Allgemeiner Politik-Thread

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famulus
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von famulus »

KMR hat geschrieben: Samstag 11. Januar 2025, 17:59Widerspricht nicht der erste Satz nicht den danach folgenden Ausführungen, jedenfalls dem letzten?
War jedenfalls nicht so gemeint. Gemeint: Wenn man es wagt, die Tendenzen letztlich auf Unzulänglichkeiten der Wähler (Anfälligkeit für Populismus, fehlendes Verständnis für politische Zusammenhänge usw.) zurückzuführen, kommt fast immer dieser Vorwurf, man betreibe Wählerbashing. Also ja, ich betreibe schon Wählerbashing, weil ich die Verantwortung da eben letztlich auch beim Wähler sehe. War vielleicht etwas missverständlich.
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von Joshua »

Wählerbashing, ohne sozio-ökonomische Ursachen zu eruieren, stinkt nach 1933.

„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“
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famulus
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von famulus »

Zu meinen Annahmen hinsichtlich der Ursachen hatte ich ja was geschrieben.
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von Joshua »

Die Erklärungsansätze divergieren, das will ich auch nicht verhehlen.

Gute Zusammenfassung:

https://www.boeckler.de/de/auf-einen-bl ... .htm#Kampf

„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von KMR »

Im Grunde zeigt das nur das, was man schon weiß; was auch Sinn ergibt, wenn man die Ausrichtung der Hans-Böckler-Stiftung kennt. Es sagt jedoch nichts darüber aus, warum das korreliert. Ja, es zeigt viele Daten und Sorgen gerade von unteren Einkommens- und Bildungsschichten und dass diese geneigter sind antidemokratische Einstellungen zu entwickeln. Es zeigt trotzdem nicht, woran das liegt. Einkommen/Bildung und Antidemokratie ist m.E. eher Korrelation denn Kausalität.

Denn folgendes Beispiel schon mehrfach erlebt in der Kommunikation mit Personen aus niedrigern Einkommens- und Bildungsschichten, die antidemokratische/AfD-Überzeugungen hegten. Freilich handelte es sich um Personen, mit denen vorher bereits Kontakt bestand, sodass es sich nicht um irgendwelche (gewaltbereite) Extremisten handelte: Wenn man denn irgendein Thema, zu dem die AfD konträre Position zum Rest Ds vertritt, erklärt und warum xy sinnvoll ist und welcher Vorteil daraus erwächst usw. Dann war das für die Person irgendwann ersichtlich und nachvollziehbar und sie hat erkannt, dass das womöglich doch nicht so dumm ist wie sie auf den ersten Blick dachte.

Die deutsche Politik hat das gleiche Problem wie die Demokraten in den USA: Sie versucht derart stark es jedem Recht zu machen und unfassbar politisch korrekt zu sein iSv bloß niemanden, keine Seite irgendeines Konfliktes oder Themas verägern und zu nichts eindeutig Stellung beziehen. So verstehen die einfach gestrickten Menschen nichts mehr und vor allem auch nicht das warum; weil niemand das warum wirklich sagt, weil man dann sagen müsste, warum die Gegenposition Mist ist, aber dann würde man wiederum jemanden vorn Kopf treten. Wenn dann irgendein Populist mit reißerischen Schlagworten kommt, die auch der einfache Bürger versteht, dann reißt ihn das mit. Israelkonflikt (Ja, Israel Staatsräson etc., aber dann doch wieder alles blöd und das dies das); Ukraine, ja untersützen wir aber so richtig sagen tun wir nicht warum, weil irgendjemand könnte uns ja hassen, sei es Russland, sei es die Ukraine selbst, sei es Osteuropa, sei es Ungarn oder oder oder. Ukraine EU/NATO? Ja nein ja nein ja nein und ne geht nicht weil Russland und ne geht doch weil europäische Partner usw. Es gibt zu kaum etwas mal eine klare Position, die durchgezogen wird und vor allem, bei der auch mal die einfachen Bürger erklärt bekommen warum.
(Natürlich nicht der einzige Grund; aber:) Wenn man einfachen Bürgern bspw. erklärt, dass die Ukraine ein unfassbar großer Weizenproduzent sind und als Teil des europäischen Binnenmarktes das Angebot deutlich vergrößern könnten, was sich auch auf Preise auswirken kann und daher bspw. auch Deutschland als Land des Brotes ein großes wirtschaftliches Interesse daran haben kann, dann überzeugt das schon einige. Sie verstehen, warum es sinnvoll ist dort aktiv zu sein. Das gilt für viele andere Themen genau so, es klappt bei den Nichtextrimisten und das ist der größte Teil der AfD-Wählerschaft die mit etwas Erklärung von fast allem wegzubekommen, wenn man mal etwas erklärt und klar Positionen bezieht, warum das und das richtig ist und das andere nicht.

Übrigens das unterscheidet die AfD: Sie hat ganz klare Positionen. Macht dabei stets deutlich, warum die andere Position ihrer Ansicht nach Mist ist. Sie erklärt das verhältnismäßig einfach. Ihr ist es egal dabei, ob sich irgendjemand, der anderer Ansicht ist dabei vor den Kopf gestoßen fühlt. Das hilft Menschen zu überzeugen.

Das war übrigens schon mal vor Dekaden auch bei anderen Parteien so klar zu finden.
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famulus
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von famulus »

Joshua hat geschrieben: Samstag 11. Januar 2025, 22:16 Die Erklärungsansätze divergieren, das will ich auch nicht verhehlen.

Gute Zusammenfassung:

https://www.boeckler.de/de/auf-einen-bl ... .htm#Kampf
Gegen diese Ansätze gibt es auch gar nichts einzuwenden - ich bin nur der Meinung, dass sich für eine Suche der Verantwortlichen die Frage anschließen müsste, woher diese Ängste genau herrühren. D.h. beruhen sie auf vernünftigen Analysen objektiv in dem Maße besorgniserregender Entwicklungen? Oder gibt es (daneben) andere Ursachen, die insofern zu irrationalen Schlussfolgerungen, Überhöhungen usw. führen?
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von scndbesthand »

Es leuchtet mir ein, dass viele Ursachen zusammenwirken.

1.
Ich meine, Logik und interessenbasiertes Wahlverhalten (d. h. Ich wähle die Partei, die mir z. B. das größte Nettoeinkommen verspricht) können jedenfalls nicht die alles dominierende Ursache für AfD-Affinität sein. Geld kann der ausschlaggebende Faktor für den „Normalo“, der AfD wählt, nicht sein. Die AfD fördert die Interessen der Arbeiterschaft nicht. Interessenbasiert könnte die Entscheidung allenfalls dann sein, wenn das Wählerklientel einen harten Migrationskurs so sehr wünscht, dass gegenüber dem alles andere egal ist. Man kann sicher bezweifeln, dass so ein monokausales Wahlverhalten seinerseits rational und logisch wäre (mE nein, da unterkomplex), ich würde das trotzdem unter den Punkt „interessegeleitetes Wahlverhalten“ fassen wollen. Es wäre sehr interessant zu wissen, wie viel % letztlich wegen des Kernthemas Migration ihr Kreuz bei der AfD machen (ich vermute Viele) und ob ein Aufgreifen eines harten Migrationskurses in bürgerlichen Parteien dieses Potenzial für sich heben könnte. Der Ansatz wird ja verfolgt und führt zumindest dazu, dass die CDU nicht abstürzt und dass der Söder-Störfunk vor Bundestagswahlen ausbleibt.

2.
Für viele dürfte die Wahlentscheidung weniger interssenbasiert, sondern vielmehr emotional getrieben sein, und zwar können Ursachen auf mehreren Ebenen bestehen:

a)
Wut, und in Betracht kommt erst mal Vieles: Arbeitsbedingungen, den Staat, die verschandelte Umgebung, gegen die EU, gegen „die Politik“ (zu denen paradoxerweise die AfD ja genauso zählt), dass das soziale System von den Falschen ausgenutzt wird (Erzählungen wie Deutsche Rentner müssen aufstocken und „der Araber mit seinen 8 Kindern lebt von Kindergeld). Das wird man letztlich nie ganz weg bekommen können, denn Unzufriedenheit wird es immer geben und deswegen gibt es auch eine Partei, die diese Stimmen einsammelt. Man kann Unzufriedenheit allenfalls reduzieren.

b)
Angst, vor Marginalisierung, Inflation, wirtschaftlichem Absturz, aus dem Haus ausziehen zu müssen, „Überfremdung“, ausländischer Gewalt (in Berlin kommen 10 arabisch aussehende junge Männer in eine U-Bahn-Station). Gegen Sicherheitsbedenken könnte man schon etwas tun, wenngleich kaum kurzfristig und mit wenig politischem „Glanz“, denn einfach mehr Personal für Polizei und Justiz lässt sich nicht gut vermarkten.

c)
Dann wäre da noch der Ausländerhass, der alles andere in den Schatten stellt. Diesen gibt es und es sind sicherlich auch zahlreiche Rechtsextremisten in der AfD. Aber ich glaube nicht, dass viele Wähler so denken, dann wären sicherlich NPD, Republikaner und solche Extremparteien stärker gewesen. Ich glaube, viele sehen über die rechtsextremen Auswüchse eher hinweg.
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von Joshua »

Das Problem kann man nicht auf luftige Metaebenen des Affektiven "auslagern". Immer mehr Menschen haben die übermäßige Zuwanderung insbesondere aus muslimischen Kulturkreisen satt. Deswegen wählen sie AfD. Die etablierten Parteien haben das Problem einer Sprengung ökonimischer, sozialer, v.a. aber kultureller Integrationsgrenzen konsequent ignoriert - daher tragen sie die Hauptschuld an dem AfD-Aufschwung.

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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von KMR »

Joshua hat geschrieben: Montag 13. Januar 2025, 21:42 Das Problem kann man nicht auf luftige Metaebenen des Affektiven "auslagern". Immer mehr Menschen haben die übermäßige Zuwanderung insbesondere aus muslimischen Kulturkreisen satt. Deswegen wählen sie AfD. Die etablierten Parteien haben das Problem einer Sprengung ökonimischer, sozialer, v.a. aber kultureller Integrationsgrenzen konsequent ignoriert - daher tragen sie die Hauptschuld an dem AfD-Aufschwung.
und was bringt dir diese (Haupt-)Schuldfeststellung? Eigentlich nichts. Das Konzept der politischen Verantwortung ist leere Luft und wirkungslos. Sie beinhaltet keine Lösung irgendwelcher Probleme. Jede Lösung, die vorgeschlagen wird von den demokratischen Parteien zerstören sie sich selbst gegenseitig, stellen sie (= die Lösungen) direkt als verfassungswidrig, rechtsstatswidrig u.ä. dar. Die Union stellt eine Lösung vor, die anderen zerschießen die. Das Gleiche, wenn andere demokratische Parteien Lösungsideen vorschlagen. Die AfD hat dies nicht zu befürchten, sie hat sich niemandem gegenüber zu rechtfertigen, sie macht, was sie für richtig hält und das überzeugt die Leute. Mittlerweile wird das Grundgesetz von den selbst ernannten "Parteien der Mitte" in einer despiktierlichen Weise instrumentalisiert um jeden Lösungsansatz dieses Problemkomplexes zu zerschießen (das ist beileibe kein Plädoyer pro-AfD). Indes ist es schlicht frevelhaft zu behaupten, dass Lösungsvorschläge von Partei XY gegen das GG verstoßen, ohne dass das überhaupt darin steht. Denn dadurch erhält der Bürger, der - so sehr man das durchaus für traurig erachten darf - oftmals nicht mit dem GG in Gänzen, auch nicht dem für ihn besonders wichtigen Grundrechtstei, befasst ist, den Eindruck, dass das tatsächlich so im GG nicht zulässig sei. Aktuelles Beispiel (ohne Wertung) der kürzliche Vorschlag der Union hinsichtlich des Entzuges der Staatsbürgerschaft. Art. 16 I 2 GG lässt dies unter Beachtung der dortigen Einschränkungen durchaus zu. Es wurde jedoch direkt so dargestellt als sei das ausnahmslos durch das GG verboten als Reaktion auf die NS-Zeit und damit versucht derartige Vorschläge (von denen man freilich verschiedenstes halten darf) in das (Neo-)NS-Ideologieeck zu schieben und die Vorschlagenden zu diskreditieren. Eine vertrauensvolle politische Arbeit, die entsprechend auch der Bürger wahrnehmen kann, sieht anders aus.
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von scndbesthand »

Joshua hat geschrieben: Montag 13. Januar 2025, 21:42 Das Problem kann man nicht auf luftige Metaebenen des Affektiven "auslagern". Immer mehr Menschen haben die übermäßige Zuwanderung insbesondere aus muslimischen Kulturkreisen satt. Deswegen wählen sie AfD. Die etablierten Parteien haben das Problem einer Sprengung ökonimischer, sozialer, v.a. aber kultureller Integrationsgrenzen konsequent ignoriert - daher tragen sie die Hauptschuld an dem AfD-Aufschwung.
Ich beziehe mich nicht auf „Verantwortlichkeiten“, sondern auf subjektive Begründungsansätze des Wählers. Die, die eine harte Migration über alles setzen, wählen sachbezogen AfD. Dabei wird aber nicht richtig nachgedacht, weil es nie um nur ein Thema gehen kann. Die, die richtig nachdenken, können eigentlich nicht AfD wählen weil sie sich auf vielfacher Ebene schaden: steuerlich, wirtschaftlich, wenn der eigene Arbeitsplatz am Export hängt, außenpolitisch, weil die Politik globaler Unsicherheit Vorschub leistet, als junger Mann, wenn man selbst wehrpflichtig wird etc. Wenn trotzdem AfD gewählt wird, findet eben keine rationale Abwägung mehr statt, sondern es spielen Emotionen die Hauptrolle. Eben Wut und Angst.

Das ist doch einigermaßen einleuchtend? In gutsituierten Gegenden mit Wohlstand, wenig Arbeitslosigkeit, guten Schulen, hoher Eigentumsquote (=wenig Wut und Angst) ist die AfD schwach. In sozialen Brennpunkten mit prekären Verhältnissen, hoher Ubsicherheit und sozialen Konflikten (=viel Wut und Angst) stark.

Deswegen bedient die AfD solche Emotionen auch konsequent. Weil sie von ihr profitiert. Es geht nicht um Lösungen. Lösungen sind schlecht.

Also müssen die Ursachen dieser Emotionen bekämpft werden, was eine überaus komplexe Aufgabe ist.
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von FKN993 »

Eine Analyse, die ich unterschreiben würde, wäre:

"Prof. Hans-Jürgen Papier - Im Dialog vom 15.09.2012 (Youtube)"

Drücke es kurz aus: Die AfD kommt mir wie jemand vor, der einem ein Problem einredet, aber sich selbst gleichzeitig als Lösung verkauft. Von ihren billigen Plätzen von der Opposition aus können sie sich diesen harschen Klartext auch noch erlauben; sie haben damit einen rhetorischen und politischen Wettbewerbsvorteil. Hinzukommt: "Ist der Ruf erstmal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert!"

Interessant ist auch zu beobachten, dass sie durch die Intensivierung dieses sehr demagogischen Tonfalls auch immer mehr Glaubwürdigkeit offensichtlich suggerieren können. Es wirkt halt so, als wäre es ihnen besonders wichtig. Das können andere nicht in dieser Weise.

Heruntergebrochen: Diese ganze Partei ist ein billiger rhetorischer Trick: Die Grundprämisse ist doch die, dass die "Altparteien" schuld an dem wirtschaftlichen Abstieg Deutschlands sind. Das begründen sie im Grunde mit jeder politischen Kontroverse der letzten Jahre. Die Zuwanderungspolitik Merkels ist, die eigentlich das Fachkräfteproblem aus meiner Sicht lösen sollte, schiefgegangen. Das war ihr goldener Apfel. Dieses rhetorische Muster hat sie von da an immer mehr perfektioniert.

Nun war Hitler eben auch ein Linker? Solche Kontroversen kommen doch ständig und andauernd. Hauptsache es ist das inhaltliche "alternative" Gegenstück.
Zuletzt geändert von FKN993 am Dienstag 14. Januar 2025, 14:41, insgesamt 2-mal geändert.
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famulus
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von famulus »

Joshua hat geschrieben: Montag 13. Januar 2025, 21:42Immer mehr Menschen haben die übermäßige Zuwanderung insbesondere aus muslimischen Kulturkreisen satt. Deswegen wählen sie AfD.
Würden sie aber sehr wahrscheinlich nicht, wären sie nicht durch orchestrierte Hetzkampagnen in einschlägigen Filterblasen entsprechend indoktriniert worden. Das zumindest ist mein Punkt, den du bei der Schlussfolgerung ("Hauptschuld an dem AfD-Aufschwung") nach wie vor völlig unbeachtet lässt - die logische Verkettung hat zumindest aus meiner Sicht Lücken.
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von Strich »

Hier ist mir irgendwie ein Post abhanden gekommen ^^
@Famulus: Ich meine, dass es keinen messbaren Effekt von Filterblasen und Echochambers gibt. Die Macht von social media zu medialen "Aufhetzung" der Bevölkerung wird wahrscheinlich regelmäßig überschätzt. Das zeigen wohl auch alle Untersuchungen zu dem Thema. Ich weiß, ist kontraintuitiv aber das war mein letzter Stand. Es gab dazu auch ne Kurzgesagt-Folge, wenn ich mich richtig erinnere.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
- Daria -

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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von FKN993 »

famulus hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 14:11
Joshua hat geschrieben: Montag 13. Januar 2025, 21:42Immer mehr Menschen haben die übermäßige Zuwanderung insbesondere aus muslimischen Kulturkreisen satt. Deswegen wählen sie AfD.
Würden sie aber sehr wahrscheinlich nicht, wären sie nicht durch orchestrierte Hetzkampagnen in einschlägigen Filterblasen entsprechend indoktriniert worden. Das zumindest ist mein Punkt, den du bei der Schlussfolgerung ("Hauptschuld an dem AfD-Aufschwung") nach wie vor völlig unbeachtet lässt - die logische Verkettung hat zumindest aus meiner Sicht Lücken.

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/down ... onFile&v=3 (Seite 14)

Denke aber schon, dass vielen diese Zahlen "so nicht" bewusst sind. Fakt ist, dass in diesem Bereich ein massives Problem existiert.

Also meine These ist: Wenn 2015 anders verlaufen wäre, wäre sie nicht so erfolgreich geworden. Und ihren Erfolg führe ich auf die Fähigkeit zurück ungeniert einfach Ängste anzusprechen und zu können. Hätte es 2015 nicht gegeben, hätte sie denke ich mit keinem Thema in dieser Form so auf sich aufmerksam machen können. Dann hätten sie sich an die allgemeinen parlamentarischen rhetorischen Gepflogenheiten anpassen müssen. Das mussten sie aber nicht und darin liegt ihr Vorteil i.V.m. mit ihrer "verantwortungslosen" Position aus der Opposition.
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von KMR »

FKN993 hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 14:52
famulus hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 14:11
Joshua hat geschrieben: Montag 13. Januar 2025, 21:42Immer mehr Menschen haben die übermäßige Zuwanderung insbesondere aus muslimischen Kulturkreisen satt. Deswegen wählen sie AfD.
Würden sie aber sehr wahrscheinlich nicht, wären sie nicht durch orchestrierte Hetzkampagnen in einschlägigen Filterblasen entsprechend indoktriniert worden. Das zumindest ist mein Punkt, den du bei der Schlussfolgerung ("Hauptschuld an dem AfD-Aufschwung") nach wie vor völlig unbeachtet lässt - die logische Verkettung hat zumindest aus meiner Sicht Lücken.

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/down ... onFile&v=3 (Seite 14)

Denke aber schon, dass vielen diese Zahlen "so nicht" bewusst sind. Fakt ist, dass in diesem Bereich ein massives Problem existiert.

Also meine These ist: Wenn 2015 anders verlaufen wäre, wäre sie nicht so erfolgreich geworden. Und ihren Erfolg führe ich auf die Fähigkeit zurück ungeniert einfach Ängste anzusprechen und zu können. Hätte es 2015 nicht gegeben, hätte sie denke ich mit keinem Thema in dieser Form so auf sich aufmerksam machen können. Dann hätten sie sich an die allgemeinen parlamentarischen rhetorischen Gepflogenheiten anpassen müssen. Das mussten sie aber nicht und darin liegt ihr Vorteil i.V.m. mit ihrer "verantwortungslosen" Position aus der Opposition.
Das halte ich für eine These, die zwar nachvollziehbar ist und oft genannt wird, die jedoch eher Korrelation als Kausalität beschreibt. Denn: Vergleich über den Atlantik: In den USA wurde im Verlauf der letzten 10 Jahre massiv Politk auf Seiten der GOP (Rep.) mit AfD-mäßiger Antiimmigrationspolitik etc. Das funktioniert dort unglaublich und die Leute reißt das mit, obwohl es doch eigentlich verhältnismäßig nicht wirklich eine Migrationskrise gibt im Vergleich zu europäischen Staaten. Soll heißen: Allein entscheidend ist, was die einfältigen (so sehr sie das auch nicht selbst wahrhaben wollen) Menschen glauben. Es entspricht dem in der Wirtschaftswissenschaft anerkannten Phänomen, dass, wenn die Verbraucher, so mit ihrem Geld umgingen, im Sinne von es ausgeben, als würde es einen wirtschaftlichen Aufschwung geben, dann kommt durch den unglaublich starken Privatkonsum auch der Aufschwung. Das allermeiste in Politik- und Wirtschaft ist auf einer Metaebene Psychologie. Man denke allein zurück zur Zeit der McCarthy-Ära in den USA bzw. Adenauers in Deutschland und dem dabei vorhanden Red-Scare, der Angst vor Sozialismus und Kommunismus mit dem Politik gegen die Opposition, in D eben insbesondere die SPD, gemacht wurde, ohne dass dies notwendigerweise stimmte. Oder der bekannte Wahlslogan "keine Experimente. Wählt Adenauer" - Angst schüren, dass alles andere schlechter sein kann/Gefahr suggerieren. Wünschenswert wäre indes eine faktenbasierte Politik und weniger emotional, aber das setzte voraus, dass sich der Wähler dafür interessiert, das macht er aber entgegen jeder Behauptung nicht.

FKN993 hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 14:06 Eine Analyse, die ich unterschreiben würde, wäre:

"Prof. Hans-Jürgen Papier - Im Dialog vom 15.09.2012 (Youtube)"

Drücke es kurz aus: Die AfD kommt mir wie jemand vor, der einem ein Problem einredet, aber sich selbst gleichzeitig als Lösung verkauft. Von ihren billigen Plätzen von der Opposition aus können sie sich diesen harschen Klartext auch noch erlauben; sie haben damit einen rhetorischen und politischen Wettbewerbsvorteil. Hinzukommt: "Ist der Ruf erstmal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert!"

Interessant ist auch zu beobachten, dass sie durch die Intensivierung dieses sehr demagogischen Tonfalls auch immer mehr Glaubwürdigkeit offensichtlich suggerieren können. Es wirkt halt so, als wäre es ihnen besonders wichtig. Das können andere nicht in dieser Weise.

Heruntergebrochen: Diese ganze Partei ist ein billiger rhetorischer Trick: Die Grundprämisse ist doch die, dass die "Altparteien" schuld an dem wirtschaftlichen Abstieg Deutschlands sind. Das begründen sie im Grunde mit jeder politischen Kontroverse der letzten Jahre. Die Zuwanderungspolitik Merkels ist, die eigentlich das Fachkräfteproblem aus meiner Sicht lösen sollte, schiefgegangen. Das war ihr goldener Apfel. Dieses rhetorische Muster hat sie von da an immer mehr perfektioniert.

Nun war Hitler eben auch ein Linker? Solche Kontroversen kommen doch ständig und andauernd. Hauptsache es ist das inhaltliche "alternative" Gegenstück.
So sehr Papier auch, wenn er immer mal wieder von der Presse befragt wird, durchaus sehr gut die Situationen beschreibt, und dabei auch gerade seine Perspektive als (Präs)RiBVerfG a.D. interessant ist; insbesondere wie er dem laufenden politischen Diskurs oftmals widerspricht und auf die wirklichen bestehen und gerade nicht bestehenden Beschränkungen des GG für den Gesetzgeber hinweist; im Ergebnis spiegelt es jedoch lediglich wieder, dass in der Tendenz die höheren Bildungsschichten (mittlerweile jedoch zunehmend auch dort!) wesentlich besser die Situation erfassen. Allerdings setzt sich die Gesellschaft eben nicht mehrheitlich aus solchen Individuen zusammen.
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