Ich gehe gerade einige Übungsfälle durch und bin auf ein Ergebnis aufmerksam geworden, das mir übel aufstößt: Gegenüber einem Minderjährigen wird auf dessen Forderung aus Darlehen gutgläubig geleistet. Eltern verweigern Genehmigung, zudem ist Minderjähriger nun entreichert. Lösungsskizze diskutiert Vertragstheorie sowie Theorie der realen Leistungsbewirkung, die beide jedoch zum gleichen Ergebnis führen, nämlich dass der Schuldner erneut leisten muss.
Ist da wirklich kein anderes Ergebnis denkbar, insbesondere weil der Schuldner gutgläubig war? Meines Erachtens sollte es in diesem Fall eine Genehmigungspflicht der Eltern geben, da sie so im Prinzip einen unschuldigen Dritten für ihre Erziehungsdefizite in Haftung nehmen.
Erfüllung gegenüber Minderjährigen
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Re: Erfüllung gegenüber Minderjährigen
Ich fürchte, das funktioniert im BGB nur so und nicht anders. Es gibt keinen Vertrauensschutz auf die Geschäftsfähigkeit. Als Wertung steht der Minderjährigenschutz extrem hoch und ich könnte spontan keinen Fall nennen, in dem der Verkehrsschutz den Vorzug genösse.unrknt_gstskrnk hat geschrieben: ↑Samstag 4. Januar 2025, 11:50 Ich gehe gerade einige Übungsfälle durch und bin auf ein Ergebnis aufmerksam geworden, das mir übel aufstößt: Gegenüber einem Minderjährigen wird auf dessen Forderung aus Darlehen gutgläubig geleistet. Eltern verweigern Genehmigung, zudem ist Minderjähriger nun entreichert. Lösungsskizze diskutiert Vertragstheorie sowie Theorie der realen Leistungsbewirkung, die beide jedoch zum gleichen Ergebnis führen, nämlich dass der Schuldner erneut leisten muss.
Ist da wirklich kein anderes Ergebnis denkbar, insbesondere weil der Schuldner gutgläubig war? Meines Erachtens sollte es in diesem Fall eine Genehmigungspflicht der Eltern geben, da sie so im Prinzip einen unschuldigen Dritten für ihre Erziehungsdefizite in Haftung nehmen.
Was die Eltern falsch oder richtig machen, spielt für die Frage der Erfüllungswirkung keine Rolle.
Man sollte sich in Zweifelsfällen vor Aufnahme von Geschäftsbeziehungen den Ausweis zeigen lassen.
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Re: Erfüllung gegenüber Minderjährigen
Moin,
eine Genehmigungspflicht seitens der Eltern ist unvertretbar, aber dein Problem verstehe ich schon.
Da es aber ein Darlehensvertrag ist, kann man erwägen, ob man § 818 III BGB überhaupt für anwendbar hält. Die Vorschrift dient dem Vertrauensschutz; das hat mit Minderjährigenschutz nichts zu tun. Die Natur des Darlehensvertrags liegt aber gerade darin, dass dem Gläubiger die Valuta von Anfang an nur vorübergehend überlassen wird. Insofern könnte vertreten werden, dass die Berufung auf Entreicherung beim Darlehensvertrag generell versagt wird (vgl. dazu MüKoBGB/Schwab BGB § 818 Rn. 219-221).
Das macht auch Sinn im Lichte von §§ 819 I, 818 IV BGB: Die Norm schließt ja die Einwendung der Entreicherung aus, wenn man den Mangel des Rechtsgrundes ggf. kannte. Der Vertrauensschutz bezogen auf das Behaltendürfen ist dann von Anfang an weg. Das ist damit ein gesetzlicher Ausdruck von venire contra factum proprium: Wer sich auf einen Darlehensvertrag einlässt, erklärt damit auch, dass er die Kohle will, aber auch gleichzeitig zurückzahlt. Deswegen ist der Darlehensnehmer nicht schutzwürdig.
Diese Auslegung kann meiner Meinung nach auch nicht über den Einwand des Minderjährigenschutz aushebeln, weil der Ansatz über die Anwendbarkeit des § 818 III BGB läuft. Das ist damit keine teleologische Reduktion, denn in dem Fall müsste die Norm ja überhaupt erst anwendbar sein. Außerdem denke ich, dass die §§ 106 ff. BGB den Minderjährigen nicht vor der Gefahr einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung schützen wollen; es geht um das, was in § 107 BGB steht, sprich der Gefahr einer unmittelbaren vertraglichen Verpflichtung. Und wer hier trotzdem mit dem Minderjährigenschutz um die Ecke kommt, der argumentiert für mich lebensfremd. Wertung aus § 828 III BGB: Auch ein Minderjähriger, der einen Darlehensvertrag abschließt, wird wohl die Einsichtsfähigkeit besitzen gem. § 828 III BGB zu wissen, dass er das Geld nicht dauerhaften bedarf darf und kann.
eine Genehmigungspflicht seitens der Eltern ist unvertretbar, aber dein Problem verstehe ich schon.
Da es aber ein Darlehensvertrag ist, kann man erwägen, ob man § 818 III BGB überhaupt für anwendbar hält. Die Vorschrift dient dem Vertrauensschutz; das hat mit Minderjährigenschutz nichts zu tun. Die Natur des Darlehensvertrags liegt aber gerade darin, dass dem Gläubiger die Valuta von Anfang an nur vorübergehend überlassen wird. Insofern könnte vertreten werden, dass die Berufung auf Entreicherung beim Darlehensvertrag generell versagt wird (vgl. dazu MüKoBGB/Schwab BGB § 818 Rn. 219-221).
Das macht auch Sinn im Lichte von §§ 819 I, 818 IV BGB: Die Norm schließt ja die Einwendung der Entreicherung aus, wenn man den Mangel des Rechtsgrundes ggf. kannte. Der Vertrauensschutz bezogen auf das Behaltendürfen ist dann von Anfang an weg. Das ist damit ein gesetzlicher Ausdruck von venire contra factum proprium: Wer sich auf einen Darlehensvertrag einlässt, erklärt damit auch, dass er die Kohle will, aber auch gleichzeitig zurückzahlt. Deswegen ist der Darlehensnehmer nicht schutzwürdig.
Diese Auslegung kann meiner Meinung nach auch nicht über den Einwand des Minderjährigenschutz aushebeln, weil der Ansatz über die Anwendbarkeit des § 818 III BGB läuft. Das ist damit keine teleologische Reduktion, denn in dem Fall müsste die Norm ja überhaupt erst anwendbar sein. Außerdem denke ich, dass die §§ 106 ff. BGB den Minderjährigen nicht vor der Gefahr einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung schützen wollen; es geht um das, was in § 107 BGB steht, sprich der Gefahr einer unmittelbaren vertraglichen Verpflichtung. Und wer hier trotzdem mit dem Minderjährigenschutz um die Ecke kommt, der argumentiert für mich lebensfremd. Wertung aus § 828 III BGB: Auch ein Minderjähriger, der einen Darlehensvertrag abschließt, wird wohl die Einsichtsfähigkeit besitzen gem. § 828 III BGB zu wissen, dass er das Geld nicht dauerhaften bedarf darf und kann.
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Re: Erfüllung gegenüber Minderjährigen
ja, das muss man einfach so hinnehmen. Der/die Minderjährige ist dem BGH seine heilige Kuh .-)