Darstellung Antrag/Auslegung bei einseitiger Erledigungserklärung

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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KMR
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Darstellung Antrag/Auslegung bei einseitiger Erledigungserklärung

Beitrag von KMR »

Hallo,

zwei Fragen zur einseitigen Erledigungserklärung:

Mir ist klar, dass die einseitige Erledigungserklärung sich grundsätzlich der Antrag des Klägers als privilegierte Klageänderung nach § 264 Nr. 2 ZPO zu einem Feststellungsantrag auf Feststellung, dass die ursprünglich zulässige und begründete Klage infolge eines nach Rechtshängigkeit eingetretenen Ereignisses unzulässig oder unbegründet geworden ist. Dazu bedarf es nach dem BGH auch keiner ausdrücklichen Antragsumstellung; vielmehr ist der Antrag mit der einseitigen Erledigungserklärung als besagter Feststellungsantrag zu behandeln - sofern nicht ersichtlich ist, dass der Kläger an seinem ursprünglichen Antrag festhalten will.

Wie macht man das aber jetzt stilistisch im Urteil?

1) Tatbestand

Einfach nur in der kleinen/antragsbezogenen Prozessgeschichte den ursprünglichen Klageantrag schildern und dass der Kläger den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom xy für erledigt erklärt hat. Danach dann nur isoliert den Klageabweisungsantrag des Beklagten? Wenn der Kläger seinen Antrag explizit umstellt, ist das natürlich einfach. Aber wenn er das nicht macht? Im Tatbestand ist schließlich noch nichts auszulegen o.ä.

2) Entscheidungsgründe

In den Entscheidungsgründen im Sinne einer Auslegungsstation zuerst knapp schreiben, dass der Antrag des Klägers infolge seiner Erledigungserklärung auszulegen ist als ... - und dann entsprechend mit Zulässigkeit/Begründetheit fortfahren?

Die Ausführungen im Anders/Gehle dazu helfen nicht weiter.

Ich danke euch.
Torsten Kaiser
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Re: Darstellung Antrag/Auslegung bei einseitiger Erledigungserklärung

Beitrag von Torsten Kaiser »

Im TB werden die Anträge so wiedergegeben, wie sie gestellt sind. Die Auslegung erfolgt erst in den E-Gründen. Ein Formulierungsbeispiel genau dazu findest du in unserem Lehrbuch von Kaiser zur Zivilgerichtsklausur.
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batman
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Re: Darstellung Antrag/Auslegung bei einseitiger Erledigungserklärung

Beitrag von batman »

KMR hat geschrieben: Donnerstag 9. Januar 2025, 15:57 Einfach nur in der kleinen/antragsbezogenen Prozessgeschichte den ursprünglichen Klageantrag schildern und dass der Kläger den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom xy für erledigt erklärt hat.
Genau.
Danach dann nur isoliert den Klageabweisungsantrag des Beklagten?
Zuvor noch, dass er der Erledigterklärung widerprochen hat.

Übrigens sollte auch das erledigende Eregnis (unstreitig oder streitig) im Tatbestand auftauchen.
In den Entscheidungsgründen im Sinne einer Auslegungsstation zuerst knapp schreiben, dass der Antrag des Klägers infolge seiner Erledigungserklärung auszulegen ist als ... - und dann entsprechend mit Zulässigkeit/Begründetheit fortfahren?
Das würde dem Urteilsstil widersprechen und die Entscheidungsgrüdne kennen auch keine "Stationen". Es betrifft die Zulässigkeit der Klage und dort gehört es m.E. auch hin (so bspw. auch Knöringer, Elzer, Schuschke/Kessen ...).
KMR
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Re: Darstellung Antrag/Auslegung bei einseitiger Erledigungserklärung

Beitrag von KMR »

Ich danke für deine schnelle Antwort.
batman hat geschrieben: Donnerstag 9. Januar 2025, 17:39
KMR hat geschrieben: Donnerstag 9. Januar 2025, 15:57 In den Entscheidungsgründen im Sinne einer Auslegungsstation zuerst knapp schreiben, dass der Antrag des Klägers infolge seiner Erledigungserklärung auszulegen ist als ... - und dann entsprechend mit Zulässigkeit/Begründetheit fortfahren?
Das würde dem Urteilsstil widersprechen und die Entscheidungsgrüdne kennen auch keine "Stationen". Es betrifft die Zulässigkeit der Klage und dort gehört es m.E. auch hin (so bspw. auch Knöringer, Elzer, Schuschke/Kessen ...).
Gut, das war zugegeben eine ungünstige Formulierung meinerseits. Ich meinte damit, ob man eben den Antrag des Klägers dann noch auslegen würde innerhalb der Zulässigkeit der Klage bevor man auf die Begründetheit (der FK) eingeht. Schließlich beeinflusst der dann infolge der einseitigen Erledigungserledigung zu berücksichtigende Feststellungsantrag Zulässigkeit und Begründetheit? Die Idee dabei ist, dass sich aus dem Tatbestand sonst nicht unmittelbar ergibt, was in den Entscheidungsgründen geprüft wird, da sich anders als üblich kein ausdrücklicher Antrag des Klägers im Tatbestand auffindet, sondern nur die Erledigungserklärung und sein ursprünglicher Antrag. Das ist natürlich eben nur dann erforderlich, wenn der Kläger nicht explizit seinen Antrag umstellt. Aber im Regelfall wird oftmals nur der Rechtsstreit für erledigt erklärt und nicht notwendigerweise in entsprechender Antrag gestellt, was nach der Rspr auch gerade nicht erforderlich ist; vielmehr impliziere die Erledigungserklärung die Umstellung.


EDIT: Ich habe jetzt noch etwas dazu gefunden. Nämlich dass man im Rahmen der Zulässigkeit der Klage dann auch § 264 Nr. 2 ZPO anspricht bevor man die übrige Zulässigkeit insbesondere das Feststellungsinteresse § 256 ZPO erwähnt. Würde man dann im Rahmen der Prüfung des § 264 Nr. 2 ZPO eben das kurz darlegen, dass hier durch die Erledigungserklärung, der entsprechende Feststellungsantrag gestellt wird und das Ganze unter § 264 Nr. 2 ZPO fällt (natürlich etwas besser formuliert). Das erscheint mir überzeugend.
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batman
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Re: Darstellung Antrag/Auslegung bei einseitiger Erledigungserklärung

Beitrag von batman »

Genau so macht man es.
KMR
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Re: Darstellung Antrag/Auslegung bei einseitiger Erledigungserklärung

Beitrag von KMR »

Perfekt, ich danke dir.
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Re: Darstellung Antrag/Auslegung bei einseitiger Erledigungserklärung

Beitrag von Torsten Kaiser »

KMR, bei uns im Skript gibt es Formulierungsbeispiele für alle diese Fälle!!! Du musst das nicht alles alleine versuchen hinzubekommen.
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Torquemada
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Re: Darstellung Antrag/Auslegung bei einseitiger Erledigungserklärung

Beitrag von Torquemada »

batman hat geschrieben: Donnerstag 9. Januar 2025, 17:39
KMR hat geschrieben: Donnerstag 9. Januar 2025, 15:57 In den Entscheidungsgründen im Sinne einer Auslegungsstation zuerst knapp schreiben, dass der Antrag des Klägers infolge seiner Erledigungserklärung auszulegen ist als ... - und dann entsprechend mit Zulässigkeit/Begründetheit fortfahren?
Das würde dem Urteilsstil widersprechen und die Entscheidungsgrüdne kennen auch keine "Stationen". Es betrifft die Zulässigkeit der Klage und dort gehört es m.E. auch hin (so bspw. auch Knöringer, Elzer, Schuschke/Kessen ...).
Warum könnte es geradezu falsch sein, die Auslegung des Klagebegehrens (sofern sie etwas problematischer ist, also meinethalben nicht unbedingt bei der einseitigen Erledigungserklärung) unter einem vor die Zulässigkeitsprüfung gezogenen eigenen Gliederungspunkt zu behandeln? Ich habe das - in den 1980er Jahren - so gelernt, halte das sogar für überzeugender und habe das seitdem auch immer wieder in Urteilen so gesehen.
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Re: Darstellung Antrag/Auslegung bei einseitiger Erledigungserklärung

Beitrag von Strich »

Kenne das ehrlich gesagt auch so?
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
- Daria -

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batman
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Re: Darstellung Antrag/Auslegung bei einseitiger Erledigungserklärung

Beitrag von batman »

Torquemada hat geschrieben: Freitag 10. Januar 2025, 12:32 Warum könnte es geradezu falsch sein, die Auslegung des Klagebegehrens (sofern sie etwas problematischer ist, also meinethalben nicht unbedingt bei der einseitigen Erledigungserklärung) unter einem vor die Zulässigkeitsprüfung gezogenen eigenen Gliederungspunkt zu behandeln? Ich habe das - in den 1980er Jahren - so gelernt, halte das sogar für überzeugender und habe das seitdem auch immer wieder in Urteilen so gesehen.
Von "geradezu falsch" habe ich nicht gesprochen. Allerdingst spielt das ggf. auszulegende Klagebegehren in der Regel für einen bestimmten Aspekt der Zulässigkeit oder Begründetheit eine Rolle.
Torsten Kaiser
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Re: Darstellung Antrag/Auslegung bei einseitiger Erledigungserklärung

Beitrag von Torsten Kaiser »

Torquemada hat geschrieben: Freitag 10. Januar 2025, 12:32
batman hat geschrieben: Donnerstag 9. Januar 2025, 17:39
KMR hat geschrieben: Donnerstag 9. Januar 2025, 15:57 In den Entscheidungsgründen im Sinne einer Auslegungsstation zuerst knapp schreiben, dass der Antrag des Klägers infolge seiner Erledigungserklärung auszulegen ist als ... - und dann entsprechend mit Zulässigkeit/Begründetheit fortfahren?
Das würde dem Urteilsstil widersprechen und die Entscheidungsgrüdne kennen auch keine "Stationen". Es betrifft die Zulässigkeit der Klage und dort gehört es m.E. auch hin (so bspw. auch Knöringer, Elzer, Schuschke/Kessen ...).
Warum könnte es geradezu falsch sein, die Auslegung des Klagebegehrens (sofern sie etwas problematischer ist, also meinethalben nicht unbedingt bei der einseitigen Erledigungserklärung) unter einem vor die Zulässigkeitsprüfung gezogenen eigenen Gliederungspunkt zu behandeln? Ich habe das - in den 1980er Jahren - so gelernt, halte das sogar für überzeugender und habe das seitdem auch immer wieder in Urteilen so gesehen.
So habe ich es auch gelernt und so ist es in der Regel auch zumindest im zweiten Examen gewollt.
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