schlechthin: "Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu bedfürchten!"
Die Grundlinien einer Diskussion um diesen Satz dürften ganz ähnlich zu zeichnen sein wie jene der Diskussion hier.
Wie kontert man dem eigentlich? Hier einmal anhand des Satzes "Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu bedfürchten!" exemplifiziert:
Auch da gibt es mittlerweile einiges an interessanter Literatur zu, die wikipedia zitiert:
"Schneier zeigte Widerspruch gegen das Argument, indem er Kardinal Richelieus Statement „Man gebe mir sechs Zeilen, geschrieben von dem redlichsten Menschen, und ich werde darin etwas finden, um ihn aufhängen zu lassen“ zitiert, welches Bezug darauf nimmt, wie eine Regierung Aspekte in dem Leben einer Person finden kann, um sie strafrechtlich zu verfolgen oder zu erpressen. Schneier argumentierte auch: „Zu viele charakterisieren die Debatte falschermaßen als ‚Sicherheit versus Privatsphäre‘. Die richtige Wahl ist Freiheit versus Kontrolle.“
Emilio Mordini, Philosoph und Psychoanalytiker, argumentierte, dass das „Nichts-zu-verbergen“-Argument schon an sich paradox ist. Die Leute müssen nicht „etwas zu verstecken“ haben, um „etwas“ zu verstecken. Was relevant ist, ist nicht, was versteckt ist, sondern die Erfahrung, dass es einen intimen Raum gibt, welcher versteckt werden könnte und dessen Zugriff eingeschränkt werden könnte. Psychologisch gesprochen werden wir Privatpersonen durch die Erfahrung, dass wir etwas vor anderen verstecken könnten"
Ähnlich strukturierte Gegenthesen lassen sich auch für die hier inszenierte Floskel "Rechtswidriges gehört verfolgt" entwickeln.